Süddeutsche Zeitung - 02.03.2020

(Nora) #1
Karl-Heinz Rummenigge(Vorstandschef
FCBayern): „Ich muss klar und deutlich sa-
gen: Ich schäme mich für das, was da in der
Kurve abgelaufen ist. Ich habe mich bei
Dietmar Hopp entschuldigt, aber es gibt ei-
gentlich nichts zu entschuldigen. Es muss
aufhören. Ich werde mich mit dem heuti-
gen Tag nicht mehr wegducken. Auch auf
die Gefahr hin, dass ich irgendwann mit
Leibwächtern durch die Gegend laufen
muss. Es ist spätestens jetzt der Zeitpunkt
gekommen, wo die gesamte Liga, DFB,
DFL, gemeinsamen Schrittes gegen diese
Chaoten vorgehen müssen. Das ist das
hässliche Gesicht des Fußballs. Ich schäme
mich auch zutiefst Dietmar Hopp gegen-
über, der ein absoluter Ehrenmann ist.“
Dietmar Hopp(Mäzen TSG Hoffenheim):
„Wenn ich nur im Entferntesten wüsste,
was diese Idioten von mir wollen, dann
würde es mir leichter fallen, das zu verste-
hen. Ich kann mir nicht erklären, warum
die mich so anfeinden.“
Herbert Hainer(Präsident FC Bayern):
„Wir werden in den nächsten Tagen mit
den Gremien des FC Bayern München zu-
sammenkommen und gemeinsam bera-
ten. Wir werden alle Optionen prüfen, mit
denen wir verhindern können, dass sich so
eine unwürdige Aktion wie in Hoffenheim
wiederholt. Rassismus, Ausgrenzung, Be-
leidigungen und Diskriminierungen jegli-
cher Art und egal gegen wen, damit muss
nun Schluss sein.“
Thomas Müller(Spieler FC Bayern Mün-
chen via Twitter): „Ist das der Fußball, den
wir wollen? NEIN! Gebt Hetzkampagnen,
Rassismus, Antisemitismus, Homophobie
und allen anderen Anfeindungen keine
Chance. Aus Liebe zum Spiel! Für mehr To-
leranz in unserer Gesellschaft!“
Fritz Keller(DFB-Präsident): „Wir sind
am Tiefpunkt angekommen. Wir haben
Hassbilder und Neid in unserer Gesell-
schaft und jetzt auch im Fußball. Wir müs-
sen jetzt alle an einem Strang ziehen. So
geht es nicht mehr weiter.“
Julian Nagelsmann(Trainer RB Leipzig,
bis Sommer 2019 Trainer in Hoffenheim):
„Das geht gar nicht. Gut, dass die Spieler
dagegen ein Zeichen gesetzt haben. Man
spricht zu viel über die Leute, die diese Pla-
kate hoch halten. Man sollte mehr über sol-
che Leute wie Hopp sprechen. Er macht in
der Region und darüber hinaus viel für die
Menschen, für kranke Kinder.“
Christian Streich(Trainer SC Freiburg):
„Was über das Netz verbreitet wird und wie
Menschen miteinander umgehen, ist abso-
lut inakzeptabel. Wir sind in schwierigen
Zeiten, wir haben einen Rechtsruck, der be-
denklich ist in ganz Europa. Es ist furcht-
bar, was in den letzten zehn Monaten in die-
sem Land passiert ist.“
Max Eberl(Sportdirektor Borussia Mön-
chengladbach) „Wir wollen hier Fußball-
spiele sehen, wir wollen Spaß am Spiel ha-
ben, wir wollen versuchen, Kontrahenten
zu schlagen und nicht solche Schmähplaka-
te oder Hetzjagden starten.“
Jochen Schneider (Sportvorstand
FC Schalke 04): „Ich weiß nicht, auf wel-
chem Weg unsere Gesellschaft ist, aber wir
im Fußball sind da vorne mit dabei. Ich
weiß nicht, was in diesen Köpfen vorgeht.“
Horst Heldt(Manager 1. FC Köln): „Der
Fußball wird immer siegen, weil der Fuß-
ball vieles überlebt hat. Meine Erfahrung
ist die, dass Kommunikation am Ende des
Tages immer sinnvoll ist, weil ohne Kom-
munikation gibt es keine Lösung.“ sid, sz

München– Es hätte so eine schöne Woche
werden können, sagte Karl-Heinz Rumme-
nigge am Samstagabend, er hörte sich da-
bei an wie ein Vater, der seinen Kindern zu-
gesteht, auch mal Mist zu bauen. Sie hat-
ten sich doch ausgetobt. Fast 1500 Fans
aus der Südkurve hatten am Donnerstag
ein rauschendes Fest im Münchner Löwen-
bräukeller gefeiert. Uli Hoeneß und ehema-
lige Spieler wie Giovane Elber oder Lothar
Matthäus waren zum 120. Geburtstag des
Vereins gekommen. Laut ging es zu, feucht-
fröhlich, und doch benahm sich niemand
daneben. Zum Beispiel wurden die Anhän-
ger erfolgreich darauf aufmerksam ge-
macht, die Toilettenräume des Gasthauses
nicht mit Aufklebern zu versehen.
Am Freitagabend feierten rund 1000
Bayern-Anhänger in Unterhaching, beim
Drittliga-Derby ihrer U 23, den Geburtstag
mit verbotenen Geburtstagskerzen nach,
es kam reichlich Pyrotechnik zum Einsatz.
Deren Einsatz hätte Rummenigge in Hof-
fenheim am Samstag wohl noch ver-
schmerzen können, es hätte eine Geldstra-
fe gegeben, dann wäre es vergessen gewe-
sen. Was aber danach passierte, das wollte


Rummenigge nicht mehr als üblen Jungen-
streich durchgehen lassen. Und so denkt
der Vorstandschef des FC Bayern zurzeit
auch nicht über Hausarrest nach. Sondern
schon eher über einen Rauswurf.
Das Verhältnis zwischen der Vereinsspit-
ze und der Schickeria, der größten Ultra-

Gruppierung der Münchner Südkurve,
konnte man bis Samstag durchaus als gut
bezeichnen. Sogar die Tatsache, dass sich
ein beachtlicher Teil der oft linksorientier-
ten Anhänger aus dem Ultra-Umfeld ge-
gen die Kooperation des Vereins mit dem
Emirat Katar stellt, konnte dieses Verhält-

nis nicht nachhaltig trüben. Dass sich nun
aber Ultras mit jenen von Borussia Dort-
mund solidarisiert haben, indem sie Diet-
mar Hopp beleidigten, der während des
Bundesligaspiels neben Rummenigge saß,
dafür hatte der FCB-Vorstandsboss kein
Verständnis mehr. „Mit dem heutigen Tag
muss ein Umdenken stattfinden“, sagte er.
Für die Ultras dürfte wichtig gewesen
sein, dass Rummenigge keine Kollektiv-
strafe forderte, sondern die Bestrafung ein-
zelner: jener, die die Schmähbanner hoch-
gehalten hatten. Aber insgesamt seien
Rummenigges Bemerkungen doch unge-
wöhnlich scharf formuliert gewesen, sagt
ein Beobachter der Fanszene: „Ich sehe da
großes Konfliktpotenzial. Das gibt ein
Nachspiel.“
Am härtesten wird es wohl die Schicke-
ria treffen, jene Gruppe, die spätestens seit
dem Umzug vom Olympiastadion in die
Arena sehr mächtig geworden ist. Für eine
Weile galt deren Verhältnis zum Fan-Dach-
verband Club Nummer 12 als gestört, viele
Aktionen oder Ansichten werden immer
noch kontrovers diskutiert. Aber seitdem
grundsätzliche Differenzen beigelegt wur-

den, gilt die Schickeria als Meinungsführer
und akzeptiert. Auch weil sie sich selbst zu-
schreiben darf, die Stimmung in der Arena
verbessert zu haben. Darüber hinaus setzt
sie sich für politische Belange und für das
Bewusstsein der eigenen, jüdisch gepräg-
ten Vereinsgeschichte ein: Mitglieder der
Schickeria bekamen 2014 den Julius-
Hirsch-Preis des DFB verliehen, für ihren
Einsatz gegen Diskriminierung und Rassis-
mus im Stadion. Es war ein Tag, an dem
Rummenigge stolz war auf die Fans.
Die Münchner Kurve ist also stark politi-
siert, und so sieht man bei der Schickeria
auch die aktuellen Schmähungen in erster
Linie als ein politisches Statement, weni-
ger als persönliche Beleidigung: Der Wort-
laut, erklärte ein Mitglied der Schickeria
der SZ, sei ja nur deshalb gewählt worden,
weil Dortmunder Ultras für eben diesen be-
straft worden seien. Führe man mit dem
DFB sachliche Diskussionen, dann „ver-
hungert man am ausgestreckten Arm“, so
das Argument.
Dass eine Erklärung zu den Vorfällen
aufsuedkurve-muenchen.orggepostet wur-
de (auch wenn die Seite am Sonntag nicht

mehr aufrufbar war), spricht dafür, dass
mehrere Fangruppen hinter den Bannern
standen. Der Club Nummer 12 distanzierte
sich von den Spruchbändern. Die drei Bän-
der, die zur ersten Unterbrechung führten,
stammten von der Schickeria, die zweite
Aktion ging von der Gruppe „Red Fanatic“
aus. Die Schickeria wartete am Sonntag
auf die Reaktion des Vereins.
Außenpolitisch gesehen ist nun in der
Debatte um Fan-Bestrafungen eine neue
Frontlinie hinzugekommen. Die ursprüng-
liche verläuft zwischen dem DFB und den
Ultras verschiedener Vereine. In München
verläuft sie jetzt auch zwischen Kurve und
Klub – ein Umstand, den man bei der Schi-
ckeria bedauert. Innenpolitisch könnte
das dazu führen, dass die Schickeria an Be-
deutung einbüßt, wenn Rummenigge sei-
ne Drohungen umsetzt. Die stärkste Waf-
fe, neben der juristischen, ist das Karten-
kontingent für Fangruppen. Erhält die
Schickeria weniger Tickets, würde wohl
auch der Einfluss in der Kurve sinken. So
oder so wird der Hoffenheimer Samstag in
München noch lange auf die Stimmung
drücken. christoph leischwitz

von martin schneider

Sinsheim– DieFehlpässe auf Sebastian
Rudy dürfte Joshua Kimmich nun in seiner
Statistik stehen haben, es hilft ja nichts.
Mehrmals passte er den Ball zu dem inzwi-
schen für Hoffenheim spielenden Ex-Kolle-
gen hinüber, und vermutlich hat er sich
jetzt auch seinen Schnitt als einer der lauf-
freudigsten Bundesligaspieler verdorben.
Dafür hat Thiago nun ein paar Ballgewinne
mehr im Klassenbuch stehen, und mögli-
cherweise hat auch irgendwer den form-
schönen Hackentrick vermerkt, den Benja-
min Pavard auf Corentin Tolisso spielte.
Wahrscheinlich werden die letzten 13 Mi-
nuten dieses grotesken Bundesligaspiels
später auch mal in einem Almanach oder ei-
ner Datenbank stehen, unter der Rekordru-
brik „längste Zeit ohne eine Ballberührung
bei einem Bundesligaspiel“.


Und weil heutzutage ja alles erfasst
wird, werden diese 13 Minuten am Ende
auch die Minuten mit den wenigsten Lauf-
kilometern, mit den wenigsten Sprints,
mit den wenigsten Zweikämpfen – kurz:
mit dem wenigsten Fußball sein.
Die Bundesliga hat in ihrer langen Ge-
schichte schon vieles erlebt, aber so etwas
wie am Samstag im Regen von Sinsheim
beim Spiel der TSG Hoffenheim gegen den
FC Bayern gab es noch nie: Ein Nicht-
angriffspakt aus Protest gegen Fan-Aktio-
nen – das ist eine Form der Reaktion, die
neu und heftig ist und die eine Debatte aus-
gelöst hat, die ebenfalls immer heftiger
wird. Eine Debatte, die quer durch die Liga
Nachahmer findet, wie am selben Wochen-
ende in Dortmund, Köln und Berlin-Köpe-
nick zu sehen war. Und die Spieler, die die-
se Protestform wählen, kommen in dieser
Geschichte oftmals nur am Rande vor.
Eine kurze Chronologie der Ereignisse
aus Sinsheim: Einige Fans des FC Bayern
hatten in der zweiten Halbzeit nacheinan-
der zwei Plakate hochgehalten, auf denen
sie Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp als


„Hurensohn“ beleidigten. Beim ersten Mal
unterbrach Schiedsrichter Christian Din-
gert die Partie, die Spieler David Alaba und
Joshua Kimmich und die Trainer Hansi
Flick und Hermann Gerland sprinteten in
die Kurve und versuchten den Fans wild
gestikulierend klarzumachen, dass man so
etwas nicht macht – zumal man nebenbei
gerade 6:0 führte und ein Spielabbruch
nicht sehr hilfreich wäre. Beim Auftauchen
des zweiten Plakats schickte Dingert die
Teams dann einem Drei-Stufen-Plan des
DFB folgend in die Kabine. Und dort ent-
stand offenbar in einer Diskussion zwi-
schen den Kapitänen Manuel Neuer und
Benjamin Hübner der Plan, die verbleiben-
den 13 Minuten zu Ende zu spielen, ohne
sie zu Ende zu spielen, der Spielstand war
bei der Lösungsfindung vermutlich förder-
lich. Die letzte Stufe des Drei-Stufen-Plans
sieht übrigens den Spielabbruch vor.
Um zu verstehen, wie es zum Nicht-
angriffspakt von Hoffenheim kam, muss
man wissen, dass es schon lange nicht
mehr alleine um zwei Plakate von Bayern-
Fans geht. Auch bei den Wochenend-Par-
tien Borussia Dortmund gegen den SC Frei-
burg, 1. FC Köln gegen Schalke 04 und Uni-
on Berlin gegen den VfL Wolfsburg gab es
Proteste gegen Hopp sowie Spiel-Unterbre-
chungen. In Dortmund hatte Schiedsrich-
ter Robert Hartmann nach Schmähgesän-
gen gegen Hopp das Spiel unterbrochen
und eine Durchsage veranlasst: Hartmann
drohte mit Abbruch. In Köln zeigten FC-
Fans ein offenbar gegen Hopp gerichtetes
Banner („Wegen einem Hurensohn euer
Versprechen gebrochen“), Kölns Spieler,
Trainer Markus Gisdol und Sportchef
Horst Heldt schafften es dann aber, dass
das Banner entfernt und das Spiel fortge-
setzt wurde. Und die Sonntagspartie Union
gegen Wolfsburg war wie das Spiel des FC
Bayern in Hoffenheim gleich zweimal un-
terbrochen, die Teams standen kurz vor
der Halbzeit minutenlang im Kabinen-
gang. Nach einer ersten Unterbrechung in
der 33. Minute war im Union-Block in der


  1. Minute ein Plakat mit der Aufschrift
    „Hurensohn“ und das Konterfei von Hopp
    im Fadenkreuz zu sehen.
    Die Debatte hat längst etwas Fundamen-
    tales angenommen, und es geht, verkürzt


gesagt, mehr oder weniger darum, wer die
Deutungshoheit darüber hat, was im Stadi-
on geht – und was nicht.
Dietmar Hopp war schon einmal das
Symbol Nummer eins eines Kulturkamp-
fes zwischen organisierten Fans und den –
aus ihrer Sicht – abzulehnenden Vertre-
tern des modernen Fußballs. Als Hopp die
TSG Hoffenheim – seinen Heimat- und Ju-
gendklub – mit seinen Privatmillionen in
die Bundesliga führte, protestierten zahl-
reiche Fankurven gegen das aus ihrer Sicht
als „Plastikklub“ zu bezeichnende Kons-
trukt, das anderen, mitgliedergeführten
(Traditions-)Vereinen den Platz wegneh-
me; so die damals gängige Argumentation.
Zwischen den Fans von Borussia Dort-
mund und Hopp schaukelte sich der Kon-
flikt besonders hoch, bis der DFB im vori-
gen Jahr die BVB-Fans kollektiv auf Bewäh-
rung für Auswärtsspiele in Sinsheim sperr-
te. Weil der Protest in Form beleidigender
Plakate aber weiterging, setzte der DFB die
Bewährung schließlich aus – das war der
Punkt, an dem sich mehrere Fan-Kurven
mit den Borussen solidarisch zeigten. Was
nun eben zu den Aktionen in mehreren Sta-
dien führte. Denn der DFB hatte im Zuge ei-
nes Dialoges mit den Fans ursprünglich an-
gekündigt, sogenannte Kollektivstrafen –
also das Sperren eines ganzen Blocks – aus-

zusetzen. Ultras interpretierten das als
Wortbruch und provozieren nun über
Hopp die Eskalation mit dem Verband.
Der DFB hat mit dem Fast-Spiel-
abbruch von Hoffenheim wiederum ge-
zeigt, dass er willens ist, den Drei-Stufen-
Plan auch bei Beleidigungen konsequent
anzuwenden. Auch Bayerns Vorstandschef
Karl-Heinz Rummenigge äußerte sich in
den Katakomben des Sinsheimer Stadions
unmissverständlich. Er werde nicht mit we-
niger, sondern mit mehr Konsequenz ge-
gen Fans vorgehen, die Schmähungen als
Mittel der Auseinandersetzung wählen.

„Ich würde dringend empfehlen, dass
wir uns alle in der Bundesliga abstimmen“,
sagte Rummenigge: „Manche haben dann
Sorge um ihre Stimmung. Aber da sage ich:
Scheiß Stimmung, da hab’ ich lieber Lange-
weile im Stadion.“
Das alles klingt nicht nach Entspan-
nung, und schon jetzt sorgen sich viele um
das Spiel des BVB in Gladbach am kommen-
den Wochenende. Dort treffen zwei Fan-La-
ger aufeinander, die sich in den vergange-

nen Wochen aktiv und beleidigend am Pro-
test gegen Hopp beteiligten und die es, so
die Befürchtung, auf einen Showdown an-
kommen lassen könnten. Denn auch der
DFB befindet sich nun in einer Lage, in der
er unter Beobachtung steht.
Ist der DFB bereit, ein Fußballspiel abzu-
brechen, wenn die Gegenseite die Spirale
noch eine Umdrehung weiterdreht? Und
wenn mehrmalige Beleidigungen gegen ei-
nen Mäzen den Abbruch eines Spiels recht-
fertigen – dann müssen das rassistische,
homophobe oder sexistische Anfeindun-
gen in Zukunft doch erst recht. Viele argu-
mentieren, der DFB würde da bereits jetzt
mit zweierlei Maß messen, weil bei den ras-
sistischen Anfeindungen gegen den Berli-
ner Spieler Jordan Torunarigha beim DFB-
Pokal auf Schalke der Drei-Stufen-Plan kei-
ne Anwendung fand. Der DFB begründete
das später damit, dass Schiedsrichter
Harm Osmers die Beleidigungen nicht
selbst gehört habe.
Das alles sind neue Fragen, denen sich
der Fußball lange Zeit einfach nicht ge-
stellt hat. Man hätte zum Beispiel auch ger-
ne gewusst, was in Oliver Kahns Kopf vor-
ging, als er im strömenden Regen von Sins-
heim vor der TSG-Kurve stand und Diet-
mar Hopp applaudierte. Als Oliver Kahn, in-
zwischen Vorstandsmitglied beim FC Bay-
ern, noch Spieler respektive titanischer
Torwart war, landeten in seinem Sech-
zehner regelmäßig Bananen, einmal flog
auch ein Golfball an seinen Kopf. Er wurde
in keiner Gästekurve freundlich empfan-
gen, aber dass ein Spiel deswegen unter-
brochen wurde oder gar kurz vor dem Ab-
bruch stand, das gab es nicht. Der Unter-
schied zwischen Oliver Kahn und Dietmar
Hopp ist aber natürlich der, dass Kahn nie
zu einem Politikum wurde.
Einige Ultras sind der Meinung, dass die
Causa Hopp nun dazu taugt, die grundsätz-
lichen Differenzen mit dem DFB auszutra-
gen. Der Verband und die Vereine sind,
nach allem, was man hört, entschlossen,
dem nicht nachzugeben. Es ist also mög-
lich, dass es in den kommenden Wochen in
Bundesliga und Pokal genauso wie in den
letzten 13 Minuten des Spiels Bayern ge-
gen Hoffenheim nicht in erster Linie um
Fußball gehen könnte.  Seite 4

DEFGH Nr. 51, Montag, 2. März 2020 HF2 23


Neue Frontlinie zwischen Kurve und Klub


Bis Samstag galt das Verhältnis zwischen der Münchner Vereinsspitze und der Ultra-Gruppierung Schickeria als gut. Das hat sich nun geändert – mit empfindlichen innenpolitischen Folgen


13 historische Minuten


Nichtangriffspakt statt Fußball: Das groteske Schauspiel von Sinsheim steht stellvertretend für eine Debatte, die die Liga dramatisch beschäftigt.
Schmähungen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp führen am Wochenende auch in drei anderen Stadien zu Unterbrechungen

Aus Sicht einiger Ultras taugt die
Causa Hopp dazu, Differenzen
mit dem DFB auszutragen

Fußball
Nach 44 Partien und 422 Tagen
verliert der FC Liverpool
wieder ein Ligaspiel 27

Ski alpin
Aus Sorge über das Coronavirus
könnte die Weltcup-Saison
vorzeitig enden 28

Ergebnisse 26

ZwischenHopp und den Ultras


des BVB hat sich der Konflikt


besonders hochgeschaukelt


Protestieren gegen die Protestierer: Die Spieler David Alaba und Thiago, die Trainer Hermann Gerland und Hansi Flick sowie Sportchef Hasan Salihamdzic (v.l.) vor der eigenen Fankurve. FOTO: STEFAN MATZKE / SAMPICS


SPORT

VielRauch um viel: der FC-Bayern-Fanblock in Sinsheim. FOTO: HARTENFELSER/IMAGO

Applaus für die Anständigen: Dietmar Hopp (Mitte) und Karl-Heinz Rummenigge
bedanken sichmit den Spielern bei Hoffenheims Fankurve. FOTO: BERND FEIL / IMAGO

HEUTE


„Am Tiefpunkt


angekommen“


Die Reaktionen zu den
Schmähplakaten gegen Hopp
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