Frankfurter Allgemeine Zeitung - 04.03.2020

(Darren Dugan) #1

VieleGrünenpolitiker heuern


bei Unternehmen und


Verbänden an. Das freut sogar


die Bundespartei.


Politik,Seite


Biedermeier mitWiderhaken:


Emma, JaneAustens


aufmüpfigeRomanheldin,


darfjetzt richtig ironischsein.


Feuilleton, Seite


In Deutschlandfehlen nicht nur


Lehrer.Rund 1000Stellenvon


Direktoren sind nicht besetzt,


vorallem an Grundschulen.


Wirtschaft, Seite 17


Die DFLver gibt die Medien-


rechte für vier Spielzeitenvon


der Saison 2021/22 an–und


wirdRekordzahlen erzielen.


Sport, Seite


Warumwerdengefährliche


Erregerwie das Coronavirus


vonFledermäusen übertragen?


Es istdas Immunsystem.


Natur undWissenschaft, SeiteN


Nanett eSnoep und Hermann


Parzinger über dieZukunftder


ethnologischen Museen und des


Humboldt-Forums.


Feuilleton, Seite
bub./elo./tens./Her.BERLIN/KASTANIES/
ANKARA.Bundesinnenminister Horst
Seehofer (CSU) hat sichdafür ausgespro-
chen, Flüchtlinge,die illegal bis an die
deutsche Grenzevorgedrungen sind, zu-
rückzuweisen.Wenn die EU-Außengren-
ze ni chthalte,müsse dieBinnengrenzege-
schütztwerden, sagteSeehofer nachTeil-
nehmerangaben in derUnionsfraktionssit-
zung am Dienstagund bekam dafür breite
Unterstützung. Bundeskanzlerin Angela
Merkeläußerte sichnicht zu diesem
Punkt, widersprachaber auchnicht .Sie be-
fürworteteinder Sitzung nachInformatio-
nen dieser Zeitung eine „Wiederbele-
bung“ des EU-Türkei-Abk ommens und äu-
ßerteVerständnis für die türkischeForde-
rung nachDirektzahlungen an dieTürkei.
Einigkeit in derFraktion herrschte dar-


über,dassDeutschland nicht anbietendür-
fe,Kontingenteaufzunehmen, wasdie
Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock
ins Spielgebracht hatte.
Der griechische MinisterpräsidentKy-
riakos Mitsotakis und EU-Kommissions-
präsidentin Ursula vonder Leyenbe-
schworen derweil bei einemgemeinsa-
menAuftritt in demgriechischen Grenz-
ortKastanies Einigkeit.„Diejenigen, die
versuchen, Europas Einheit auf die Probe
zu stellen, werden enttäuschtwerden“,
sagtevon derLeyen.Sie kündigtezusätzli-
ches Personal und Gerät für den Einsatz
der EU-Grenzschutzmission Frontex in
Griechenland an.Zudemwerdedie EU
Athen 700 Millionen Eurofür den Grenz-
schutz zurVerfügungstellen. Mitsotakis,
dessenRegierung das Asylrecht ausge-

setzt hat, sagte, esgehe längstnicht mehr
um Flüchtlinge, sondernumeinen offen-
kundigen Versuch Ankaras, Menschen
zur Durchsetzung geopolitischer Ziele
auszunutzen. „Europa wirdsichnicht er-
pressen lassen.“
Der türkische PräsidentRecepTayyip
Erdoganwarf der griechischen Grenzpoli-
zei vor, sie habe am Montag zwei Migran-
tenwährend einesVersuchsgetöte t, nach
Griechenlandzugelangen.Athen sprach
von„Fake News“. Erdogan begründete
mit diesemVorfall seineWeigerung, an ei-
nem Gipfeltreffenmit Mitsotakis und
dem bulgarischenRegierungschef Bojko
Borissowteilzunehmen. Sei die EU nicht
zu einergerechte nLastenteilung bereit,
blieben die Grenzen nachWestengeöff-
net. (Siehe Seiten2und 3.)

D


ie fürkommendeWochege-
planteLeipziger Buchmesse
istabgesagtworden, natür-
lichwegen des Coronavirus. Das Ge-
sundheitsamtder Stadt sah keine
Möglichkeit, dievonden zuständigen
Bundesministerien für Großveranstal-
tungen empfohlene schriftliche Doku-
mentation der Gesundheitsrisiken an-
gesichts dergroßen erwarteten Besu-
cherzahl durchzuführen. Der Ausfall
dieserVeranstaltung istdie bislang
gravierendsteorganisatorischeFolge
der Krankheit in Deutschland, denn
außer dervonähnlichvielen Men-
schen besuchten FrankfurterBuch-
messe im Herbstgibt eskein einzel-
nes Kulturereignis hierzulande, das
so viele Gäste anzieht. Fürdie Absatz-
zahlen des Buchhandels dürfteder
Ausfall freilichbelanglos sein; Leip-
zig isteher Gesprächs- als Handels-
messe.
Auch das dieVeranstaltung beglei-
tende Programm „Leipzig liest“ mit
seinenTausendenvonLesungen in
der ganzenStadt istgestrichenwor-
den. Natürlichhängt das mit der
Absageder Buchmesse zusammen:
Ohne siekämen die meistenAutoren

garnicht nachLeipzig. Dochauch
der Reigen der Leseverans taltungen
istjedes Jahr vonnahezu 100 000
Menschen besuchtworden. Diese zu-
sätzlicheAbsagemacht dieveränd er-
te Einschätzung der Situation erst
richtig deutlich. Dass ein Messegelän-
de mitvollen Hallen dieVerbreitung
vonViren besondersbegünstigt, ist
einsichtig.Aber bislang herrschte die
Meinungvor, dasskleinereKulturver-
anstaltungen durchgeführtwerden
könnten,weil das Ansteckungsrisiko
gering wäre.Das wagt angesichts der
nachwie vorungenügend bekannten
Ausbreitungswegedes Virusnie-
mand mehr zu behaupten.Absagen
auchsolcherVerans taltungenwerden
alsowohl zunehmen,und wie es um
das alltägliche Miteinander in Beruf
und Privatleben bestellt sein wird, ist
nochnicht absehbar.Leipzig istwo-
möglicherstder Anfang.
Ungeacht et mancherPanikmache
istdie Leipziger Entscheidungrichtig.
Gesundheitgeht vor; Gewissheit, wie
sie zu bewahrenwäre,besteht derzeit
nun einmal nicht.Eine Absageist da
der sichersteWeg; darin immerhin
sind sich dieFachleute einig.

Briefeandie Herausgeber,Seite


Woherkommen die


Museumsschätze?


Leipziger Buchmesse abgesagt –Aus Sorge vorder weiteren
Verbreitung des Coronavirus istgestern die fürkommende
WochegeplanteLeipziger Buchmesse abgesagtworden.
Nocham Wochenendewarendie Ausrichter optimistisch,
dann wurde ein Krankheitsfall in Sachsen bekannt.Minister-

präsident Michael Kretschmer unterstützte dieAbsagedurch
Stadt und Messegesellschaft: Es gelte, „konsequent, präven-
tiv undverantwortungsbewusst zu handeln“. Die Leipziger
Buchmesse zähltregelmäßig knapp 300 000 Besucher,ein
Drittel davonManga-Leser,oftmals inVerkleidung. Fotodpa

Kein Durchkommenmehr


mwe. BERLIN.Eine ÄußerungvonLin-
ken-Parteichef Bernd Riexinger hat bei
derUnion Empörungausgelöst. CDU-Ge-
neralsekretär Paul Ziemiak nanntesie
„unfassbar“, sein CSU-PendantMarkus
Blume bezeichnete einenRücktritt als
„unausweichlich“.Aufeiner Konferenz
der Linken amWochenende hatteeine
Rednerin zur Energiewende nacheiner
Revolutiongesagt: „Und auchwenn wir
das eine Prozent derReichen erschossen
haben, istesimmer nochso, dasswir hei-
zen wollen.“ Riexinger entgegnete:„Wir
erschießen sie nicht, wir setzen sie schon
für nützliche Arbeit ein.“ (Siehe Seite5.)

Unionempörtüber


Äußerung Riexingers


ikop.FRANKFURT. Die deutscheAuto-
mobilindustriehat sichentschieden:Vom
kommenden Jahr an soll die Internationa-
le Automobil-Ausstellung (IAA) in Mün-
chen stattfinden. Dasteilteder veranstal-
tende Branchenverbandder Automobilin-
dustrie (VDA) am Dienstagabend mit.
„München hat sichdamitgegenüber Ber-
lin und Hamburgdurchgesetzt“, sagtedie
neueVerbandspräsidentin Hildegar dMül-
ler.Essei ein sehr engesRennengewe-
sen. In den nächstenWochenwolle man
zu einemVertragsabschlussmit der baye-
rischen Landeshauptstadt kommen, hieß
es weiter. (SieheWirtschaft, Seite15.)

Münchenveranstaltet


2021 dieAutomesseIAA


F.A.Z. FRANKFURT. Im amerikani-
schen Bundesstaat Tennessee sind bei ei-
nem Tornado mindestens 22Personen
ums Lebengeko mmen. Das berichtetedie
Nachrichtenagentur APamDiens tagunter
Verweis auf die Behörden. Dutzende Ge-
bäude in derStadt Nashville und angren-
zenden Gebietenstürzten demnach ein,
die Stromversorgungvon Zehntausenden
Menschenwarunterbrochen.AuchStra-
ßen und Brückenwurden nach Angaben
des Katastrophenschutzes beschädigt.Für
den Bundesstaat wurde derNotstand aus-
gerufen. DerSturmwar in derNacht über
diebetroffenenGebietehinweggezogen.

Tote nachTorna do


in Tennessee


F.A.Z. FRANKFURT. Der amerikani-
sche Präsident DonaldTrumphat wenige
Tage nachder Unterzeichnung einesAb-
kommens mit den afghanischenTaliban
mit dempolitischen Chef der Islamistente-
lefoniert. Er habe ein „sehr gutes Ge-
spräch mit dem Taliban-Anführer ge-
führt“, sagteTrump am Dienstag inWa-
shington. Er fügte hinzu:„Wir wollen kei-
ne Gewalt.“ EinTaliban-Sprecher bestätig-
te das Telefonat zwischenTrumpund dem
Leiter des politischen Flügels der Aufstän-
dischen,Abdul Ghani Baradar.Amerika
hatteseit 2001 in Afghanistangegen die
Taliban Krieggeführt. (Siehe Seite8.)


boe./kbb./wvp./mas. PEKING/FRANK-
FURT. Wegender Ausbreitung des neuarti-
genCoronavirus beschlagnahmt der fran-
zösische Staat alle Schutzmasken. Das hat
Präsident Emmanuel Macron am Diens-
tag aufTwitter angekündigt.Die Masken
sollen an das Gesundheitspersonal und
mit demVirusinfizierte Franzosenver-
teilt werden. In Deutschlandwollteder
Krisenstab der Bundesregierung am
Dienstagnachmittag zusammenkommen.
Ein Thema solltedie Beschaffungvon
Schutzausrüstung sein. Bundesgesund-
heitsministerJens Spahn (CDU) hattebe-
reits gesagt, dasserSchutzmasken imNot-
fall beschlagnahmen lassenwolle.
Ärzt evertr eter warntendavor,dassih-
nen bald die Schutzkleidung ausgeht.
„Der Grundbestand, über den die nieder-

gelassenenKollegen in ihren Praxenverfü-
gen, wirdbundesweit nicht ausreichen,
wenn dieZahl derVerdachtsfällesteigen
wird“, sagteder Chef derKassenärztli-
chen Bundesvereinigung, Andreas Gas-
sen. InNordrhein-Westfalen habenmehre-
re Ärzt eauf mangelndeAusstattung in
den Praxen hingewiesen. Haus- und Kin-
derärztesollen „ungeschützt an dieFront
geschicktwerden“, heißt es in einer Mittei-
lung der Mediziner ausWitten.
In fast allen Bundesländerngibt es in-
zwischen nachgewiesene Infektionen mit
dem neuartigen Coronavirus. Gut die Hälf-
te der vomRobert-Koch-Institut (RKI) bis
Dienstag erfassten196 Infektionen wurde
in Nordrhein-Westfalen gemeldet. „Mit
weiteren Fällen, Infektionskettenund
auchAusbrüchen in Deutschland mussge-

rech netwerden“,teiltedas RKI mit. Dane-
ben sind derzeit Bayern und Baden-Würt-
tembergstärkerbetroffen. DasAuswärti-
ge AmtverschärfteamDienstagdie Reise-
hinweise für China.Reisende, auf deren
Flug einVerdachtsfallfestgestellt wird,
müssen damit rechnen, nachder Einreise
in einem Quarantänezentrum unterge-
bracht zuwerden. InWuhan starb derweil
ein 57 Jahrealter Augenarzt an denFol-
geneiner Corona-Infektion.
Mit HochdruckarbeitenRegierungen
und Notenbanken daran, die wirtschaftli-
chen Folgen der Epidemie zu dämpfen.
Die amerikanischeNotenbankFederalRe-
serve hat sichdazu entschlossen, den Leit-
zins um einen halben Prozentpunktzusen-
ken. (Siehe Seiten6und 7sowie Wirt-
schaft, Seiten 15, 16 und 18.)

Seehofer für Zurückweisungen


an der deutschenGrenze


„Falls EU-Außengrenze nicht hält“/Von der Leyensagt Athen Unterstützung zu


tja. MAINZ.Die katholischen Bi-
schöfeDeutschlandshaben einen ent-
schiedenen Befürworter vonRefor-
men in derkatholischen Kirchean
die Spitze der Deutschen Bischofs-
konferenz (DBK)gewählt.Die annä-
hernd siebzigstimmberechtigten Mit-
glieder der Frühjahrsvollversamm-
lungwählten am DienstaginMainz
den LimburgerBischof GeorgBät-
zingmit einfacher Mehrheit zum neu-
en DBK-Vorsitzenden. Bätzingfolgt
auf den MünchnerErzbischof Rein-
hardKardinal Marx, dervordreiWo-
chen überraschend angekündigt hat-
te,nicht für eine zweiteAmtszeitzur
Verfügung zustehen. Bätzing, der
seit 2016 Bischofvon Limburgist,
sagtenachseinerWahl, es bestehe
Veränderungsbedarfinder Kirche.
Er bekannte sichnachdrücklichzum
„SynodalenWeg“. Dieser Dialogpro-
zessder Bischöfeund desZentralko-
mitees der deutschen Katholiken
über die Machtverteilung in der Kir-
che, dieRolle derFrau, den Zölibat
und eineunabhängigekirchlicheVer-
waltungsgerichtsbarkeit hatteimDe-
zember begonnenund soll zwei Jah-
re dauern. „Ichbin sehr überzeugtda-
von, dassdas eine Artdes Einübens
einesneuenMiteinandersvon Laien
und Bischöfen ist“, sagte Bätzing.
(Siehe Seiten2und 8.)


E


uropa wirdesniemals zulas-
sen, erpresst zu werden.“ So
hat es dieseWocheder für Mi-
gration zuständigeVizepräsident der
EU-Kommission Margaritis Schinas
formuliert. Der Satz bringt die Hal-
tung aller EU-Spitzenpolitiker auf
den Punkt.Sie wollen nicht zulassen,
dassder türkische Präsident darüber
entscheidet, wie viele undwelche Mi-
granten in die Europäische Union
kommen. Deshalbhaben sichalle Ak-
teurevon Gewicht hinter die grie-
chische Entscheidunggestellt, einen
unkontrolliertenZustrom mit allen
zulässigen Mitteln zu verhindern–
auchwenn das mit Bilderneinher-
geht, die man bisher nurvonder unga-
rischen Grenzekannte. Die drei Präsi-
dentenvon Kommission,Ratund Par-
lament unterstrichen das am Diens-
tagmit ihrem Besucham(geschlosse-
nen) Grenzübergang vonKastanies.
Diese Linie wirdpraktischunter-
mauertdurch den anlaufendenNot-
falleinsatzvonEU-Grenzschützern.
Athen hat schnelle Eingreifteams an-
gefordert. Frontex baut eine eigene
Einsatzreserve allerdingsgerade erst
auf, nochist die Behördekomplett
auf die Mitgliedstaaten angewiesen.
Die müssen jetzt beweisen, dasssie
es ernstmeinen mit dem Schutz der
Außengrenze. In den letztenWochen
konnteman daran zweifeln. In den
Verhandlungen über den EU-Finanz-
rahmen für die nächstensieben Jahre
wurden auchdie Mittel für denAuf-
bau einer leistungsfähigen Grenz-
schutztruppe zusammengestrichen.
DaskleinkrämerischeDenkeninNet-
tozahlerpositionen dominierte.Na-
türlichfließtkein Euroindie Mit-
gliedstaaten zurück, der in den Grenz-
schutz investiertwird. Die sparen da-
für aber Milliardenbeträge,weil sie
im Schengen-Raum nicht mehrkon-
trollieren müssen. Mankann nur hof-
fen, dassdie derzeitigeKrise dasstra-
tegische Denkenförd ert.
Europas Außengrenze wirksam zu
schützen istdie Voraussetzung für al-
les andere–Europa darfsichseine
Politik nichtvonErdogan diktieren
lassen. Allerdings wirddas umso
schwerer,jelänger eine Belagerung
anhält.Und wenn dann auchnochin
der Ägäis das Wetter besser wird,
kommen neue Herausforderungen
hinzu.Weder diegriechischeKüst en-
wachenochFrontex-Beamtewerden
Boote mit Migrantenversenken. Es
führtdeshalbkein Wegdaranvorbei,
mit derTürkei einen neuen Interes-
senausgleich zufinden, um zugeord-
netenVerhältnissen zurückzukehren.
Einfachwirddas nicht.Erdogan
will, dassdie EU Mittel aus ihrem Pro-
gramm für syrische Flüchtlingedi-
rekt an seineRegierung zahlt.Das
geht schon aus Gründen des Haus-
haltsrechts nicht.Brüssel mussjeder-
zeit dievolle Kontrolle darüberbehal-
ten, wofür Steuermittel ausgegeben
werden. Allerdings hat sichdie EU
durchaus pragmatischgezeigt.Mit

den sechs Milliarden Euro, die sie der
Türkei bisher zugesagt hat,werden
auchKläranlagen, Krankenhäuser
und Schulen gebaut.Derlei Infra-
strukturprojektekommen dem türki-
schen Staat zugute. Da ließe sich
nochmehr tun.
Erdoganverlangt außerdem, dass
Europa seine Intervention in Syrien
politischund finanziell unterstützt.
Ihm schwebt eineriesige„Sicherheits-
zone“ auf der syrischen Seiteder
Grenzevor, in der bis zu zwei Millio-
nen Flüchtlingeaus derTürkei ange-
siedelt werden sollen. Diesen Plan
kann die Union nicht unterstützen,
weil er dieethnische Zusammenset-
zung derkurdischen Gebiete dauer-
haftverändernund zu einer De-facto-
Annexion dieserGebiete durch die

Türkei führen würde. Etwas anderes
wäre es, in einer deutlichkleineren
Schutzzonejene Menschen aus Idlib
zu versorgen, dievorden Kämpfen
dortgeflohen sind. Das müssteunter
der Verantwortung derVereintenNa-
tionengeschehen undvoneuropäi-
schen Truppen abgesichertwerden.
Vielleicht würde sich Erdogan ange-
sichts der schweren türkischenVerlus-
te sogar darauf einlassen. Allerdings
müssteauchRussland zustimmen.
Ob das jemalsgelingt, istschwerzu
sagen. Gleichwohlkönntedie EU An-
kar aein anderes Angebotmachen.
Die Verein barungvon2016 sahvor,
dassfür jeden irregulären Migranten,
der vonGriechenland in dieTürkei
zurückgebracht wird, die EU einenre-
gulären Migranten aus derTürkei bei
sichaufnimmt.Tatsächlichhat Grie-
chenland aber nur 2000Personen zu-
rückgeschickt,während die EU-Staa-
ten26000 besondersschutzbedürfti-
ge Flüchtlingeaus derTürkei über-
nahmen.BeideZahlen sindkein Ruh-
mesblatt angesichtsvonmindestens
vier Millionen Migranten, die derzeit
in derTürkei leben. Die Mitgliedstaa-
tenkönnten Ankaraein deutlichgrö-
ßeresKontingent zusagen. Dasgeht
auf freiwilliger Grundlage, dafür ist
kein verpflichtenderVerteilungsme-
chanismus erforderlich.
Allerdingskann man darüber erst
reden,wenn Erdogan zu einerkon-
struktiven Haltung zurückkehrt.
Letztlichliegt es nicht in seinem In-
teresse, dasVerhältnis zu Europa in
eine Dauerkrise zuverwandeln.Zu-
mal die türkischeRegierung jetztris-
kiert, dasssie dieKontrolle über die
Migranten im eigenen Landverliert.
Daswarschon einmal so: 2015. Da-
mals brauchteErdogan denPakt mit
der EU,umsichals starkerMann be-
hauptenzukönnen.

Die Seiten gewechselt


Endlichgutverfilmt


Schulleiter gesucht


Milliarden-Auktion


DieflatterndenVirusträger


Trumptelefoniert mit


Taliban-Führer


FrankreichbeschlagnahmtSchutzmasken


Material nur nochfür Ärzteund Erkrankte/KassenärzteinDeutschlandwarnen


Dochaneiner Einigung
mit derTürkei in der
Migrationsfrageführt
kein Wegvorbei.

Die EU darf sich nicht erpressen lassen


VonThomas Gutschker

Bätzing führt


Konferenz


der Bischöfe


Ist Leipzigerst der Anfang?


VonAndreas Platthaus

ZEITUNGFÜR DEUTSCHLAND


Mittwoch,4.März2020·Nr.54/10 D3 HERAUSGEGEBENVONGERALD BRAUNBERGER,WERNER D’INKA, JÜRGENKAUBE,BERTHOLDKOHLER 3,00€D295 4AF. A.Z. im Internet:faz.net


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