Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung - 28.07.2019

(Ann) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, 28. JULI 2019, NR. 30 feuilleton 35


K


eine Fahrradständer. Eher
noch wird auf dem Festspielhü-
gel von Bayreuth ein Landeplatz
für Flugtaxis gebaut werden
als eine vernünftige Abstellanlage für Rä-
der. Immerhin sind auf diesem riesen-
großen Parkplatz auf dem Grünen Hü-
gel (auf Fotos ist ja immer nur das Fest-
spielhaus zu sehen) ein paar Meter für
Räder reserviert: eine winzige Freiflä-
che, die für den direkt daneben parken-
den Rolls-Royce mit britischem Kenn-
zeichen kaum ausreichen würde. Auf der
hehren Suche nach dem Wagner-Ge-
heimnis kann man leicht einen halben
Tag mit irgendwelchen anderen Suchen
verplempern. So ging es mir im letzten
Jahr, bei meinem ersten Bayreuth-Be-
such, als ich mich auf die Suche nach ei-
nem Leihfahrrad begab. Eine mühsame
Sache, die mich schließlich an den Stadt-
rand führte. Wäre das nicht eine zeitge-
mäße Anschaffung für die Bayreuther
Festspiele: hundert Leihräder für die
Wagnerianer?
Dieses Jahr habe ich mir ein transpor-
tables Faltrad mitgebracht. Das bringt
den älteren Polizisten, der bei der Pre-
miere die Sicherheit von Frau Merkel &
Co. bewacht, gleich ins Fachsimpeln
über sein eigenes Faltrad, das er stets mit-
nehme, wenn er seine studierenden Kin-
der in fernen Großstädten besuche. Und
überhaupt muss man sie einmal loben,
diese entspannte Freundlichkeit der frän-
kischen Polizei bei dem bizarren und
dann doch wieder überschaubar provin-
ziellen Bohei um die Festspiele-Eröff-
nung. Tiefenruhige Autorität, wo auch
immer die Polizei in Aktion tritt; etwa
wenn sie sanft lächelnde Falun-Gong-An-
hängerinnen bittet, hier nicht weiter Lo-
tosblumen zu verschenken. Oder wenn
in der Pause der Premiere die britische
Dragqueen Le Gateau Chocolat am Fest-
spielteich ein lustiges Intermezzo zwi-
schen Seejungfrau Arielle, schwarzer Ve-
nus und YMCA abzieht und sofort ein
wütender Anwohner aus der angrenzen-
den Tristanstraße erscheint und verlangt,
dass die Musik leiser gedreht werde.
Le Gateau Chocolat spielt eine tragen-
de, aber leider stumme Rolle in Tobias
Kratzers Neu-Inszenierung des „Tann-
häuser“, und so mag man auf die Idee
mit dem Pausen-Gig im Festspielteich
verfallen sein. Kratzer hat aus diesem

harmlosen Extra gleich eine program-
matische Angelegenheit gemacht, eine
Öffnung des Festivals zum Stadtraum
hin, das Übliche halt. Das Interesse der
Bayreuther am Teichkonzert hält sich in
vornehmen Grenzen.
Die erste Frage des Zimmermädchens
bei der Ankunft gilt natürlich Frau Mer-
kel: Ob die wohl schon da sei? Ja, denn
am Festakt zum hundertsten Geburtstag
Wolfgang Wagners am Vorabend der
Premiere hat sie bereits teilgenommen.
Wie man mir telefonisch berichtete ins
Kreuzsteinbad, wo ich aufgrund der exor-
bitanten Hitze ein wagnerfreies Stünd-
chen verbringen wollte und im Schnellbe-
cken zwei Kampfschwimmer reiferen Al-
ters über, man glaubt es kaum, Wolfgang
Wagner debattieren hörte. Die Hitzewel-
le ist das zweite große Bayreuther Ge-
sprächsthema neben der alljährlichen
Merkel-Ankunft. Und da kann man zwei-
erlei melden: Erstens, dass es diesmal im
berüchtigt saunösen Festspielhaus ange-
nehmer ist als draußen, selbst noch im
dritten Akt. Und zweitens, dass in die-
sem Jahr, nach dem schwedischen König
im letzten, Markus Söder neben der
Kanzlerin sitzen darf. Ausgerechnet Sö-
der, den man sich hier immer als peinli-
chen Eckensitzer dachte! Dem Mann ist
ein Imagewandel in Rekordzeit gelun-
gen, um den der arme Tannhäuser ihn
beneidet hätte: von der bösen Lust im Ve-
nusberg des populistischen Getöses zum
seriösen und sängerfesttauglichen Minis-
terpräsidenten, einem geradezu staatsvä-
terlichen Landgrafen von Bayern.
Wie aber steht es nun um das Wag-
ner-Geheimnis, dem einst schon der
Dichter Stéphane Mallarmé auf der Spur
war? „Die Stadt“, schrieb Mallarmé über
Bayreuth, „die dieser heiligen Erfahrung
ein Theater gewährt, drückt der Erde
das letzte Siegel auf.“ Davon scheint die
Bayreuther Fußgängerzone wenig zu wis-
sen. Auf dem Ehrenhof des Alten Schlos-
ses dreht die Feuerwehr einen Werbe-
film, der mehr Anwohner anzieht als Le
Gateau Chocolat am Teich. Je später
aber, desto näher fühlt der Mensch sich
dem Geheimnis. Nachts sausen unbe-
leuchtete Fahrräder durch die Fußgänger-
zone wie die apokalyptischen Reiter, fast
reißen sie eine alte Flaschensammlerin
mit Rollator um. Und trabt man aus der
Fußgängerzone hinaus, so gelangt man
zwischen einem Lokal, das „Pizza Ri-

chard Wagner“ mit Pistazienpesto anbie-
tet, und der Villa Wahnfried zu einer ver-
störenden Tiefgarageneinfahrt, über der
ein Dreiecksgiebel mit einem Wandge-
mälde prangt: die Köpfe zweier grimmi-
ger Hähne, die von Händen mit sünd-
haft roten Nägeln an die weißbebluste
Brust gedrückt werden. Wer ist diese an-
sonsten unsichtbare Frau, auf deren
Bauchnabelhöhe man ins Dunkle, Tiefe
einfahren könnte? Geht es hier mit dem
Pkw in den Venusberg? Darf man auch
mit dem Rad rein?
Bei Tage hingegen hält man sich fern
von solch verstiegenen Gedanken. Bay-
reuth, und mit ihm ganz Deutschland,
hat ein pragmatisches Verhältnis zu die-
sen Festspielen, die Wagner sich einmal
ganz anders ausgemalt haben dürfte. Na-
türlich könnte man einwenden, dass die-
ses Fest eine überlebte Idee sei, zumal
mit seiner erzbösen Geschichte (die im
Festakt für Wolfgang Wagner, so der tele-
fonische Bericht ins Freibad, schnöde
übergangen worden sei, wie Wolfgang
Wagner selbst es nicht getan hätte).
Ganz abgesehen davon, dass sich das al-
les aus Sicht des Steuerzahlers an der
Grenze zur Clan-Kriminalität bewegt.
Man leistet sich die Festspiele als putzi-
ges Kuriosum, so wie man auch den Pan-
da zu retten versucht, das beliebteste
Tier der Welt, obwohl er doch ein Irr-
tum der Natur ist, wie er sich mit seinem
Nur-Bambus-Speiseplan in eine evolutio-
näre Sackgasse manövriert hat.
Die Nur-Wagner-Festspiele tun wie im-
mer viel, um sich Stadt und Land, nun ja:
zu öffnen. Letzterem mit Live-Strea-
ming, Ersterer etwa mit der alljährlichen
Kinderoper. Bunt gemischte Bayreuther
Klassen warten da vor der Probebühne
am Festspielhügel-Seitenhang, und mit
Freude vernimmt man, dass das gängigste
Schimpfwort lautet: Wallah, du Mädchen-
schläger! Ein Satz, den auch der Schwa-
nenritter im Gottesgericht seinem Geg-
ner entgegenschleudern könnte, in dem
überaus blauen Neo-Rauch-„Lohen-
grin“, der am zweiten Abend der Festspie-
le wiederaufgenommen wird. In den wun-
derbar gespielten und musizierten Kin-
der-Meistersingern aber gibt es Büdchen
und Türmchen, Rauschebärte und Hel-
den-Vokuhilas, wie sich regie-genervte
Altwagnerianer, die noch mit Lauritz
Melchiors Großmutter befreundet wa-
ren, das auch im Festspielhaus wünschen

würden. Über die problematischen Aspek-
te der „Meistersinger“ wird hier konstruk-
tiv hinweggespielt: Das „Wacht auf “ sin-
gen alle Kinder gemeinsam, um die von
der Johannisprügelnacht erschöpften
Meister aufzuwecken, und Beckmesser
reicht am Ende Walther die Hand. Ange-
messen versöhnlich für eine Kinderoper
ist das. Für eine Erwachsenenoper ange-
messen unversöhnlich ist dagegen Barrie
Koskys packende Interpretation der
„Meistersinger“, die Wagners Judenhass
in den Mittelpunkt stellt, wiederaufge-
nommen am dritten Tag der Festspiele.
Atemberaubend dicht ist auch der
neue „Tannhäuser“, in einer Rasanz und
mit einem Feuerwerk von Geistesblitzen,
die ihresgleichen suchen. Tobias Kratzer
selbst verweist auf den Riss zwischen
dem frühen, revolutionären und dem spä-
ten, repräsentativen Wagner als Ansatz
seines „Tannhäuser“-Verständnisses. Das
würde uns aber gar nichts angehen,
wenn es nicht um den Zwiespalt von Re-
bellion und Anpassung überhaupt ginge.
Und wenn es nicht so rasend komisch
wäre und erschütternd schrecklich: Tann-
häuser im Clownskostüm on the road im
alten Citroën-Kastenwagen mit der
quietschvergnügten und fidel verliebten
Venus am Steuer, begleitet von Le Ga-
teau Chocolat und dem kleinwüchsigen
Oskar mit Blechtrommel (Manni Lau-
denbach) – ein stürmisches Leben nach
dem Jung-Wagner-Motto „Frei im Wol-
len, frei im Thun, frei im Genießen“.
Aber schon nach wenigen Minuten,
noch im Vorspiel, gibt es einen Toten
und Tristesse bei Burger King. Und
dann, eskortiert von einem fahrradschie-

benden Hirten (die hervorragende Ka-
tharina Konradi), die deprimierende An-
kunft vor dem Festspielhaus höchst-
selbst.
Wie Venus und ihre beiden Helfer
dann im zweiten Akt den Grünen Hügel
entern, das ist umwerfend komisch und
zugleich ungeheuer klug. Denn der Ge-
danke, die Venus mal leibhaftig beim
Sängerstreit erscheinen zu lassen, wirkt
frappierend. Kratzers kunstvolles Wech-
selspiel mit Filmpassagen schlägt einen
dramatischen Funken nach dem anderen.
Der dritte Akt schließlich ist ein Alb-
traum, an dem man lange zu knabbern
hat: Dem sonst stets so brav wie unglück-
lich verliebten Wolfram (im zweiten Akt
gähnt die Venus laut bei seinem Liebes-
lied) ist hier erstmals eine Erfüllung be-
schieden, aber was für eine – ein Ab-
grund an Gewalt.
Markus Eiche singt diesen Wolfram
so markant, dass man schon vorher ahn-
te, da könnte noch was passieren. Dass
ich mich aber in dieser Aufführung zum
ersten Mal wirklich für das Schicksal des
komischen Typen Tannhäuser zwischen
den beiden Frauen interessiere, dass ich
mich auch brennend für diese beiden
Frauen interessiere, die lebendig sind
und leidenschaftlich und voller Liebe
und Verletzungen, fernab von allem ver-
klemmten Sexualmurks à la „Hurengöt-
tin versus heilige Langeweile“ – das
macht diesen „Tannhäuser“ für mich zu
einer einschneidenden Erfahrung. Und
natürlich wäre alles, was die Regie leistet,
nichts ohne starke Sänger: den berühren-
den Stephen Gould als Tannhäuser, der
in seinem Preislied nicht aufbegehrend

bellt, sondern verzweifelt, fast flehent-
lich um sein Leben singt. Was für ein
exakter Gestalter Gould ist, wusste man
vorher, aber nichts ist hier zu spüren von
dieser gewissen Neutralität, die man ihm
mitunter nachsagt. Um ihr Leben singen
auch die beiden Frauen. Die Venus der
Elena Zhidkova (die nur in dieser ersten
Aufführung Ekaterina Gubanova ver-
tritt) ist darstellerisch stärker als sänge-
risch. Lise Davidsen aber hat eine glut-
volle, enorme Stimme, die in anderen In-
szenierungen die Langweiler-Elisabeths
vielleicht unangemessen zur Explosion
brächte; zu dieser Elisabeth aber passt
das, und wie.
Wenn es eine Schwachstelle gibt, dann
wohl das Dirigat von Valery Gergiew, das
trotz einiger Wackler halbwegs stabil
wirkt, aber kaum individuell oder charak-
teristisch. Der Verdacht, dass der berüch-
tigte Vieldirigierer Gergiew erst à la mi-
nute zur Premiere eingeflogen sei, kann
zurückgewiesen werden, ein verlässlicher
Jurist sah Gergiew tags zuvor in einem
Restaurant, und die Festspielleitung be-
teuert, der Dirigent habe mitgeprobt.
Die Bayreuther Spatzen pfeifen hingegen
alles Mögliche von den Dächern. Nun
denn. Im nächsten Jahr wird Gergiew oh-
nehin nicht wieder hier dirigieren. Viel-
leicht braucht es also doch erst mal keine
Flugtaxi-Landeplätze. Dieser „Tannhäu-
ser“ aber, über den wird man noch in fer-
ner Zukunft an den komfortablen Fahr-
radständern neben dem Festspielhaus
sprechen. ALBRECHT SELGE
Der Autor ist Schriftsteller und betreibt ein Blog zur klas-
sischen Musik (hundert11.net). Zuletzt erschien von ihm
der Roman „Fliegen“ (Rowohlt Berlin, 20 Euro).

Z


ur Neuverfilmung von „Der Kö-
nig der Löwen“ veröffentlicht
Beyoncé ein Album – oder soll
man sagen: Die Popkönigin hat
ein paar Songs kuratiert? Wenn Beyoncé
ein Album veröffentlicht, mit Beiträgen
der Superstars Kendrick Lamar und Chil-
dish Gambino und Strophen ihres Ehe-
manns Jay Z und ihrer Tochter Blue Ivy,
wenn die Popkönigin die wunderbaren
jungen Rapperinnen 070 Shake und Tier-
ra Whack genauso einlädt wie die nigeria-
nischen Sänger Wizkid und Mr Eazi,
wenn ein Album mit der globalen Starpo-
wer so laut Großereignis schreit und man
trotzdem von keinem der Songs jenseits
einiger Neuerscheinungslisten auf Spoti-
fy etwas mitkriegt, dann bedeutet das
wohl leider: „The Lion King: The Gift“
klingt seltsam egal und unspektakulär.
Beyoncé weiß anscheinend selbst, dass
„Lion King“ kein richtiges Beyoncé-Al-

bum ist. Weshalb es kein richtiges Beyon-
cé-Album ist. Stattdessen hat sie die
Sprachregelung „produziert und kura-
tiert von Beyoncé“ für die Platte gefun-
den. Die Songliste wirkt, als habe Beyon-
cé einige Starfreunde angerufen (Pharrell
Williams, Major Lazer) und ihr Team auf-
gefordert, eine Handvoll interessanter
Musikschaffender aus Afrika (den Sänger
Salatiel aus Kamerun, die nigerianische
Sängerin Tiwa Savage) um eine Strophe
zu bitten. Denn die Songs erscheinen zur
computeranimierten Neuverfilmung von
„Der König der Löwen“, in der Beyoncé
mit Childish Gambino (als Schauspieler:
Donald Glover) die Hauptrollen spricht.
Und obwohl das von Beyoncé kuratierte
Album nicht der Soundtrack zum Disney-
film ist, den gibt es auch noch, so soll es
laut der Sängerin doch eins sein: „ein Lie-
besbrief an Afrika“. Wenn da ein vages
Nairobi-oder-Nigeria-Hauptsache-Afri-

ka-Gefühl aufkommt, dann zeigt sich spä-
testens beim Anschauen des Videos zur
von Beyoncé gesungenen Single „Spirit“:
Dem amerikanischen Popstar fallen zu
Afrika genau die Klischeebilder ein wie
dem klischeehaftesten Safaritouristen.
Wie da die Elefantenherde durch die
Steppe zieht und das Löwenjunge nach ei-
nem aufstiebenden Vogelschwarm hascht
und Beyoncé vor einem Wasserfall die
Hände zum Himmel erhebt, das ist so ein
Reisekatalogafrika, dass man erleichtert
sein kann, weil nicht noch ein Kinder-
chor „Hakuna matata“ singt (was bekann-
termaßen so viel wie „Keine Sorgen“ auf
Suaheli heißt und, nicht so bekannt, ein
seit Jahren von Disney eingetragener Mar-
kenbegriff ist). Die sambische Autorin
Namwali Serpell verglich das Patent des
Unterhaltungskonzerns kürzlich mit dem
Rechtsanspruch eines kenianischen Unter-
nehmens, das sich „Good morning“ als

geschützten Begriff eintragen ließe. Da-
bei beginnt „The Lion King: The Gift“
mit zwei richtigen Beyoncé-Songs, „Big-
ger“ und „Find Your Way Back“, der ers-
te eine Ermutigungshymne, der zweite
ein von Afrobeats inspirierter Popsong
ohne jede Schwere, mit ihren Motivati-
onsbotschaften beide so nah am „König
der Löwen“, dass sie als Alternativsound-
track dienen können, aber frei genug, da-
mit sich ihr Text nicht auf Savanne, Ster-
ne und die unendliche Weisheit von Mut-
ter Natur beschränkt. Trotzdem liegt es
schon an Beyoncé selbst, nicht bloß an
der Vielzahl an Gästen, dass ihr kuratier-
tes Album lieblos halbfertig wirkt, trotz
der Wärme der Beyoncé-Stimme kalt
und geschäftsmäßig klingt.
„I’m piña colada-ing / you stay Rama-
da Inn“ beschreibt die Popkönigin einmal
den Unterschied zwischen Ihrer Majestät
und dem Normalvolk. In seiner Arroganz

könnte das unterhaltsam sein, sympa-
thisch größenwahnsinniges Rumprollen
eines Stars; aber im Gegenteil, komisch
wird der Satz, weil man jetzt endlich
weiß, wofür sich eine der größten Sänge-
rinnen unserer Zeit den ganzen Stress
gibt, die Popthronbesteigung und das
Hinaufklettern der „Forbes“-Reichenlis-
te, das hart erkämpfte Königreich der
Queen Bey für: die kleinbürgerliche Sehn-
sucht nach Piña Colada. Entspannt am
Pool liegen, die Kinder versorgt wissen –
in der Starversion träumt Beyoncé densel-
ben Traum wie ihre Fans im Ramada.
So hat die Löwenkönigin ein Rudel
um sich geschart, um ihr Imperium zu be-
singen und gleichzeitig auszubauen, und
weil Beyoncé Beyoncé ist, ist das nicht ir-
gendwer. Der Rapper Kendrick Lamar
beweist, dass er immer noch keinen
schlechten Song hinbekommt (wohl aber
einen, der keine zwei Minuten dauert),

Tierra Whack rappt eine so energische
Strophe auf „My Power“, dass man sich
auf jede kommende freut, und „Brown
Skin Girl“ ist eine verträumte Sommer-
ode an, falls man das sagen darf, braun-
häutige Frauen, zu der notfalls auch Piña
Colada okay schmecken würde.
Das Erfreulichste an dem Album ist je-
doch, dass niemand es braucht: Beyoncé
nicht, die Ferien für immer am Pool ma-
chen könnte, und ihre Songs kämen wei-
ter aus den Smartphones, junge amerika-
nische Künstlerinnen wie Tierra Whack
nicht, die ohne Glanz eines Superstars
strahlen, ein nigerianischer Sänger wie
Wizkid nicht, der keine Entwicklungshil-
fe nötig hat und seit Jahren mit internatio-
nalen Stars wie Drake und MHD arbei-
tet. Und, sogar als Beyoncé-Fan: Danke,
aber nein, danke.
FLORENTIN SCHUMACHER
Beyoncé: „The Lion King: The Gift“ (Columbia)

Afrika in Augenhöhe – Beyoncé mit volldigitalisiertem Löwen Foto Bestimage

Mit dem Fahrrad


in den Venusberg


Die Polizei ist freundlich, Söder darf neben der Kanzlerin sitzen,


und Tobias Kratzer inszeniert einen so erschütternden wie


komischen „Tannhäuser“ – so war es bei den Bayreuther Festspielen


Unterwegs im Tannhäusermobil – eine Szene aus Tobias Kratzers Bayreuther Inszenierung Foto Enrico Nawrath

Nairobi oder Nigeria –


Hauptsache, Afrika!


Beyoncé hat anlässlich des Films


„Der König der Löwen“ ein Album mit vielen Gästen


kuratiert – war das denn wirklich nötig?

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