„Ihr seid viel stärker, als ihr denkt!“

(mfitzner) #1

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Beiträgen dieses Buchs immer wieder zur Sprache kommen. Sie sind fast aus-
nahmslos von selbst stotternden Menschen verfasst, von denen einige zudem
Fachleute in eigener Sache geworden sind bzw. diese zum Gegenstand ihres
Berufs gemacht haben.


Hinweisen möchten wir einleitend noch auf einen letzten negativ-positiven As-
pekt des Stotterns. Die unentwegte Konfrontation mit dieser angstbesetzten
eigenen ‚Schwäche‘ erfordert ein großes Maß an Mut. Jeden Tag stellen sich
stotternde Menschen zwangsläufig zahllose Male ihrer vielleicht größten Angst.
Diesen besonderen Mut betonen viele unserer Autor_innen. Wir haben bereits
angesprochen, dass ein solches, wenn auch von der eigenen Behinderung er-
zwungenes Verhalten die Charakterbildung stotternder Menschen positiv be-
einflussen kann. Das legt einen Schluss nahe, den einer unserer Interviewpart-
ner, der selbst betroffene Sprachtherapeut Thilo Müller pointiert formuliert hat:
„Ihr seid viel stärker, als ihr denkt.“ – An dieser Stelle, Thilo, vielen Dank für
den schönen Titel! – Betroffene, die es vermittelt durch diese Stärke schaffen,
sich nicht in die Isolation zu begeben, bewahren sich die Chance zu erfahren,
dass sie auch mit ihrer Beeinträchtigung beruflichen Erfolg, gesellschaftliche
Akzeptanz, persönliche Zufriedenheit und Momente des Glücks erreichen
können.


Als Letztes noch eins: Die hier versammelten Texte sind mindestens so unter-
schiedlich wie die Stottersymptomatik ihrer Verfasser_innen und ihre Um-
gangsweisen damit. Diese Verschiedenartigkeit betrifft auch ihren Ausdruck
und Stil. Wir haben sie bewusst nicht einzuschränken versucht. Während wir
Herausgeber uns z.B. nicht als ‚Stotterer‘ bezeichnen, weil dieser Ausdruck un-
seres Erachtens Betroffene nur in Hinsicht auf eine einzige ihrer vielen Eigen-
schaften charakterisiert, sie dadurch übermäßig betont und die Betroffenen
darauf zu reduzieren droht, bereitet anderen dieser Begriff keine Schwierigkei-
ten. Das haben wir ebenso unverändert gelassen wie die verschiedenen Arten
und Weisen zu ‚gendern‘ bzw. es nicht zu tun, also entweder ausschließlich in
der männlichen Form auch von Frauen und anderen Geschlechtsidentitäten zu
sprechen oder aber andere sprachliche Wege zu wählen, die die tatsächliche
Vielfalt ausdrücken.


Unseren Leser_innen wünschen wir eingedenk dieser verschiedenen Stile eine
interessante, unterhaltende und vor allem stärkende Lektüre.

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