Die Welt - 02.03.2020

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02.03.20 Montag,2.März2020DWBE-HP


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DIE WELT MONTAG,2.MÄRZ2020 FORUM 3


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U


nd dann stand der deutsche
Fußball still. 13 Minuten lang
spielten sich 22 Kicker, die
eigentlich im sportlichen Wettstreit
gegeneinander antreten, den Ball hin
und her. Es waren einmalige Szenen,
die sich am Samstag im Spiel zwischen
der TSG Hoffenheim und dem FC
Bayern abspielten. Bislang einmalig.
Dem historischen Protest beider
Mannschaften waren Beleidigungen
gegen den Hoffenheimer Mäzen Diet-
mar Hopp vorausgegangen, der auf
Spruchbändern in der Bayernkurve als
„Hurensohn“ beschimpft wurde. Dies
ist nicht neu, der Milliardär und Phi-
lanthrop ist derlei widerlichen An-
feindungen seit über einem Jahrzehnt
ausgesetzt. Er hat seinen Dorfklub zum
Bundesligisten hochgepäppelt und
wurde deshalb zum Gesicht des zuneh-
menden Kommerzes der Bundesliga.
Aber Hopp ist der Erste, der von
seinem Recht gebraucht macht, sich
dagegen zu wehren. Dabei erhält er
mehr und mehr Unterstützung. Als
nun der DFB entgegen anderen Beteue-
rungen wegen der Beleidigungen gleich

den ganzen BVB-Fanblock sperrte und
so auch Unbeteiligte bestrafte, wurde
Hopp endgültig zum Feindbild der
aktiven Fanszene. Einen Protest gegen
diese Entscheidung muss der Fußball
aushalten, die inszenierte Herabwürdi-
gung des 79-Jährigen jedoch nicht. Die
Rechtfertigung der Bayern-Fans, ihre
Wortwahl sei „alternativlos“ gewesen,
ist erbärmlich.
Den Schmähungen folgte vom Ver-
band eine offenbar ebenso konzertierte
Aktion, wie die Spielunterbrechungen
in mehreren Stadien, am Sonntag dann
auch bei Union Berlin, zumindest na-
helegen. Aber warum erst jetzt? Und in
diesem Fall? Den Drei-Stufen-Plan der
Uefa, nach dem bei menschenfeindli-
chen Beleidigungen ein Spiel erst zwei-
mal unter-, dann abgebrochen werden
soll, gibt es seit 2009. Zur Anwendung
kam er jetzt, elf Jahre später. In dieser
Zeit wurden Spieler wie der Leipziger
Timo Werner monatelang aus der Fan-
kurve beleidigt, rassistische Ausfälle
wie jüngst bei Schalke 04 blieben un-
gesühnt.
Die jetzt drastische Reaktion ist ein
wichtiges Zeichen, sie hat die Messlatte
aber auch sehr hoch gelegt. Vielleicht
führt sie sogar zu einer Debatte über
Toleranz und ein vernünftiges Mit-
einander. Davon sind die Parteien aber
noch weit entfernt.

WWWarum erst jetzt?arum erst jetzt?


KOMMENTAR


SVEN FLOHR

[email protected]

W


enn es so weitergeht mit
dem Verfall der Eu-
ropäischen Union und
dem „America first“ in
der Trump-Version,
dann stellt sich sehr
bald die Frage nach der
geopolitischen Rolle Russlands und dem Selbst-
verständnis dieser Weltmacht zwischen Europa
und Asien. Dass Russland und die russische Füh-
rung nicht in Richtung Demokratie und liberales
Weltsystem streben, ist in den vergangenen Jahr-
zehnten hinreichend klar geworden, am deutlichs-
ten zuletzt in Syrien.
Dort hat Russland seine Machtposition aus-
gebaut zu indirekter Herrschaft, unentbehrlich für
die Rekonstruktion des Assad-Regimes,aber zu-
gleich sehr viel teurer in Gut und Blut, als man sich
das in Moskau zunächst vorgestellt hatte. Ohne
Putin und dessen Interesse an einer Militärkolonie
am östlichen Mittelmeer sähe die Lage anders aus.
Aber die Russen sind da, um zu bleiben. Ihre strate-
gische Idee heißt, Assad zu halten, weil er außer im
Iran der Mullahs keine Freunde hat. Dass das Mi-
litärregime in Damaskus religiös indifferent ist,
während die Ajatollahs von Teheran praktizierende
Fanatiker sind – was tut es, wo es für Moskau um
Einfluss geht?
Jetzt stellt sich die Frage, ob Russland Status-
quo- und Ordnungsmacht sein wird mit dem Westen
oder ob es auf ein anderes Weltsystem hinarbeitet,
mit China als Führungsmacht. Die Antwort lautet
nach gegenwärtigem Erfahrungsstand, dass Russ-
land beides will, die Statik und die Dynamik. Der
Kreml kann dabei die Erfahrungen aus seiner geo-
politischen Parallelaktion nutzen wie keine andere
Macht. Hybridkriegist der Schlüsselbegriff, den vor
ein paar Jahren der russische Generalstabschef aus
den Archiven holte. Er bedeutet, dass Russland –
Sicherheitsabstand wahrend zu Artikel fünf des
Nato-Vertrages – mit allen taktischen Mitteln das
alte strategische Ziel verfolgt, die Amerikaner auf
die Schiffe zu komplimentieren und die Nato zu
zerstören: von Cyberangriff bis zu Schmeichelei.
„Ein Rätsel in einem Mysterium, in Dunkel ver-
hüllt“: So beschrieb es Winston Churchill, als er
vor vielen Jahrzehnten im Unterhaus zur Zukunft
Russlands befragt wurde. Der geschichtskundige
britische Premier beschrieb das ewige Russland,
Reich der Zaren und der Kommissare, mit dem das
British Empire von Zentralasien bis an die Küsten
des östlichen Mittelmeers immer wieder in Kon-
flikt geraten war, seitdem die Schiffe unter dem
Doppeladler, erstmals unter Peter dem Großen, vor
den Dardanellen aufgetaucht waren. Jener Macht-
anspruch Russlands vom nördlichen Eismeer bis
zur Ägäis, den nach dem Zweiten Weltkrieg die
Vereinigten Staaten via Nato und Türkei blockier-
ten, reicht weit zurück.
Die Absenz der Russen auf den sieben Meeren,
als die Sowjetunion vor drei Jahrzehnten Abschied
von der Weltgeschichte nahm, war in der langen
Geschichte russischer Macht und Machtprojektion
nur eine Atempause. Im Kreml hat man das früher
wahrgenommen als im Weißen Haus und in eu-
ropäischen Hauptstädten. Sergej Iwanow, Putin-
Vertrauter aus dem Geheimdienst, hat in diesem
Zusammenhang einmal konstatiert, Russland habe
in fünf Jahrhunderten seiner Geschichte „viele Ups

and Downs“ durchgemacht – er sagte es zur Ver-
deutlichung tatsächlich auf Englisch –, und sei doch
immer siegreich daraus hervorgegangen. Russische
Geopolitik heute verfügt über einen entscheiden-
den Vorteil: Kenntnis der Geschichte und die Fä-
higkeit, daraus zu lernen.
In allen europäischen Angelegenheiten machte
der Zar einen Veto-Anspruch geltend – mit mehr
oder weniger Erfolg. Zarin Katharina II. klagte
noch, Russland verfüge nicht über natürliche Gren-
zen. Sie sei daher gezwungen, jeden eroberten
Landstrich durch eine neue Provinz zu sichern. Als
Frankreich in den Zeiten der Revolution die
Schutzmachtrolle im Osten Europas verlor, war es
um Polen erst einmal geschehen. Der Zarenstaat
zeigte auf Schweizer Alpenpässen und am Rhein
militärische Potenz. Im weiteren Verlauf der Na-
poleonischen Kriege bewiesen die Generale des
Zaren, dass ohne Russland das europäische Gleich-
gewicht nicht wiedereinzurichten war.
Mit Russland allerdings war es immer noch
schwierig genug. Beim Wiener Kongress 1814/
wurde nicht nur geflirtet, getanzt und bestens
gespeist. Es wurde auch, damit der Zar seine Mas-
senheere hinter die Weichsel zurückzog Richtung
Moskau und St. Petersburg, ihnen ohne Sentimen-
talität die polnische Gans als Wegzehrung einge-
packt. Im Umgang mit den Balten übten fortan die
Gouverneure der Zaren, wie ein Imperium à la
Russie regiert wird. Bei der Neuordnung Europas
zu Wien vor zwei Jahrhunderten wollte Zar Alexan-
der I. mit der Heiligen Allianz tatsächlich das Ende
der Geschichte. Im Westen belächelte man des
Zaren überspannte Ideen, im Osten lernte man
indes wiederholte Male, dass der Zar meinte, was
er sagte: den dauernden Interventionsvorbehalt
gegen die Revolution, in welcher Form auch immer.
Habsburg wurde 1848/49 dadurch gerettet, Preußen
auf dieselbe Art jede Nationalpolitik untersagt.
George F. Kennan, der legendäre amerikanische
Russland-Kenner, Diplomat und Historiker, hat
1947 das Konzept der Eindämmung entwickelt:
Festigkeit, Geduld und Rekonstruktion Europas
durch die USA sollten der Expansion der Sowjet-
union entgegenwirken. Der Chefplaner amerikani-
scher Weltpolitiklieferte damit das Grand Design
für die Rettung Europas. Später beschrieb er in
einer großen Studie den Niedergang des bismarck-
schen Bündnissystems. Den Grund sah er in der
unheiligen Allianz der radikalen Dritten Republik
Frankreichs mit dem Zarenstaat. Kennan verfolgte
dabei die russische Parallelaktion quer durch die
Zeiten: Berufung auf die Legitimität dessen, was
schon immer da gewesen war, mehr und mehr ge-
paart mit revolutionär-religiösem Panslawismus.
Moskau wollte europäisches Gleichgewicht, aber
auch die Dardanellen.
Nach 1917 folgte die Fortsetzung der Firma Russ-
land unter anderem Namen: einerseits ehrbares
Mitglied der Staatengemeinschaft und Status-quo-
Politik, andererseits das unverzichtbare Projekt der
Weltrevolution. Noch einmal Orthodoxie, aber
nach dem Sturz des alten Russland als kommunisti-
sches Projekt. Doch die Sowjetunion erwies sich als
untaugliches Mittel russischer Macht. So viel ist
gewiss. Was aber die Parallelaktion betrifft, so ist
sie noch lange nicht zu Ende.
[email protected]

Der Traum


vom Imperium


Moskau ist der große


Gewinner im syrischen


Drama. Und wieder


wird klar: Die russische


Führung geht nicht


in Richtung liberale


Demokratie. Bleibt die


Frage, ob Russland auf


ein anderes Weltsystem


hinarbeitet – gemeinsam


mit China


Der Zerfall der Sowjetunion


war in der langen


Geschichte russischer Macht


nur eine Atempause


LEITARTIKEL


ǑǑ


MICHAEL STÜRMER

Ihre Post an:
DIE WELT, Brieffach 2410, 10888 Berlin,
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Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser
wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen
uns über jede Zuschrift, müssen uns aber das
Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der
sehr großen Zahl von Leserbriefen, die bei
uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage,
jede einzelne Zuschrift zu beantworten.

die Aussage, dass er noch lange die
Nummer 2 oder 3 bleiben wird, mögli-
cherweise zur Erkenntnis verhelfen,
auf das falsche Pferd gesetzt zu haben.
Für Herrn Günther gilt einmal mehr: si
tacuisses philosophus mansisses.
DR. M. KRUSE, LINGEN

Daniel Günther steht wie kaum ein
anderer Politiker für die Beliebigkeit
der CDU. Mit seinem Politikstil ist er
so profillos wie ein abgefahrener Som-
merreifen. Alles ist möglich. Er könnte
Vertreter jeder beliebigen Partei sein.
Es wird nicht deutlich, wofür er über-
haupt brennt. Außer Konsenshascherei
kann man ihm kaum etwas nachsagen.
Das wird auch deutlich in seinen Wi-
schiwaschi-Reden. Noch immer zu
Merkels Kurs stehen, nachdem die
CDU in dieser Ära von über 40 Prozent
so stetig abgestürzt ist? Das ficht ihn

nicht mehr. Das mag sich seltsam anhö-
ren, aber zu wissen, dass ich meinen
Tod selbst bestimmen kann, stärkt die
Freude am Leben! Deshalb bin ich dem
Bundesverfassungsgericht für sein
Urteil von ganzem Herzen dankbar. Es
ist ein Urteil für die Betroffenen und
für die Menschlichkeit und nicht für
die scheinheiligen Moralprediger aus
Politik, Journalismus und Kirchen.
MARC BUTH, BAD HOMBURG

Richtig reagiert


Zu: „Bei Symptomen zu Hause
bleiben, bittet ein Virologe“
vom 29. Februar

Als Theoretischer Physiker, der sich
auch mit modernen Netzwerktheorien
zur Epidemie-Ausbreitung und deren

Eindämmung beschäftigt hat, muss ich
dem Virologen Jonas Schmidt-Vanasit
widersprechen. Wenn man den Top-
arbeiten in den wichtigsten Fachzeit-
schriften der Welt folgt („Nature“,
„Science“, „PNAS“, „Physical Review
Letters“), lernt man, dass die chinesi-
schen Abschottungsmaßnahmen (wie
auch die amerikanischen und die russi-
schen) auf der Höhe der wissenschaftli-
chen Erkenntnis sind. Ohne sie hätte
sich die Ausbreitung des Virus in China
mindestens verzehnfacht, und die Infi-
zierten in den USA und Russland wären
fünfstellig und nicht zweistellig. Es ist
schade, dass unsere Regierungen offen-
bar die falschen Gutachter gefragt
haben, die nicht auf der Höhe sind.
Sonst hätten sie auf ähnliche Maß-
nahmen wie Trump gesetzt und Europa
damit viel Leid und Unheil erspart.
PROF. DR. ARMIN BUNDE, GIESSEN

LESERBRIEFE


offensichtlich nicht an. Nur keinen
Streit haben. Alle haben sich lieb,
selbst im Absturz.
GÜNTER FONTIUS, MALENTE

Selbst entscheiden


Zu: „Freitod als Menschenrecht“
vom 28. Februar

Vor 15 Jahren wurde bei mir eine un-
heilbare Autoimmunerkrankung di-
agnostiziert. Es ist keine tödliche
Krankheit, aber eine, die mein Leben
Monat für Monat immer stärker beein-
trächtigt. Und gerade weil ich ein le-
bensfroher Mensch bin, hat es etwas
ungemein Tröstendes, dass die Ent-
scheidung bei mir selbst liegt, ob die
zunehmenden Einschränkungen für
mich noch akzeptabel sind oder eben

Armin Laschets


Beliebigkeitssalat


Zu: „CDU hat kein Bedürfnis nach
einem Bruch mit der Ära Merkel“
vom 29. Februar

Daniel Günther hat der Bewerbung
seines Bruders im Geiste, Armin La-
schet, um den CDU-Parteivorsitz sowie
des hyperaktiven Jens Spahn mit sei-
nen Äußerungen keinen Gefallen getan.

des hyperaktiven Jens Spahn mit sei-
nen Äußerungen keinen Gefallen getan.

des hyperaktiven Jens Spahn mit sei-

Indem er explizit erklärt, eine Än-
derung der merkelschen Beliebigkeits-
politik sei nicht gewollt, und damit alle
Fehlentscheidungen in Fragen der
Klimapolitik, Migrationspolitik und
Europapolitik rechtfertigt, entlarvt er
Jens Spahn als konservatives Salatblatt
im Beliebigkeitssalat eines Armin La-
schet. Jens Spahn wird insbesondere

E


s ist ein Dienstag im Februar
2020, 11.05 Uhr, als Friedrich
Merz die Gesetze der Quanten-
physik auf den Kopf stellt. Bis dato war
nur bekannt, dass Atome sich zugleich
an zwei Orten aufhalten können. Mit
Friedrich Merz aber konnte der erste
Mensch beobachtet werden, dem dies
zeitgleich gelang. Zum einen saß er in
der Bundespressekonferenz, wo er
gerade bekannt gab, dass er CDU-Chef
werden will, zum anderen wurde auf
Merz’ Twitter-Account ein Tweet abge-
schickt, der mit dem Kürzel FM be-
endet wurde. FM steht für Friedrich
Merz und soll darauf hinweisen, dass
der CDU-Politiker selbst twittert und
nicht seine Mitarbeiter. Deren Bot-
schaften in Merz’ Namen werden mit
dem Kürzel TM beendet: kurz für
Team Merz.
Der Tweet war natürlich vorbereitet
und sollte zeitgleich mit der Bekannt-
gabe der Kandidatur auch im Digitalen
für den nötigen Buzz sorgen. Nur: So
funktioniert das soziale Netzwerk
nicht. Twitter ist ein Netzwerk des
Unmittelbaren. Wer dort als Politiker
schreibt, schreibt live. Und wer nicht

selbst schreibt, hat ein Team, das für
ihn schreibt, und das wird im besten
Fall gekennzeichnet.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass
Merz es besonders schwer auf Twitter
hat. Kein CDU-Kandidat wird so kri-
tisch beäugt, auch Banalitäten wie die
Feststellung, dass Politiker nicht mehr
nur noch auf Medien angewiesen sind,
werden skandalisiert. Dabei hatte Merz
nur etwas lapidar über Journalisten
gesagt: „Wir brauchen die nicht mehr.“
Das große Problem von Friedrich
Merz ist, dass er es seinen Gegnern auf
Twitter viel zu leicht macht. Sein Hang
zu bissigen Kommentaren und der zum
Teil unprofessionelle Umgang mit
Kritik lassen ihn in ein digitales Fett-
näpfchen nach dem nächsten treten.
Dabei könnte Merz diese Schwäche
auch in eine Stärke umwandeln: Mit
seinem Bierdeckel hat er Twitter-Poli-
tik gemacht, Jahre bevor es überhaupt
Twitter gab. Viel zu oft aber verlieren
sich Merz und sein Team in Debatten,
die sie nicht führen sollten und die sie
nur verlieren können.
Wie es besser geht, zeigten sie erst
kürzlich: Da kündigte Merz an, dass er
im Falle seiner Wahl zum CDU-Vor-
sitzenden die beiden Kontrahenten
Armin Laschet und Jens Spahn wei-
terhin einbinden wolle. Sie seien dann
„sozusagen Teil meines Teams“. Ge-
kennzeichnet war der Tweet natürlich
mit: TM für Team Merz.

TTTeam Merzeam Merz


PLATZ DER REPUBLIK


THORE BARFUSS

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