Frankfurter Allgemeine Zeitung - 04.03.2020

(Darren Dugan) #1
FIRMENINDEX Seite
AAP ....................................... 21
Alltours .............................. 18
Apple ........................... 18, 21
Audi ...................................... 22

Bechtel ............................... 25
Beckhoff ............................. 22
Beiersdorf ................ 19, 22
BMW ..................................... 22
Daimler ............................... 22

Debeka ............................... 18
DERTouristik ................. 18
DeutschePost ................ 18
Deutz .................................... 20
DMG Mori .......................... 22

Foxconn ............................. 18
Geely .................................... 20
Google ....................... 16, 18
Hermès ............................... 25
Kion ........................................ 19

LVHM ................................... 20
Nestlé .................................. 19
Nokia ................................... 20
OMV ....................................... 17
Printemps ......................... 20

Qiagen ........................ 21, 22
Roeckl .................................. 18
Schramm ........................... 20
Stada ..................................... 20
Ströer .................................... 20

ThermoFisher .............. 21
TUI ................................. 18, 22
Vodafone ........................... 20
Volkswagen .................... 22
Waymo ................................ 18

D


ie Forscher des Diagnostikun-
ternehmensQiagenhabengera-
de einen neuen Schnelltestauf
den Marktgebracht, der Atem-
wegserkrankungen wie das Coronavirus
binnen einerStunde erkennen soll. Er wur-
de schon amPariser Flughafengetestet
und wirdnun, nachZulassungstests,wohl
bald in mehreren Ländernausgerollt.Die
steigendeNachfragenachsolchenTests
hat dem Aktienkursdes Biotechnologieun-
ternehmens Schwunggegeben. Es istaller-
dings sehr wahrscheinlich, dasssolche
Entwicklungen in Zukunftnicht mehr aus
Hilden inNordrhein-Westfa len, sondern
aus Waltham im amerikanischen Massa-
chusettsvorangetriebenwerden. Dortbe-
treibt Qiagen einenStandort, dochsitzt an
gleicherStelle mitThermoFisher Scienti-
ficein vielgrößerer Molekulardiagnostik-
konzern.Undder hat seineFühler nach
Qiagenausgestreckt.
Am Dienstag haben beideUnterneh-
men mitgeteilt, dassder amerikanische
Konzerndas deutsch-niederländische Bio-
tech nologieunternehmen fürrund 11,5
Milliarden Dollar übernehmen will, inklu-
sive1,4 Milliarden DollarVerbindlichkei-
ten. ThermoFisher will den Aktionären
39 EurojeAktie zahlen,waseinen Auf-
schlagvon 23 Prozentgegenüber dem
Schlusskursvon Montag bedeutet. „Der
Zukauf gibt uns die Möglichkeit, unsere
Innovations- undForschungsfähigkeit zu
stärkenund zu beschleunigen“, sagte
MarcCasper,der Vorstandsvorsitzende
vonThermoFisher,ineiner Mitteilung.
Das Unternehmen rechnetsichhohe
Synergien aus, in den ersten drei Jahren
sollen 200 Millionen Dollar zusammen-
kommen.
ThermoFisher istmit einemUmsatz
von25Milliarden Dollar und einem Bör-
senwert vonknapp 120 Milliarden Dollar
deutlichgrößer als Qiagen, die zuletzt 1,5
Milliarden Euroumgesetzt haben.Fürdie
Amerikaner istder Fokusvon Qiagen auf
die Diagnostik undReagenzien eine gute
Ergänzung für das eigene Geschäft. Das
Unternehmen aus Hilden, dasvorbald 35
Jahren als Spezialistfür DNA-Aufreini-
gungangefangen hatte,verdient sein Geld
heutenicht nur mit der molekularen Dia-

gnostik,sondernauchmit Verbrauchsma-
terialien, die es für die Sequenzierung der
Gewebeproben braucht. DaskönnenRea-
genzröhrchen sein, Pipettenoder spezielle
Flüssigkeiten. „Derstrategische Schritt
mit ThermoFischer bringt uns in eine
neue, vielversprechende Äraund gibt un-
seren Mitarbeitern die Möglichkeit, eine
nochgrößereWirkung zu erzielen“, sagte
Thierry Bernard, der als Interims-Kon-
zernchef für Qiagen fungiert.
In demÜbernahmeangebotgipfelt ein
monatelanges Hin und Her:Denn erst an
Weihnachten hatteQiagen eigentlichalle
Übernahmeangebote ausgeschlagen und
mitgeteilt, weiterhin eigenständig operie-
renzuwollen. Die Aktionärevon Qiagen
sind in denvergangenen Monaten mit
demUnternehmenAchterbahngefahren,
weil gleichmehrereNachrichten dasUn-
ternehmen durchgerüttelt hatten. Der
langjährigeChef Peer Schatzkündigteim
Oktober plötzlichan, dasUnternehmen
zu verlassen, gleichzeitig änderte Qiagen
seineStrategie:wegeneiner Partnerschaft
mitdem amerikanischenKonkurrenten Il-
lumina entwickelt Qiagen eine Gense-
quenzierungstechnologie nicht weiter ,wo-
durch demUnternehmen hoheRestruktu-
rierungskostenentstanden sind.Statt ei-

nes Gewinnsstand in der Jahresbilanz für
2019 einVerlust, auchder Umsatz wuchs
nicht sostark,wie es Analysten erwartet
hatten. MehrfachmussteQiagen imver-
gangenen Jahr die Prognose streichen.
Das wiederum führte dazu, dassder
Kurs an der Börse um fastein Fünftelein-
brach,wasden angeschlagenenKonzern
im HerbstendgültigzueinemÜbernahme-
kandidatengemacht hatte. Tatsächlichteil-
te Qiagen AnfangNovember mit, „mit

mehreren Interessenten“ Gespräche zu
führen. Schon damalsgalt ThermoFisher
als aussichtsreichsterKandidat, der ange-
sichts der eigenen Synergieeffekteeiner
Übernahme denwohl höchstenPreis zah-
len könnte. In dieser Gerüchteküche klet-
terteder zuvor arggebeutelteKurs fast auf
die 39 Euro, die ThermoFisher nun für
die Qiagen-Aktien bezahlen will. Am
Dienstag stieg derKurs des Biotechnolo-
gieunternehmenszeitweilig um gut 18 Pro-
zent auf mehr als 37 Euro. Analysten wie
SvenKürten vonder DZ-Bank halten die
Annahmebereitschaftder Aktionärenoch
für unklar,weil die Prämie für sie nicht
übermäßig hoch sei. Er siehtPotential für
eineNachbesserung und rät deshalb zum
Abwarten. Dassesnochein Gegenange-
boteines anderenKonkurrenten geben
könnte, istindeswegender imvergange-
nenJahr ergebnislosverlaufenenVerhand-
lungen unwahrscheinlich. Auchdas Ma-
nagementvonQiagensteht hinter dem
Angebotder Amerikaner,inder derzeiti-
genSituation istesfür den Vorstand
schwierig, die Offerteabzulehnen. Denn
im Großteil derForschung steht das Bio-
tech nologieunternehmen vielgrößeren
Konkurrenten gegenüber. (Kommentar
Seite22.)

Blickinein LaborvonQiagen: Dem Interessenten istdas Unternehmen mehr als 11 Milliarden Dollarwert. FotoEdgar Schoepal

che. SYDNEY.Die Internetseiteder
australischenNachrichtenagenturAAP
wirkteamDienstagabend so, wie ihreIn-
ternetseite immer wirkte: Cricketoben
links,rechtsdieNachrichtenüberdas
Coronavirus und in der Mitteder „Fak-
tencheck“,wo Meldungen aus den sozia-
len Medien auf ihrenWahrheitsgehalt
geprüftwerden. Dann aberfindetsich
in derNachrichtenspalteeine Meldung
in eigener Sache: Die nationaleNach-
richtenagentur Australian Associated
Pres s(AAP)werdeEnde Junigeschlos-
sen –nach85Jahren. Dassdie Agentur
den eigenenTodauf ihrerkostenlosen
Internetseitemeldet, schließt einenTeu-
felskreis: Denn das Internet und seine
Giganten sind der Grund für dasAb-
schalten des Dienstes, heißt es.
„Die nochnie dagewesenenAuswir-
kungen der digitalen Plattformen, die
die Inhalteanderer Leutenehmen und
kostenlosverbreiten, hat zu vieleFir-
men dazuverleitet,das professionelle
Angebotvon AAP nicht länger zu nut-
zen“, hieß es in einer Mitteilung der
Agentur mit Blickauf Google,Face-
book und andere. Am 26. Juniwerden
die letzten MeldungenvonAAP verbrei-
tetwerden. Seit 1935 hat der Dienstdie
Australier,aber auchLeser in Europa
oder Amerikamit Neuigkeiten von
„down-under“versorgt .Nun sei AAP
„angesichts derkostenlosen Online-In-
haltenicht länger lebensfähig“, erklärte
das Management derAgentur.
Das Schließen desTraditionshauses
istein weiterer Schritt in derKonsoli-
dierung des australischen Medienmark-
tes. 2018 hatteChannelNine Entertain-
ment dasVerlagshausFairfaxMedia
für rund 4MilliardenaustralischeDol-
lar (heute 2,35 MilliardenEuro) über-
nommen. Zuvorhattedie Regierung
Gesetzeverabschiedet, die einesolche
Konzentrationauf nun viergroße
Gruppen ermöglichten,von denenRu-
pert Murdochmit News Corpdie füh-
rende ist. Die ManagervonAAP hatten
sichseit Monaten bemüht, einen Stütz-
fonds in Höhevon50Millionen Dollar
vonder Regierung zu erhalten.Sie hat-

tenauchmit Google und Facebook
über einenEinstieg oder eineÜbernah-
me vonAAP verhandelt–allerdings
auf allenEbenenergebnislos.Bruce
Davidson,der Vorstandsvorsitzende
vonAAP,sagte am Dienstag: „DieEnt-
scheidung hatganz sicherwenig mit
der Qualität, dem akkuratenMelden,
derGeschwindigkeit oder dem Erbe
der AAP überviele,viele Jahre zu tun.“
Allein 180 Journalistenverlierenihre
Arbeitsplätze. DenVerwaltungsappa-
rat eingerechnet, dürfteeszurund 500
Kündigungenkommen.
Einigeder Mitarbeiterkönnten bei
den Anteilseignernvon AAP unterkom-
men. DieAgentur wirdvon mehreren
Sendernund ZeitungenAustraliens be-
trieben: Nine,RupertMurdochsNews
CorpAustralia, SevenWestMedia und
AustralianCommunity Media halten
die Anteile. Davidson schalt auchdie
Medien, dieKunden der AAP: „Zuviele
unsererKundenverlassen sichbeimFin-
den ihrer Inhalteauf das,wassichauf
Googlefindet,wasauf Facebooksteht.
Nachrichtenagenturengehen seit einer
Weile durch harteZeiten. Jetzt aberste-
hen wirvorder Situation, dasszuviele
unsererKunden für unsereInhaltenicht
mehr zahlenwollen.“
Auch der Verwaltungsratsvorsitzen-
de vonAAP,der News-Corp-Manager
Ca mpbell Reid, klagteletztlichüber das
Verhalten der eigenen Branche: „Es ist
ein großerVerlust, dassdie professio-
nell aufbereiteten Informationen, die
AAP bereitstellte, ersetztwerden durch
Informationen, die oftungeprüftund
oftnicht akkurat sind und als wirkliche
Nachrichtenmaskiertauf digitalen Platt-
formen landen.“ Die australische Me-
diengewerkschaftMedia Entertainment
&ArtsAllianceging diePolitik und die
Internetriesen hartan. „Google und
Facebook zerrenanden Rockschößen
der Nachrichtenproduzenten, nutzen de-
renNachrichten, um Leser und Anzei-
genkunden abzuwerben und bedienen
sichdamit derUmsatzströme, die die
Nac hrichtenproduzenten dringend brau-
chen“, heißt es in ihrer Erklärung.

Derg rößteDeal derBiotech-Branche


lid. NEWYORK.ImRechtsstreit um ei-
nen Mechanismus, der ältereiPhones
langsamer macht, hat sichApple jetzt
auf einen Vergleicheingelassen. Das
Unternehmenstimmtezu, bis zu 500
Millionen Dollar an seineKunden zu
zahlen, um eine SammelklageinAmeri-
ka beizulegen. Für die einzelnen
iPhone-Besitzer,die vondem Vergleich
erfasstwerden, isteine Zahlungvon25
Dollarvorgesehen. DerStreit geht auf
eineKontroverse zurück, die Applevor
gut zwei Jahren inVerlegenheit ge-
bracht hat. DerKonzerngab damalszu,
er schränkedie Leistungsfähigkeit eini-
gerseiner iPhonesmittels einer Soft-
ware bewusstein, zum Beispielwenn
die Batterien in den Geräten älterge-
worden sind. Diesgeschehe allerdings
aus einem guten Grund, denn damit sol-
le verhindertwerden, dasssichiPhones

vonselbstabschalten,wasaufgrund der
geschwächten Batterien passierenkön-
ne. Trotzdieser ErklärungwarenAp-
ple-Kundenverärgert, zumalApple die
Hintergründe für denAbbremsmecha-
nismus erst nannte, nachdem Beschwer-
den voniPhone-Nutzernpublikgewor-
den waren. Das sorgtefür Mutmaßun-
gen, das Drosseln der Leistungsfähig-
keit sei nicht dazugedachtgewesen,
alteGerät ezuschützen, sondern den
Verkauf neuer Geräteanzukurbeln.
Apple hat dies zurückgewiesen, aber
sichbei seinen Kunden entschuldigt
und den Preis für Batteriewechselredu-
ziert. Apple hat in dem Rechtsstreit
Fehlverhalten bestritten, sichangeblich
auf denVergleichnur eingelassen, um
die kostspieligeAuseinandersetzung be-
enden zukönnen. DerVergleichmuss
nochvom Richtergenehmigtwerden.

Wer

hatdas

Sagen?

Willkommen in der Gehirn-WG
224 Seiten·20,00 €
ISBN 978-3-96251-001-5

http://www.fazbuch.de·0711-7899 2044·[email protected]

Erleben Sieden unterhalt-
samen Alltag in Ihrer Ge-
hirn-WG:WelcheMacht
habenunsere Emotionen?
Und wietref fen„die da
oben“eigentlic hunsere
Ents cheidungen?

WARUM
WIR TUN,
WASWIR
TUN

Das Ende einer

Nachrichtenagentur

Google undFacebook zermürben AAP ausAustralien
ThermoFisheraus

Amerikawill Qiagenaus

Hildenkaufen.Das

Angebotkommtineiner

unruhigenZeit fürden

größtendeutschen

Biotechnologiekonzern.

VonJonas Jansen,

Düsseldorf

VergleichzuiPhone-Bremse


Apple zahlt erbostenKunden 500 Millionen Euro


Qiagen


Wochenschlusskurse.3.3. im Tagesverlauf.
Quelle:Refinitiv F.A.Z.-Grafik Heß

in EuroISIN NL0012169213

24

27

30

33

36

39

31.5.2019 3.3.2020

FRANKFURTER ALLGEMEINEZEITUNG Unternehmen MITTWOCH, 4.MÄRZ 2020·NR.54·SEITE21

Free download pdf