Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung - 28.07.2019

(Ann) #1
FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG

Wohnen (^) 28. JULI 2019 NR. 30 SEITE 49
A
lbtraum, Horrorvorstellung, Schei-
dungsgrund – bei der Frage, ob
Menschen sich vorstellen kön-
nen, mit ihrem Lebenspartner
ein Arbeitszimmer oder gar einen
Schreibtisch zu teilen, entlädt sich meist
eine Lawine von Schreckensrufen. Mit
Schatzi ein Büro teilen? Niemals! Regel-
mäßig folgen detaillierte Beschreibungen
von unerträglichen Schreibtischmarotten
des anderen. Das, was harmlos klingt, er-
scheint beim genaueren Hinsehen als Mi-
nenfeld der Paardynamik. Eigentlich er-
staunlich in Zeiten, in denen offene Co-
working Spaces und Großraumbüros
boomen. Warum ist es so schwer, ausge-
rechnet mit dem Lebensmann oder der
Lebensfrau ohne Konflikte einen Raum
zu teilen, um ein paar harmlose E-Mails
zu schreiben oder hochprofessionell ein
gemeinsames Geschäft zu führen?
„Das liegt daran, dass Menschen wie
Tiere ausgesprochen territoriale Wesen
sind und ihr Gebiet verteidigen“, erläu-
tert der Berliner Paartherapeut Clemens
von Saldern. Nicht nur im Arbeitszim-
mer kann man das beobachten, sondern
auch in der Küche, wo es zu großen Kon-
flikten kommen kann, wenn einer kocht
und der andere kommentiert. Seiner Be-
obachtung zufolge gibt es beim gemein-
samen Wohnen zahlreiche kleine Territo-
rialkämpfe. Bei einem gemeinsamen
Büro lernen sich die Partner dazu in ei-
nem vielleicht bis dato eher unbekannten
Kontext kennen, der über die Familie
hinausgeht. „Der individuelle Arbeitsstil
hat etwas sehr Persönliches, fast Inti-
mes“, erklärt der Beziehungsexperte. Ei-
ner öffnet die Post und vermischt alle Pa-
piere in einem Riesenhaufen. Der andere
ordnet nach Dringlichkeit. Vielleicht dad-
delt ein Partner die ganze Zeit, was den
anderen total überrascht. „Es wird beob-
achtet und beurteilt, und Enttäuschun-
gen sind fast unvermeidlich.“
Clemens von Saldern und seine eben-
falls als Paartherapeutin arbeitende Ehe-
frau haben selbst eine gescheiterte ge-
meinsame Arbeitsbeziehung hinter sich



  • und können es heute mit Humor se-
    hen. „Wir hatten zwei durch eine Tür
    verbundene Büros, und ich konnte jedes
    Telefonat meiner Frau mithören“, erin-
    nert sich von Saldern. „Ich habe alle
    ihre Gespräche anschließend ausgiebig
    kommentiert und Vorschläge gemacht,
    wie man das anders und besser machen
    kann.“ Das hat das Paar so herausgefor-
    dert, dass es das gemeinsame Büro auf-
    gegeben hat. Saldern rät jedem Paar,
    die als angenehm empfundene Indivi-
    dualdistanz für sich herauszufinden. Ein
    einfaches Rezept, wie man richtig zu-
    sammen arbeitet, gibt es nicht. Es sei zu-
    dem normal, dass man den anderen
    nicht immer „auf den Füßen“ haben
    wolle, sagt von Saldern. „Sehen Sie sich
    mal die Vögel auf Hochspannungsleitun-
    gen an, die haben auch einen bestimm-
    ten Abstand“, sagt er. Wenn ein solcher
    Abstand bei uns Menschen etwa am
    Schreibtisch unterschritten wird, kann
    es kritisch werden. „Man möchte im Le-
    ben einfach auch mal Trennwände ha-
    ben so wie auf dem Klo.“
    Die Idee, gemeinsam an einem gro-
    ßen Tisch zu arbeiten, ist – historisch ge-
    sehen – nicht neu. In den zünftisch orga-
    nisierten Handwerken des Mittelalters


gab es Arbeitsräume mit gemeinsamen
Tischen, und in der viktorianischen Zeit
waren im englischen Geschäftsleben so-
genannte Partner Desks beliebt: Tische,
die in Büros von sich gegenübersitzen-
den Händlern oder Anwälten genutzt
wurden. Dass das gemeinsame Arbeiten
in einer Ehe auch für Majestäten ein Be-
dürfnis sein konnte, zeigt sich im königli-
chen „Osbourne House“ auf der Isle of
Wight. In dieser Residenz ließ die briti-
sche Queen Viktoria für sich und ihren
heiß geliebten Ehemann Albert eine kö-
nigliche Variante des Partner Desks ein-
richten, die man bis heute sehen kann.
Dort stehen zwei ganz eng nebeneinan-
dergestellte, identische Schreibtische
mit identischen Stühlen, die an ein Ehe-
bett mit einer fast unsichtbaren Ritze in
der Mitte erinnern. Auf beiden thronen
ähnliche Familienbilder und Schreib-
utensilien, und so gehen sie visuell inei-
nander über.
Auch heute gibt es Paare, die es wie
die Königin und ihr Gemahl lieben, ein
gemeinsames Büro zu haben. So wie das
Wiener Unternehmerpaar Christoph
und Nicola Rath, Initiatoren der Öster-
reichischen Meisterstrasse, die traditio-
nelle Manufakturen miteinander verbin-
det und in Publikationen bekannt macht.
Die beiden teilen einen riesigen Schreib-
tisch, den sie selbst angefertigt haben.
Seit mehr als zwanzig Jahren hat das Ehe-
paar Rath verschiedene Tischordnungen
ausprobiert – nebeneinander, gegenüber
oder ums Eck sitzen. Beim gemeinsamen
Tisch ist es geblieben.
Während ihres Studiums saßen sie an
weiß lasierten Holzplatten auf Malerbö-
cken, heute an einem anderthalb mal
dreieinhalb Meter großen Tisch, mit
dem sie sich den Traum des perfekten Ar-
beitstisches erfüllt haben. Die Tischplat-
te wurde aus den während der Renovie-
rung ihrer Wiener Stadtwohnung zum
Vorschein gekommenen, 300 Jahre alten
Fußbodenbrettern samt Gebrauchsspu-
ren aus Tannenholz gefertigt. Das Ge-
stell ist der Unterbau eines alten Renais-
sancetisches. Geht es wirklich gut, seit
mehr als zwei Jahrzehnten nicht nur das
Büro, sondern auch den Arbeitstisch zu
teilen? „Wenn es nicht gutgeht, dann
liegt das nicht am Tisch!“, stellt Nicola
Rath klar. „Wir streiten uns nur dann,
wenn der eine den Tisch nicht nur als Ar-
beitsplatz, sondern auch als Ablagefläche
verwendet und sich langsam, aber sicher
in die räumliche Sphäre des anderen be-
wegt.“ Ansonsten habe ihr Partner Desk
nur positive Seiten.
Auch die Freiburger Goldschmiede Sil-
ke Knetsch und Christian Streit arbeiten
seit zwanzig Jahren in einem einzigen
Raum. Tag für Tag sitzen sie gemeinsam
an ihrem alten, von Kollegen übernom-
menen Goldschmiedetisch, der an drei
Seiten Mulden für ursprünglich drei
Schmuckdesigner hat. In eine Bucht ge-
schmiegt sitzt Christian Streit, um 90
Grad versetzt seine Ehefrau, inmitten
von Werkzeugen und Material. „Die ma-
gische Formel für ein harmonisches Zu-
sammenarbeiten gibt es nicht, unser Ar-
beiten in einem Raum ist dem geteilten
Beruf geschuldet und dann der natürli-
chen Liebe, die man empfindet“, sagt
Goldschmied Streit. Manchmal halte
aber auch schlicht der Zwang der Familie

und des Unternehmens den Alltag zusam-
men. „Man muss ja auch funktionieren“,
sagt der 55-Jährige pragmatisch. Wichtig:
„Wir akzeptieren die Marotten des ande-
ren.“ Christian Streit sieht den Vorteil
des gemeinsamen Arbeitens darin, das
keiner der beiden tagsüber in seiner eige-
nen Welt lebt und man abends erst wie-
der zusammenfinden muss. Damit beim
gemeinsamen Arbeiten und Leben jeder
der Partner zu seinem Recht kommt, ach-
tet das Paar jedoch darauf, dass jeder Frei-
raum für den eigenen Sport hat oder mit
anderen Freunden ausgeht.
„Das gemeinsame Arbeiten in einem
Raum kann eine große Innigkeit haben“,
sagt die Berliner Unternehmerin Josephi-
ne Gaede, die unter dem Label „das cape
mädchen“ Mode, Accessoires und Ein-
richtungsobjekte verkauft. Mit ihrem Le-
benspartner Christoph Hillekamps,
Schlagzeuger und Sounddesigner, lebt
sie in Schöneberg in einer Altbaubauwoh-
nung, die auch als Showroom dient. Die
Designerin und der Musiker teilen zwei
Arbeitsräume: das Büro mit Schreibtisch,
an dem sie parallel an ihren Computern
arbeiten – dazu Lager und Packraum,
den Christoph Hillekamps als Übungs-
raum nutzt. Im geteilten Büroraum ist
das gemeinsame Arbeiten für beide ent-
spannt, da sie ruhige Arbeiter sind und
viel Rücksicht aufeinander nehmen.
Aber wie kann sich die Unternehmerin
und Mutter eines Babys nur konzentrie-
ren, wenn ihr Freund stundenlang auf ei-
nem seiner sechs Schlagzeuge spielt und
sie Berge von Bestellungen abarbeiten,
sich um neue Kollektionen und Social-
Media-Strategien kümmern muss? „Je
zufriedener ich selbst mit mir und mei-
ner Arbeit bin, umso besser geht das“,
sagt Gaede. „Wenn ich gestresst bin,
stört mich sein Üben total, auch wenn er
leise spielt, denn es gibt dann ungewollt
den inneren Rhythmus meines Stresses
vor, das ist etwas in mir drin“, beschreibt
sie. Deshalb verabredet das Paar immer
wieder Übungszeiten. Manchmal beamt
sich die Unternehmerin allerdings aus
dem häuslichen Arbeitsfeld mit Schlag-
zeugsound und geht zum Arbeiten in ein
Café. „Schwieriger, als ein gemeinsames
Büro zu haben, finde ich, die zwei Ebe-
nen im Leben des Homeoffice für mich
zu organisieren, nämlich das Privatleben
und das Berufsleben. Ich kann erst kon-
zentriert im Job sein, wenn alles andere
total gut geregelt ist“, sagt die junge Mut-
ter über ihre Situation.
Die innere und äußere Spannung zwi-
schen Ehebett und Schreibtisch unter
dem gemeinsamen Dach eines kreativen
Paares zeigt sich bis heute auf das schöns-
te im Haus der Schriftsteller Louis Ara-
gon und Elsa Triolet, die im Alltag Lie-
be und Arbeit miteinander verbanden.
Beide hatten in ihrer bei Paris gelegenen
Mühle, die sie von 1951 an als Wochen-
end- und Ferienhaus nutzten, zwei ge-
trennte Arbeits- und Schreibzimmer: er
ganz rustikal in Brauntönen mit einem
Kamin eingerichtet, sie in leichtem Hell-
blau, mit Blick in den Garten. „Das paral-
lele Arbeiten und Schreiben in der Mou-
lin de Villeneuve war für dieses Paar sehr
wichtig, aber da sie zu unterschiedlichen
Zeiten aufstanden, entwickelten sie eine
eigene Art, gemeinsam zu leben und zu
arbeiten“, sagt der Sprecher des zu ei-
nem Museum umgestalteten Hauses,
Pierre Collas. So wachte Aragon früh auf
und ging dann in sein Arbeitszimmer,
um zu schreiben, oder werkelte im Gar-

ten herum. Elsa Triolet schlief im ge-
meinsamen, schmalen Ehebett weiter
und schrieb dann einen Teil des Mor-
gens im Bett liegend ihre Bücher –
manchmal auch im neben dem Schlafzim-
mer liegenden Büro. Jeder der beiden be-
saß eine Bibliothek im eigenen Büro als
auch eine gemeinsame im großen Salon
mit insgesamt 30 000 Bänden.
Die parallele Schreibarbeit der beiden
ausgeprägten Persönlichkeiten verlief je-

doch auch mit zwei Büros nicht immer
ohne Spannungen. Elsa Triolet beschwer-
te sich in einem Brief an den Lebenspart-
ner: „Ich werfe Dir vor, dass Du seit 35
Jahren so lebst, als müsstest Du rennen,
um ein Feuer zu löschen. In Deinem
Lauf darf man Dich vor allem nicht stö-
ren, Dich nicht überholen, Dir nicht hin-
terhergehen... Du willst nichts zusam-
men machen.“ Aragon hingegen war
manchmal eifersüchtig auf Elsas Fähig-

keit zu arbeiten, da sie seiner Ansicht
nach ihre Bücher mit offenen Augen
träumte, bevor sie sie niederschrieb.
Auch wenn sie unter einem Dach ge-
meinsam jeder für sich arbeiteten, bespra-
chen sie ihre Bücher ständig miteinan-
der, lasen sich gegenseitig ihre Manu-
skripte vor und beeinflussten einander.
Und am Abend gingen sie gemeinsam
ins Bett, in dem Elsa morgens wieder
ihre Bücher schrieb.

Albtraum oder Paradies: der mit


Schatzi geteilte Arbeitsplatz im eigenen


Haus. Was führt zum Riesenkrach,


was fördert die Romantik?


Von Stefanie von Wietersheim


Minenfeld der


Paardynamik


„Die Marotten des anderen akzeptieren“ – das Freiburger Goldschmiedepaar Silke Knetsch und Christian Streit Foto Privat

In Osborne House saß Königin Viktoria mit Prinz Albert am Partner Desk. Foto Picture Alliance


D I E W E R T S T E I G E R N D E K A P I T A L A N L A G E!

Machen Sie sich Gedanken, wie Sie Ihr Geld noch kurzfristig anlegen können?
DieHELMA Ferienimmobilien GmbH hilft Ihnen bei Ihrer Entscheidung. Erfüllen Sie sich jetzt Ihren Traum,
eine eigene Ferienimmobilie zu besitzen und genießen dabei Urlaub und Rendite unter einem Dach.

Das OstseeResort Olpenitz entsteht in einer der schönsten Urlaubsregionen Deutschlands: im Nordosten Schleswig-Holsteins,
direkt zwischen Schlei-Mündung und Ostsee. Auf dem mehr als 150 Hektar großen Areal entsteht ein neues und einzigartiges
Ferienresort der Extraklasse. Das Herz des OstseeResorts Olpenitz wird ein exklusiver Yachthafen sein. Im OstseeResort Olpenitz
ist für jeden Geschmack etwas dabei: Ob Ferienwohnungen, Ferienapartments oder Ferienhäuser, ob Selbstnutzer oder Kapital-
anleger. Entdecken Sie die vielfältigen Möglichkeiten und sichern Sie sich Ihren Platz am Meer und genießen Sie das Leben.

Im Hafendorf Zerpenschleuse, zwischen Berlin und dem Werbellinsee, also direkt vor den Toren Berlins, am UNESCO-Biosphä-
renreservat gelegen, entstehen 200 exklusive Ferienhäuser in skandinavischer Architektur sowie ein Hafen mit 113 Bootsliege-
plätzen. Das Wassergrundstück liegt direkt am Oder-Havel-Kanal. Eine Abwechslung zum Wassersport bietet der Golfplatz
Prenden, welcher nur 15 Autominuten von ihrem zukünftigen Ferienhaus entfernt ist. Das gesamte Grundstück wird real aufgeteilt
und schlüsselfertig an Sie übergeben. Schon immer vom eigenen Ferienhaus direkt am See geträumt? Jetzt zum Greifen nahe!

Im NordseeResort Büsum entstehen 113 Ferienwohneinheiten in gehobener und moderner Ausstattung. Ob Ferienhaus oder
Ferienwohnung – wir haben die perfekte Immobilie für Ihre Kapitalanlage geschaffen. Der Ort Büsum ist eine Gemeinde in
Schleswig-Holstein. Der Hafenort liegt an der Meldorfer Bucht, nahe der Eidermündung in der Dithmarscher Marsch, ca. 100 km
nordwestlich von Hamburg. Der Deich, die „Watt’n Insel“ und die Familienlagune machen Büsum zu einem perfekten Urlaubsziel
für Jung und Alt und lassen keine Wünsche offen! Musterhauseröffnung. Jetzt reservieren.

HELMA Ferienimmobilien GmbH
Tel. 030 / 887 208 98 oder 08 00 / 7 24 33 18 (24 h kostenfreie Hotline)
E-Mail: [email protected] · http://www.helma-ferienimmobilien.de

Kontakt: OstseeResort Olpenitz:
Besichtigung täglich von 11 – 16 Uhr & jederzeit nach Absprache
Hafenstraße 1 in 24276 Kappeln
Frau Melanie Gatz, Tel. 0173 / 185 81 53
Herr Alexander Augustowsky, Tel. 0175 / 225 64 24

Kontakt: Hafendorf Zerpenschleuse:
Besichtigung Fr. – So. von 11 – 16 Uhr & jederzeit nach Absprache
Eberswalder Weg in 16348 Zerpenschleuse
Herr Karl-Heinz Peter, Tel. 0151 / 240 6 444

Kontakt: NordseeResort Büsum:
Besichtigung Sa. – So. von 11 – 16 Uhr & jederzeit nach Absprache
Dithmarscher Straße 50 in 25761 Büsum
Frau Stephanie Sievert, Tel. 0176 / 47 75 24 69
Herr Lutz Lachmann, Tel. 0176 / 7 83 86 178

Provisionsfrei vom Bauträger
Free download pdf