Frankfurter Allgemeine Zeitung - 16.03.2020

(coco) #1
NR.64·SEITE 7

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Deutschlandunddie Welt MONTAG, 16.MÄRZ 2020


HeidiKlum fröstelt es
Das ehemaligeModel Heidi Klum
liegtmiter kältungsähnlichenSympto-
men im Bett. Sie fühle sichnicht gut,
sagtedieSechsundvierzigjährigeinei-
nem kurzen Video in einer Insta-
gram-Story.Sie habe nicht zur Auf-
zeichnung der amerikanischen Cas-
tingshow „America’s GotTalent“ge-
hen können,wo sie als Jurorin mit-
wirkt .Sie wolle niemanden bei der
Arbeit anstecken. „Alles hat mitFrös-
teln, sich-fiebrig-fühlen, Hustenund
laufenderNase angefangen“, erzählt
Klummit näselnderStimme.„Ichhof-
fe,esist nur eine Erkältung“, fügt die
vierfache Mutter hinzu. Sie würde
sichgerneaufdasneuartigeCoronavi-
rustestenlassen. Sie habe es bei zwei
Ärztenversucht,abersiehabeeinfach
keinen Test bekommenkönnen. dpa

PapstfordertGemeinsinn
PapstFranziskushatKatholikenzuGe-
meins chaftssinn aufgerufen. Di ePan-
demie führe dazu ,dassviele„mehr
oderweniger isoliert“ lebten. Christen
sollten „denWert der Gemeinschaft
wiederentdeckenund stärken, der alle
Glieder derKircheeint“, sagte der
PapstineinerVideoansprache zum
Mitta gsgebet am Sonntag.Wie in der
Vorwoch ewurde dasAngelus-Gebet
aus der päpstlichen Bibliothek im
Inter netübertragen ,diesmal jedoch
nicht auch auf Großbildschirmen auf
dem Petersplatz,umMenschenan-
sammlungenzuvermeiden. KNA

EigentlichwollteSabine Becknur ihren
Nachbarnhelfen. Dafürreicht eein Zettel
und eine Klarsichtfolie. In ihrem Hausflur
in Wien verkündete sie, dasssie älteren
Leuten und anderen Menschen aus der
Corona-Risikogruppe „durch kleine Be-
sorgungen bzw.Einkäuf eind en nächsten
Wochen unter die Armegreifen“könnte.
Die Neunundvierzigjährigepostete ein
Foto ihrer kleinen Aktion aufTwitter –
und rief eineWelle der Solidarität hervor.
TausendeNutzerschließensichdemAn-
gebotfür das eigeneUmfeld an, hängen
selbstZettelauf und machenweiter Wer-
bung für die Aktion. Mehr als 1300 Mal
wurdeBecksAktiongeteilt, unteranderen
vonBundesaußenministerHeikoMaas
und dem Gesundheitsministerium. „Ich
habedamitnichtgerechnet. Aber ic hglau-
be, die Aktion ging so viral,weil es etwas
sehr Einfaches ist, das in dieser Not-
situation jeder machenkann“, sagt Sabine
Beck. Sie selbsthattezunächsteinen ähn-
lichenZettel aufTwitter gesehen, in dem
ein jungesPaar seine Hilfeanbot. Weil
Beckinder kommendenZeit im Home-
office arbeiten und auf ihreTochter auf-
passenmuss,öffnetesieamMittwoc hkur-
zerhand einWord-Dokument und hängte
den Ausdruc kauf. Sofortschlosssicheine
Nachbarin an und botden Hausbewoh-
nernebenfalls ihreUnter stützung an. Das
guteGefühl wolltedie Wahl-Wienerinmit

der digitalenWelt teilen und wurde un-
wissentlichTeil einer neuen Bewegung in
den sozialenNetzwer ken: Einigkeit.
InzwischenhatdasPhänomeneinenNa-
men: #NachbarschaftsChallenge. Unter
dem Hashtag, den sichTwitter-Userin
Natascha Stroblausgedacht hat,ruft die
Autorinzur Hilfefür Nachbarnauf. Seit
Mittwochbefinde tsichStrobl selbstin
Quarantäne. Dochauchvom heimischen
Computer aus sorgt sie mit ihrenTweets
für Solidarität–und Unterhaltung.Weil
auchfürStroblverschiedeneVeranstaltun-
geninder nächstenZeit ausfallen, organi-
sierte siegemeinsam mit Autorin Jasmin
Schreiberkurzerhand eine Online-Lesung
–imPyjama. AmFreitagabend um 20 Uhr
sahen insgesamt fast4000 Zuschauer
dabei zu, wie Schreiber aus ihrem Buch
„Marianengraben“ las und im Anschluss
gemeinsam mitNatascha Str obl eine klei-
ne Fragerunde mit denchattenden Zu-
schauerneröffnete. Unddas alles unent-
geltlich, für jeden auf derStr eamingplatt-
form Twitchfreiabrufbar.
Die beidenAutorinnen sind nicht al-
lein: Der PianistIgor Levit hatteamDon-
nerstag angekündigt, täglichein Heim-
konzertzuveranstalten und es via Live-
stream mit derWelt zu teilen –„bis wir
uns alle wiedergemeinsam,real, nah bei-
einander,versammeln undKunsterleben
können“. Am ersten Abend warenes
235 000 Zuschauer,die sic hum19Uhr

digitalversammelten, und einenTagspä-
tersahen 34 000 Menschen aus Dublin,
Barcelona,Luxemburg,Wien, Washing-
tonund Berlin dabei zu, wie der Musiker
an seinem Flügelversunken„The People
United Will NeverBeDefeated“vonFre-
deric Rzewski spielte. DieTwitter-Nutzer
reagiertenmit einem nicht endenwollen-
den Str om aus virtuellenbunten Herzen.
Im digitalenRaum wachsenauchweite-
re Hilfsinitiativen wie „Gegen denVirus“
und„Coronahilfe“.SiewollendieAngebo-
te vonNutzernbündeln,stellenVordrucke
für einen Aushang imeigenen Flur bereit
und koordinieren Hilfsangebote.„Wenn
hier jemand wirklichnix mehr zu Essen
bekommt und nixTeures kaufen kann,
sagtBescheid. Ichtreib wasauf undschick
es Euch. Oder wir legen über #coronahilfe
zusammen“,schreibteineNutzerin.Ande-
re bieten an ihremWohnortEinkaufs-
hilfen mit demAuto oder offerieren ihre
eigenenVorräte, etwa Babynahrung oder
Medikamente. Plötzlichwirdaus Twitter,
das eher für heftigen Meinungsaustausch
und oftauchHassund Hetze bekannt ist,
eine Börse des Zusammenhalts.
Viele Fragen können nicht mehr im öf-
fentlichenRaum diskutiertwerden: Schu-
len, Büros undkulturelle Einrichtungen
sind oftgeschlossen. Vielleicht bekom-
men auchdeshalbHashtags wie #Flatten-
TheCurve und #Coronahilfe im digitalen
Raum so viel Aufmerksamkeit. Ob es um

Vernetzung für zwangsarbeitslose Selb-
ständige, WissensaustauschfürsHome-
officeoderRatschlä ge fürQuarantäne-Be-
schäftigungengeht:Nutzer tauschen sich
über Länder hinwegaus und solidarisie-
rensichmit denen, die es schwer haben.
Es entstehen Facebook-Gruppen,Nach-
barschaftsportale wie nebenan.deund
selbstStädtebeteiligen sichandem Aus-
tausc hvon Angeboten.
Sabine Beckbeobachtet, dassdamit
auchdie üblichenFilterblasen,indie man
sichgerade aufTwitter schnell begebe,
überwunden werden. „Nutzer aus be-
stimmten Ecken, die michsonstfür meine
Meinunganfeinden,teilen plötzlichmei-
nen Beitrag und bedanken sichfür die
Idee zur Aktion. Plötzlichist die Bubble
durchbrochen.“ Sie bekommt nunNach-
richtenaus Großbritannien, Italien,
Schweden.SogareinebekannteSchauspie-
lerin aus Amerikafolgt dem Beispiel aus
ÖsterreichundteilteinenAufrufzurNach-
barschaftshilfeauf Ins tagram.
Auch im realen Lebenkommt BecksIn-
itiativegut an. „Eine alteDame istdirekt
aufmichzugekommenundhatgesagt, wie
nett es sei, dassjemand an sie denke.Und
auchein älterer Herrgeht zwar momen-
tan nochselbsteinkaufen, aberkommt
später vielleicht darauf zurück.“Sie und
ihreTochter haben zwar nochfür nieman-
den Erledigungen übernehmen müssen.
Dochnochstehe man ja am Anfang.

K


ann man die Corona-Pandemie
flachhalten? SeitTagenhört
man vonhöchsterStelle und
sieht man auf Grafiken dieses
Wunschbild: „Flatten the curve“–flacht
die Kurveab. Gemeintist die Sars-
CoV-2-Infektionskurve.Zuerst st eil nach
oben,dannwiedersteilnach unten, dasist
der Horror: Das Virusbreitet sichexpo-
nentiellaus, undwenn viele infiziertund
immunsind,gehtdie Zahlder Neuinfektio-
nen wiedersteil runter .Das wäre der
natürliche Laufder Dinge, dieFolge: viele
unnötigeTodesopfer,weil alle Schwer-
kranken mehr oderwenigergleichzeitig
behandeltwerden müssen–unmöglich
auchimb esten Gesundheitssystem.
Seitdem die Eindämmungs- und Isolie-
rungsvorkehrungengreifen, diehierzulan-
de bisher meistnur empfohlene Maßnah-
men sind,expandiertder Er regerlang-
samer,die Kurveflacht ab.Undjemehr
„sozialeDistanz“ –das Zauberwort auch
der Kanzlerin–eingehalten wird, desto
langsamersteigt dieZahl der Infizierten
weiter.Soweit die Mathematik,soweit
die Epidemiologie. DieFormel laut et:viel
testen plus Kontakt erigoros ermitteln

plus Quarantäne plus soziale Distanzplus
freiwilligeSelbstquarantäne.
Dassessogelingenkann,dieVirus-Aus-
breitung in der Bevölkerung zustreck en
und dieZahl der Schwerkranken so lange
wiemöglichaufeinemfürÄrzteundKlini-
kenhandhabbaren Levelzuhalten,kann
man in Südkorea beobachten, einem Land
mit vergleichbar modernem Gesundheits-
system und auchmit einer Corona-Sterbe-
rate klar unter einem Prozent.Am29. Fe-
bruar registrierte man 909 frischInfizier-
te,dieGesamtzahl lagbei3000.AmSonn-
tag zählteman nur noch76Neuinfizierte,
die aufaddierte Zahl der Infiziertenim
Landlag bei 8162.
Südkoreaerlebteden exponentiellen
Teil des Kurvenanstiegs in der letzten
Februar -und er sten Märzwoche. Gelingt
es alsoauchinDeutschland,durch strikte
Isolierung dieNeuerkrankungszahlen zu
drücken, werden nicht nur die Kliniken
entlas tet. Dannbesteht auchHoffnung,
dassdieInfektionszahlenbeientsprechen-

den Verhaltensänderungen, also beifort-
gesetzter Hygieneund Distanzwahrung,
einzuhegen sind.Unddas Virusselbst
könnteauf die jeweiligen Ausbruchsregio-
nen mitvergleichsweisegeringen Fallzah-
len eingegrenztwerden.
Aber wie langewirddas funktionieren?
Das Viruswirdnicht unbedingtwegensei-
ner Tödlichkeitgefürchtet, sondernweil
es sic hweiterhin so schnell und leichtvor
allem überTröpfcheninfektionen ausbrei-
tet. Auch istnicht sicher,obtrock ene und
wärmereLuftdas VirusimSommerstop-
pen wird. China rühmtsich, die Epidemie
im Land durch rigide Quarantänenquasi
im großen Stilgestopptzuhaben. Peking
meldetkaum nochNeuerkrankungen. Ist
das Virusbald ganz verschwundeninChi-
na? Vorallem: Könnenmit den imRest
derWelteingeleitetenIsolierungsmaßnah-
men ähnliche Erfolgeerzielt werden?
Undlässt sichsodie Pandemie auf lan-
ge Sicht garaustrocknen? Die Epidemio-
logen haben bisher nochkeine Antwort.

Sie müssen angesichts der vielenUnbe-
kannten bei demVirusimmer neurech-
nen. Werden genug Personen getestetund
Infizierte gemeldet?Undwie stehtes um
die Immunität nach einer Infektion?
DieseFrageganz besondersführtseit
dem Wochenendezu Unsicherheitauf der
britis chenInsel.DieRegierun gBorisJohn-
sons verfolgt nachAussagen vieler Epide-
miologenimLand eineriskantereStrate-
gie: Weil auf absehbareZeit kein Impf-
stoffzur Verfügungsteht, heißt das Ziel
nicht radikale Eindämmung, sondern
immunologisches Corona-Management:
Schutz durch Herdenimmunität.Ein Phä-
nomen,das bei Impfungen funktioniert:
Wenn genug Menschen immungegenden
Erreger sind,weil sie sichanges teck tha-
ben und selbstgenug Antikörpergebildet
haben,umgesund zu bleiben,findetdas
Virusnicht mehrgenügend empfindliche
Opfer –und es verschwindet.
MitHerdenimmunitätschütztmanNeu-
geborene,die noch keinen Immunschutz
haben,und gebrechliche Menschen. Des-
halb sollten sich, so dieVorstellung Lon-
dons, anfangs möglichstvieleimmunolo-
gischgesunde Menschen mit Sars-CoV-
anstecken,so dasssiebald durchihreeige-
nen Antikörpergeschützt sind–Immuni-
tätnachderInfektion.MitHerdenimmuni-
tät kann man bei diesemVirus, so lauten
die nochsehr lückenhaften und sehrgro-
ben Schätzungen, bei 40 bis 80 Prozent
„Durchseuchung“ der Bevölkerungrech-
nen. Nur: Wiewill man daskommunizie-
ren, ohnedie Kontrolle zuverlieren? Zu-
dem istdie Zahl vonRisikopersonenge-
waltig –auchoder gerade in westlichen
Ländern. In dieRechnungder kontrollier-
tenVirenausbreitungfließenalsovieleUn-
bekannteein. So bleibt unklar,obdie an-
fälligenälterenundchro nischkranken Per-
sonen überWochen oderMonatesorigo-
rosabgeschirmtwerden können,wie man
sichdas of fenbar in Londonvorstellt.

„Soziale Distanz“: Auch diese beidenRömer in Quarantäne beteiligen sichaneinem Flashmob amgeöffnetenFenstergegen die Einsamkeit. Fotodpa

KurzeMeldungen


Der Vatikan verschärft abermals die
Schutzmaßnahmen zum Kampfge-
gendie Coronavirus-Pandemie. Die
Ostermesse imPetersdom wirdnach
gegenwärtiger Planung vonPapst
Franziskusohne Gottesdienstbesu-
cher zelebriert. Dasselbegeltefür alle
liturgischenFeiernder Karwoche, die
„ohne die physische Anwesenheit der
Gläubigenstattfindenwerden“, teilte
die Präfektur desPäpstlichen Hauses
am Sonntag mit. Vatikan-Sprecher
Matteo Bruni sagte, dieTeilnahme
vonPapstFranzis kusanallen Feier-
lichke itenseigesichert.Überdiemög-
li cheTeilnahmevonGläubigenwerde
im Einklang mit den einschlägigen
Maßnahmengegendie Ausbreitung
des Virusentschieden.Injedem Fall
würden dieFeiernüber Radio und
Fernsehen in allerWelt direkt über-
tragen und zudem im Livestream über
das Internetzusehen sein. Betroffen
voneinem Ausschlussder Öf fentlich-
keit wärendie Palmsonntagsmesse zu
Beginn derKarwoche, das Gedenken
des Todes Christi amKarfreitag und
amSamstagabenddieOsternacht-Fei-
er im Petersdom. Ostern istdas wich-
tigsteFestderChristenheit.AmOster-
sonntaggedenken Gläubigeder Auf-
erstehung Jesu Christi nach seinem
TodamKreuz. Zur Ostermesse ver-
sammelten sichmeistmehr als
100 000 Gläubigeauf dem Peters-
platz. Der anschließendePapstsegen
„Urbi et orbi“ auf der Loggia des
Petersdomswurdevonrund160Fern-
sehsendernliveübertragen. rüb.




Nach Neuseelandverschärftnun auch
Australien seine Einreisebestimmun-
gen, um dieAusbreitung des neuarti-
genCoronavirus zustoppen. LautRe-
gierung musssichjeder Einreisende
14 Tage lang in Quarantäne begeben,
egal auswelchem Land erkommt.
Die Regelung istumMitternacht in
Kraf tgetrete n. Am Samstaghatte
schon die neuseeländischeRegierung
entsprechende Maßnahmenverkün-
det. Auch dortgilt sie fürReisende
aus allenLändern, mit Ausnahme der
pazifischen Kleinstaaten. Beide Län-
der verbieten außerdemvonnun an,
dassKreuzfahrtschiffe in ihren Häfen
anlegen.Vorder KüsteNeuseelands
steckt wegeneines Verdachtsfalls ein
Kreuzfahrtschifffest. Aufder Golden
Princesssollen sich3700 Passagiere
befinden.InAustraliensind300Infek-
tionen mit demVirusnachgewiesen
worden, in Neuseeland acht. fäh.




DeriranischePräsidentHassanRoha-
ni hat Spekulationen über eineAus-
gangssperreimLandwegenderCoro-
na-Krise zurückgewiesen. „Es wird
keine Quarantänegeben, weder heu-
te nochwährend derNeujahrsferien
(20. Märzbis 2. April)“, sagteeram
Sonntag im iranischen Staatsfern-
sehen.FallseineQuarantäne notwen-
digwerdensollte,werdediesvomKri-
senstabinT eheran und nicht außer-
halb derRegierung entschieden, so
der Präsident. Damit wies er aber-
mals Kritik an seiner Krisenpolitik
und Forderungen nacheinerAus-
gangssperre zurück. Expertenund
aucheinigeAbgeordnete sind der
Meinung,dassesohneAusgangssper-
re zu einerKatastrophe in Irankom-
menkönnte.DieZahlderCorona-To-
tenwardemnachauf 724 ,diede rInfi-
ziertenauf 13 938gestiegen. Gleich-
zeitig seien mehr als 4790 infizierte
Patientengeheilt aus Krankenhäu-
sernentlassenworden,sagteeinSpre-
cher des Gesundheitsministeriums
im Staatsfernsehen. dpa




LitauensRegierung hat imKampfge-
gendas Coronavirus dasganze Land
vondiesem Montag an unter Quaran-
täne gestellt.Das kündigteMinister-
präsident SauliusSkvernelis am
Samstagabend imFernsehenan. Für
zwei Wochen verbietetVilnius die
Einreise vonAusländernund
schließt bis auf Apotheken und Le-
bensmittelgeschäf te alle Läden.Zu-
dem werden sämtlicheVeranstaltun-
genunddas Essen inRestaurantsver-
boten. Speisen dürfennur mitgenom-
menoderaufBestellunggeliefer twer-
den. Litauenskatholische Bischöfe
riefen die Gläubigen auf, nicht in die
Kirchezugehen. Die lettische Flug-
linieAir Baltickündigtean,alle Flug-
zeugeamBoden zu lassen. Sämtliche
Verbindungen würden vorüberge-
hend ausgesetzt,teiltedas Unterneh-
men am Sonntag mit.Air Baltic ist
diegrößteFluggesellschaftindenbal-
tischenStaaten. Eingeschränktwer-
den auchPersonenfähren über die
Ostsee: Die estnischeReedereiTal-
linkkündigtedieAussetzungderLini-
en zwischen Rigaund Stockholm und
zwischenTallinn undStockholm an.
Auch Estland schließt seine Grenzen
für Ausländer. „Umdie Ausbreitung
des Coronavirus zustoppen und die
öffentliche Gesundheit zu schützen,
hat dieRegierung beschlossen, die
Grenzkontrollen an der gesamten
Grenzevorübergehend wieder einzu-
führen“,teilteRegierungschef Jüri
Ratasinder Nach tzuSonntag mit.
Die Maßnahmewerdevon Dienstag
an in Krafttreten. dpa


HilfestattHassundHetze


In der Corona-Krise zeigt sichplötzlic hdie soziale Seiteder sozialen Netzwerke. VonAnnkathrinWeiß


DasVirusaufDis tanzhalten


KAPSTADT. Eswareinerderverhee-
rendstenWirbelstürme,diedenKonti-
nent jemals heimsuchten.Voreinem
JahrfegteZyklon Idaiüberdieostafri-
kanischenLänderMoçambique,Mala-
wi und Zimbabwe.Zeitweise erreich-
te er Windgeschwindigkeiten von
mehr als 200 Kilometern in derStun-
de. Gut 1300Personen kamen ums
Leben: ertranken, wurdenvonTrüm-
mernerschlagen odervonder Chole-
ra dahingerafft.Hunderttausende
wurden obdachlos. 700 000 Quadrat-
kilometerAckerland wurden zerstört.
Aufrund zwei Milliarden Dollar
schätztedie Weltbank den Schaden.
Zwar konnten seitdem eine halbe
MillionMenscheninihrewiederaufge-
bauten Häuser zurückkehren. Doch
dieRegionleidetnochimmer.Rund
93 000 Menschen leben nachSchät-
zungen desNothilfebüros derVerein-
tenNationennochimmer inZelten,
und laut dem KinderhilfswerkUnicef
sind allein im am schwersten getrof fe-
nen Land Moçambiquerund 1,6 Mil-
lionenMenschenaufNahrungsmittel-
hilfeangewiesen.Rund 3000 Kinder,
die jünger als fünf Jahrealt sind, lei-
den unter so schwererUnterernäh-
rung, dassihr Leben in akuter Gefahr
ist. Die OrganisationfordertHilfefür
2,5 Millionen Betroffene. Derzeit hat
sie 1700 Gesundheitshelfer im Ein-
satz, um Menschen in besonders
schwer zugänglichen Gebieten zuver-
sorgen. Zudem hatUnicef 507verun-
reinigteWasser stellen saniertund 80
neue Wasserstellen sowie 185 000 La-
trinengebaut.
Auch die Menschenrechtsorganisa-
tion Amnesty International schlägt
Alarm.Noch immerlebten viele Men-
schen in provisorischenUnterkünften
„ohne Zugang zu einfachsten sanitä-
renAnlagen“, daher seien sievon
CholeraoderanderenKrankheitenbe-
droht .„DieMenschenüberlebengera-
de so“, sagt TigereChagutah,stellver-
tretenderDirektorvonAmnestyInter-
national für Ost- und Südafrika. Erst
die Hälfte der für dieUnterstützung
derKommunenbenötigten450Millio-
nen Dollar seien bisher zusammen-
gekommen. Fürden Wiederaufbau
seien seit März2019 zwar 1,2 Milliar-
den Dollargeflossen, allerdings sei
auchdas weniger als ein Drittel des-
sen, waseigentlich benötigtwerde.
Der Zyklon Idai blieb nicht die ein-
zigeHeimsuchung.Kurz nachdem
WirbelsturmtrafZyklon Kenneth den
Norden Moçambiques und damit ein
Land, in dem fastjeder Zweiteunter-
halb der Armutsgrenze lebt.Den
Überschwemmungen, hervorgerufen
durch heftig eRegen fälleundvomTro-
pensturmins Landesinneregedrück-
tesFlusswasser,folgtenextremtrocke-
ne Monate. Eine Wirtschaftskrise,
ausgelöstdurch das Coronavirus,ver-
schär ftdie Lagezusätzlich.Zwarwur-
den bisher weder in Moçambique
nochinZimbabwe oder Malawi Coro-
na-Infektionenfestgestellt,allerdings
istder Alltag in den in hohem Maße
vomHandel mit China abhängigen
Ländernnahezukomplett zum Erlie-
gengekommen. Die meisten interna-
tionalen Flügewurden gestrichen.
Zimbabwe hat angekündigt, alle
Besucher aus starkdurchseuchten
Ländernauszuweisen,wenn siekei-
nen negativen Corona-Test vorweisen
können.WerausStaatenwieDeutsch-
land, Italien oder China nachMoçam-
biqueeinreisenwill,musssichinQua-
rantänebegeben. THILOTHIELKE

Petersplatz


wirdgesperrt


Ostermesse und „Urbi


et orbi“ imFernsehen


Die Kurveabflac hen


und zu H ause bleiben –


die Botschafthat si ch


rasend verbreitet.


Londonwill dag egen


Herdenimmunität.


VonJoachim Müller-Jung


Coronasetzt


jetztauch


Ostafrik azu


Fallzahlen

Kapazitätdes
Gesundheitssystems

Zeit

Die Kurveflachhalten


Quellen: Bundesregierung; BMG F.A.Z.-Grafik Heumann

Corona-Infektionswellen(Schema)

Erhoffter
Verlauf mit
Schutzmaßnahmen

ohne
Schutz-
maßnahmen
Free download pdf