Frankfurter Allgemeine Zeitung - 16.03.2020

(coco) #1

SEITE 4·MONTAG, 16.MÄRZ2020·NR.64 Politik FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


„Seelische Gemeinschaft“


Die britische KonservativePartei
hält ihrenParteitag ab. Parteichef
und PremierministerWinstonChur-
chill lobt in seinerRede die Bereit-
schaf tdesgesamtenEmpire–mitder
vonihm trauriggenanntenAusnah-
me Irland –,während desgesamten
Krieges treu zu Großbritannien zu
stehen.DasseinichtAusflus svertrag-
licher Verpflichtun gengewesen.Viel-
mehr zeigesich, dassdas Empire
eine „seelische Gemeinschaft“ bilde.
OhneFreiheitgebe es kein Empire,
ohne Empirekeine Sicherheit für die
Freiheit.Churchill stimmt diePartei
damit auf denWahlkampf ein, der –
so verspricht er–bald nachEnde des
Krieges beginnenwerde. Die Zeit der
Koalitionsregierung in Londonwer-
de dann zu Endegehen. Die Labour
Partyhabe sichleider auf ein umfas-
sendes Verstaatlichungsprogramm
festgelegt.Daswerde,wennesdurch-
komme, große Umwälzungen für das
Volk bedeuten, so Churchill. Zum
Kriegsagt derPremierminist er,Groß-
britannienhabe im Dienstder ge-
meinsamenSache allesgegeben.Des-
halb dürfe es jetztvondenen, den es
geholfen habe,Unterstützung bei der
Wiedererlangung seinerWirtschafts-
kraf terwarten.


Einige sindgleicher


PremierministerWinstonChurchill
wirdimbritischenUnterhaus vonei-
nem Abgeordne tender LabourParty
gefragt, ob es zutreffe,dassdie für
die Vereinten Nationen insAuge ge-
fasstenRegeln vorsähen, dassein
kleines Land bestraftwerde, wenn es
sichder Aggressiongegenein ande-
resschuldig mache, eine Großmacht
jedochnicht .Churchill antwortet,
Großbritannien habe diese Regeln
nicht alleinfestlegen können. Die
Nach frage, ob es der britischen Dele-
gation bei der Gründungsversamm-
lung derVereinten Nationen in San
Francisco nicht erlaubtwerden solle,
überdiesen Punktnocheinmalzudis-
kutieren,verneint Churchill. Die Be-
schlüssevonJaltasähen „eine Diffe-
renzierung bei der Behandlungder
Großen und der Kleineren in dieser
Angelegenheit vor.“Die Überein-
kunftsei insgesamt zuwertvoll, um
sie wegeneines imAugenblicknicht
erreichbaren Ideals aufsSpiel zu set-
zen.


„Ratschlag“ anFinnland


Die sowjetische Regierungszeitung
„Iswestija“widmet sichineinemArti-
kelderbe vorstehendenWahlin Finn-
land. Dabeiwerdesichzeigen, „ob
Finnland dieAbsicht hat, entschie-
denundbewusstdieFaschis tenzube-
seitigen“.Nurfür diesenFall werde
dasLandin denKreisderfriedlieben-
den Völker zurückkehren dürfen. Die
„reaktionären Kräfte“inFinnland
wolltendieErfüllungderWaffenstill-
standsbedingungen sabotieren.Von
den altenPolitiker nder Kriegszeit
seinochniemand„dergerechte nStra-
fe zugeführt“worden,monier tdie„Is-
westija“. pes.


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A


mSonntagbegingendieAmeri-
kaner einen „Nationalen Ge-
bets tag“. Präsident Donald
Trumphatteeinen Tagzuvor
gefordert, dassdas Land für „alle Ameri-
kaner,die vonder Coronavirus-Pandemie
betrof fen“ seien, und für die nationalen
Hilfsmaßnahmen betensolle. „Wenn wir
im Gebetzusammenkommen, erinnern
wir uns, dasseskeine Lastgibt, die Gott
nicht heben und die das Land mit seiner
Hilfenicht ertragen kann“, schrieb
Trumpineiner Erklärung.
Der Präsidentwill nuntägl ichdemons-
trieren, dassersichdie Krise zu eigen
macht .AmSamstagerschien er unange-
kündigt in dem kleinen Presseraum im
WeißenHaus undwarsichtlic hdarum be-
müht, als oberster Krisenmanager zu er-
scheinen, der den parteipolitischenStreit
beiseiteschiebt.Erlobtedie Kooperation
mitden Bundesstaatenund hobdabeiKa-
lifornien undNewYorkhervor. Beide
Bundesstaatenwerdenvonzweidemokra-
tischen Gouverneurenregiert, die oftmit
TrumpimClinchliegen.
Der Präsidenterwähntezudem, dasses
am Freitagabendgelungen sei, eine Eini-
gung mit demKongress über ein Hilfs-
paket für Familien zu erzielen, dievon
der Coronavirus-Krise betroffenseien.
Die Parteien hätten zusammengearbeitet.
FinanzministerSteve Mnuchin, dergroß-
artig eArbeit geleistet habe, habemi tNan-
cy Pelosi, derranghöchstenDemokratin
im Kongress,zusammengearbeitet.„Das
warwirklichgroßartig.“ ZwischenPelosi
und ihm hatteseit demgroßen Knall zwi-
schen beiden anlässlichder Rede zur
Lage derNationAnfangFebruarFunkstil-
le geherrscht.
Doch so sehr der Präsident nun um ein
anderes Imagebemüht ist–der Entwick-
lung läuftertrotzdem hinterher.Gerade
warervon de rWirtschaf tund auchvon
Seiten der Demokraten für dieAusrufung
des nationalenNotstands gelobt worden,
mit der ergezeigt habe, dasserden Ernst
der Lageendlicherkannt habe, da jagte
schon wieder ein Ereignis das nächste.
Durch die Notstandserklärungwaren
Bundesmittel in Höhevonbis zu 50 Milli-
arden Dollar für die Bundesstaaten und
Kommunen freigesetztworden. Das mit
dem Kongress ausgehandelteHilfspaket
wiederum soll dafür sorgen, dassalle

Amerikaner,die einen Coronavirus-Test
benötigen, dafür nicht selbstzahlen müs-
sen. Auch für Amerikaner,die nicht kran-
kenversichertsind, soll derTest kostenlos
sein. Wersichzudem in Selbstquarantäne
begibt,weiler Kontaktmiteinem Infizier-
tenhat, sollkeinen Verdienstausfall erlei-
den. Für14Tagewürden Betroffene wei-
terbezahlt.Dagegen hattesichdas Weiße
Haus anfänglichgewehrt. Unklar ist
noch,obdieRegelungwirkli ch füralleAr-
beitnehmer gilt.
Trumpverkündetezudem ,dassdas Ein-
reiseverbotfür Bürgeraus den Schengen-
Staaten nu nauf Irlandund Großbritan-
nien ausgedehntwerde .BeideStaaten wa-
renbislan gausgenommenworden –offi-
ziell ,weildie Zahlde rInfizier tendortrela-
tiv niedriggewesen sei.Das habesichjetzt
verändert,teilte Trumpmit.Die Regelung
sollabDienstagvonMitternachtangelten.
DerEinreisestoppfürBürgerde rSchen-
gen-Staaten hat derweil zu chaotischen
Zuständen andeninternationalenFlughä-
fender VereinigtenStaatengeführt. Da
Amerikaner und Europäer mitfester Auf-
enthaltserlaubnisvonder Regelungausge-
nommenworden warenund die Heimrei-
se antraten, mussten siestundenlange
WartezeiteninKaufnehmen,weilsie An-
gaben zu ihrem Gesundheitszustand ma-
chen mussten. Der GouverneurvonIlli-
nois, der Demokrat JayPritzker ,kritisier-

te die Regierung mit Blickauf das Chaos
am Flughafenvon Chicago. DieZustände
seien „inakzeptabel“, dieRegierung müs-
se sic h„um ihren Scheißkümmern“, sag-
te er.Der GouverneurvonNew York,An-
drew Cuomo,rief Trump auf, das Militär
zu mobilisieren, um auf die drohende Ge-
sundheitskrise vorbereitet zu sein. Es
gebe Vorhersagen, nachdenen sich
Millionen Amerikaner infizieren würden
–und 21 Millionenvon ihnen Kranken-
hausbetreuung brauchten. Er forderte
Trumpauf, Militäreinrichtungen alsvor-
übergehende Krankenhäuser zu nutzen.
DerPräsident ließ sichinzwischen auch
selbstauf dasVirustesten–nacheinem
mehrtägigen Hin und Her.Dadie Kritik
nicht endenwollte, ergebe ein schlechtes
Beispiel für diePolitik ab, die seineRegie-
rung verkünde,gaberamFreitagabend
nach. Zwar hattesein Arzt nocheinmal
schriftlichmitgeteilt, er halteeinen Test
aufgrund desrecht kurzen Kontaktes mit
einerPersoninderbrasilianischenDelega-
tion in Florida für unnötig. Dochteilte
TrumpamSamstagmit, er habe entschie-
den, sichtestenzulassen. Am Abend
dann verkündete das Weiße Haus, dass
der Test negativ ausgefallen sei. „Heute
Abend habe ichdie Bes tätigungerhalten,
dassder Test negativ ist“, sagteTrumps
Arzt Sean Conley. Der Präsident sei zu-
dem weiterhin „symptomfrei“.

1945


Seit Samstagum12Uhr mittags istdie
Grenze nach Dänemarkdicht. Ausländer
dürfennicht mehr ins Land hinein, zu-
nächs tgilt das bis einschließlich Ostern,
also dem 13. April. Ausnahmengibt es
auchnicht für die direktenNachbarn, we-
der in Schweden nochinDeutschland–es
sei denn, sie arbeiten oderwohnen in Dä-
nemark. Auch Touris ten, die ihren Oster-
urlaub imKönigreichverbringenwollen,
dürfennicht einreisen.Nur Dänen dürfen
zurückkehren in ihr Land–sie wurden so-
gardazu aufgefordert. Die meisten Grenz-
übergängewerden schlichtgeschlossen,
die übrigenstreng kontrolliert.Aucham
Flughafen inKopenhagen wirddie Einrei-
se verweiger t. Nurfür Fahrer vonLastwa-
genmit Fracht soll es an der Grenzeeine
Ausnahmegeben.
Verkündethat die Maßnahme die däni-
sche Ministerpräsidentin MetteFreder ik-
sen amFreitagabend. Es istein weiterer
Versuch, dieVerbreitung des Coronavirus
in ihrem Land einzudämmen. Längstist
das Leben in den skandinavischen Län-
dernschwerbeeinträchtigt durch die Kri-
se. Am Sonntagteiltedie Polizei mit, sie

habe 149 Menschen an der Grenze zu
Deutschland zurückgewiesen.
Es waramFreitagabend nicht das erste
MalindenvergangenenTagen,das sFrede-
riks en drastische Maßnahmenverkündet
hat.Bereits am Mittwoch, als das in
Deutschland nochnicht entschiedenwar,
hattesie mitgeteilt, das alle Schulen und
Kindergärten geschlossen werden. Am
Donnerstag hattedas Parlament einem
Hilfspaket zugestimmt,dassesden Ge-
sundheitsbehörden mitUnterstützung der
Polizei erlauben soll,Testsund Quaran-
tänemaßnahmen durchzusetzen. Auch
alle Bibliotheken undFreizeiteinrichtun-
gensind geschlossen, alle nicht dringend
notwendigen Mitarbeiterimöffentlichen
Dienstwurden nachHause geschickt.Am
Sonntag wurde dann ein umfassendes
Hilfspaket für dieWirtschaf tvorgestellt:
So soll es möglichsein, dassder Staat bis
zur dreiVierteldes GehaltsvonMitarbei-
tern übernimmt, bis zu fünfUrlaubstage
können gestrichen werden. InNorwegen
wurde ein ähnliches Hilfspaket erwartet,
inOslowarfür Sonntagabend eine Presse-
konferenz dazu angekündigt.All demwar

ein sprunghafter Anstieg der Infektionen
imLandmitdemCorona virusvorangegan-
gen. AmFreitagabend sprachFrederiksen
von801bes tätigtenInfektionen,amSams-
tag wurde der ersteTodesfall bekannt:ein
81 Jahrealter Mann.
In Schweden, nur wenigeKilometer
über die nunvondänischer Seitegesperr-
te Öresundbrücke entfernt, sind die Maß-
nahmen nochnicht soweitgehend. Das
Außenministerium forderte zwar dazu
auf, alleReisen insAusland zu unterlas-
sen, die nicht notwendig sind. Die Gren-
zen aber ließ das Land zunächstoffen, ge-
nauso wie dieUniversitäten und Schulen.
Nureinzelnewurdengeschlossen.Veran-
staltungen mit mehrals 500Personen sind
aberverboten. Am Sonntagwaren992mit
dem Coronavirus infizierte Menschen in
Schwedengemeldetworden, mehr als ein
Drittel davoninder Hauptstadtregion.
Die meisten sollen sichimAusland ange-
steckt haben. ZweiTodesfälle gibt es bis-
lang. „Wir haben eine schwierigeZeit vor
uns“, äußerte Ministerpräsident Stefan
Löfven, „abergemeinsamstehen wir das
durch.“

Glückgehabt: Trumps Corona-Test fiel negativ aus. FotoAFP

gna. WARSCHAU. Die Polen beka-
menfürihrenUmgangmitdemCorona-
virusamFreitagabendLobvonInnenmi-
nisterMariuszKamiński. In einer der
fast täglic hstattfindenden Pressekonfe-
renzen, die auchimFernsehen übertra-
genwerden, sprachervon einem „sehr
hohen Grad an sozialer Disziplin“. In
den vergangenen 24 Stunden hätten
Polizisten„mehr als 1500Personen be-
sucht, die unter häuslicher Quarantäne
stehen“.Nur in 14Fällen seienRegelab-
weichungenfes tgestelltworden.
Trotzdem sind die Maßnahmen zur
Eindämmung des Coronavirus inPolen
verschärft worden. Ministerpräsident
Mateusz Morawiecki verkündete sie in
eindringlichemTon: Verbotaller Ver-
sammlungen mit mehr als 50Teilneh-
mern, Lieferservice oderAusgabe der
Speisen zum Mitnehmen bei Restau-
rants, Cafés und Kneipen und die Ein-
stellung derZug- und Flugverbindun-
genins Ausland, beginnend am Sonn-
tagumMitternacht.Außerdem müssen
sichausdemAuslandheimkehrendePo-
len ausnahmslos 14Tage Quarantäne
unterziehen.
Ausländer dürfennur in Ausnahme-
fällen nocheinreisen. „Dies istnicht
die Zeit für Ausflüge“, sagteInnenmi-
nisterKaminski; das sei eine „sehr
schwereEntscheidung“gewesen.Mora-
wiecki äußerte einmal mehr Genugtu-
ung darüber,dassPolen vorden meis-
tenanderen EU-Ländernharte Maß-
nahmenergriffenhabeundanderejetzt
nachziehen würden. Insgesamtgab es
in Polen am Sonntag 111 bestätigteCo-
rona-Fälle, davonverliefen dreitödlich;
13 Personen sind wiedergenesen. Ein
Grund für die niedrigen Infektionszah-
lenkönnteallerdingsauchsein,dassPo-

len er st spätangefangenhat auf das Co-
ronavirus zutesten.
ZweiInstitutionensteheninPolenbe-
sondersinder Kritik: die Europäische
Union und diekatholische Kirche. Die
EU habe sichinder Corona-Krise
„gleichsam inLuft aufgelöst“, siestehe
bedeutungslosdaneben,äußerteeinPo-
litiker derregierendennatio nalkonser-
vativen PiS.Politiker inRegierungsäm-
tern vermieden jedochAngriffeauf die
EU.Zugleic hist eine Debatteüber die
Rolle der katholischen Kircheent-
brannt, derfast neunzigProzent derPo-
len angehören. So forderte etwa der
Chef der oppositionellen Bauernpartei,
WladyslawKosiniak-Kamysz, die Kir-
chenführung „als Katholik und als
Arzt“ auf, den Gläubigen offiziell von
Gottesdienstbesuchen abzuraten.
Die Linie der polnischen Bischöfeist
dagegen, die Kirchen für das Gebetof-
fenzuhalten, möglichstauchkeine
Messen abzusagen, dafür aufWeihwas-
ser,die Mundkommunion unddenFrie-
densgrußper Handschlag verzichten.
Allerdings will man sichseit einem Hir-
tenwortvom Samstagauchinder Kir-
cheandie 50-Personen-Grenze halten.
Inzwischen erteilen BischöfeauchDis-
pens (Befreiung) vomsonntäglichen
Kirchenbesuch.
Das nächste Problemkönntedie für
Mai angesetztePräside ntenwahl sein.
Der polnische EVP-Vorsitzende Donald
Tusk twitterte amWochenende: „Epide-
mie schließtWahlkampf aus.“ DieWah-
len „müssen mit dem Einverständnis al-
ler verschoben werden“. DieRegierung
hält sichmit Aussagen nochzurück.
DochWahlkampftreffenwerden schon
abgesagt,unddieStimmen,dieein eVer-
schiebungfordern, werden lauter.

DänemarksdrastischeMaßnahmen


DasLand schließt seine Grenzen fürAusländer / VonMatthiasWyssuwa, Hamburg


mawy .HAMBURG. In Hamburg
sind aufgrund der Corona-Krise die
Koalitionsverhandlungen zwischen
SPD und Grünen um zunächstzwei
Wochenverschobenworden.Dasteil-
tendie beidenParteien amWochen-
ende mit.Geplantwarder Auftakt
der Verhandlungen eigentlichfür die-
se Woche, eineFortsetzung der be-
reits seit 2015 in Hamburgbestehen-
den Koalition istwahrscheinlich. Bei
derWahlam 23.Februar wardieSPD
mit dem Ersten BürgermeisterPeter
Tschentscher auf gut 39 Prozentge-
kommen,die Grünen auf gut 24.


Trumpläufthinterher


In Israel hat die Corona-Krise amWo-
chenende nicht nur zuweiteren Ein-
schränkungen des öffentlichen Lebens
geführt, sondernauchzuunmittelba-
renAuswirkungen auf die seit Monaten
andauerndeRegierungskrise:Nach dem
der geschäftsführende Ministerpräsi-
dent Benjamin Netanjahu Samstag-
abend die SchließungvonKindergär-
ten, Restaurants undVergnügungsstät-
tenverkündethatte, rief der ebenfalls
geschäftsführende JustizministerAmir
OhanadenAusnahmezustandim Justiz-
wesen aus. Gerichtesollten sichnur
nochzudringenden Anhörungen bera-
ten. Sodanngabdas Jerusalemer Be-
zirksgerichtunter Verweis auf Ohanas
Direktivedie VerschiebungdesKorrup-
tionsprozesses gegenNetanjahu um
mehr als zwei Monatebekannt, der am
Dienstagbeginnen sollte.
Netanjahu istseit Ende 2018ge-
schäftsführend im Amt, nachdem drei
aufeinanderfolgendeWahlen keine kla-
renMehrheitsverhältnisse ergeben ha-
ben und er einenRücktritt ablehnt.Per
Tweetrief Netanjahu am Sonntag den
faktischen Oppositionsführer Benny
Gantz und dessen Blau-Weiß-Bündnis
zurBildungeiner„vonmirgeführt enge-
meinsamen nationalenNotstandsregie-
rung“ auf. Gantzwarf Netanjahuvor,
die Öffentlichkeit zu manipulieren.
„Wenn du an Einheit interessiertbist,
warumdeinen Prozessnachts um eins
verlegen und einen Plan über eine ‚Not-
standseinheit‘andie Presse senden, an-
statt deinVerhandlungskomitee zuei-
nemTreffen(mit mir zu schicken)?“, so
Gantz. Der frühereVerteidigungsminis-
terund Blau-Weiß-Abgeordne te Moshe
Jaalon äußerte, esgelte, Corona auszu-
rotten, seinePartei werdesichjedoch
„nicht an der Beseitigung der Demokra-
tie in unserem Land durch einenvon
der Justizflüchtenden Angeklagten be-
teiligen“. DerVorsitzende der nationa-
listischen ParteiYisra’el Beitenu,Avig-
dor Lieberman, der sich2018 vom

rech tsreligiösen ParteienblockNetanja-
hus losgesagt hatte,warf diesemvor, in
einemhalbenJahrzumviertenMalwäh-
len lassen zuwollen, dann „getragen
vonden Flügeln des Corona-Bezwin-
gers“. Israels PräsidentReuven Rivlin
sagte, „derUmgang mitNotlagen istnie
zu Lasten der Demokratiegegangen“,
und forderte die rasche Bildung einer
Regierung auf demokratischemWege.
Am SonntagkamRivlin mitVertre-
tern aller gewählten Parteien zusam-
men, die dem Präsidenten, wie nachje-
der Wahl üblich, ihreEmpfehlung mit-
teilten, wemdieser denAuftragzur Re-
gierungsbildung übertragen solle. Erst-
mals sprachen sichsämtliche 15Abge-
ordne tedermehrheitlicharabischenVer-
einten Liste für Gantz aus.Auch Lieber-
man empfahl dieWahl vonGantz,der
mit 61von120 Abgeordne tenauf mehr
Empfehlungen als Neta njahukommt
undam MontagvonRivlin mit demAuf-
trag der Regierungsbildung betraut
wird, wie der Präsident mitteilte. Dies
bedeutet nochnicht, dassGantz mit die-
sen Parteien eine Regierung bilden
könnte, zumal Lieberman wie auchzwei
Abgeordne tevonBlau-Weißbislangaus-
geschlossen haben,mit derVereinten
Liste zu koalieren. Dochmacht es die
Mehrheitder61möglich,etwa denKnes-
set-Präsidenten abzulösen,der über die
Bildung wichtigerAusschüsse mitent-
scheidet,dieGesetzesvorhabenvorberei-
ten. Eines dieservonGantz angestreb-
tenGesetze siehtvor, einem angeklag-
tenPolitiker zuverbieten, eineRegie-
rung zuformen. Dieskönntedann das
politische EndeNeta njahus bedeuten.
In Israelwarenbis Sonntag 213 Infi-
zier tebekannt.AmselbenTagdebattier-
te Netanjahus Kabinett darüber,obM o-
biltelefone dieserPersonen fortan von
den Behördengeortetwerden dürfen.
Netanjahu sagte, man befinde sichine i-
nem „Krieg“gegeneinen „unsichtbaren
Gegner“,gege nden „alle Mittel“ zu nut-
zen seien, „einschließlichtechnischer
Mittel aus demKampfgegen Terror“.

KeinRestaurantbesuch,

aberindieKir che

Polens Maßnahmengegendas Coronavirus

DIE LETZTEN
KRIEGSWOCHEN

15./16. MÄRZ

Verhandlungen


verschoben


Gantzsolleine


Regierungbilden


Korruptionsprozessvon Netanjahuwirdwegen


Coronaverschoben / VonJochenStahnke,TelAviv


Für die Herstellung derFrankfurterAllgemeinen Zeitung wirdausschließlichRecycling-Papierverwendet.

Der amerikanische


Präsident bemüht


sich, einen guten


Krisenmanager


abzugeben. Doch


die Ereignisse


überschlagen sich.


VonMajid Sattar,


Washington

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