Frankfurter Allgemeine Zeitung - 04.03.2020

(Darren Dugan) #1
I

nden amerikanischen CSI-Fern-
sehserien, in denen mit Hilfe
vonDNA-Spuren Verbrecher
überführtwerden, sind die Produkte
vonQiagen schonvorJahren einem
Massenpublikum bekanntgemacht
worden. EinegrößereEhrekann ei-
nem europäischenUnternehmen in
den VereinigenStaatenkaum zuteil-
werden. Undsomag für die Aktionä-
re und Mitarbeiter des Biotechnolo-
giespezialistenQiagen dasvergange-
ne Jahr aucheine Berg-und-Tal-Fahrt
aus schlechtenNachrichten imWett-
bewerbsumfeld, einem Vorstands-
wechsel und viel Spekulationengewe-
sen sein. Dochwar stetsklar,dass
man es bei Qiagen mit einer der selte-
nen hiesigen Erfolgsgeschichten mit
Zukunfts technologie zu tun hatte.
Deshalb istesfür die Aktionäreer-
freulich, für Europa aber schade, dass
Qiagen im Falle der erfolgreichen
Übernahme durch das Unternehmen
ThermoFishernicht nur imkünstleri-
schen Sinn in amerikanischer Hand
landet, sondernauchtatsächlich. Ja,
es warenauchvorher schon amerika-
nische AktionäreanBord.Undja, es
istinOrdnung, dasseine solche
Transaktionvollzogen wird. Denn an-
dersals in Chinageht das in Amerika
auchumgekehrt. Unddoch: Im leisen
Servus zumAbschied isteine Träne
versteckt.Europa musssolcheUnter-
nehmen auchinSelbständigkeit
wachsen lassenkönnen.

D


ie Leipziger Buchmessevom


  1. bis 15. Märzfindetnicht
    statt. Sie wurde imKampfge-
    gendie Ausbreitung des Coro-
    navirus abgesagt. Die HannoverMesse
    wirdwahrscheinlicherstmals nicht im
    April eines Jahresstattfinden. Die Anzei-
    chen ausAussteller-und Messekreisen
    verdichtensich,dassdiegrößteInvesti-
    tionsgütermesse derWelt nicht wiege-
    plantvom20. bis 24. April in Hannover
    stattfindet, sondernzueinem späteren
    Zeitpunkt im Jahr.Dasssie ganz ausfällt,
    sei derzeitkeine Option, istzuhören.
    Eine offizielle Mitteilung wirdinden
    kommendenTagenerwartet. Die Hanno-
    verMesse istmit ihren mehr als 5000Aus-
    stellernund gut 200 000 Besucherndie
    größteMesse derWelt für dieAutomati-
    sierung und die Energietechnik.Ihre Ver-
    schiebungwäre zwar nur eineweiter ein
    der langen Liste der Verschiebungen und
    Absagen, aber eine mit hohem Symbol-
    wert.Die ersteVerschiebung erfuhr die
    Light and Building inFrankfurt, die jetzt
    Ende Septemberstattfindet. Dann sagten
    andereMesseplätze wie Düsseldorfoder
    Berlin ihreMessen ab.Neuhinzugekom-
    men istneben demAusfür die Leipziger
    Buchmesse dieVerschiebung der Gastro-
    nomiemesse Internorga in Hamburg. Sie
    soll nun im Sommer nachgeholtwerden.
    Wiesich dieAbsagen auf die Gesamtla-
    ge der Messegesellschaften auswirken,
    istnochnicht absehbar. Im Augenblick
    werden ja nicht nur in DeutschlandVer-
    anstaltungenverschoben oder abgesagt,
    auchinChina sind für drei Monate alle
    Großveranstaltungen ausgesetzt.Und
    China istfür viele deutsche Messegesell-
    schaften der zweitwichtigste Markt.An
    den Messen hängen viele Zuliefererwie
    Standbauer,Hotels oderCaterer.Der Fa-
    mab-Kommunikationsverband geht da-
    vonaus, dassdem Messebau allein auf-
    grund der bisher abgesagten oderver-
    schobenenMessen in diesem Jahr426
    Millionen Euro Umsatzfehlen. „Einzel-
    ne HotelsanMessestandorten berichten
    vonerheblichen Stornierungen“,
    schreibt der Hotelverband Dehoga.Bezif-
    fern ließensichdie Ausfälle bisher aber
    nicht. Arge Beschäftigungseinbrüchever-
    meldenauch Cateringunternehmen, die
    starkvom Messegeschäftleben.


Auchsie dürften längstbei der Bundes-
agentur für Arbeit nach Möglichkeiten
der Kurzarbeitgefragt haben.Um diera-
santsteigendenUmsatzausfälle abzufe-
dern,können dieUnternehmen ihreMit-
arbeiter inKurzarbeit schicken. Dabei
handelt es sichumeine freiwilligeund be-
fris tete Arbeitszeitsenkung mit teilwei-
sem Lohnausgleich durch die Arbeitslo-
senversicherung. Damit sollenAuftrags-
dellen überbrücktwerden, ohne dassMit-
arbeiter entlassen werden müssen,wel-
cheinabsehbarerZeit wiedergebraucht
werden. Die Bundesagenturfür Arbeit be-
richtetderzeitvoneinem spürbaren An-
stieg an Anfragen, obKurzarbeit auchim
Fall der Corona-Auswirkungen möglich
ist. VorallemUnternehmen mit einem ho-
hen Anteil China-Geschäfthaben daran
großes Interesse, heißt es. Die Arbeits-
agenturweistdarauf hin, dassder An-
spruchauf Kurzarbeitergeld auchvor-
liegt,wenn unabwendbareEreignisse ein-
treten. Dazu zählten das Einschränken
der Produktion inFolgeausbleibender
Lieferungen genauso wie staatliche
Schutzmaßnahmen etwa in Form ge-
schlossener Betriebe. Damit sind auch
die Corona-Folgen abgedeckt.
In denvergangenen Monaten bewegte
sichdie Zahl derKurzarbeiter in Deutsch-

land um die Markevon 100 000. Das sind
knapp viermal so viel wie im Winter


  1. Derzeitkönnten es nachSchätzun-
    gender Arbeitsverwaltung auchschon
    120 000Kurzarbeitergeben. Dies hatvor
    allem mit der schwachenKonjunktur und
    den Schwierigkeiten in derAutoindustrie
    zu tun.Fürdie kommenden Monatewird
    auch ohne Corona-Effekt einweiterer An-
    stieg erwartet.


I


nzwischenmüssen aucherste Unter-
nehmen inFolgeder Corona-Aus-
breitung Insolvenz beantragen. Liu
Guosheng wareiner der Ersten.
Der gebürtig aus Chinastammende Ham-
burgerReiseunternehmer musstefür Chi-
na ToursimZusammenhang mit den Co-
rona-Auswirkungen Insolvenzantragstel-
len –als er ster hiesigerTouristiker.Weil
vorerstalle China-Gruppenreisen abge-
sagt sind,fehlten ihm plötzlichnahezu
alle EinnahmenvonKunden, dieAusga-
ben blieben.Aufgeben will er aber nicht.
„Unser Ziel istes, die Covid-19-Krise zu
überwinden, China Tourszusanieren,
Deutschlands China Spezialistzublei-
ben“, sagt er.Das Angebotumfasst etwa
300 Termine im Jahr für Spezialreisen
nachChina.Touren dorthin gibt es zur-
zeit nicht.Dennochfolgtedas Insolvenz-

gerichtder Einschätzung, dassdie Not
„nicht aus einer eigensverschuldetenSi-
tuation“ entstanden ist, und ließ einVer-
fahren in Eigenverwaltung zu. Gruppen-
reisen nachUsbekistan, die Liu Guo-
sheng auchimProgramm hat, sollen plan-
mäßigstattfinden.
Der Insolvenzfall nährtinder Urlaubs-
branche Sorgen, dassimJahr eins nach
dem Niedergang vonThomas Cookweite-
renReiseveranstalter nwegen des Corona-
virus dasAusdrohenkönnte. DemVer-
nehmen nachregistrieren sievorallem
für Spanien eine schleppendeNachfrage,
seit aufTeneriffa Hunderte Gäste eines
Großhotels wegenCoronafällen unter
Quarantäne stehen. Der Reisekonzern
TUI teilteamDienstagmit, dassdie aktu-
ell schwächereNachfragebislang aber „le-
diglichgeringeAuswirkungen auf unser
operatives Geschäft“ hat. Dennochkün-
digt TUIKürzungenvonVerwaltungsaus-
gaben undVerschiebungenvonNeuein-
stellungen an.
GrößereSchwierigkeiten erwartet die
Bekleidungsbranche. „China istals Pro-
duktionslandkur zoder mittelfristig nicht
zu ersetzen,ganz besondersnicht durch
Ersatzlösungen, die nun hektischgesucht
werden“, sagt Thomas Lange, der Haupt-
geschäftsführer des Modeverbands Ger-

manFashion. Inweniger als einem Drit-
telaller Produktionsstätten in China wird
derzeit mitvoller Belegschaftgearbeitet.
Auswirkungen erwarten die Modehänd-
ler abervorallem für die Herbst- undWin-
tersaison. Dageht mehr als die Hälfte der
befragtenUnternehmenvoneinemVer-
zug vonbis zu oder sogar mehr als zwei
Monaten aus. Dementsprechend erwar-
tendie Händler auchUmsatzeinbußen.
Für die nunlaufende Saison für dasFrüh-
jahr und den Sommer sind die Händler
hingegen noch gutgewappnet,wasvor al-
lem an den gutgefüllten Lägernliege.
Einvolles Lager istderzeit für man-
chen Mittelständler dieRettung. Der In-
dustriecomputer-Hersteller Beckhoff
geht davonaus, vier Monate ohneZuliefe-
rungen produzieren und ausliefernzu
können. Das nutzt aber nichts,wenn man
die BelegschaftnachHause schicken
muss,weil sic hMitarbeiter angesteckt ha-
ben. BMW hat 150 Mitarbeiter aus dem
Forschungs- und Entwicklungszentrum
in die häusliche Quaratäne schickenmüs-
sen, nachdem einKollegepositivgetestet
worden war. DerWerkzeugmaschinen-
bauer DMG Morihat 1600 Mitarbeiter im
Werk Pfronten für zweiTage zu Hausege-
lassen. Immer mehrUnternehmen unter-
suchen, ob nicht mehr Beschäftigtevon
zu Hause aus arbeitenkönnen. DieReise-
tätigkeit istfastzum Erliegengekommen,
Flugzeugesind nur nochschwach besetzt.
In vielenAktiengesellschaftenwirdder-
zeitmit Hochdruc kuntersucht, ob der Jah-
resabschluss2019, der in diesenTagen
veröffentlicht wird, anzupassen oder zu
ergänzen ist. Eventuell imNachtragsbe-
richt, auf jedenFall aber im Risikobericht
mussder Vorstand auf dieFolgenvonCo-
rona eingehen. Die echtenAuswirkungen
wirdman aber erstmals in den Quartals-
berichten zum ersten Quartalsehen, er-
wartet Klaus-Peter Naumann, Sprecher
desVorstandes des Instituts der Wirt-
schaftsprüfer.Das Viruskönnteauchauf
die Hauptversammlungssaison Einfluss
haben,wenn die Aktionärstreffen ver-
schobenwerden müssen.Nachdem Ge-
setz mussdie Hauptversammlung bis spä-
testens acht MonatenachAbschlussdes
Geschäftsjahres abgehaltenwerden; sie
könntealso bis auf EndeAugustverscho-
ben werden.

Z

weiErkenntnisse haben sich
in den vergangenen Jahren
über dasvollautonomeFah-
renherauskristallisiert: Erstens dau-
ertdessen Entwicklungbis zur Markt-
reifeviel länger als einstgedacht.
Dassein Autofahrer schon Mittedie-
ses Jahrzehnts jederzeit beruhigt die
HändevomLenkrad nehmenkann,
vondieserVorstellunghaben sichdie
Autokonzernelängstverabschiedet.
Als Folgeder Verzögerung wirddas
Ganze zweitens auchviel teurer alsge-
plant.Wohl dem, der in einem sol-
chen Umfeld eineFinanzierungsrun-
de vonmehrals 2Milliarden Dollar
abschließenkann,wie der amerikani-
scheRoboterauto-SpezialistWaymo.
Diesmalstammt das Geldfür die Goo-
gle-Schwestergesellschaftnicht nur
aus der prallen Schatulle der Mutterge-
sellschaftAlphabet, sondern auch
vonexternen Investoren. Das dürfte
manchneidischen Blicknachsichzie-
hen vonklassischenAutoherstellern,
die derzeit hoheAusgabenfür den
Wandel zur Elektromobilität stem-
men und deshalbeinigeandereInves-
tition hintanstellen müssen. Mag der
Durchbruc hauchnocheinigeZeit
dauern:Unter den arrivier tenHerstel-
lernmacht sichdie Sorge breit, dass
abermals ein unbelastetes Startup aus
Amerikadie Technologieführerschaft
auf einem Zukunftsfeld der Mobilität
übernimmt.Tesla lässt grüßen.

D

er Markt für Cremes, Deos,
Duschgels und anderePfle-
gemittelsteckt imUmbruch.
Start-ups und kleine Marken, etwa
aus derNaturkosmetik,sind auf dem
Vormarsc hund machen Platzhir-
schen wie dem Nivea-Hersteller Bei-
ersdorfzuschaffen. Gleichzeitig
sorgt die Digitalisierung dafür,dass
Verbraucher immerstärkernachPro-
duktenverlangen, diegenau auf ihre
Bedürfnisse zugeschnitten sind.Um
darauf zureagieren, macht derKon-
zernaus Hamburgjetzt einen neuen
Schritt und bringt eine App heraus,
mit derKundinnen ihren Hauttyp
analysieren, auf dasssie anschlie-
ßend eigens für sie empfohlene Pro-
dukteaus dem Sortiment derKon-
zernmarkenkaufen. Die Idee istgut.
Aber siekann nur dieVorstufefür
eine vielstärkere Individualisierung
sein. Dennkomplett personalisierte
Cremes, die für den einzelnenKun-
den auf BasisvonDaten und Analyse-
tools individuell angerührtwerden,
könnten in der Branche zumRenner
werden und den kleinen Angreifern
nochmehr Marktanteile bescheren.
Denn sie sind mit ihrer schlanken Pro-
duktion viel besser darauf eingestellt
als große Markenwie Nivea. Die Ge-
fahr hat Beiersdorferkannt.Jetzt
müssenweiter eIdeen her,wie indivi-
dualisierte Pflegeimindustriellen
Maßstabmöglichist.

Qiagen sagt Servus


VonCarsten Knop

Waymo fährt davon


VonSvenAstheimer

Persönliche Hautcreme


VonChristian Müßgens

cag./ikop./sup.HAMBURG/FRANKFURT/
STUTTGART. AlljährlichAnfang März
präsentieren die internationalen Auto-
konzerne ihreneuenModelle undTechno-
logien auf dem GenferAutomobilsalon.
An diesem Dienstaghätten sie mit viel
Pomp und Brimborium ihre Pressekonfe-
renzen auf der mittlerweile 90. Auto-
schaugezeigt.Das grassierendeCoronavi-
rus, das schon dieAbsagevieler Messen
zuvorerforderthatte, machte denHerstel-
lernjedocheinenStrich durch die Rech-
nung. AmvergangenenFreitag, nachder
Entscheidung des Schweizer Bundesrats,
keine Großveranstaltungen mit mehr als
1000 Besuchernmehr zugestatten,kam
auchdie Absagefür dieAutomesse, die
bis zum 15. Märzmehrerehunderttau-
send Besucher erwartet hätte.„Wir bedau-
erndiese Situation, aber die Gesundheit
aller Beteiligten istfür uns und unsere
Aussteller absolutePriorität“, hieß es in
einer Stellungnahme desVeranstalters.
Es sei „höhere Gewalt“. Fürdie Ausstel-
ler,die enorminvestierthätten, sei das
„ein herberVerlust“.
Einigeder Autokonzerne, darunter die
deutschen, hielten ihrePressekonferen-
zen nunstattdessen per Livestream im In-
ternet ab und präsentiertensoihreneu-

en, überwiegend alternativ angetriebe-
nen Modelle–Daimler sendete aus Sin-
delfingen, BMW aus demForschungszen-
trum in Milbertshofen,Audi aus Ingol-
stadt undVolkswagen ausWolfsburg. An-
dereveranstalteten Telefonkonferenzen,
um über die aktuelle Lagezuinformieren.
Insgesamt herrsch te unterden Automana-
gern großesVerständnis für dieAbsage.

VerständnisvolleAutomanager

„Die Gesundheit der Besuchergeht vor“,
sagteder für das operativeGeschäftder
Marke VW zuständigeManager Ralf
Brandstätter ,kurzbevor er ankündigte,
die MarkeVWwerde nochindiesem Jahr
ihren ersten vollelektrischen SUV ID.4
mit einerReichweitevon 500 Kilometern
auf den Markt bringen. DasVirussei ein
nichtkontrollierbares Risiko, sagteer.
„Es wareine guteEntscheidung, die
Showabzusagen“, sagteauchDaimler-
Vorstandschef OlaKälleniuswährend der
digitalen Pressekonferenz, die aus Sindel-
fingen übertragen wurde und unter ande-
remdie überarbeiteteE-Klasse zeigte.
Präsentation undAbläufewurden eins zu
eins aus Genf übernommen. Dassdas
funktionierte,hat vorallem für die Messe-

bauer manche Nachtschicht nötig ge-
macht, wie zu hören ist. Ähnlichreagierte
auchBMW-Chef Oliver Zipse, der im
Livestream einenweit fortgeschrittenen
Protot ypen desvollelektrischen i4 mit
600 KilometerReichweitepräsentierte,
der alsTesla-Konkurrent gilt.„Wirkonn-
tenuns ja leider heute nicht in Genf se-
hen“, sagteZipsewährend der Online-
Präsentation. Er habe für die Entschei-
dung der Schweizer jedochvollesVer-
ständnis. „Uns hat dieserWechsel auch
ein bisschen Spaßgemacht“,räumteer
ein.Schließlichhabe man innerhalb weni-
gerTagealles umorganisieren müssen.
„Ichhabe hier eintolles Team erlebt“, sag-
te er weiter .Wie hochdie In vestitionen in
den Messeauftrittwaren, die nun abge-
schriebenwerden müssen, bezifferteder
Manager nicht, eswerdeden BMW-Kon-
zernaber nicht aus der Bahnwerfen.
Mit Blickauf die Debatteumdie Da-
seinsberechtigungvonMessen im digita-
len Zeitalter,nicht zuletzt der bislang in
Frankfurtausgetragenen Internationalen
Automobil-Ausstellung (IAA), die sich
mit neuemKonzeptund Austragungsort
runderneuernmöchte,warenviele Mana-
gertrotz Livestreams jedochähnlicher
Meinung. „Präsenzmessenwerden auch

weiterhin ihren Platz auf derWelt ha-
ben“, betonteZipse. Zwarkönne man die
Kernbotschaftenüber das Internetrüber-
bringen, aber dasAuto sei ein physisches
Produkt, das manweiterhin erlebenwol-
le. SeinerAnsicht nachwerde eskünftig
zunehmend einen Mix ausFormatenge-
ben. Ähnlichsieht man das auchinStutt-
gart.Zwarhaben die Schwaben auchEr-
fahrung mit Online-Formaten, aber ein
Auto sei eben auchein haptisches Pro-
dukt, heißt es dort, und auf die persönli-
chen Kontaktekomme es auchan. Nicht
zuletzt mutetesomanche Präsentation
am Dienstagschon deshalbkomischan,
weil nicht wie sonstüblichein ohrenbe-
täubenderMixaus Musik und Motorenge-
räuschen, sondernder spärliche Applaus
der eigenen Mitarbeiter zu hörenwar.

Coronavirus beherrschendes Thema

Der Grund derAbsage, das Coronavirus,
wardeshalb auchaus derFernedas be-
herrschende Thema. Die zumchinesi-
schenNeujahrsfestüblichenFabrikschlie-
ßungen seien bis zum 10.Februarverlän-
gert worden,seithergebe es einen „gradu-
ellen Hochlauf“, sagteDaimler-ChefKäl-
lenius.Außerhalb Chinas hat Corona bis-
her keine Folgen für die Produktion. „Bis-

her istesgut gelungen, alle Lieferketten
international aufrechtzuerhalten.“ Sollte
es einmal eineLückegeben,greifeman
auf einen Flugtransportzurück. Auswir-
kungen auf denAutoabsatzwollteKälle-
nius nochnicht prognostizieren. „Wir
sind sehrrobustins neue Jahrgestartet
undwarenEnde Januarvorsichtig opti-
mistisch“, sagteer. Ob der herbeAbsatz-
einbruchinChina im Jahresverlaufwett-
gemachtwerden könnte,wagteernicht
zu sagen.Auch BMW-Chef Zipseverwies
darauf, dassnacheinem „spürbarenEin-
schnitt“ imFebruar in China mitunter
Aufholfeffekte imweiteren Jahresverlauf
zu sehen sein würden.Rund 450 der 500
HändlerinChinahätten mittlerweile wie-
der geöffnet. Der Marktfahrehoch. Im
globalenKaufverhalten habe man bisher
keine Auswirkungengespürt. „Wir beob-
achten die Situation sehrgenau.Tagtäg-
lich,fast auf Stundenbasis“, sagteZipse.
Carlos Tavares, Vorstandschef der
PSA-Gruppe, sprachvon einer Task
Force, die man internfür die Liefer-und
Logistikkette gegründethabe. „Das Coro-
navirus beeinflusst die gesamteBran-
che“, sagteer. Der Hersteller,der seine
Lieferkette am flexibelstengestalte, sei
derzeit der Gewinner.PSA habe in China
nur einengeringenTeil anZulieferteilen.

Wenn nur die Mitarbeiter klatschen


Aufdie Absagedes GenferAutosalonsreagieren dieAutohersteller mit digitalenFormaten–das mutet bisweilenkomischan


UngewohntePerspektive: Die Hannover Messe dürfteimApril nicht nur menschenleer sein, sondernkomplettgeschlossen bleiben. Fotodpa

Die Hannover Messe


steht auf der Kippe


Großveranstaltungenwerden reihen weiseabgesagt,Umsatzausfälle


steigenrasant,und e rste Unternehmenmüsse nInsol venz anmelden: Das


Coronavirus fordertseine Opfer. Wielange hält dieWirtschaftdas aus?


VonSvenAstheimer,GeorgGiersberg, Jonas Jansen undTimo Kotowski


SEITE 22·MITTWOCH,4.MÄRZ 2020·NR.54 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
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