Die Welt - 02.03.2020

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02.03.20 Montag,2.März2020DWBE-HP


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10 WIRTSCHAFT DIE WELT MONTAG,2.MÄRZ


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r gehört zu den hartnäckigs-
ten Mythen der Wirt-
schaftswelt: Der schwache
Euro hat der deutschen In-
dustrie unvergleichliche
Wettbewerbsvorteile beschert, dank
des zu niedrigen Wechselkurses sind
Produkte „made in Germany“konkur-
renzlos billig. Doch ist das wirklich so?
Eine Untersuchung des Instituts der
deutschen Wirtschaft (IW) in Köln
weist nun nach, dass die Wettbewerbs-
position der hiesigen Industrieunter-
nehmen trotz Euro keineswegs so rosig
ist, wie manche glauben.

VON DANIEL ECKERT

Die Wissenschaftler des arbeitgeber-
nahen Instituts haben sich die Konkur-
renzfähigkeit der deutschen Industrie
angeschaut, und zwar gemessen an den
Preisen für die Herstellung von Maschi-
nen und anderen industriellen Produk-
ten. Die wird im Wesentlichen durch die
sogenannten Lohnstückkosten defi-
niert. Die Lohnstückkosten geben an,
wie hoch die Arbeitskosten je produ-
zierter Einheit sind. Was diese produ-
zierte Einheit ist, hängt ganz von der
Branche ab. Es kann zum Beispiel eine
Zylinderkopfdichtung sein, ein Motor-
block oder ein ganzes Automobil. Um
die Lohnstückkosten zu ermitteln, wer-
den die Arbeitskosten ins Verhältnis zur
Produktivitätgesetzt.
Um ein Beispiel zu nennen: Es macht
einen Unterschied, ob ein Arbeiter in
der Automobilindustrie rechnerisch für
einen Jahreslohn von 60.000 Euro fünf,
zehn oder 20 Pkw fertigt. Die gleiche
Qualität vorausgesetzt, könnte der

60.000-Euro-Verdienst im ersten Fall
hoch, im letzten Fall aber niedrig sein.
Hohe Löhne sind also kein Problem für
die Wettbewerbsfähigkeit, wenn die
Qualität der Produkte stimmt und die
Betriebe effizient arbeiten.
In den zurückliegenden Jahren sind
die Effizienzfortschritte jedoch ins Sto-
cken geraten: „Die überdurchschnitt-
lich hohe Produktivität hierzulande hat
zuletzt nicht mehr ausgereicht, um den
Nachteil der hohen Arbeitskosten zu
kompensieren“, sagt Christoph Schrö-
der, Arbeits- und Tarifexperte beim IW.
Seine Studie „Lohnstückkosten im in-
ternationalen Vergleich“ lag WELT vor-
ab vor. Was die Kosten der Produktion
anbelangt, hat sich die deutsche Wett-
bewerbsposition vor allem 2019 erheb-
lich verschlechtert: „Allein in den ers-
ten drei Quartalen des Jahres haben die
Lohnstückkosten gegenüber dem Vor-
jahreszeitraum um 6,7 Prozent zuge-
nommen“, rechnet der Experte vor.

Schröder bezieht sich in seinen Kal-
kulationen auf das verarbeitende Ge-
werbe. Wegen der engen Vernetzung
und ihrer Einbettung in den Welthandel
bildet die Industrie den Schlüsselsektor
für Europas größte Volkswirtschaft.
Dass die Coronakrise die Lieferketten
Anfang 2020 unterbrechen würde, war
2019 noch nicht absehbar. Vermutlich
wird dieser externe Schock die Kosten
aber weiter nach oben treiben, ähnlich
wie es im Rezessionsjahr 2009 zu beob-
achten war. Wettbewerbsfähigkeit wird
nicht nur durch das Preisniveau be-
stimmt. So hatte das International In-
stitute for Management Development
(IMD) letztes Jahr herausgefunden,
dass Deutschlands digitale Leistungsfä-
higkeit aus anderen Gründen nur mit-
telmäßig ist.
Die Experten der Wirtschaftshoch-
schule im schweizerischen Lausanne
bemängelten vor allem Defizite bei IT-
und Software-Kenntnissen sowie eine
mittelmäßige Infrastruktur, die zu
schleppendem Innovationstempo in der
digitalen Wirtschaft führen. Deutsch-
land kam auf Rang 17 von 63 Nationen.
Dagegen bescheinigte die Finanzagen-
tur Bloomberg in ihrem jährlichen In-
novation Index der Bundesrepublik die-
ses Jahr, die innovativste Nation der
Welt zu sein. Innovation und eine ein-
zigartige Palette von Produkten sind
wichtig für die hierzulande so bedeu-
tende Industrie. Die Branche steht für
gut ein Fünftel der Wertschöpfung im
Land, für sie ist preisliche Konkurrenz-
fähigkeit jedoch weiter ein entscheiden-
des Kriterium.
Zwar entwickelte sich die Produktivi-
tät auch in anderen Ländern nicht gera-

de dynamisch, doch kaum irgendwo ist
die Verteuerung der Produktion so
stark ausgeprägt wie in Deutschland:
Zogen die Lohnstückkosten in den ers-
ten drei Quartalen hierzulande um die
erwähnten 6,7 Prozent an, so betrug die
Verteuerung in der Euro-Zone und den
27 Ländern inklusive Japan und den
USA, die das Institut der deutschen
Wirtschaft aktuell untersucht hat, ins-
gesamt nur knapp drei Prozent. Nach
Schröders Einschätzungen ist der deut-
sche Lohnstückkostenvorteil gegenüber
den übrigen Euro-Ländern jetzt so ge-
ring wie zuletzt 2002. Im Vergleich mit
den restlichen Ländern der Währungs-
union produziert die deutsche Industrie
nur minimal – nämlich drei Prozent –
günstiger als bei der Einführung des Eu-
ro 1999. Preislich hat sich die deutsche
Industrie seither also keine nennens-
werten Vorteile erarbeiten können.
Dabei war 1999 alles andere als ein
normales Jahr für Deutschland. Dass
die Lage für die Industrie alles andere
als einfach war, lässt sich daran ablesen,
dass damals im Jahresschnitt mehr als
vier Millionen Menschen arbeitslos wa-
ren, 1,8 Millionen mehr als vergangenes
Jahr. Ende der 1990er-Jahre galt Ferti-
gung in Deutschland als relativ teuer,
vielfach wurde die Produktion ins Aus-
land verlagert. „Im Vergleich mit der
Konkurrenz aus dem Euro-Raum mar-
kiert das Jahr vor der Jahrtausendwen-
de den Höchststand für die deutsche
Lohnstückkostenposition, also den aus
deutscher Sicht schlechtesten Aus-
gangswert“, betont Schröder.
Nur ein einziges Mal waren in
Deutschland hergestellte Industriegü-
ter preislich noch weniger attraktiv als

Geschwächte Wettbewerbsfähigkeit


Die Arbeitskosten


sind 2019 in


Deutschland stark


gestiegen. Die


Produktivität


hingegen stagniert.


Das schränkt den


Spielraum für


höhere Löhne ein


Norwegen
Dänemark
Belgien
Deutschland
Frankreich
USA
Niederlande
Österreich
Euro-Ausland
Durchschnitt
      
Quellen: Bundesbank, Eurostat, nationale Quellen, OECD, Statistisches Bundesamt, IW

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Deutsche Arbeitskosten im internationalen Vergleich

Verarbeitendes Gewerbe ����, indexiert (Deutschland = ���)

     

Norwegen
Kroatien
Vereinigtes Königreich
Frankreich
Estland
Deutschland
Italien
Slowenien
Euro-Ausland
Durchschnitt














Nur fünf Länder produzieren teurer

Quellen: Bundesbank, Eurostat, nationale Quellen, OECD, Statistisches Bundesamt, IW

Lohnstückkostenniveau im internationalen Vergleich,
Verarbeitendes Gewerbe ����, indexiert (Deutschland = ���)

Quellen: Bundesbank, Eurostat, nationale Quellen, OECD, Statistisches Bundesamt, IW

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So haben sich die Lohnstückkosten entwickelt

Veränderung in den ersten drei Quartalen ���� gegenüber
Vorjahreszeitraum, Verarbeitendes Gewerbe, in Prozent
Deutschland
Durchschnitt (Euro-Basis)
Niederlande
Vereinigtes Königreich
Österreich
Italien
USA (Nationalwährungsbasis)
Japan (Nationalwährungsbasis)
Durchschnitt (Nationalw.basis)
Euro-Ausland
Spanien
Frankreich

Quellen: Bundesbank, Eurostat, nationale Quellen, OECD, Statistisches Bundesamt, IW











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Wo Deutschland im internationalen Vergleich steht
Relative Lohnstückkostenposition gegenüber Euro-Ausland und Ausland,
indexiert (1999=100)*

*Lesehilfe: Werte über ��� bedeuten, dass sich die deutschen Lohnstückkosten schneller
erhöht haben oder langsamer zurückgegangen sind als im Ausland.

Euro-Ausland Ausland Nationalwährungsbasis Ausland Euro-BasisAusland Euro-Basis

vorbei“, wiederholte er noch einmal auf
dem Podium, über das unter anderem
der Branchendienst defensenews.com
berichtete.
Der Technikunternehmer, der auch
an der Spitze des E-Auto-Konzerns Tes-
la und der Raumfahrtfirma SpaceX
steht, mischt sich damit in die Diskussi-
on über die Zukunft des Luftkrieges ein.
Dabei steht die Frage im Mittelpunkt,
wie sich der Waffeneinsatz vor dem
Hintergrund der Entwicklung künstli-
cher Intelligenz und anderer techni-
scher Errungenschaften verändert –
und welche Rolle künftig der Mensch
noch spielt.
Musks Äußerungen sind auch vor
dem Hintergrund bemerkenswert, weil
Deutschland, Frankreich und Spanien
derzeit ihr neues FCAS-Luftverteidi-
gungssystem gestartet haben, dessen
Gesamtkosten über Jahrzehnte auf bis
zu 500 Milliarden Euro veranschlagt
werden. Im Mittelpunkt des FCAS-Pro-

T


echnikunternehmer Elon Musk
hat in der Kampfjet-Branche in
ein Wespennest gestochen. Aus-
gerechnet auf einem mit vielen Piloten
besetzen Symposium der US-Luftwaffe
in Orlando im US-Bundesstaat Florida
kündigte er jetzt das Ende der Kampf-
jet-Ära an. Auf die Frage, wie er die Zu-

kündigte er jetzt das Ende der Kampf-
jet-Ära an. Auf die Frage, wie er die Zu-

kündigte er jetzt das Ende der Kampf-

kunft der Luftstreitkräfte sieht und wel-
che Innovationen er erwartet, kam eine
für das Publikum verstörende Antwort:
„Die Ära der Kampfjets ist vorbei“, be-
hauptete Musk.

VON GERHARD HEGMANN

Die Zukunft der Luftkriege werde
durch autonome Drohnenbestimmt,
lautete seine Begründung. Dies sei eine
gefährliche Entwicklung. Er befürworte
dies nicht, sagte Musk, aber diese Rich-
tung zeichne sich ab, sagte der Unter-
nehmer ohne konkrete Beispiele zu
nennen. „Ja, die Ära der Kampfjets ist

jektes steht ein neuer Kampfjet, der et-
wa 2040 einsatzbereit sein soll – und
bemannt sein soll. Um 2026/27 sollen
erste Demonstrator-Modelle als Vorstu-
fe von Prototypen fliegen. Einige Tech-
nologien des FCAS-Kampfjetssollen in
Weiterentwicklungen des Eurofighters
bereits vorher erprobt werden.
Die FCAS-Planer versuchen dabei ei-
nen Mittelweg zwischen bemannt und
unbemannt zu gehen, weil der Kampfjet
von großen Drohnen, sogenannten Re-
mote Carrier, oder Drohnen-Schwär-
men begleitet werden soll. In Hoch-
glanz-Szenarien der Planer wird eine
perfekt vernetztes Szenario dargestellt,
bei dem neben neben dem neuen
Kampfjet Drohnen, Satellitenaufklä-
rung und vieles mehr miteinander ver-
bunden ist.
Die Entwickler stehen derzeit vor der
Aufgabe vorherzusagen, wie der Luft-
kampf in Jahrzehnten aussehen wird
und ob es dann überhaupt noch Ausei-

nandersetzungen mit Kampfszenen im
bisherigen Stil geben wird. Während die
Befürworter von Kampf-Drohnen da-
rauf verweisen, dass diese Modelle
Flugmanöver mit Extrembelastungen
fliegen können, die kein Pilot überleben
würde und ohnehin bei unbemannten
Modellen kein Menschenleben im Flug-
zeug gefährdet wird, gibt es auch Argu-
mente für weiter bemannte Kampfjets.
Nach wie vor müsse der Mensch
letztlich über den Waffeneinsatz ent-
scheiden, heißt es zumindest bei der
Bundeswehr. Dabei zeichnen sich aber
Graubereiche ab, denn künstliche Intel-
ligenz kann Einsatzziele bereits aus-
wählen und zur Bekämpfung vorschla-
gen. Der Einsatz von unbemannten
Kampfdrohnen sei auch davon abhän-
gig, dass es sehr sichere, nicht zu stö-
rende Datenverbindungen zu den
Kampfdrohnen gibt auf die hundertpro-
zentig Verlass ist, heißt es bei Experten.
Elon Musk untermauerte seine Progno-

se über das Ende der Kampfjet-Ära so-
gar noch in einer Kurznachricht, in der
er das größte US-Kampfjetprojekt F-
kritisierte oder zumindest ein Konkur-
renzmodell vorschlug. In einer Reakti-
on auf einen Tweet einer Redakteurin
des US-Magazins „Aviation Week“ er-
läuterte Musk seine Vorstellung: „Kon-
kurrenz soll ein unbemanntes Kampf-
flugzeug machen, das von Menschen-
hand ferngesteuert wird und zusätzlich
autonome Manöver durchführt. Dann

würde die F-35 keinerlei Chancen gegen
dieses Gerät haben.“ Damit rüttelt
Musk an den Zukunftsaussichten und
Verkaufsargumenten für den vom US-
Konzern Lockheed Martin gebauten
Kampfjet, von dem allein das US-Militär
Tausende Modelle erhalten soll.
Die Gesamtkosten einschließlich
Entwicklung, Beschaffung und Wartung
werden nur für die US-Militärs auf die
unvorstellbare Summe von 1,2 Billionen
Dollar, umgerechnet rund 1,09 Billionen
Euro, veranschlagt.
In der Diskussion über bemannte
oder unbemannte Militärflugzeuge ist
auch bemerkenswert, dass der neue US-
Langstreckenbomber B-21 Raider, der
Mitte des Jahrzehnts einsatzbereit sein
soll, in einer bemannten sowie fernge-
steuerten Version seine Bomben trans-
portieren soll. Diesen Bomber mit ei-
nem Stückpreis von rund 550 Millionen
Dollar entwickelt der US-Konzern Nor-
throp Grumman.

Elon Musk sagt das Ende der Kampfjet-Ära voraus


Nach Ansicht des SpaceX-Chefs gehört unbemannten Drohnen die Zukunft. Die Europäer würde das hart treffen – sie entwickeln gerade einen Superjet


SSSpaceX-Gründer Elon MuskpaceX-Gründer Elon Musk

AFP

/FREDERIC J. BROWN

D


eutschland ist nach Einschät-
zung von Finanzminister Olaf
Scholz (SPD) gewappnet für
den Kampf gegen das neuartige Corona-
virus – auch falls die Wirtschaft in
Schwierigkeiten geraten sollte. „Wenn
die Lage es erforderte, dass ein solcher
Impuls nötig wird, haben wir auch die
Mittel, ein Konjunkturprogramm aufzu-
legen“, sagte Scholz der WELT AM
SONNTAG. „Aktuell geht es erst einmal
um die medizinische Nothilfe, das kön-
nen wir aus dem laufenden Etat bestrei-
ten“, sagte Scholz. „Sollte es darüber hi-
naus zu schweren Verwerfungen in der
Weltwirtschaft kommen, etwa weil
weltweit Märkte und Produktionsstät-
ten beeinträchtigt werden, haben wir al-
le Kraft, um darauf schnell, entschieden
und stark zu reagieren“, fügte er hinzu.
„Unsere Haushaltspolitik ist genau da-
rauf ausgelegt, solide zu wirtschaften,
auch um im Falle einer schweren wirt-
schaftlichen Krise mit aller Kraft finan-
ziell gegenhalten zu können“, sagte der
SPD-Politiker.
Die Furcht vor den wirtschaftlichen
Folgen des Coronavirus in den vergan-
genen Tagen hat die Börsen weltweit
auf Talfahrt geschickt. Anleger befürch-
ten Auswirkungen des Virus auf das
Wirtschaftswachstum. Ein Konjunktur-
programm hatte zuletzt unter anderem
der Präsident des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratz-
scher, befürwortet. Die Bundesregie-
rung müsse sich darauf fokussieren,
„Vertrauen so gut wie möglich zu erhal-
ten, Anker der Stabilität zu sein und Pa-
nik zu vermeiden“, sagte er der „Passau-
er Neuen Presse“. „Mehr staatliche In-
vestitionen würden klarmachen: Wir
tun etwas.“
Die deutsche Autoindustrie stellt sich
einer Ifo-Umfrage zufolge auf schwere
Monate ein. Im Februar fiel das Baro-
meter für die Nachfrage in der Branche
deutlich, wie aus der Erhebung des In-
stituts hervorgeht. Die Exporterwar-
tungen sanken spürbar. Besonders hart
wird es für die Mitarbeiter: „Der Index
der Personalplanungen sackte von mi-
nus 31,9 im Januar auf minus 41,8 Punkte
im Februar.“ Die Erwartungen an die
Geschäfte in den kommenden Monaten
blieben im negativen Bereich, und die
Einschätzung der gegenwärtigen Lage
ließ ebenfalls nach.
Italiens Regierung plant schon kon-
kret ein Hilfspaket für die durch den
Coronavirus-Ausbruch angeschlagene
Wirtschaft in Höhe von 3,6 Milliarden
Euro. Diese Summe nannte Wirt-
schaftsminister Roberto Gualtieri der
„La Repubblica“. Ministerpräsident
Giuseppe Conte sprach in der Zeitung
„Il Fatto Quotidiano“ den Wunsch
Roms an, dass das hoch verschuldete
Land die Defizitquote für den Staats-
haushalt erhöhen wolle. Das werde mit
der EU abgestimmt. Gualtieri sagte, bis
Ende der Woche wolle das Kabinett die
Maßnahmen verabschieden: „Es wird
ein Paket zusätzlicher und außerge-
wöhnlicher Mittel in Höhe von 3,6 Milli-
arden Euro sein, was einem Anteil von
0,2 Prozent des BIP entspricht.“ Hier-
für werde man die Zustimmung des Par-
laments einholen. Er zeigte sich opti-
mistisch, dass Rom auch die EU über-
zeugen könne. dpa/Reuters

Scholz stellt


KKKonjunkturpaketonjunkturpaket


in Aussicht


Regierung wird einer Krise
„mit aller Kraft gegenhalten“

zur Jahrtausendwende, nämlich im Jahr
der Großen Rezession 2009. „Jenes Jahr
nimmt eine Sonderstellung ein, da die
deutsche Industrie mit ihrem Schwer-
punkt auf Investitionsgüter von der glo-
balen Krise besonders stark betroffen
war“, erklärt der Ökonom. Damals hat-
ten die deutschen Firmen einen derart
hohen Nachfrageausfall zu verkraften,
dass sie massenhaft Kurzarbeit anord-
nen mussten. Damit konnten zwar Ent-
lassungen vermieden werden, nicht
aber ein Einbruch der Produktivität.
Deren massiver Rückgang ließ die
Lohnstückkostennach oben schnellen,
und zwar um 18 Prozent. „Auch dies un-
terstreicht, dass das Jahr 1999 für
Deutschland keineswegs ein Jahr mit ei-
ner normal guten Wettbewerbsfähigkeit
war“, sagt Schröder.
Doch nicht nur innerhalb Europas ist
Deutschlands preisliche Wettbewerbs-
position alles andere als rosig, sondern
auch auf der internationalen Bühne.
„Seit 1999 ist die deutsche Lohnstück-
kostenposition gegenüber dem Ausland
insgesamt annähernd konstant geblie-
ben“, vermerkt der Arbeitsexperte. Da-
bei ist die klare Verschlechterung der
deutschen Lohnstückkostenposition,
die sich für das Jahr 2019 deutlich ab-
zeichnet, noch nicht einmal vollständig
eingerechnet. Absolut gesehen gehört
die Bundesrepublik zu den teuersten
Produktionsstandorten überhaupt. Nur
drei Industrieländer weisen höhere Ar-
beitskosten auf, nämlich Belgien, Däne-
mark und Norwegen. Besonders billig
ist die industrielle Herstellung von Gü-
tern hingegen in Osteuropa. Die bulga-
rischen Arbeitskosten betragen zum
Beispiel nur elf Prozent des deutschen
Niveaus.
Bezieht man die Produktivität mit
ein, hellt sich das Bild etwas auf, und die
Bundesrepublik steht nicht mehr ganz
so schlecht da: Gemessen an den Lohn-
stückkosten ist die Fertigung in Bulga-
rien dann nur mehr sieben Prozent
günstiger als in Deutschland. Doch etli-
che andere Länder können sich auch
unter Berücksichtigung niedriger Effi-
zienz preislich einen Vorteil herausar-
beiten. Im Schnitt kann die ausländi-
sche Konkurrenz nach Schröders Be-
rechnungen zu Lohnstückkosten pro-
duzieren, die 13 Prozent unter dem
deutschen Niveau liegen.
Am teuersten ist trotz hoher Produk-
tivität der Standort Norwegen. Dort lie-
gen die Lohnstückkosten zwölf Prozent
höher als hierzulande. Die übrigen
skandinavischen Staaten sind zwar
Hochlohnländer, dank hocheffizienter
Produktion stehen sie im Kostenran-
king unter dem Strich jedoch deutlich
besser da als Deutschland. Teurer ist die
Fertigung insgesamt nur in fünf Staa-
ten, darunter auch Großbritannien und
Frankreich. Allerdings spielt die Indus-
trie für beide Volkswirtschaften eine
deutlich geringere Rolle als für die deut-
sche. In fast allen Ländern des Euro-
Raums lassen sich Güter günstiger her-
stellen als in der Bundesrepublik: Ihre
Lohnstückkosten liegen im Mittel acht
Prozent niedriger als die deutschen.
„Der Niveauvergleich signalisiert einen
Kostenwettbewerbsnachteil für die
deutsche Industrie“, schlussfolgert der
IW-Ökonom in der detaillierten Unter-
suchung.
Für die Tarifverhandlungen, bei de-
nen die Forderungen der Gewerkschaf-
ten dieses Jahr wegen der großen Unsi-
cherheit durch Corona und die Folgen
ohnehin unter Druck sind, bedeutet das:
Der Spielraum für Arbeitnehmer, mehr
Lohn zu verlangen, ohne den eigenen
Betrieb international in die Defensive
zu bringen, dürfte noch kleiner ausfal-
len als bisher bekannt.

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