Frankfurter Allgemeine Zeitung - 16.03.2020

(coco) #1

SEITE 8·MONTAG, 16.MÄRZ2020·NR.64 Zeitgeschehen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


D


ie Regierungen, die jetzt
drastische Entscheidungen
tref fen(müssen), sind auf
wissenschaftlicheRatgeber angewie-
sen.Dochspiegeln sichimKrisenma-
nagement auchder je weiligeStil und
das Bewusstsein für die Dramatik der
Lage.Unddagibt esgroße Unter-
schiede,etwa zwis chen demKanzler
in Wien und dem Premierministerin
London. WährendKurz schnellrea-
giert, zuletzt mitAusgangssperren,
tut sichJohnson schwer.Nocham
Freitag hielt er einVerbotvon Groß-
veranstaltungen für überflüssig.
Dann kamdie Kehrtwende.
Warum? Waresdie heftigeKritik
vonWissenschaftlern, die derRegie-
rung Johnsonvorwarfen, sie spiele
mit dem Leben der Menschen (John-
sonselbsthattejagesagt,viele „loved
ones“ würdensterben)?Waresdie
Ausweitung desVerbots der Einreise
nachAmerik aauchfür britische
Staatsbürger?OderderpeinlicheUm-
stand, dassder Fußballverband Spie-
le absagte,während dieRegierung
dazu keinen Grund sah? Jetztringt
sichder britische Gesundheitsminis-
terzud er Aussagedurch,die Corona-
Krise sei dergrößteöffentliche Ge-
sundheitsnotstand seit einer Genera-
tion. Vermutlichist das nochunter-
trieben.Wie die Krise gemeistert
wird, hängtvonvielen Faktoren ab,
vonder Selbstlosigkeit des medizini-
schen Personals, der QualitätdesGe-
sundheitssystems generell, der Diszi-
plin der Bevölkerung–und derKom-
petenzderRegierung.Vonder,dahat
Johnson ungewoll trecht, hängt das
Leben vieler ab.


Johnsons Kompetenz


VonKlaus-DieterFrankenberger

D


as Flüchtlingsabkommen der
EU mit der Türkei vom18.
März2016 geht of fenbar an
den aktuellenProblemen der
Türkei vorbei. Beim bisherigenAbkom-
men steht imVordergrund, für die Flücht-
lingeaus Syrien eine Lösung in derTürkei
zu finden und Ankaradabei finanziell zu
helfen. Heuteist jedoch, das isteine Lehre
aus der aktuellenKrise an der türkisch-
griechischenGrenze, der dramatische An-
stieg ir regulärer Migranten aus anderen
Ländernals Syrien diegrößteHerausfor-
derung. Ein neues Flüchtlingsabkommen
müsste gerade dafür eine Lösungfinden.
In derTürkei leben derzeit mehr als 5
Millionen Flüchtlinge und Migranten.
Nach Angaben der Migrationsbehörde
(„GöcIdaresi“)genießen3,6MillionenSy-
rersubsidiärem Schutz. Hinzukommen
350 000Personen aus anderen Ländern,
die auchsubsidiärem Schutzgenießen.
Mit demAbkommen hattedie EU da-
her ein wichtiges Ziel erreicht: DieTürkei
hielt MillionenvonSyrer nzurück, vonde-
nen sonstviele nachEuropagezogenwä-
ren. So lebten 2014 erst 1,5 Millionen Sy-
rermit subsidiärem Schutz in derTürkei.
Als dasAbkommen in Krafttrat, warenes
2017 jedoch3,4 Millionen. Seither hat
sichdieZahlkaumverändert,obwohlsyri-
sche Elterninder Türkei 550 000 Kinder
geboren haben und mehrerehunderttau-
send Syrer in ihreHeimat zurückkehrten,
insbesondereinG egenden, die nichtvom
syrischenRegime kontrolliertwerden.
Ausder Türkei reisten nachAngaben
der türkischen Migrationsbehörde seit
2016 jedoch lediglich9322 Syrer nach
Deutschland aus.Frankreichund die Nie-
derlande nahmen jeweils rund 4500 auf.
Zuvoraber hattenvon2014 bis 2016 noch
eineMillionSyrerdasRisikoeinerMigrati-
on nachEuropa auf sichgenommen. Sie
flohen vordem Krieg in ihrer Heimat und
sahen ihreZukunf tinEuropa. Heuteneh-
men sie dieses Risikonicht mehr auf sich,
denn sie haben in derTürkei Fußgefas st.
MehralseineMillionSyrer arbeiteninder
registrierten oder informellenWirtschaft,
und mehr als 680 000 syrische Kinder be-
suchenregulär eine Schule. Die meisten
Syrer leben heuteimLandesinneren und
haben sichentschieden, in derTürkei zu

bleiben.Sie fühlen sichwohl, nurwenige
wollen nachSyrien zurück.
Anderssieht es bei den irregulären Mi-
granten aus. Im Jahr 2013 hattedie Türkei
den Statistiken der Migrationsbehörde zu-
folgeaufihremBodenerst40 000irregulä-
re Migranten festgenommen. Die Zahl
stieg jedochkontinuierlichbis auf 455 000
im vergangenen Jahr.Ind en er sten bei-
den, schneereichen Monaten 2020 wur-
den wieder jeweils 20 000festgenommen
und zur Abschiebungvorbereitet.Über
die Dunkelzifferder ir regulären Migran-
tenkann nur spekuliertwerden. Die aller-
meistengelangen über die Gebirgspfade
der schwer zukontrollierenden türkisch-
iranischen Grenze ins Land.
AfghanistanstelltdasGrosderirregulä-
renMigranten. Imvergangenen Jahr wur-
den 201 000 Afghanen festgenommen

und 72 000Pakistaner.Andersals die Sy-
rergenießen siekeinen Schutz, sie haben
keinen Zugang zum Gesundheitssystem,
und siewollen so raschwie möglichnach
Europa. Daherstellen sie diegroße Mehr-
heitderer,die am 29.FebruardemRufdes
türkischen Präsidenten Erdogangefolgt
sind und darauf hofften, dasssichdas Tor
nachEuropa öffne. Sie nehmen dasRisiko
auchdeswegen auf sich,weil ihnen in der
Türkei die Ausweisung droht.
Der Migrationsforscher Murat Erdo-
gan, der an derTürkisch-DeutschenUni-
versität in Istanbul lehrtund forscht, sieht
inderaktuellenMigrationskriseandertür-
kisch-griechischen Grenze zum einen
eineWarnung an Europa. Dennsierufe in
Erinnerung, dassMigrations- und Flücht-
lingskrisen mit Geld allein nicht zu meis-
tern seien. Zum anderen haltedie Krise

auchLektionen für dieTürkei bereit. Sie
zeigedas Ausmaß der irregulären Migrati-
on sowie der Zufriedenheit der Syrer mit
ihremLeben inderTürkei. Diegroße Her-
ausforderungwerdeesj edoch sein, für die
Türkei ebenso wie für Europa, sollten aus
der umkämpften syrischen Provinz Idlib
bis zu zwei Millionen Syrerfliehen. Ein
Teil würde in derTürkei bleiben, sagt Mi-
grationsforscher Murat Erdogan. DieTür-
keikönne jedoch, um eineweiter eBelas-
tung abzuwenden, einenKorridor für die
neuen Flüchtlingevon Idlib bis an die
Grenze mit Europa schaffen. Andersals
heutewäredann die türkisch-griechische
Grenze nicht mehr zu halten.
Eine Überarbeitung des Flüchtlingsab-
kommens müsstedaher mehrerePunkte
umfassen.EsmusseineLösungfürdiedra-
matischzunehmendeirreguläreMigrati-
on enthalten. Dazugehört, die 500 Kilo-
meter langetürkische Grenze mit Iran, ei-
nem der am schwersten vomCoronavirus
betrof fenen Länder,besser zu schützen.
Die IslamischeRepublik zeigt daranwe-
nig Interesse. Es handelt sichumdie
schwächste Außengrenze derTürkeiund
das Einfallstorvon nicht asylberechtigten
Migranten aus vielen LändernAsiens,
auchdes Nahen Ostens undNordafrikas.
DadieTürkeimehralsdieHälftederau-
ße rhalbSyrienslebendensyris chenFlücht-
lingebeherberge und somit Europa entlas-
te,müsse künftig einegerecht eLastentei-
lungerfolgen, sagt Murat Erdogan.Naiv
sei anzunehmen, dassdies auf Dauer al-
lein mitGeld geschehenkönne.
Neben einer Lösung der irregulären Mi-
gration und einergerechten Verteilung
der Lasten istdas drohende Flüchtlings-
drama in Idlib diegrößte Herausforde-
rung. Nicht erfüllt hat sichdie türkische
Erwartung, ein solches Drama über eine
Zusammenarbeit mitRussland abzuwen-
den, zerschlagen hat sichdie Hoffnung
aufeinenmilitärischenBeistanddurchdie
Vereinigten Staaten. Damit dürfteder
Wunschdes türkischen Präsidenten Erdo-
gannach europäischerUnterstützung für
Idlib bei seinen Gesprächen am Dienstag
mit Bundeskanzlerin Angela Merkelund
dem französischen Präsidenten Emmanu-
el Macronganz oben auf derAgenda ste-
Aufdem WegnachEuropa: EineFamilie an der türkisch-griechischen Grenze FotoEPA hen.

E

in Er folg waresschon, dass
die Waffenruhe, auf die sich
die Präsidenten Russlands
und derTürkei, Wladimir Putin und
RecepTayyip Erdogan, am 5. Märzfür
die Pr ovinz Idlibverständigt hat ten,
zehn Tage gehalten hat.Keineswegs
warnachWochen erbitterter Kämpfe
garan tiert,dasssichdie Armee dessy-
rischen Regimes sowie die mit Ankara
verbündetenMilizendaranhaltenwür-
den. Da aberdie Waffen weitgehend
geschwiegenhaben,konntenamSonn-
tagdie vereinbartenrussisch-türki-
schenPatrouillen entlang der für Da-
maskuswichtigenSchnellstraßeM4be-
ginnen.Ein weiteres positivesZeichen
ist,da ssrussischeMilitärpolizistentür-
kische Militärkonvois an die türki-
schen Beobachtungsposteneskortiert
haben, die inzwischenvon der syri-
schen Armee umstellt sind.
Damit istZeit gewonnen, um wie-
der an denVerhandlungstischzurück-
zukehren und in Genf unter der
SchirmherrschaftderVereinten Natio-
nen vielleicht doch nocheine politi-
sche Lösung für Syrien und damit
auchfür Idlib zufinden. Schließlich
fühlen sichinIdlib Millionen Binnen-
vertriebenevonAssad bedroht.Gro-
ße Hoffnungen darfman sic hnicht
machen.DennAssadläs stkeineZwei-
felaufkommen,auchIdlib seinem
Herrschaftsbereichwieder einzuver-
leiben.Entzündenkönntesichein
neuer Kriegsausbruchanden türki-
schen,vonRegimetruppen umstellten
Beobachtungspostenunddendortsta-
tionierten türkischen Soldaten. Denn
Erdogan will auf jedenAngriff mit
Vergeltungsschlägen antworten.


Es is tnicht leicht, DonaldTrumpals
Fachmann zu dienen.Nachdem der
amerikanische Präsident amFreitag
im Rosengarten desWeißenHauses
die wenigen Sätzeseiner Notstands-
erklärung nur stockend vortragen
konnte, lobteerdie Arbeit seiner
Regierung und die Mitgliederdes
Coronavirus-Krisenstabs. Anthony
Fauci erfuhr dabei,wasesheißt,vom
Präsidenten hervorgehobenzuwer-
den: „Toni“ leiste „hervorragende Ar-
beit“,sagteer.AlsTrumpkurzdanach
darauf angesprochen wurde, dasser
sichnicht anFaucisRat halte, sichin
Quarantäne zu begeben und testenzu
lassen, obwohl er dochKontakt zu ei-
ner infiziertenPerson hatte, fügteer
hinzu: Er glaube,man solle auf seinen
Arzt hören,und derhabe ihmgesagt,
ein Test sei nicht nötig.Fauci verzog
trotzdieser Brüskierungkeine Miene.
Es warnicht das ersteMal, das sDiffe-
renzen zwischendem Präsidenten
und seinemBerater in der Öffentlich-
keit er kennbar wurden. Letztlichließ
sichTrump dochtesten. Er gebnis: ne-
gativ.Das Endeeiner Posse.
Fauciis tdasGesichtdesamerikani-
schen Krisenmanagements. Zwar lei-
teternicht die Sondereinheit,die un-
terdem VorsitzvonVizepräsident
MikePence täglichzusammenkommt
und vonder Diplomatin Deborah
Birxkoordiniertwird. Wenn es um
die Sachegeht, wenden sichaber alle
an den Mann, der schon sechs Präsi-
denten beraten hat–angefangen mit
Ronald Reagan zu Beginn der Aids-
Epidemie.Wenn Fauci nichtgerade
an den Sitzungen des Krisenstabs teil-
nimmt,ist er entweder in einerKon-
gressanhörungoderineinemFernseh-
studio. Trifft der freundlicheMann
mit der rauenStimmevordem West-
flügel desWeißen Hauses auf Journa-
listen, nimmt er sichimmerZeit für
ein kurzes Gespräch.
Trotzinhaltlicher Differenzen mit
dem Präsidenten, isterjedochnicht
bereit, über die Stöckchen zu sprin-
gen, die ihm die Medienvertrete rhin-
halten.Fauci möchte sichnicht gegen
Trumpausspielen lassen. Er möchte
die Krise bewältigen. Seine Haupt-
botschaftlautet:„Strecktdie Kurve!“
Die Ausbreitungdes Virus, die eine
solche Kurvenachzeichnet, könne
nicht gestopptwerden. Siemüsseaber
verlangsamtwerden, damit das Ge-
sundheitssystem dieZahl der Infizier-
tenbewältigen und Risikopatienten
besser betreuenkönne.
An seinem eigentlichen Arbeits-
platzistder79JahrealteImmunologe
derzeitso gutwie nie .Seit 1968arbei-
teteramNationalen Gesundheits-
institut (NIH) in Bethesda außerhalb
vonWashington. Dortleitet er seit
Jahrzehnten das Institut für Allergie-
und Infektionserkrankungen. Einen
Namen gemacht hat er sichvor allem
in der Aids-Bekämpfung. Dem Sohn
italoamerikanischer Elternaus New
York,der in CornellMedizinstudier-
te,wurde dasFach in dieWiegege-
legt.DerVaterhatteeine Apotheke in
Brooklyn, in der dieganze Familie
mithalf. AuchSohnToni packtefrüh
mit an. MAJID SATTAR

Patrouillen in Idlib


VonRainer Hermann

In den mitrussischerUnterstützungge-
schaf fenen „Volksrepubliken“ Donezk
und Luhansk in der Ostukrainewerden
Häftlingesystematischgefoltertundmiss-
handelt.Das hat ein Bericht des UN-
Hochkommissarsfür Menschenrechte
(OHCHR)ergeben,dervorig eWoche vor-
gestellt wurde. Demnachkonnten
OHCHR-Mitarbeiter 56der 76 Männer
undFrauen befragen, die EndeDezember
im Zuge einesAustauschsvonGefange-
nen mit Kiewaus den„Volksrepubliken“
freikamen.Verhaftete hätten meistkeine
Möglichkeit, Angehörigeoder gareinen
Anwaltüber ihrenVerbleibzubenachrich-
tigen. Daherliefen die Festnahmen –
durch maskierte Uniformierte und ohne
AngabevonGründen–oft auf ein„Ver-
schwindenlassen“derPersonenfürlänge-
re Zeit hinaus.
Etwa80P rozent der ehemaligen Häft-
lingegaben an,geschlagen worden zu
sein, etwa 60 Prozent berichteten über
FoltermitelektrischemStrom.JederDrit-
te berichtete, ihm sei damitgedroht wor-
den, dassseinen Angehörigenetwaszu-
stoßenodersievergewaltig twerden könn-
ten. Je weils etwa 30 Prozent wurdenge-
würgt,verschiedenenFormen sexueller
Gewalt ausgesetzt oder mit demTode be-
droht,etwa durch Scheinhinrichtungen.
Manche derFreigelassenen zeigten den
UN-Mitarbeiternkörperliche Spuren und
sagten, sie seienwährend derFolter vor
Schmerzmehrfach bewusstlosgeworden.
In einem Anhang zum Berichtwerden
weiter ePraktiken wie dasAusreißenvon
Fingernägeln und dertagelangeEntzug
vonNahrung undWasser geschildert.

Das OHCHR-Dokument bestätigt, was
einigeder im DezemberFreigelassenen
bereits in ukrainischenMedien berichtet
hatten. Einwichtiger Ortdes Geschehens
istdemnachein stillgelegter Betrieb an
der Switloho-Schljachu-Straße in Do-
nezk,indem Isoliermaterial hergestellt
wurde. 2010 entstand auf dem Gelände
eine international beachtetePlattform
fürKunstprojekte(„Izolyatsia.org“).
besetzten russische und prorussische

Kämpferdas Werksgelände. Es wurde zu
einem Munitions-,Waren- undTrainings-
lagerderKämpfermitangegliedertemGe-
fängnis. Ein freigetauschter Häftling sag-
te dem KiewerPortal„UkrainskaPrav-
da“, dortgebe es mindestens achtZellen,
vondenen jede bis zu 20 Menschenfas-
senkönne.Einandererberichte teüber ei-
nen Verhörraum: „Man wurde mit Klebe-
band und Folie an einem besonderen
Tischbefestigt.Sie haben Drähteanden
Zehen oderFingern, an denFersen oder
Ohrläppchen angebracht.Amschlimms-
tenwares, wenn sieamAfteroderamGe-
schlechtsteil befestigt wurden oder bei
Frauen an den Brüsten.“ Dann wurde der
Stromeingeschaltet.„Dashaltendie Men-
schen oftnicht aus undverlieren das Be-
wusstsein.Und alle erzählen sehr schnell,

wassie getanhaben,undsagenDinge, die
sie niegetanhaben, nur damit dieser
Schreckenaufhört.“
DieAutorindes„Pr avda“-Berichts,Tet-
jana Katrytschenko, sagte, dieFälle von
Folterungen hätten seit 2016 zugenom-
men und sollten hauptsächlich„Bekennt-
nisse“ zur Spionagezugunstender Ukrai-
ne erzwingen; sie kenne jedochunter den
76Freigela ssenennureinenFalltatsächli-
cher geheimdienstlicher Zusammenar-
beit.Der bekannteste Freigetauschteist
der30JahrealteJournalis tStanisla wAse-
jew. Er hattenachder Machtergreifung
durch die Kämpferunter Pseudonymwei-
teraus seinerHeim atregion in der Ost-
ukraine berichtet,war jedoch 2017 ent-
tarntundfestgenommenworden.Auch er
wardie meiste Zeit im „Izolyatsia“-Ge-
fängnis inhaftiert. Asejewgelang es, ei-
nen Teil seinerNotizen aus dem Gefäng-
nis hinauszuschmuggeln. Besonders
schlimm sei derFall eines Bergarbeiters
gewesen, der zusammen mit seinem Sohn
aufdemFoltertis ch mit Stromstößentrak-
tiertwurde. Als der Sohn dabei unfreiwil-
lig urinierthabe, hätten die Gefängnis-
wärter zumVatergesagt:„Schauen Sie
sichIhrenSohn an!Erpinkelt wieeinjun-
gerHund!“ Nichts habe ihn, so derVater
später ,tiefer verwundetals dies. Er habe
nachdieser Szene einen Selbstmordver-
suchunternommen und eineKopfverlet-
zung davongetragen.
Asejewwurde nacheigenerAussage
„ziemlichlange“ gefoltert, auchmit
Strom. „Wenn man mit sichselbstehrlich
ist, mussman zugeben: Selbstmordist
dorteine ziemlichvernünftigeIdee.“ Am

Ende habe er „diePapiere unterschrie-
ben, die sie unterschrieben habenwoll-
ten“. Dann schaltetesichder russische
StaatssenderRossija24 ein: Er schickte
ein Fernsehteam nachDonezk.Es inter-
viewt eAsejew, der bereitwar, eine Zu-
sammenarbeit mit dem Nach richten-
dienstder Ukraine zu „gestehen“. Der
Häftling wurde blass,kurz geschoren und
nervösins einer Zelle und in einer öffent-
lichen Bibliothekgezeigt.
Schonim OHCHR-BerichtvomNovem-
ber 2019warendie AutorenHinweisen
auf Folter nachgegangen. Sie äußerten
sich„besorgt“ überFälle vonPersonen,
dieausDonezkundLuhanskandenrussi-
schen Geheimdienst FSB übergeben wur-
den. Einervonihnen,2016inderLuhans-
ker„Volksrepublik“festgenommen, wur-
dedemnachanderGrenzedemFSB über-
geben und imrussischen Morosowskmit
Stromstößen traktiert, mehrfach bis zur
Bewusstlosigkeit.2017 wurde erwegen
„VorbereitungeinesTerrorangriffs“verur-
teilt und in ein Gefängnis im sibirischen
Irkutskgebracht .ImSeptember2019wur-
de er in die Ukraine entlassen.
Folter und Misshandlungen haben laut
OHCHR auchvon den ukrainischen Be-
hörden Festgenommene beklagt.Der
OHCHRkonntesie schon in ihrerZeit in
ukrainischen Gefängnissen befragen, da
er dortlaut Bericht „ungehindertenZu-
gang“genießt.Erm acht vorallemdenGe-
heimdienstSBU für die Praktikenverant-
wortlich.AllerdingsseienFolterundMiss-
handlungen in den Jahren 2018 und 2019
„erheblichzurückgegangen“. Dagegen
hätten DNR und LNR die Arbeit des
OHCHR seit 2018 erheblicherschwert.

DasgroßeEinfallstor


AnthonyFAUCI FotoAFP

Allesgestehen,damitderSchreckenaufhört


EinUN-Berichtüber systematischeFolter durch SeparatisteninderOstukraine / VonGerhardGnauck, Warschau


Trumps


Krisenmanager


Die ir reguläreMigration is tfür die


EU und dieTürkei das größteProblem.


VonRainer Hermann, Istanbul


Vier Fünftelder früheren
Häftlingeaus Donezk und
Luhanskberichtenvon
Misshandlungen.

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