Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung - 28.07.2019

(Ann) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 28. JULI 2019, NR. 30 geld & mehr 27


DER STEUERTIPP


Der Fiskus beteiligt sich auch an
den Kosten fürs Studium. Studen-
ten sollten daher ans Finanzamt
denken und Belege über entstande-
ne Studienkosten sammeln. Denn
der Fiskus gewährt für Studieren-
de eines Erststudiums (etwa Bache-
lor) einen Sonderausgabenzug von
maximal 6000 Euro jährlich. Ab-
ziehbar sind etwa Semestergebüh-
ren oder Aufwendungen für Fachli-
teratur. Auch können für Fahrten
zwischen Wohnung und Universi-
tät 30 Cent je Kilometer unabhän-
gig vom benutzten Verkehrsmittel
angesetzt werden (Entfernungspau-
schale). Doch die Aufwendungen
machen sich nur bemerkbar, wenn
der Studierende eigene Einkünfte
hat, etwa aus einer Werkstudenten-
tätigkeit.
Aufwendungen aus einem Zweit-
studium, das der Erstausbildung
folgt (etwa Master) können hinge-
gen als Werbungskosten in der Ein-
kommensteuerklärung (nebst Erklä-
rung zur Feststellung eines verblei-
benden Verlustabzugs) geltend ge-
macht werden. Dazu gehören zum
Beispiel Kosten für Repetitorien
oder für den Druck einer Abschluss-
arbeit. Über den festgestellten Ver-
lustvortrag können die Werbungs-
kosten aus der Studienzeit die Ein-
kommensteuer auf später erzielte
Einkünfte mindern.
Der Werbungskostenabzug steht
grundsätzlich nur demjenigen zu,
der auch selbst die Aufwendungen
getragen hat. Wollen Studierende
also selbst die Aufwendungen gel-
tend machen, sollten sie diese auch
selbst tragen (etwa im Falle einer
selbst angemieteten Wohnung).
Tragen hingegen die Eltern Auf-
wendungen ihrer volljährigen Kin-
der (bis maximal zur Vollendung
des 25. Lebensjahres), können sie
diese steuerlich neben Kindergeld
oder Kinderfreibetrag auch durch
den besonderen Ausbildungsfreibe-
trag (1320 Euro) und gegebenen-
falls den Freibetrag für die auswärti-
ge Unterbringung (924 Euro) be-
rücksichtigen.
Vermieten Eltern eine am Studi-
enort befindliche Wohnung an ihr
Kind, sollten Mietvertrag und (ge-
setzliche) Unterhaltsleistung separat
schriftlich festgehalten werden.
Auch sollten die Zahlungen über
die Konten der Beteiligten stattfin-
den, um den Werbungskostenabzug
sicherzustellen.

Die Autorin ist Steuerberaterin und Partner bei EY.

Wie Studenten


Steuern sparen


VON MARTINA ORTMANN-BABEL

RATENKREDIT 5000 €

Herr Wöhrmann, die Europäische
Zentralbank (EZB) scheint gewillt,
die Zinsen noch weiter zu senken.
Finden Sie das richtig?
Wir erleben Dinge, die wir uns vor eini-
gen Jahren niemals hätten vorstellen
können: Negativzinsen auf Einlagen, die
Finanzinstitute bei der EZB hinterle-
gen, und negative Renditen bei Bundes-
anleihen. Das ist eine wirklich dramati-
sche Entwicklung. Für einige Zeit kön-
nen große Volkswirtschaften in unge-
wöhnlichen Zeiten mit solchen negati-
ven Zinsen zwar umgehen. Aber gefähr-
lich wird es, wenn sie zur Normalität
werden. Und in diese Richtung bewe-
gen wir uns.

Worin besteht die Gefahr?
Negativzinsen oder Strafzinsen, wie
man sie besser nennen sollte, untergra-
ben nicht nur die Sparkultur in Deutsch-
land und der Welt. Sondern sie erzeu-
gen auch größte Schwierigkeiten bei
Pensionsfonds und anderen Einrichtun-
gen der Altersvorsorge. Alle diese Insti-
tutionen haben sich darauf verlassen,
dass sie in ausreichendem Maße Zinsen
für ihre Einzahler erwirtschaften wer-
den. Das wird irgendwann nicht mehr
möglich sein, wenn wir uns weiter nur
auf die Geldpolitik verlassen.

Die EZB rechtfertigt ihr Handeln so:
Sie müsse dafür sorgen, dass die Infla-
tion in Richtung des Wertes von nahe
zwei Prozent steige. Das soll durch
die niedrigen Zinsen gelingen.
Die EZB muss dafür sorgen, dass die In-
flation steigt. Das ist in diesem Umfeld
paradoxerweise ihre Aufgabe. Hierzulan-
de erfordert das ein Umdenken, denn
wir sind anders aufgewachsen: Wir
Deutsche stehen in der Tradition der
Bundesbank, jahrzehntelang hat man al-
les dafür getan, um Inflation zu zügeln.
Die aktuelle Inflationsrate im Euro-
raum liegt bei 1,3 Prozent. Gemäß ih-
ren eigenen Regeln muss die EZB
handeln.
Absolut. Wir müssen aber einsehen,
dass Geldpolitik allein nicht mehr hilft.
Erreicht man allein mit den geldpoliti-
schen Maßnahmen, was man intendiert?
Ich sehe das nicht.
Was müsste stattdessen geschehen?
Im Prinzip ist es gar nicht so schwierig.
Je mehr Nachfrage es nach Gütern gibt,
desto mehr Wachstum gibt es. Das wird
auch zu dem gewünschten Anstieg der
Inflation wesentlich beitragen. Ich glau-
be deswegen, dass die Staaten Europas
stärker darüber nachdenken sollten, wie
sie die Nachfrage und damit das Wachs-
tum ankurbeln können – mit allen Mit-
teln, die ihnen zur Verfügung stehen,
auch steuerpolitisch.

Die Regierungen zeigen keine Nei-
gung, Ihrem Wunsch zu entsprechen.
Das stimmt. Trotzdem wäre das der
richtige Weg. Wir können uns nicht
mehr allein auf die Notenbanken verlas-
sen. Die EZB hat mit ihren geldpoliti-
schen Maßnahmen den Euro seinerzeit
gerettet, aber jetzt müssen größere Lö-
sungen her. Das ist auch eine Frage des
globalen Standortwettbewerbs.
Wie sollen sich Anleger auf die neu-
en Zeiten einstellen?
Ich bin jetzt 54 Jahre alt und ich weiß
nicht, ob ich zu meinen Lebzeiten noch
einmal deutlich höhere Zinsen erleben
werde. Das ist die bittere Realität. Was
als eine Option bleibt, sind Aktien.

In den vergangenen zwölf Monaten
hat der Dax zwar ein ziemliches Auf
und Ab erlebt, ist insgesamt aber
nicht wirklich vom Fleck gekommen.
Darum werden wir ja nicht müde zu
wiederholen: Aktien sind ein langfristi-
ges Investment. Wer sie mit Blick auf
ein Jahr kauft, denkt zu kurz. Auf lange
Sicht kann ich mir durchaus vorstellen,
dass der Dax die Marke von
20 000 Punkten übertreffen wird. Schau-
en Sie: Der Dow Jones notiert bei rund
27 000 Punkten, der amerikanische
S&P-500-Index bei mehr als 3000 Punk-
ten. Das hätte sich vor ein paar Jahren
niemand vorstellen können. Gerade in
dieser Nullzinszeit haben nach wie vor
Aktien die besten Aussichten.
Angenommen, die Briten scheiden
am 31. Oktober ohne ein Abkommen
aus der EU aus und zugleich ver-
schärft sich der Handelsstreit zwi-
schen Amerika und China wieder:
Bleiben Sie dann bei Ihrer optimisti-
schen Einschätzung?
Seit Jahren müssen wir nun mit politi-
schen Großwetterlagen leben, die Unsi-
cherheiten bergen. Denken Sie nur an
die Ukraine-Krise, die man fast schon
wieder vergessen hat, an Syrien, an Iran
und Nordkorea, an den möglichen Bre-
xit und den Handelskonflikt. All diese
Ereignisse hatten zwar einen störenden
Einfluss auf die Finanzmärkte, aber sie
haben eines nicht verhindert: dass die
Gewinne der Unternehmen sich insge-
samt weiter gut entwickelt haben. Das
zeigt: Starke Unternehmen sind robust


  • ganz egal, was in der Politik gerade so
    vor sich geht.


Das klingt beruhigend. Aber gerade
ein unkontrollierter Brexit oder ein

schärferer Handelskonflikt hätten
doch massive Auswirkungen auf die
Unternehmensgewinne.
Natürlich hätte das Auswirkungen, aber
ich bin mir nicht so sicher, ob sie wirk-
lich massiver Natur wären. Zum Brexit
kann ich sagen: Man muss sich jetzt ge-
nau anschauen, was Boris Johnson, der
neue britische Premierminister, wirk-
lich vorhat. Aber die Unternehmen ha-
ben ihre Vorkehrungen längst getrof-
fen. Sie sind auf die Situation so gut
wie möglich eingestellt. Ich bedauere

den Brexit, er schwächt ganz Europa.
Aber die Firmen werden damit zurecht-
kommen.
Und was ist mit Donald Trumps
Handelskrieg?
Die amerikanische Regierung folgt dem
Motto: America first, Amerika zuerst!
Leider findet diese Art des Protektionis-
mus immer mehr Nachahmer in der
ganzen Welt. Dies kann einen als Anle-
ger und auch als politisch interessierten
Menschen beunruhigen, das will ich gar
nicht kleinreden. Aber Fakt ist auch:

Die Verflechtung in dieser globalisier-
ten Welt ist so stark, dass sie sich nicht
mal so eben zurückdrehen lässt. Das
schafft man nicht in vier Jahren Regie-
rungszeit, auch nicht in acht Jahren.
Nein, dies würde Jahrzehnte dauern. So
sehr Investoren also mit kurzfristigen
Schwankungen an der Börse leben müs-
sen, so wenig droht uns die fundamenta-
le Abkehr von der Welt, wie wir sie bis-
lang kannten.
Demnach sind Sie auch kein Befür-
worter von Gold? Dessen Käufer wol-

len sich damit gegen düstere Zeiten
absichern.
Der Gold-Preis hat sich gut entwickelt,
keine Frage. Das hat mit der generellen
Nervosität der Menschen in diesen Zei-
ten zu tun und auch mit den Nullzin-
sen. Wenn Sie keine Zinsen für Anlei-
hen mehr erhalten, können Sie stattdes-
sen auch Gold kaufen. Aber Gold ist
meiner Meinung nach eher etwas für
Liebhaber. Und Liebhaber haben in der
Regel kein Gespür fürs richtige Timing,
also für den besten Zeitpunkt, um wie-
der zu verkaufen.

Die Deutsche Bank ist Großaktionär
der DWS. Wie oft meldet sich Vor-
standschef Christian Sewing bei Ih-
nen, wenn ihm etwas nicht passt?
Christian Sewing und ich sprechen viel
miteinander, ich bin ja auch Generalbe-
vollmächtigter der Bank für die Vermö-
gensverwaltung. Aber als Vorstandsvor-
sitzender der DWS bin ich verpflichtet,
im Interesse aller unserer Aktionäre zu
handeln. Und dieser Pflicht komme ich
zu jeder Zeit nach: Die DWS ist dabei,
die Kosten nachhaltig zu senken, unser
Aufwand-Ertrag-Verhältnis lag im zwei-
ten Quartal unter 70 Prozent. Und wir
haben gleichzeitig 2019 bereits neue An-
legergelder in Höhe von acht Milliarden
Euro einsammeln können.

Zuletzt wurde spekuliert, die DWS
könnte mit anderen Fondsgesellschaf-
ten wie beispielsweise Amundi fusio-
nieren. Was ist da dran?
Zu solchen Spekulationen äußere ich
mich nicht. Aber eines ist klar: Die
Fondsbranche befindet sich in einer Pha-
se, in der Kosten eine große Rolle spie-
len. Der Druck zur Konsolidierung ist
in der Branche hoch. Für die DWS
kann die Zusammenführung mit einer
anderen Fondsgesellschaft aber nur un-
ter zwei Bedingungen funktionieren:
Dass wir zum einen neue Kundengrup-
pen hinzugewinnen, zum Beispiel in an-
deren Ländern oder Segmenten, und
zum anderen Expertise. Unser Handeln
ist aber primär auf organisches Wachs-
tum aus uns selbst heraus ausgerichtet
und darauf, unsere Effizienz zu steigern.
Darüber hinaus sehen wir fundamentale
Bewegungen im Anlegerverhalten, de-
nen wir gerecht werden wollen. Nach-
haltige Geldanlage ist da an allererster
Stelle zu nennen.

Sie wollen Expertise, gleichzeitig
aber die Ausgaben des Unternehmens
senken. Wie viel kann ein DWS-
Fondsmanager maximal verdienen?
Meine Mutter hat immer gesagt: Über
Geld redet man nicht. So will ich es
auch hier halten. Was ich aber sagen
kann, ist: Leistung für unsere Anleger
zahlt sich in unserem Haus aus, auch in
finanzieller Hinsicht.

Was machen Sie künftig, wenn be-
kannte Fondsmanager wie Klaus Kal-
demorgen nicht die Leistung bringen,
die Anleger von ihnen erwarten?
Wir sind stolz darauf, dass wir Könner
in unseren Reihen haben. Aber natür-
lich kann es vorkommen, dass auch sol-
che Starmanager einmal ein Tief haben.
Dann muss man ihnen Spielraum geben
und ihnen Vertrauen schenken. Aber
am Ende muss klar sein: Leistung oder
Performance, wie wir in unserer Bran-
che sagen, ist ein Muss!

2018 lief es bei einigen bekannten
DWS-Fonds schlecht.
2018 war für alle Fondsmanager ein
schwieriges Jahr. Schauen Sie sich aber
einmal die Wertentwicklung unserer
Fonds 2019 an. Da sehen Sie, dass es
jetzt wieder hervorragend läuft.
Trotzdem: Indexfonds (ETF), die ein
zugrundeliegendes Börsenbarometer
eins zu eins abbilden, kosten viel ge-
ringere Gebühren als die Fonds von
Starmanagern.
Wir sind ja selbst ETF-Anbieter, in Euro-
pa entfiel im jüngsten Quartal 17 Prozent
des Neugeschäfts mit ETF auf die DWS.
Darauf sind wir stolz. Aber zugleich sind
wir auch stolz auf unsere aktiven Mana-
ger und auf die anderen Bereiche.

Aber warum sollen Anlegern diesen
Managern höhere Gebühren zahlen?
In jeder Branche gibt es Standardware
für wenig Geld. Das ist nicht abwertend
gemeint, aber ein Dax-ETF ist nun mal
nicht so schwer zu konstruieren. Wer
aber Spezialisierung in hoher Qualität
haben möchte, muss auch mehr dafür
bezahlen. Das ist ganz normal, auch in
allen anderen Branchen.

In Ihrer Branche weiß man aber
nicht, ob die Qualität wirklich gelie-
fert wird.
Lassen Sie es mich so sagen: Qualität
setzt sich langfristig durch. Ich freue
mich, wenn Sie unsere Fonds kaufen.
Aber Sie müssen natürlich auch nicht.
Sie haben das Amt des Vorstandsvor-
sitzenden 2018 von Ihrem glücklosen
Vorgänger Nicolas Moreau übernom-
men. Was hat er falsch gemacht?
Betrachte nie den Acker, der hinter dir
liegt. Auch das ist einer der Grundsätze
meiner Mutter.
Das Gespräch führte Dennis Kremer.

Kaufpreis 250 000 € 15 Jahre 20 Jahre
DTW-Immobilienfinanzierung 0,94 1,20
Dr. Klein 1,04 1,30
Allianz 1,12 1,34
PSD Bank Nürnberg 1,21 1,56
Degussa Bank 1,22 1,52
Postbank 1,37 1,58

„Negativzinsen sind


gefährlich“


BAUDARLEHEN 200 000 €

Asoka Wöhrmann, Chef der Fondsgesellschaft DWS,


über die bösen Folgen der EZB-Politik, die Tücken des Goldes


und den Dax bei 20 000 Punkten


DIE BESTEN ZINSEN


3 Jahre 5 Jahre
Deutsche Skatbank 2,89 2,89
EthikBank 2,95 2,95
DKB Deutsche Kreditbank 3,49 3,49
SWK Bank 3,49 3,49
netbank 3,59 3,59

Der Volkswirt Asoka Wöhrmann ist seit Herbst 2018 Vorstandsvorsitzender der Fondsgesellschaft DWS. Die Deutsche Bank (im Hinter-
grund zu sehen) hält rund 80 Prozent der Anteile an der Fondsgesellschaft. Foto Wolfgang Eilmes

1,21%

0,01%

0,41%

Die höchsten Zinsen

Festgeld für 9 Jahre
Die höchsten Zinsen

K,LM% Mittelwert von MP Banken

Tagesgeld

ING

Crédit Agricole

Neu-
kunden

Bestands-
kunden
1,00 % 1)

0,70% 3) 0,35%

0,30 % 0,30%

0,34 % 0,34%

0,41%

Mittelwert von JP Banken K,OI%

1,05%

FCA Bank

akf bank

Bank11

0,85 %

0,90%

0,95%

Klarna

Akbank

Renault Bank direkt

Ikano Bank

PrivatBank 1891

Quelle: FMH-Finanzberatung (www.fmh.de) / F.A.Z.-Grafik pir.

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