Frankfurter Allgemeine Zeitung - 04.03.2020

(Darren Dugan) #1
DieFreidemokratenkönnen dochnoch
gewinnen.NachdemÜbertrittvonFlori-
an Gerster,dem ehemaligen Chef der
Bundesarbeitsagentur,konnteder FDP-
Vorsitzende Christian Lindner am Diens-
tagauf einer eigens anberaumten Presse-
konferenz einenweiteren prominenten
Sozialdemokraten in seinenReihen begrü-
ßen. Multiunternehmer Harald Christ,
Mittelstandsbeauftragterder SPD, Schatz-
meisterinHamburgund Berlin, einstim
SchattenkabinettvonFrank-WalterStein-
meier als Bundeswirtschaftsministerge-
handelt,wechselt die Seiten.Nach31 Jah-
reninder SPD hat er seinParteibuchim
Dezember aus Ärgerüber den Linksruck
zurückgegeben. Jetzt, „nachlängerem
Überlegen“, wie ChristdieserZeitung sag-
te,habe er sichfür die FDP entschieden.
Er sei schließlichsein politisches Leben
langsozialliberaleingestelltgewesen,ein
Bewunderer vonHelmut Schmidt. Die
Ampelkoalition in seinem Heimatland

Rheinland-Pfalz funktionieregut.Die
Idee einerrot-rot-grünenZusammenar-
beit aber lehne erstrikt ab.
Der 48 JahrealteChrist, den Lindner
als „einen der profiliertes ten Wirtschafts-
politiker Deutschlands“vorstellte, istvom
Arbeiterkind zum Multimillionär aufge-
stiegen. Geboren inWorms, lernteerzu-
nächstbei den örtlichenStadtwerkenIn-
dustriekaufmann. ZuWohlstandgelangte
er als Vorstandschef der Hamburger
FondsgesellschaftHCI Capital, an der er
beteiligt warund die unter seinerFührung
an die Börse ging. ChristarbeiteteinFüh-
rungspositionen bei der Postbank und
Ergo, istDozent an der Hochschule Mann-
heim, heutegehörtihm neben seinemBe-
teiligungsunternehmen aucheine Kommu-
nikationsagentur mit 80 Mitarbeitern, als
Karstadt-Aufsichtsrat hat er denVerkauf
an den InvestorBenkomit vermittelt.
Nach einer üblen Diffamierungskampa-
gnehatte er schonvorJahren seine Homo-

sexualität öffentlichgemacht, engagiert
sichfür Gleichstellung. In der FDPstrebe
er kein Mandat an, auchwenn er das lang-
fristig nicht ausschließenwolle. Ihmgehe
es um programmatische Arbeit.
Vorallem bessereMöglichkeiten für ei-
nen sozialenAufstieg liegen ihm am Her-
zen. Nach demWillen Lindnerssoll Christ
vordem Bundesparteitag eine Projekt-
gruppe dazu leiten, um das„Aufstiegsver-
sprechen der Sozialen Marktwirtschaft“
zu erneuern.Fürden FDP-Chefkommt
der Wechsel zurrech ten Zeit.Lindner hat-
te schon beim DreikönigstreffeninStutt-
gart um enttäuschte SPD-Wählergewor-
ben.Um Facharbeiter, die vonihrenTarif-
abschlüssen immer weniger behalten
könnten, den Zustand der öffentlichen
Schulen beklagten und sichinder Migrati-
onspolitikRechtund Ordnung wünsch-
ten. Die Sozialdemokraten wollen das
Amt des Mittelstandsbeauftragten nicht
wieder besetzen. BERNDFREYTAG

I


mvergangenen Jahrzehnthaben
sicheinigeSpitzenmanager be-
müht,den verblassendenSterndes
finnischen Technologiekonzerns
Nokia wieder zumStra hlen zu bringen.
Gelungen isteskeinemvonihnen–ent-
weder warenWettbewerber imWegoder
sie sichselbst.Die goldenen 1990er und
2000er Jahre, alsNokia die Handywelt
dominierte,sind heutenur mehr schöne
Geschichte. UndauchimGeschäfts-
zweig, in dem sichdas Unternehmen heu-
te bewegt, dem Auf- und AusbauvonMo-
bilfunknetzen,hakt es. Der neue Mobil-
funkstandard 5G müsstedas Unterneh-
men eigentlichjubeln lassen, spült er der
Branche dochaus allerWelt Milliarden-
aufträgeindie Orderbücher.DochJubel
istnur vonder Konkurrenz zu hören.
Am 1. Septemberversucht sichnun ein
neuerVorstandsvorsitzenderamNokia-
Erfolg. PekkaLundmark, derzeit noch
Chefdes EnergieversorgersFortum, löst
dannden glücklosenRajeevSuriab. Der
stand seit 2014 an der Spitze undkann
auf insgesamt 25 JahreMitarbeitverwei-
sen. In seine Amtszeit fallen wichtige
Entscheidungenwie dieÜbernahme des
französischen Konkurrenten Alcatel-Lu-
cent.Eine idealeKombination, jubelten
damals Beobachter.Heuteist zu konsta-
tieren: Der Deal bremste Nokia im
5G-Rennen eher aus. Undsorgt eam
Endedafür,dassSuriimvergangenen
Jahrseine Geschäftsprognosen revidie-
renund die Dividende zum Entsetzen
der Anlegerstreichenmusste: 23 Prozent
verlor die Aktie an einem einzigenTag
an Wert.
Aufden neuenVorstandsvorsitzenden
wartet also alles andereals eine einfache
Aufgabe. Zumindestist ihmdas Unter-
nehmen nicht völlig unbekannt.Von
1990bis 2000warder heute 57 Jahrealte

ManagerinmehrerenPositionen imNo-
kia-Konzerntätig,verantwortlichunter
anderemfür dieStrategieentwicklung in
der Netzwerk-Sparte.Heute trifft er auf
ein völliganderesUnternehmen–und
dochsind die Verantwortlichen über-
zeugt, mit ihm dierichtigeWahl getrof-
fenzuhaben. Als Chefvon Fortum habe
er durchwegstabile Renditen für die Ak-

tionäregelie fert und dasUnternehmen
als starkenSpielerineiner Branche im
Umbruc hpositioniert,lobt Nokias Auf-
sichtsratschef Risto Siilasmaa.
DassesLundmarkzumindestnicht an
Durchsetzungsstärkemangelt, demons-
trier te er nachhaltig in Deutschland.Vor
geraumerZeit flog derFinne in Düssel-
dorfein, dieStadt vonUniper,dem Ener-

gieversorger, denLundmarkmit seinem
Fortum-Konzern übernimmt.Ineiner ei-
lig einberufenen Konferenz Anfang Okto-
bersaß der Spitzenmanagermit zweiKol-
legen auf der einen Seite eines besonders
langen Tisches, ihmgegenüberwaren die
Kameras derFernsehjournalisten aufge-
baut. An der viel zu wuchtigenTafelwirk-
tendie dreiFiguren auf den ersten Blick
seltsamverloren–bis Lundmarkzurefe-
rieren begann.
Wieein Familienoberhauptnahm er
denRaum ein,ein Mensch, der die ande-
rengnädig zur Audienz einlädt.Andie-
sem Tag, als derfinnischeVersorgerange-
kündigt hatte, für 2,3 Milliarden Euro
20,5 ProzentanUniper zukaufen und da-
mit seinen Anteil auf mehr als 70 Prozent
aufzustocken, wirkteLundmarkwie ei-
ner,der die Spielregeln allein bestimmt.
„WirladenUniperzueinergemeinsamen
Strategie ein“, sagteder Manager und füg-
te gleichhinzu, dassder Aufsichtsrats-
chef aberwohl seinen Posten räumen
müsse. Die Botschaftwar klar:Nachei-
nem zähen Ringen, in dem sichUniper
langegewehrthatte, sind dieFinnen die
Sieger.
Kein Wunder,dassdie Ankündigung
vonLundmarks Wechsel zuNokia ausge-
rechnetamvergangenen Montagkam.
An justdiesem Montagkamauchdie Be-
stätigungfür dieUniper-Übernahme aus
Russland. DerFortum-Chefwolltekein
angefangenes Projekthin terlassen–und
eineAuflageder russischenAufsichtsbe-
hörde hatteFortum bislang abgehalten,
die Beteiligung über die Schwellevon
Prozent aufzustocken. Dabei ging es um
eine Trinkwasseraufbereitungsanlage,
die als strategischwichtig angesehen
wird.
DochLundmark, der mit seiner nordi-
schenKühle mit Sicherheit ein unange-
nehmerVerhandlungspartner seinkann,
hatteschon imvergangenen Oktoberein
AssimÄrmel. Er hättedie Transaktion
nicht angekündigt,wenn er sich nicht si-
cher gewesen wäre,die Differenzen zu lö-
sen, sagteerdamals.Tatsächlichhatte
sichLundmarkamRande einesWirt-
schaftskongresses in Sankt Petersburg
schon mitRusslandsstarkem Mann Wla-
dimir Putin dazuausgetaus cht. FürNokia
braucht der neue Chef mindestens ähnli-
cheQualitäten. Der 5G-Ausbauist schon
wegender Querelen um den chinesi-
schenKonkurrenten Huaweieine hoch-
politische Angelegenheit.
JONASJANSEN
THIEMOHEEG

MENSCHENUND WIRTSCHAFT


DievonFrankreich-Touris tenstark be-
suchteKaufhauskette Printempshat ih-
renlangjährigen Chefverloren.Nach 13
Jahren im Amtverlässt der ItalienerPao-
lo de Cesare das Unternehmen,das über
eineFondsgesellschaftinLuxemburgIn-
vestoren im Emirat Qatargehört. In einer
Erklärung desAufsichtsrates wirddeCe-
sarerechtkühl verabschiedet. Vordem
Hintergrund der Schwierigkeiten im Ein-
zelhandel in denvergangenen Jahren sei
es Zeit für „eine Erneuerung derFüh-
rung“, schreibt das Gremium. EinNach-
folger werdegesucht.InCesaresUmfeld
heißt es, der Italiener habe zuletzt immer
weniger Entscheidungsfreiheit gehabt.
VorwenigenTagenwurde ein anderer Ita-
liener–MauroGrimaldi, der ehemalige
Chef der italienischenLuxusmarke Pucci
–zum Generaldirektor für die internatio-
nale Entwicklung ernannt. Die Expansi-
on insAusland isteines der wichtigsten
Ziele der Eigner.Zudem soll das Geschäft
im Internetausgebautwerden.
Zu der 1865gegründetenKaufhausket-
te,die vorallem durch ihr Flaggschiffam
Pariser Boulevard Haussmann bekannt
geworden ist,gehören 19Kaufhäuserin
Frankreich. Mit 3000 Mitarbeiternerzielt
das Unternehmenauf einer Flächevon
180 000 Quadratmetern einen Jahresum-
satzvon1,7 Milliarden Euro. Gut eine
Milliarde Euroentfallen davonallein auf
das historische Haupthaus am Boulevard
Haussmann. De Cesarehat das Sortiment

starkauf Luxus ausgeweitet.Der Umsatz
stieg in seiner Amtszeit nachseinen Anga-
ben um 50 Prozent und der Gewinn um
60 Prozent. Doch dieausbleibenden Besu-
cher infolgeder Terroranschläge, der Pro-
testeder Gelbwesten, derRentenstreiks
und nun des Coronaviruswarenund sind
eine Belastung.
Auch die internationale Expansion hat
er in dieWege geleitet.Sosollen imkom-
menden Jahr jeweils einKaufhausvon
Printemps in Doha und eines in Mailand
eröffnetwerden. „Nein, ichbedaure
nichts“, schrieb de Cesareineinem Brief
an die Belegschaft. chs.

Der Generikahersteller Stada be-
kommt einen neuen Managervonder
Konkurrenz: Ab Mittedes Jahres soll
nachAngaben des BadVilbelerUn-
ternehmensStephan Eder dasTeam
verstärken undkünftig fürRussland
zuständig sein, den zweitgrößten
Markt desUnternehmens. Ederwar
zuletzt als Deutschland-Cheffür San-
doz tätig,die Generika-Tochtergesell-
schaft des Schweizer Pharmakon-
zernsNovartis. „Mit dem Erwerb des
russischen Portfolios vonTakeda
wirdStada zurNummer eins imrussi-
schenOTC-Markt und zum zweit-
größten Arbeitgeber in der pharma-
zeutischen Industrie“, sagteStada-
VorstandschefPeterGoldschmidt.
Im vergangenenNovember hatte
Stada angekündigt, fürrund 660 Mil-
lionen Dollaretwa 20 rezeptfreie Mit-
tel(OTC)des japanischen Pharma-
konzernsTakeda inRussland zu über-
nehmen. Neuzugang Eder stammt
aus Österreich. Er hatteseineKarrie-
re bei der Unternehmensberatung
McKinseybegonnen. Ederwaran-
schließendFinanzvorstand in einem
Pharma-Start-up, bevorerimJahr
2007 zu Sandozwechselte und dort
verschiedenePositionen innehatte.
ikop.

Ströerstartetstark


DerKölnerWerbekonzernStröerhat
im vergangenen Jahr einRekordergeb-
niserzielt.Der Umsatz wuchs um6Pro-
zent auf 1,6 Milliarden Euro. Ebenso
starklegteder bereinigteoperativeGe-
winn (Ebitda) zu, dieser auf 570 Millio-
nen Euro. Die zunehmende Digitalisie-
rung derAußenwerbungstimmteden
Vorstand zuversichtlich.„Wir er warten
für das Gesamtjahr2020 eine positive
Umsatz- und Ergebnisentwicklung im
mittleren einstelligen Prozentbereich
und freuen uns über einenstarkenStart
in das neue Geschäftsjahr“, sagteCo-
Chef Christian Schmalzl. Reuters


Deutz schrumpft


Der Motorenhersteller Deutzwarnt sei-
ne Investoren für das laufende Jahrvor
einer rückläufigen Geschäftsentwick-
lung. ImVergleichzum abgelaufenen
Jahr dürfteder Umsatz um einen niedri-
genzweistelligen Prozentbetrag zurück-
gehen, hieß esvondem im S-Daxnotier-
tenKonzern. Die Ebit-Renditewerde
voraussichtlichimmittleren zweistelli-
genProzentbereichschrumpfen. Die
Schwäche rührevon einemRückgang
in wichtigenAbnehmerbranchen her,
teilteDeutz mit.Das neuartigeCorona-
virus sorge für zusätzlicheVerunsiche-
rung. Im abgelaufenen Jahr erwirtschaf-
tete Deutz einenUmsatz von1,84 Milli-
arden Eurobei einer Ebit-Renditevor
Sondereffektenvon4,3 Prozent.Mit
Blickauf die Mittelfristziele sieht
Deutz sichauf Kurs.Sosoll bis 2022 ein


Umsatzvonmehr als zwei Milliarden
Euroerzielt und die Ebit-Rendite vor
Sondereffekten auf7bis 8Prozentge-
steigertwerden. Die Aktionäreschick-
tenden Kurs des Unternehmens zuerst
auf Talfahrt, erglichseineVerluste spä-
teraber wieder aus. Reuters

Gerüchtetreiben Metro-Kurs
Die Aktien des DüsseldorferHandels-
riesen Metrosind am Dienstagnach
Übernahmespekulationen in die Höhe
geschossen. Sie gingen mit einem Plus
von19,20 Prozent aus dem Handel.
Nacheinem Bericht derNachrichten-
agenturBloombergsoll der amerikani-
sche Lebensmittellieferant Sysco einen
Vorstoßzur Übernahme des deutschen
Handelsunternehmensgestartet haben.
Die Amerikaner sähen das MDax-Un-
ternehmen als Gelegenheit, in Europa
zu wachsen, berichteteBloombergun-
terBerufung auf mit der Sachevertrau-
te Personen. Ein Metro-Sprecherwollte
die Angaben nichtkommentieren. Bei
SyscowarzunächstkeineStellungnah-
me zu erhalten. Dem Bericht zufolge
hat sichder Konzernaus Houstonin
den vergangenenWochen an Metroge-
wandt, nachdem er im vergangenen
Jahr zum ersten Mal Interessegeäußert
haben soll. Die Gespräche seien in ei-
nem frühenStadium und müssten nicht
zu einerÜbernahme führen, hieß es
weiter .Metro hatteerstjüngsteinen
Vertrag zumVerkauf der Supermarkt-
ketteReal an denFinanzinvestor SCP
unterzeichnet. Davonbetroffen sind
34 000 Beschäftigtein276 Real-Filia-
len. dpa

BernardArnaud, der reichs te Mann
Frankreichs und Europas, scheint an ei-
nemKauf desLuxushotels The Ritz in
London interessiertzusein, das dessen
Eigentümer derzeit für 800 Millionen
Pfund (etwa920 Millionen Euro) anbie-
ten. Dies berichtet die Londoner„Ti-
mes“. Laut derZeitung gibt es insge-
samt dreizehn potentielle Bieterfür das
mehr als hundertJahrealteberühmte
Hotel, die einenKauf prüfen. Dazu sol-
len neben dem 70 Jahrealten Arnaud,
dem Eigentümer desLuxusgüterkon-
zernsLVHM,auchder Fonds SidraCa-
pitalgehören, hinter dem superreiche
Familien aus Saudi-Arabienstehen.Zu-
dem sind angeblichMitglieder derKö-
nigsfamilie aus Qatar interessiert.
Das Ritz, nichtweit vomBucking-
hamPalastgelegen,ist als Luxusherber-
ge für Filmstarswie Charlie Chaplinbe-
kanntgeworden, PolitikervonChur-


chill bis MargaretThatcherwarenGäs-
te.Mit einemPreisschildvon800 Millio-
nen Pfundwäre das Hotelrechtteuer
und ein echtes Liebhaberobjekt,sagen
Immobilienfachleute. Das Ritz hat im
vergangenen Geschäftsjahr seinenUm-
satz leicht auf 47 Millionen Pfundge-
steigert, der GewinnvorSteuernsank
indes vonrund 13 auf 8Millionen
Pfund.
Eigentümer des1906 gegründeten
Hotels sind die 85 Jahrealten Zwillinge
Frederickund David Barclay, die in
Großbritannien als Besitzer derZei-
tung „DailyTelegraph“ bekannt sind.
Siehaben dasRitz 1995 füretwa75Mil-
lionen Pfundgekauftund dann viel in-
vestiert. Derzeittobt, wie berichtet,ein
Streit in der Barclay-Familie:Frederick
hat seine dreiNeffen verklagt;erbe-
schuldigt sie, ihn im Ritz illegal abge-
hörtzuhaben. ppl.

VorzweiWochengabdie UBS bekannt,
dassder langjährigeVorstandsvorsit-
zende Sergio Ermotti Ende Oktober
Platz macht für den Niederländer
Ralph Hamers, der derzeit nochdie
INGführt. Da dieserWachwechsel an
der Spitze dergrößten Schweizer Bank
offenkundig halbwegs einvernehmlich
über die Bühnegeht, wurde vielfach
spekuliert, dassesErmotti nun auf den
Verwaltungsratsvorsitz bei der UBS ab-
gesehen habenkönnte. DieserPosten
wirdimFrühjahr 2022 frei. Dann näm-
lichwill sichAxelWeber,nachzehn
Jahren im Amt des Präsidenten, aus Zü-
rich verabschieden. Dochnun istklar,
dassErmotti keine zweitegroße Runde
in Reihen der UBSvergönnt ist. Der 59
JahrealteTessinerwechselt das Genre
und heuert bei der SwissRean. Die Ak-
tionäredes zweitgrößtenRückversiche-
rers der Welt sollen Ermotti auf der
Hauptversammlungam17. April in den
Verwaltungsratwählen. Ein Jahr später
soll er dortvon Walter Kielholz den
Vorsitz übernehmen.
Der kürzlich69Jahrealt gewordene
Kielholz, einUrgestein des Schweizer
Finanzgewerbes, hat diesen Wechsel
selbstaufgegleist. Es sei eine unge-


schriebeneRegel, dassder Swiss-Re-
Präsident mitErreichen des70. Lebens-
jahrs vonseinemPosten zurücktrete,
sagteeramDienstagineinerTelefon-
konferenz. Dergebürtiger Zürcher gilt
als großer Strippenzieher.Seit 2009
führterden Verwaltungsrat der Swiss
Re.Ermotti bringezwarkeine Erfah-
rung imVersicherungsgeschäftmit, sei
aber nacheiner langenKarriereinder
Finanzwirtschaftmit Feldernvertraut,
die auchimRückversicherungsgeschäft
vonBedeutung seien. Gespräche zwi-
schen Christian Mumenthaler, demVor-
standsvorsitzenden der SwissRe, und
Ermotti hättengezeigt, dassdie Che-
mie zwischen den beiden Managern
stimme.
Finanziell lohnt sichfür Ermotti der
Positionswechsel. Kielholz strich als
Verwaltungsratspräsident zuletzt 3,
MillionenFranken ein. Das istzwar
deutlichweniger als die 12,5 Millionen
Franken, die Ermotti imvergangenen
Jahr für seine Arbeitbei der UBS be-
kam. Aber in der neuenRolle hat der
Tessiner deutlichweniger zu tun als im
Rangedes operativenVorturnersbei ei-
nem dergrößtenVermögensverwalter
der Welt. rit.

Hara ld Christwechselt zurFDP


Harald Christ FotoImago

Finne mit Durchsetzungskraft


PekkaLundmark FotoReuters

Paolo de Cesare FotoAFP

Diefamiliäre Auseinandersetzung
beim pfälzischen Bettenhersteller
Schramm Werkstätten geht in die
nächste Runde: Axel Schramm wider-
spricht der Darstellung seiner Schwes-
terSusanne, sie habe ihn entmachtet
(F.A.Z.vom3.März). Er sei nachwie
voralleiniger Geschäftsführer der
Schramm Werkstätten und der
Schramm Holding, heißt es in eineram
Dienstagverbreiteten Stellungnahme
der VerwaltungsgesellschaftSchramm
GbR als Alleineigentümerin. Esgebe
keinen gültigen Gesellschafterbe-
schluss,wonachAxelSchramm abberu-
fenworden sei.
Mitinhaberin Susanne Schramm hat-
te am Montag überraschendverkündet,
künftig die Leitung desFamilienunter-


nehmens zu übernehmen. Ihr Bruder,
der auchPräsident desVerbands der
Deutschen Möbelindustrie ist, sei als
Geschäftsführer abgesetztworden.
DieStreitigkeiten der Geschwister
werden seit Monatenvordem Landge-
richtKaiserslauternausgetragen. Im
Dezember hätten sichbeide Parteienge-
einigt, die Führungsfrageineinem
Hauptsacheverfahren zu klären und bis
dahindie Verwaltungsgesellschaft
Schrammgemeinsam zu leiten, heißt es
in dem SchreibenvomDienstag. Bis-
langgebe eskeinenrechtskräftigenAb-
schlusseines Hauptsacheverfahrens.
Das LandgerichtKaiserslauternbestä-
tigte, dassdie juristischen Auseinander-
setzungen um dieFragedes rech tmäßi-
genGeschäftsführersandauern. csc.

Messen werden reihenweise gestri-
chen, nun dringen dieFolgen des Co-
ronavirus in die ChefetagenvonKon-
zernenvor. Max Conze,Vorstandsvor-
sitzender der privatenFernsehgruppe
ProSieben Sat.1, sowieFinanzchef
Rainer Beaujean arbeiten nacheinem
bekanntgewordenenInfektionsfall im
KonzernvorsichtshalbervonzuHau-
se aus. Deswegen haben sie die für die-
sen Donnerstag geplanteJahrespres-
sekonferenz in Unterföhring abge-
sagt.Stattdessensteht derVorstand in
einerTelefonkonferenzRede und Ant-
wort,zuder sie zusammengeschaltet
werden.
Ausgelöstwurden die Maßnahmen,
nachdem sichnach Angaben desUn-
ternehmensein MitarbeiterinDüssel-
dorfmit demVirusder Lungenkrank-
heit infizierthatte. Dies wurde imUn-
ternehmen MittevergangenerWoche
bekannt. SeineKontaktpersonen und
derenKontakteinUnter föhring arbei-
tete ndeshalb seit knapp einerWoche
vorsorglichvon zu Hause aus, wie erst
jetztbekanntwurde .Der direkt betrof-
fene Kreis umfasst zehnPersonen.Ins-
gesamt arbeiten sicherheitshalber
rund 200 Menschen im Homeoffice.
Die Schutzmaßnahmen sollen noch
bis Ende dieserWoche gelten. kön.

KurzeMeldungen


BankerErmotti


wechseltd as Genre


Printemps verliertseinen Chef


Machtkampf bei Schramm


Stada stärkt


Russland


Conze bleibt


zu Hause


Arnaud am Ritzinteressiert


DerNetzwerkkonzern


Nokiabekommt im


Herbst einenneuen


Chef.InDeuts chland


istPekkaLundmarks


Verhandlungsges chick


scho nbestens bekannt.


SEITE 20·MITTWOCH,4.MÄRZ 2020·NR. 54 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

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