Die Welt am Sonntag Kompakt - 21.07.2019

(Wang) #1

WR2 50 JAHRE MONDLANDUNG


SPEZIAL


50 Jahre Mondlandung -
das Abenteuer geht weiter...

SPUREN AUF


DEM MOND


Ausstellung


50 Jahre Mondlandung -
das Abenteuer geht weiter...


  1. März bis 17. November 2019www.galileo.park.de


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Dass Deutschlands Weg zum
Mond über Berlin-Marzahn
führen könnte, hätte wohl bis
vor kurzem jeder für den Ein-
stieg in einen Witz gehalten.
Doch in Marzahn ist Hoff-
nungsträgerin Alina zuhause,
versteckt in einer unscheinba-
ren Gewerbeimmobilie. Alina –
das ist ein Mondlandegefährt,
das 2021 mit einer Falcon-9-Ra-
kete von Elon Musks Raum-
fahrtunternehmen Space X auf
den Erdtrabanten transportiert
werden soll, um dort unter an-
derem zwei Erkundungsfahr-
zeuge abzusetzen.

Konstruiert wurde das Vehi-
kel von PTScientists. Das Ge-
schäftsmodell der Berliner ist
es, als Privatunternehmen kos-
tengünstige Nutzlasttransporte
anzubieten und sich so als
Dienstleister für Raumfahrtbe-
hörden, Wirtschaft und Wis-
senschaft zu empfehlen.
Alina ist das derzeit heraus-
ragende Weltraum-Projekt mit
deutscher Beteiligung, bei wei-
tem aber nicht das einzige. Eine
Vielzahl von Unternehmen
hierzulande entwickelt Kompo-
nenten und Bauteile, die in fast
allen großen aktuellen und ge-
planten Raumfahrtmissionen
verwendet werden. In Bremen,
einem der wichtigsten Standor-
te der europäischen Luft- und
Raumfahrt, werden die Euro-
päischen Servicemodule (ESM)
für das Nasa-Raumschiff Orion
gebaut, die das Thermalsystem
regeln und Astronauten mit
Wasser und Sauerstoff versor-
gen. Zum ersten Mal überhaupt
wurde einem nicht-amerikani-
schen Unternehmen ein Auf-
trag für ein derart kritisches
und zentrales Modul erteilt.

Das erste Modul wurde Ende
2018 an die Nasa geliefert, das
zweite befindet sich noch im
Bau. Der erste Orion-Flug soll
als unbemannte Mission 2020
weit hinter den Mond und zu-
rück zur Erde führen, die zwei-
te ist für den Sommer 2022 ter-
miniert, dann mit Besatzung.
Ob der Mond jemals habita-
bel wird, lässt sich derzeit nicht
einschätzen. Dass er aber als
Forschungsstation und Basis
für weitergehende Exploratio-
nen ins All und damit zumin-

dest zeitweise Menschen als
Aufenthaltsort dienen wird,
scheint dagegen sicher zu sein.
Wie das gelingen kann, ist eine
Frage, mit der sich auch Airbus
in Bremen beschäftigt. Bis Ende
2019 will der Konzern eine Stu-
die für ein Wohn- und For-
schungsmodul vorstellen. Das
künstliche Habitat soll 6,5 mal
4,5 Meter messen und rund
neun Tonnen wiegen.
In einer weiteren Studie geht
es um ein Modul zum Auftan-
ken und zur Telekommunikati-
on, das auch als Materialschleu-
se genutzt werden kann. Beide
Studien sind Teil europäischer
Partnerschaften. Die für das
Gesamtdesign zuständige Nasa
will das erste Modul ab 2020 in
eine Mondumlaufbahn bringen.

NEUTRONEN AUF DER SPUR
Kiel ist bereits auf dem Mond –
genauer gesagt ein Strahlende-
tektor der Kieler Universität,
den die chinesische Sonde
Chang’e 4 im Januar 2019 auf
dem Mond abgesetzt hatte.
Erstmals gelang es, eine Sonde
auf der von der Erde abgewand-
ten Seite des Mondes zur Lan-
dung zu bringen. Mindestens
ein Jahr lang soll der Detektor
Daten liefern. Das Team um Ro-
bert Wimmer-Schweingruber
will Strahlung erforschen, das
für Astronauten größte gesund-
heitliche Risiko im All. Auf dem
Mond geht es um die Neutro-
nen-Strahlung, die Wimmer-
Schweingruber zufolge im Ge-

gensatz zu anderer Strahlung
nicht von Raumanzügen absor-
biert werden und so tief in den
menschlichen Körper eindrin-
gen könne. Die Ergebnisse sind
essenziell für die Beantwortung
der Frage, wie vor Neutronen-
strahlung schützende Unter-
künfte auf dem Mond konstru-
iert werden müssten – und ob
das überhaupt möglich ist.
Auch dank deutscher Tech-
nik weiß man schon viel über
den Mars und dessen extreme
Atmosphäre. Das Material lie-
fern die hochauflösende Ste-
reokamera HRSC, die vom
Deutschen Zentrum für Luft-
und Raumfahrt (DLR) betrie-
ben wird, und die Visual Moni-

toring Camera (VMC), die die
heftigen Stürme am Rand der
Nordpoleiskappe beobachtet.
Die HRSC ist Deutschlands
wichtigster Beitrag zur Mission
Mars Express. Das Unterneh-
men der Europäischen Welt-
raumorganisation Esa startete
2003 und erreichte den Mars
nach sechs Monaten.
Mit der Stereokamera wird
der Rote Planet dreidimensio-
nal und in Farbe kartiert. Die
HRSC-Bilder können Gegen-
stände ab zehn Meter Größe
darstellen. Bislang wurde eine
Fläche kartiert, die größer ist
als Nordamerika. Mit der Missi-
on erhofft man sich Antworten
auf fundamentale Fragen zur

Deutschland


ist längst


im ALL


Elf Deutsche waren bisher im Weltraum,


noch keiner auf dem Mond. Dafür steckt


viel Wissen und Technik Made in Germany


in vergangenen und zukünftigen Missionen


st längst


eutschland


VON J. CLEMENS UND U. SAUERWEIN

D


WELT AM SONNTAG NR.29 21.JULI2019

PTSCIENTIST, GETTY IMAGES/STOCKTREK IMAGES (3), GETTY IMAGES/MARK WARD/STOCKTREKIMAGES, GETTY IMAGES/CARLOS MALVAR, GETTY IMAGES/TETRA IMAGES RF/CHRIS CLOR
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