Frankfurter Allgemeine Zeitung - 16.03.2020

(coco) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft MONTAG, 16.MÄRZ 2020·NR.64·SEITE 17


hmk./wmu.BRÜSSEL.Der Chef der Eu-
rogruppe,Portugals Finanzminister Má-
rioCenteno, hat für diesen Montag eine
„umfassende und koordiniertewirt-
schaftspolitischeAntwortderEU“auf die
Corona-Krise angekündigt.Unter Cente-
nosLeitungwerdendieFinanzministeral-
ler 27 EU-Staaten am Montag in einerTe-
lefonkonferenz über diese Antwortbera-
ten–und dieFrageliegt nahe,wassie
überhaupttun können. Denn die Mittel
der EU sind begrenzt –die Ministerkön-
nen im Prinzip nur die amFreitag ange-
kündigten Hilfsmaßnahmen loben,von
der Berliner „Bazooka“bis zum Beitrag
der EU-Kommission.
Centenoteiltedenn auchamWochen-
ende aufTwitter mit,derGroßteil derers-
tenGegenmaßnahmenkomme vonden
nationalenRegierungen.JenachEntwi ck-
lung würden aber „weitereSchritte fol-
gen“. Schneller als erwartet hat sicham
Wochenende abgezeichnet,worindiese
„weiteren Schritte“ bestehen könnten: im
Einsatz des Euro-Krisenfonds ESM. Des-
sen Chef KlausRegling brachteineiner
Mitteilung an die MinisteramFreitag-
abend die Möglichkeit ins Spiel, mit einer
vorbeugenden Kreditlinie aus Mitteln des
Fonds staatlicheZusatzausgaben zurAb-
federung der ökonomischenFolgen der
Krise abzusichern.
Nach Angaben vonEU-Diplomaten
könnensichvieleMitgliedstaatenmitdie-
sem Vorschlag nicht anfreunden. Der
ESM wurde in der Euro-Schuldenkrise
mit dem Zielgegründet, einen Kreditge-
ber letzter Instanz für die Eurostaaten zu
schaf fen. „Derzeit gibt eskein Land, das
auf eineAbschirmung durch den ESM an-
gewiesenwäre.Und außerdem betrifft
die Corona-Krise nicht nur die Eurozo-
ne“, sagteein Diplomat.Zum jetzigen
Zeitpunktkönne derESM-Einsatzfürein-
zelne Länderwie Italien zudemkontra-
produktivwirken–als Signal, dasssich
diese Länder ohne ESM-HilfeanFinanz-
märkten nicht mehr alleinrefinanzieren
könnten. Alle Länder müsstenzudem ei-

nem Hilfsbeschlussnachihren jeweiligen
nationalenRegeln –in Deuts chland über
eine Billigung des Bundestags –zustim-
men.
Centeno hat das auf Montagterminier-
te Treffender Eurogruppe alsTelekonfe-
renzim„erweiter tenFormat“,alsomital-
len 27 Ministern,angesetzt, damit nicht
einzelneRessortchefsaus Ländernmit
starkenReisebeschränkungen benachtei-
ligt werden. Eswerden langwierigeBera-
tungen erwartet.AmEnde werdeesw ohl
eineErklärung geben,inderdiebisher be-
schlossenen Maßnahmen begrüßt und
weiter enicht ausgeschlossen würden,
hieß es in Brüssel.
Die EU-Kommission hatteden Mit-
gliedstaatenamFreitag zugesagt,dassde-
renAusgaben zur Bekämpfungder Krise
nicht an EU-Regeln wie demStabilitäts-
pakt und den Beihilferegeln scheitern
würden.Zumeinen werden dieRegeln
des Pakts für die Dauer der Krisefaktisch
ausgesetzt.Zum anderenwerden die Bei-
hilferegeln, mit denen eineWettbewerbs-
verfälschung im Binnenmarkt ausge-
schlossen werden soll, ebenfalls sehr

großzügig ausgelegt.Alle Staatshilfen,
dienichtaufspezifischeUnternehmenzu-
geschnitten sind–etwaLohnsubventio-
nen undSteuerbefreiungen–werden von
Brüsselgenausowenig geprüftwie direk-
te Hilfe nfürVerbraucher,etwaEntschädi-
gungen bei Flugausfällen. AndereStaats-
hilfen will die EU-Wettbewerbsbehörde
schnellstmöglichundgroßzügiggenehmi-
gen.
Zusätzlichstellt die EU selbstinsge-
samt 37 Milliarden Eurobereit .Das ist
kein „frisches Geld“, da die EU für solche
Zwec ke ke ine eigenen Mittel hat.Sie fi-
nanziertsichweitgehend über Beiträge
derMitgliedstaatenundkann keineSchul-
denmachen.DieKommissionwillAusga-
ben vorziehen, die in der EU-Strukturför-
derung eingeplantwaren, aber sonsterst
im Jahr 2021 oder später erfolgt wären.
Zielis tes, den Mitgliedstaatenin der aku-
tenKrise schnell Geld in die Hand zuge-
ben, um diegrößtenLücken zu füllen.
Deshalb will dieKommission auch–und
das is tviel entscheidender als die Höhe
der Hilfen–die Regeln ändern,wofür die
Staatendie EU-Strukturhilfen nutzenkön-

nen. „Wir brauchen jetztkeine Brücken
oder Straßen, wir brauchen Hilfen für das
Gesundheitswesen oder den Arbeits-
markt“,sagt ein hoherBeamter.Das Geld
soll für denKauf vonGesichtsmasken
oder Krankenhausausstattung, dieUnter-
stützung des Arbeitsmarktsetwa durch
Kurzarbeit und Hilfen für diestarkunter
der Krise leidenden kleinen und mittle-
renUnternehmenfließen.
Keine Flexibilität hat die Europäische
Kommission bei derVerteilung des Gelds
zwischen denStaaten. Diese hat die EU
vorJahrenfestgelegt und istnicht leicht
zu ändern. Das führtdazu, dassbisher
nicht so sehrvonder Krise betroffene
Staaten wiePolen mehr Geld zurVerfü-
gung habenwerden alsetwa das beson-
dersstark getrof fene Italien.Polen stehen
vonden37 Milliarden Eurorund7,5Milli-
arden zu, Italien nur 2,3 Milliarden.Auf
Deutschland entfallen826 Millionen.Das
sei„nichtideal“,heißtesinderKommissi-
on. Für eine Ideallösung sei jetzt aberkei-
ne Zeit, unter den derzeitigen Bedingun-
gensei es nicht besser möglich.
Konkretgreiftdie EU für ihr Corona-
Hilfsprogramm auf jeneStrukturförder-
mittelvon8Milliarden Eurozurück, wel-
chedieMitgliedstaatenalsVorabfinanzie-
rung für einzelne Projektebekommen ha-
ben, aber dochnicht brauchten. Das Geld
müssten dieStaaten eigentlichnachBrüs-
sel zurücküberweisen. Darauf will die
Kommissionverzichten. DieStaaten sol-
lendasGeld nutzen,um neueStrukturhil-
fenabzurufen. Dazu mussman wissen,
dassdie Staaten für jedesStrukturprojekt
nur Geld aus Brüssel bekommen,wenn
sie selbstzur Finanz ierung beitragen. Je
reicher ein Land ist, desto mehr musses
selbstzahlen. Mit den8Milliarden Euro,
welche die 27 EU-Staaten nun behalten
sollen,können sie 29 Milliarden Euroab-
rufen, wasdann insgesamt 37 Milliarden
Euromacht.Die Kommission hatteur-
sprünglichvorsichtig 25 Milliarden Euro
geschätzt,weil sievoneinem höheren
durchschnittlichen Eigenanteil ausgegan-
genwar.

ami. WIEN.Sekib Avdagic istein
freundlicher älterer Herr, schmal und
hochg ewachsen, das Haar in Ehren er-
graut, die Krawattefarblichpassend
zum dunklen Anzuggebunden. Er mag
die Deutschen, erversteht ihr eSpra-
che. Ein Jahr lang hat er in Deutsch-
land gelebt, aber hinfahren mag er
nicht mehrsogern. Erstens, sagt er im
Gesprächhochüber dem Bosporus,
dauereeszulange, eine Einreisegeneh-
migungzubekommen.Wenn er dann
das Visum habe,stellten Grenzbeamte,
wie zuletzt auf demWegzueinem Vor-
trag als Gastredner auf einemWirt-
schaftstreffenbei derEinreise inFrank-
furt, Fragen wie diese: Haben Sie ein
Hotelzimmer?Verfügen Sie über eine
Krankenversicherung?Zeigen Sie mal
Ihr Rückflugticket?
Sekib Avdagic kann sie alle mit „ja“
beantworten, er kann auchsein Rück-
flugticketvorzeigen.Aberer erfährtdie
Behandlung zunehmend als würdelos.
Esbrodeltsichtbarinihm,alservonEr-
fahrungen berichtet,„die man nicht als
schön empfindenkann“. Avdagic steht
hier nicht nur für vieleTürken, denen
die Einreise in die EU,speziell nach
Deutschland erschwertwird. Der Präsi-
dentderHandelskammerIstanbulsteht
auchfür 400 000Unternehmer ,die gut
ein Viertelder türkischenWirtschafts-
leistung erzeugen und 44 Prozent der
Steuereinnahmen des türkischenStaa-
tesbeisteuern.Trotzmancher Kritik
kann PräsidentRecep Tayyip Erdogan
in dem Punkt aufUnterstützung der
Wirtschaf tund Zustimmung seiner
Landsleuterechnen,wenn er dieWie-
deraufnahme der Gespräche überVisa-
freiheitfürtürkischeStaatsbürgerinEu-
ropa an die ersteStelle seinesForde-
rungskatalogs für dasTreffenmit Bun-
deskanzlerin Angela Merkel(CDU)
undFrankreichsStaatspräsidentEmma-
nuelMacronsetzt,das andiesem Diens-
taginIstanbul stattfinden soll.
Weiter eForderungenkommen hin-
zu, wie die Eröffnung neuerKapitel im
EU-BeitrittsprozessAnkaras, die Mo-
dernisierung derZollunion und zusätz-
liche Milliarden für dieVersorgung der
vier MillionenFlüchtlingeinderTürkei
undweitererzweiMillionenBinnenver-
trie bener im syrischen Bürgerkrieg, die
an der Grenze zurTürkei ausharren.
„Wir betteln niemanden an. Alles,was
wir wollen, ist, dassdie Versprechen,
dieunseremLandgegebe nwurden,ein-
gehaltenwerden“, sagt Erdogan–und
droht unverhohlen damit, Flüchtlinge
als WaffeimpolitischenKampfeinzu-
setzen.DerStaatspräsidentstehtinnen-
politischunter großem Druck. Militä-
rischläuftesinS yrien nicht gut.Der
Wirtschaftsmotorder Türkei stottert
auchohne Coronavirus.Zu allemÜber-
flusshat vorige Woche auchnochErdo-
gans frühererWirtschaftsministerAli
Babacan mit der „Parteifür Demokra-
tieundFortschritt“ einepolitischeKon-
kurrenzorganisation zu Erdogans AKP
aufgemacht.
Die Forderungen Erdogans sind alt.
BisaufdieFragenachGelddürfteerbei
den anderen Themenweiter auf Granit
beißen. Dassder faktischeStillstand der
im Jahr 2005 begonnenen EU-Beitritts-

verhandlungen endenkönnte, erscheint
dem HamburgerSozialwissenschaftler
und TürkeiexpertenYasar Aydin unrea-
listisch. Denn an den Gründen für den
Stillstand habe sichnichts geändert, al-
lenfalls sei Erdogans Position schwä-
cher geworden. Aydin sieht nur eine
Ausnahme:„Erdoganversprichteinede-
mokratischeWende, dieWiederherstel-
lung derRechtsstaatlichkeit und über-
zeugt die EU davon.“ Allerdings sei das
wegendes großen Vertrauensverlustes
gegenüber Erdogan unwahrscheinlich.
AndererseitswürdedieEUunglaubwür-
dig, käme sie Erdogan entgegen, wo
dochdie KritikpunkteDemokratie-
abbau, mangelndeRechtsstaatlichkeit,
Beschneidung individueller politischer
Rechte und Menschenrechtsverletzun-
genseit der Niederschlagung des Put-
sches imJahr2016größeralskleinerge-
worden seien. Ähnlichsteh tesumdie
immer wiederverabredete, aber nie ins
Werk gesetzt e„Modernisierung“ der
Zollunion. Sie regelt imKern den zoll-
freienWaren- und Güterverkehr,ohne
Landwirtschaft. Erst vorzehn Monaten
hattedieEUdieverabrede tModernisie-
rung auf Eisgelegt, weil sic hdie Türkei
immerweiter vonderEUun dihrenWer-
tenentfernt habe. Zuvor hatteBrüssel
bereits ihreFinanzhilfen für Beitritts-
kandidatenan dieTürkeium 40 Prozent
auf 1,2 Milliarden Eurogekürzt.
Auch aufbilateralerEbeneware nAn-
näherungsversuchegescheitert. Bundes-
wirtschaftsministerPeter Altmaierwar
zwar mitgroßer Delegation nachAnka-
ra geflogen, um den deutsch-türkischen
Wirtschaftsdialog wieder in Schwung
zu bringen, dochversandete das bald.
ZumGegenbesuchinBerlinkamesim
Jahr 2019 nicht.Dabei gäbe es aus Sicht
der Wirtschaf teiniges zu besprechen,
Ärgernisse aus demWegzuräumen.
„Leiderverhindernimmer mehr nicht-
tarifäre Handelshemmnisse, dassbeide
Seiten die vollen Wohlfahrtsgewinne
realisieren können“, klagt der Ge-
schäftsführer der Deutsch-Türkischen
Industrie-undHandelskammerinIstan-
bul,ThiloPahl.VorallemdiePflichtzur
Vorlagevon Ursprungszeugnissen be-
hindereden freienWarenverkehr.„Zeit
und Kosten für dieZollabwicklung sind
in denvergangenen Monaten spürbar
gestiegen“, sagt Pahl der F.A.Z. Er
hofft,dassder Abbau dieser Hemmnis-
se den Gesprächen um eine Erweite-
rung derZollunion den notwendigen
Schwung verleihen könnte. Ökono-
mischspräche viel dafür,die Zollunion
auchumDienstleistungen und E-Com-
merce zu erweitern. Elektronikkönne
auchbei einer Beschleunigung der
Visa- Verfahren helfen. Je unbürokrati-
scher ,digitaler und damit schneller die
Visa- Verfahren umgesetzt würden, des-
to leichterkönnten sichUnternehmer
tref fen, um Geschäfte abzuschließen.
Dochauchdas weiß der deutscheWirt-
schaftsvertreter am Bosporus: „Letzt-
lichunterliegen die Visabestimmungen
einer politischen Entscheidung.“
So dürfteSekib Avdagic, derVertre-
terder Is tanbuler Geschäftswelt, auch
künftig deutschen Grenzbeamtenlästi-
ge Fragen nachseinemWohin undWo-
her beantwortenmüssen–wenn das
CoronavirusReisen wieder zulässt.

A


ktien haben dramatischan
Wert verloren, Öl wurde billi-
ger, selbstder Goldpreis hat
sichzuletzt dem allgemeinen
Bärenmarkt nicht entziehen können.
Aber wasist eigentlichmit Immobilien?
Immerhin haben die Immobilienaktien
am„SchwarzenMontag“voreinerWoche
auchverloren,wenn auchdeutlichweni-
gerals der deutsche AktienindexDax.
Aber gibt es jetztwomöglichaucheinen
strukturellen Preisverfall bei Immobilien,
wenn DeutschlandsWirtschaf tinsgesamt
für einigeZeit darniederliegt und auch
auf Jahressicht nicht mehr sowachsen
dürftewie bislang erwartet?Wirddas Vi-
rusmit seinenFolgen womöglichgar zum
Auslöser dafür,dassamdeutschen Immo-
bilienmarkt eine Blase platzt, wie esvon
Pessimistenseit längerem erwartet wird?
Die Postbank, diegerade zusammen
mit dem HamburgischenWeltwirtschafts-
institut (HWWI) ihren jährlichen„Wohn-
atlas“fertiggestellt hat,welcher derF.A.Z.
exklusivvorliegt, äußertsichäußerst vor-
sichtig. „Ob die aktuelle Corona-Krise
Auswirkungen auf den Immobilienmarkt
haben wird, lässt sichzum jetzigenZeit-
punkt nochnicht abschätzen“, sagt Eva
Grun wald, die Leiterin des Immobilienge-
schäftsderPostbank.Fürdaszurückliegen-
de Jahr hingegen hätten 90 Prozent aller
deutschen Landkreise und kreisfreien
StädtenocheinenZuwachsbeidenImmo-
bilienpreisenverzeichnet. Im bundeswei-
tenMittel habe das Plusgegenüber dem
Jahr 2018 inflationsbereinigt bei 9,3 Pro-
zent gelegen –und sei damit sogar noch
größer als imVorjahr gewesen.
Etwasweiter wagt sic hReiner Braun
vor, Vorstandsvorsitzender des Immobi-
lien-Forschungsinstituts Empirica in Ber-
lin. Sein Szenario (von einer Prognose
will er nicht sprechen) sehe so aus: Die
Nach frag enachWohnraumwerdezumin-
destinden kommendenWochen vonder
Epidemiestarkbeeinträchtigt.Nicht nur,
dassder Zuzug aus demAusland schwie-
rigsei und auchinnerhalb Deutschlands
jetzt weniger umgezogenwerden dürfte.
Es gebe auchdurch die starkenKursver-
luste an denBörsenundihreFolgewirkun-
geneinen „Entzug an Liquidität“ für den
Immobilienmarkt.VermögendeFamilien,
die wichtigeInvestorenamImmobilien-
markt seien, hätten durch den Kursrutsch
vielGeldverlorenundstündenfürInvesti-
tionen am Immobilienmarkt möglicher-
weise nicht mehr bereit.Essei auc hdenk-

bar,sagt Braun, dassInvestorenaus dem
Ausland, oftUnternehmer,jetzt wegen
der Corona-Krise ihr Geld selbstbenötig-
ten, umetwa in ihremUnternehmen die
Folgen der Krise abzufedern, und Gelder
aus Deutschland abzögen.
Spekuliertworden istauch, ob Men-
schen in Deutschland vielleicht ihreMie-
te nichtmehrzahlenkönnen,wennsiewe-
genderKrise überlängereZeit Verdienst-
ausfälle haben; aber das sollteman er st
mal nicht hoffen. Aber mehrereQuartale
mit einem schrumpfenden Bruttoinlands-
produkt dürften nichtganz spurlos an
den Immobilienpreisen vorübergehen;
vieles dürftedann davonabhängen, wie
die anschließende Erholung ausfällt.
Auch das Verhalten der Banken hinsicht-
lichderImmobilienkreditesowiederen ei-
genewirtschaftlicheSituationistdabeial-
lesandereals unwichtig.
Unklarsei bislang,obdie Bauarbeiten,
die fü reineAusweitung desWohnungsan-
gebots wichtig seien,wie geplant fortge-
setzt werdenkönnten,sagteBraun.„Dasal-
les könnte dazu führen, da ss die Kaufprei-
se sic hzumindestberuhi gen“,sagt Brau n–
ohne dass er be reits das Schreckensszena-
rioeiner„platzenden Blase“amImmobi-
lienmarkt an dieWand malen will.
Das Gegenargument wäre:Immobi-
lien,geradein Deutschland,geltenals„si-
cherer Hafen“. Gerade in unruhigenZei-
tenwie jetzt sind sie als „Sachwerte“ge-
fragt. Das könntedie Preise selbstinei-
nem Chaos durchaus stützen.
Im vergangenen Jahr jedenfalls hätten
niedrigeZinsen, einegroße Nach frage
und ein knappes Angebotdie Preise am
Wohnimmobilienmarkt weiter hochge-
trieben, berichtet die Postbank.Weiter-

hin seien dabei die Wohnungen in
Deutschland nirgendwosoteuer wie in
München.Sokostete dortderQuadratme-
ter2019 noch mal 6,2 Prozent mehr als
im Vorjahr.Damit wurde die 8000-Euro-
Schwelle durchbrochen. Der Durch-
schnittswertfür denKauf vonEigentums-
wohnungeninBestandsbautenderbayeri-
schen Landeshauptstadt liegedamit bei
8079 EurojeQ uadratmeter.
Im Vergleichder sogenannten „Big Se-
ven“,dersiebengrößtendeutschenMetro-
polen,stiegen die Preise amstärkstenin
FrankfurtamMain. Durchschnittlich
5687 Euromussten Immobilienkäufer
dortimJahr 2019 für einen Quadratme-
terhinlegen, elf Prozent mehr als imVor-
jahr.Die deutsche Bankenmetropole liegt
damitweiter auf Platz zwei derteuersten
Großs tädte. Dersteile Anstieg sorge da-
für,dasssichFrankfurtweiter vonder
Hansestadt Hamburgabsetze, die mit ei-
nem durchschnittlichen Quadratmeter-
preis von5054 Euroauf Platz drei liege.
Auch Berlin holt lautPostbank weiter
auf: In der deutschen Hauptstadt stiegen
die Preise demnachabermals um knapp
zehn Prozent.Mit einem Quadratmeter-
preis von4639 Euroziehe Berlin anStutt-
gart vorbei und liegedamit imRanking
der „g roßen Sieben“auf Platz vier.
Nurinden Großstädten Frankfurtund
Berlin lag das Preispluslaut Postbank
über dem bundesweiten Mittelvon9,
Prozent. Damit holten auchRegionen au-
ßerhalb der Metropolenbei den Preisen
für Wohnimmobilien im Bestand weiter
auf. Vorallem in den Kreisen imUmland
derGroßstädte –den sogenannten Speck-
gürteln –stieg dasKaufpreisniveauwei-
teran, wie diePostbank berichtet.

Deutschlands teuersteLandkreiselä-
gendabei fast ausnahmslosimSüden des
Landes.Unte rden „Top Ten“ derRegio-
nenmit dem höchstenPreisan stieg im
Jahr 2019 fänden sichneun bayerische
Kreise.Inmittlerweile sieben deutschen
Landkreisen habeder durchschnittliche
Quadratmeterpreis für Wohneigentum
die 5000-Euro-Markegeknackt.
Der teuerste Landkreis in Deutsch-
land liegt aber nicht in Bayern:ImLand-
kreis Nordfriesland,zudem unterande-
remdiebeliebtenFerieninselnSylt, Föhr
undAmrum ,aber auchFerienorte wie
SanktPeter-Ordinggehören, kosteteder
Quad ratmeterimvergangenen Jahr im
Schnitt 6452Euro.Nach demdie Post-
bank imvergangenen Jahrerstmals ei-
nenleichtenRückgang der Preisefür
Nordfrieslandausgewiesen hatte, sei
diesmalimSchnittein Plu svon gut 14
Prozent zuverbuchen.
VonderPreisspiralebesondersstark er-
fasstwurden auchdreiLandkreise in
Brandenburg: DenstärkstenAnstiegver-
zeichnete die Uckermarkmit einem Plus
vongut 48 Prozent.Umknapp 42 Prozent
schnellten die Quadratmeterpreise im
LandkreisElbe-Elsterindie Höhe.Und
auchinFrankfurtander Oder wurde
Wohneigentum um gut ein Drittelteurer.
RechtstarkePreissteigerungen erlebte
auchZweibrückeninRheinland-Pfalz. In
der kleinstenkreisfreienStadt Deutsch-
lands wurdenWohnungen im Schnitt um
knapp 36 Prozentteurer .Ähnliche Preis-
sprüngegab es in Mansfeld-Südharzin
Sachsen-Anhalt.Dabei blieben die Qua-
dratmeterpreise auchimvergangenen
Jahr mit durchschnittlich831 Eurover-
gleichsweise niedrig.

DievonderBundesregierungamFrei-
tag bekanntgegebenen Liquiditätshil-
fenstoßen allgemein aufgroße Zu-
stimmung. Die FDP hält sie aber für
zu langsam und bürokratisch. Der
StellvertretendeFraktionsvorsitzende
Christian Dürrsagteder F.A.Z.: „Es
istvölligunklar, wannundwiedieHil-
fenbei den Betrieben ankommen sol-
len.DabeiwissenTausendeUnterneh-
men bereits heutenicht mehr,wie sie
indennächstenWoche nüberdieRun-
den kommen.“ Dürrschlägt stattdes-

sen eine „negativeGewinnsteuer“
und nachträgliche Steuersenkungen
in Form großzügigerVerlustrechnun-
genmit den Gewinnenvergangener
Jahrevor.Steuerstundungenreichten
nichtaus,dieFinanzämtersolltenden
Betrieben zur Liquiditätsstärkung ne-
gativeEinkommen-undKörperschaft-
steuerninnerhalbweniger Tage über-
weisen.Grundlagewäreder letzte
Steuerbescheid. Dürrsorgt sichvoral-
lem um „Solo-Selbständige“ und
Kleinstbetriebe. itz.

HeiklePhasefürImmobilienpreise


ami./chs./ppl.WIEN/PARIS/LONDON.
WährendDeutschlandamSonntagsein
schonerlassenes Exportverbotfürmedi-
zinische Schutzausrüstung wieder lo-
ckerte,ergriffen andereeuropäische
LänderdrastischeMaßnahmen.DieRe-
gierunginÖsterreichordnete eineweit-
reichende „Ausgangsbeschränkung“
für alle Bürgeran. Ohne triftigen
Grund wie das Besorgenvon Lebens-
mittel oder Medikamenten, Arztbesu-
cheoderunaufschiebbareberuflicheTä-
tigkeiten, sollten die Menschendie
Wohnung nicht mehrverlassen, sagte
BundeskanzlerSebastianKurz (ÖVP)
am Sonntag. „Die Österreicherwerden
aufgefordert, sichselbstzu isolieren.“
Zudem wurden Einreisebeschränkun-
genangekündigt.Zuvor wardie Schlie-
ßung aller nicht für den Lebensunter-
halt notwendigen Geschäfte,Barsund
Restaurants abMontag angeordne twor-
den. In einer Sondersitzungwolltedas
Parlamentferner imVerlauf desTages
ein 4Milliarden Eurogroßes Hilfspaket
beschließen, das dieWirtschaf tstabili-
sieren soll. DerFinanzministergab das
Ziel auf, den Haushalt ausgeglichen zu
halten.Auch Dänemarkgab staatliche
Gelder frei: Angestellte, die durch die
Corona-Krise ihre Arbeitsplätzeverlie-
ren, sollen dreiViertelihres Lohnsvom
Staat kompensiertbekommen. DieRe-
gierungrechnetdamit, für 70 000 Men-
schen aufkommen zu müssen.
In Frankreichhaben seit derNacht
auf Sonntag die meistenGeschäfte und
alle Restaurants, Barsund Cafésge-
schlossen. In derkommendenWoche
will dieRegierung Pläne für einenfi-
nanziellenAusgleic hvorlegen.Vonder
Schließung ausgenommen sind Lebens-
mittelgeschäfte,Postfilialen und Apo-
theken. Der französischeFinanzminis-
terBruno Le Mairewarnt eamSonntag
aufeiner PressekonferenzvorPanikkäu-
fen. „DieVersorgungssicherheitmit Le-
bensmitteln und anderen essentiell

wichtigenWarenist gesichert, und sie
wirdindenkommendenTagenundWo-
chen gesicher tbleiben, dafürwerden
wir sorgen“ sagteer.
Unterdessen fährtdie Regierung
auchschrittweise den Langstreckenver-
kehr herunter:Bald werden nur noch
die Hälfte aller französischen Hochge-
schwindigkeitszügefahren. Bei denRe-
gionalzügen sind es demnächstnur
nochzweivon drei.Auch Air France
schränkt die Langstreckenflüg edeut-
lichein. Aufrechterhaltenwerden vor
allemdieVerbindungenindiefranzösi-
sche nÜberseegebiete,teiltedas franzö-
sisch eVerkehrsministeriummit.DiePa-
riser Flughäfen Orly und Charles de
Gaulle bleiben geöffnet, dochOrly
wirdsein Terminal 2amMittwoch
schließen und CDG schließtzweiTer-
minalsgegenEnde derWoche. Auch
im französischen Energiesektor treffen
die Unternehmen Vorsorge zur Auf-
rechterhaltungihrer Leistungen und
haltenetwa Mitarbeiter inReserve.
InGroßbritannienhat Premierminis-
terBoris Johnson Industrieunterneh-
men wieRolls RoyceumMithilfebei
der ProduktionvonBeatmungsgeräten
gebeten, die Corona-Patienten benöti-
gen. GesundheitsministerMatt Han-
cockverglichdie Krisensituation mit
dem ZweitenWeltkrieg, als aucheine
nationale Anstrengung aller erforder-
lichgewesen sei. Der Chef desstaatli-
chen Gesundheitssystems NHS sagte,
„jederTeilder Gesellschaftundjede In-
dustrie müssen sichfragen, wassie tun
können um zu helfen.“ DieRegierung
steht unter massiver Kritik,dasssie bis-
langzulaschauf dieEpidemiereagiere.
WährendandereLänderSchulenschlie-
ßen und einigesogar Restaurants und
Geschäfte schließen lassen, gibt es in
Großbritannienbislang keine solche
Anordnungen. Allerdings wurden alle
Über-70-Jährigen imKönigreichdazu
aufgerufen, zuhause zu bleiben.

ZiehtdieEUwiederdieESM-Karte?


Diskussion in der Eurogruppe /Regling bietetEinsatz des Krisenfonds an


BesitzenSieein Rückflugticket?


Worüber Erdogan mitMerkelund Macronreden will


FDP:Betriebenschnellerhelfen


Lässt das Coronavirus


am Immobilienmarkt


eineBlase platzen ?Bis


jetzt jedenf alls wurden


Wohnungenhierz ulan de


weiter teurer.


VonChristian


Siedenbiedel,Frankfurt


Österreichführt


Corona-Ausgangssperreein


Grenzengeschlossen/Staaten geben Mittel frei


HöchsteWerts teigerung

HöchstesPreisniveau

2019 gegenüber2018inProzent (inflationsbereinigt)

in Euro je Quadratmeter 20 19

Preis
je m^2

Wertanstieg
2019 zu
München(Stadt) 8079
Nordfriesland 6452
Miesbach 6127
Starnberg 6080
München(Landkreis) 6043
Frankfurt/Main(Stadt) 5687
Fürstenfeldbruck 5316
Dachau 5297
Ebersberg 5152
Hamburg(Stadt) 5054

Uckermark +
Elbe-Elster +
Zweibrücken(Stadt) +
Mansfeld-Südharz +
Frankfurt/Oder (S tadt) +
Wunsiedel(Fichtelgeb.) +
Rhein-Hunsrück-Kreis +
Schwalm-Eder-Kreis +
Waldec k-Frankenberg +
Neustadt an derWaldnaab

+6 %
+14 %
+8 %
+7 %
+7 %
+11%
+4 %
+5 %
+2 %
+9 %

1696 €
1071 €
1517 €
831 €
2037 €
1151 €
1699 €
1665 €
1519 €
+28 1974 €

Datenquelle und Dateivorlage derKarte:Postbank/F.A.Z.-Grafik Brocker

Preise vonEigentumswohnungen
im Durchschnitt inEuro je Quadratmeter 2019

Berlin

Dresden

Leipzig

München

Stuttgart

Frankfurt/M.

Köln

Dortmund

Bremen

Hannover

Hamburg

3100
bis

2500
bis

2100
bis 2500

1700
bis 2100

700
bis

1300
bis
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