Frankfurter Allgemeine Zeitung - 04.03.2020

(Darren Dugan) #1
Die Suche nach„Patient null“ in Italien
haben dieWissenschaftlerfaktischaufge-
geben. Es wirdsichkaum mehr ermitteln
lassen,werwann wo das neuartigeCoro-
navirus aus China nach Italien einge-
schleppthat.Viel spricht dafür,dassdas
Virusschon seit spätestens Ende Januar in
der norditalienischenRegion Lombardei
präsentwar, ehe am 20.Februar in der
Klinik in Codogno erstmals ein Erkrank-
terpositivauf dasVirusgeteste twurde.
Virologen haben ermittelt, dassder in
Italiengrassierende Erregernur minimale
Mutationengegenüber demchinesischen
„Originalvirus“ aufweist, sichalso von
diesemfortentwickelt haben muss.
Kein Zweifel besteht indes über die
Identitätvon„Patient eins“: Es handelt
sichumeinen 38 Jahrealten Mann na-
mens Mattia, der aus Castiglione d’Adda
stammt, einer Gemeinde vonknapp
5000 Einwohnerninder Provinz Lodi,
etwa 60 Kilometer südöstlichvon Mailand
gelegen. Der zuvorgesunde,überaus sport-
liche Mann liegt inzwischen auf der Isolier-
station der Klinik San Matteo in Pavia süd-
lichvon Mailand. Er wirdweiterhinkünst-
lichbeatmet. Sein Zustand bleibt kritisch.
Das Ärzteteamwagt keine Prognose. Am
zähenKampfder Ärzteund Pfleger um
das LebenvonMattia nimmt inzwischen
die ganze Nation teil.
Zunächstwurde die Theorieverfolgt,
der Mann habe sichbei einem befreunde-
ten42Jahrealten Manager eines mittel-
ständischen Maschinenbauunternehmens
aus Piacenza angesteck t, der am 21. Janu-
ar mit einem Direktflug aus Schanghai

nachMailandgekommenwarund sichbis
MitteFebruar sechs- bis siebenmal mit
Mattiagetrof fenhatte. Dochdiese Theo-
riebestätigtesichnicht: Der mutmaßliche
„Patient null“ wurde negativ auf dasVirus
getestet, erwarnachseinerRückkehr aus
China einfachnur erkältet.
Es warenaber dieseTreffen, die das
Klinikpersonal in Codogno schließlich zu
dem Coronavirus-Test bei Mattia ver-
anlassten. Erstmalswareram16. Februar
in dieNotaufnahme der Klinikgegangen,
mit hohem Fieber und Grippesym-
ptomen. EinTest auf das Coronavirus wur-
de seinerzeit in der Klinik nichtvorgenom-
men, der „grippekranke“ Mann wurde
nachHausegeschickt.Man hielt sichda-
bei an die neue Richtlinie des Gesundheits-
ministeriums inRomvom 27. Januar,wo-
nach auf das Coronavirus nurgetestet wer-
den sollte,werkurzzuvor aus China zu-
rückgekommenwar. In der Richtlinievom


  1. Januar hatteesnochgeheißen, auch
    „Personen mit einem ungewöhnlichen
    und unerwarteten Krankheitsverlauf“ soll-
    tenauf das neueVirusgeteste twerden.
    Nunermittelt dieStaatsanwaltschaft,wer
    verantwortlichist für denfalschenUm-
    gang mit „Patient eins“. Ministerpräsi-
    dent Giuseppe Contehat indirekt das Kli-
    nikpersonal in Codogno und die lombardi-
    schen Behörden für denAusbruchder
    Epidemie verantwortlich gemacht.Die
    Regionalregierung in Mailand unterRe-
    gionalpräsidentAttilioFontana hat die
    Vorwürfe energischzurückgewiesen.
    Am 19.Februar umkurz nachdreiUhr
    morgens wurde Mattiavonseiner hoch-


schwangeren Ehefrau abermals ins Kran-
kenhausgebracht–mit nochhöherem
Fieber und in akuterAtemnot.Weil die
Ehefrauvonden Treffenihres Manns mit
dem China-Rückkehrer erzählte, wurde
dann dochder Test auf das Coronavirus
vorgenommen. Am 20.Februarkamdas
positiveTestergebnis.
Mattia wurdewenigeTagenach derver-
späteten Coronavirus-Diagnosevonder
Klinik in Codogno in das Krankenhaus
vonPavia verlegt. Seine Ehefrau, die er
längstunwissentlichangesteckt hatte,
brachte man in die Klinik Sacco di Milano.
Dortwirdsie bis heuteauf der Isolierstati-
on behandelt.Sie hat nur milde Sympto-
me entwickelt und istfastbeschwerdefrei.
Eine Entbindung durchKaiserschnitt, wie
sie vonden Ärzten zunächstinErwägung
gezogen wurde, scheint nicht nötig. Eine
Übertragungdes Coronavirus bei einer

natürlichen Spontangeburtauf das Kind
gilt nach Angaben der Ärzteals unwahr-
scheinlich. Auch die infiziertenEltern
Mattias sind in der Mailänder Klinik,es
geht ihnenverhältnismäßig gut.
Raffaele Bruno leitet dasTeam von
Ärzten und Pflegekräften, das sichin
Pavia um den „Patienten eins“kümmert.
Der Tageszeitung „LaRepubblica“gegen-
überkonzedierte Bruno, dassman beim
„Kampfgegeneinen unbekanntenFeind“
auchauf glückliche Zufälle hoffenmüsse:
„Wünscht uns Ärzten undWissenschaft-
lerneinfachviel Glück.“Behandelt wird
Mattia mit einem CocktailvonMedika-
menten, die auchgegen HIV,Hepatitis C
und Ebola eingesetztwerden. In China
und Südkorea seien mit diesem Mix erfolg-
reichschwerkrankePatientengeheiltwor-
den, berichtete Bruno. Mattia bleibe „se-
diert, bewusstlos und intubiert,weil er
nicht aus eigener Kraftatmenkann“.
Bei den allermeistenTodesfällen er-
lagen ältereMenschen undPersonen mit
Vorerk rankungen dem Coronavirus. Dass
der junge„Patient eins“ seit nun fastzwei
Wochen um sein Lebenringt, erklärtAtti-
lio Parisi, Rektor der Sporthochschule
Foro Italico inRom, mit dem „Open-Win-
dow“-Phänomen:Nach extremerkörperli-
cher Anstrengungkommt es zu einerkurz-
fristigen Schwächung des Immunsystems,
womit Erregern im Organismus ein „Fens-
tergeöffnet“ wird. Der passionierte Lang-
streck enläufer Mattia hatteam2.und


  1. Februar jeweils einen Halbmarathon ab-
    solviertund in derWochedarauf trotzFie-
    ber nochFußballgespielt.


FlergreiftKameramann an
Der Rapper Fler hat in einer Ausein-
andersetzung miteinemFernsehteam
eigenenAngabennacheinenKamera-
manngeschlagen undverletzt.Der
Mann sei im Krankenhaus behandelt
worden, schrieb der 37 JahrealteFler
am Dienstag bei Instagramüber den
Vorfall vomMontag. DiePolizei be-
richtete am Dienstag über den An-
griff, ohneNamen zu nennen. Dem-
nachalarmierte das Fernsehteam die
Polizei am Montagmittag,weil es auf
demKu’damm in Berlin angegriffen
worden sei. Als dieReporterin die ers-
te Fragegestellt habe, soll der Angrei-
ferversucht haben, dieKamerawegzu-
schlagen. Dabei habe er denKamera-
mann ins Gesichtgeschlagen. Dann
soll der Angreifer dieKamerabeschä-
digt und dieReporterinund denTon-
tech niker bedroht haben. DerKame-
ramann erlitt demnachVerletzungen
an Kopf und Bein und wurde im Kran-
kenhaus behandelt.Fler kritisiertebei
Instagram: „Das sogenannte,sponta-
ne Interview‘wartypisches ,an den
Prangerstellen der Boulevard-Pres-
se‘.“ Er habevergeblichgebeten, ihn
nicht zufilmen. Der SenderRTLteilte
am Montagabend mit, eineRTL-Re-
porterinhabe Fler auf den Streit zwi-
schen ihm und einerFrauenrechtlerin
im Interne tangesprochen.Nach weni-
genWorten und ohneVorwarnung
habe Fler erst gegendie Kamerage-
schlagen und dann demKameramann
mit derFaustins Gesichtgeschlagen,
wodurch der Mann eine Platzwunde
am Auge erlitten habe. dpa

Vorwürfe gegen Hutton
TimothyHutton wirdbeschuldigt,
eineVierzehnjährigevergewaltigt zu
haben. Derkalifornische Schauspie-
ler,der 1981 für seineRolle in dem
Filmdrama „OrdinaryPeople–Eine
ganz normaleFamilie“ einen Oscar
gewann, soll zwei Jahrespäter den da-
maligenkanadischen Kinderstar Sera
Johnstonvor denAugeneines Beglei-
ters missbraucht haben.Nach dem
mutmaßlichenÜbergriffineinemHo-
telinVancouver wurde das Mädchen
angeblich auchvon Huttons Bekann-
temmissbraucht. Johnstonhatteim
vergangenen Jahr bei derPolizei in
Vancouver Anzeigeerstattet.ImUn-
terschied zu denVereinigtenStaaten
verjähren SexualstraftateninKanada
nicht. Laut dem Branchenblatt„The
HollywoodReporter“ soll Johnstonin
derVergangenheit versucht haben,
sichmit Hutton auf eineZahlungvon
1,5 Millionen Dollar zu einigen. Des-
sen Angebot, dieAuseinandersetzung
gegeneineweit niedrigere Summe bei-
zulegen, schlug sie später aber aus.
Hutton wies dieVorwürfe zurück. Er
habe Johnstonnie getrof fen. ceh.

Mikaela SpielberginHaft
MikaelaSpielberg, Adoptivtochter
des amerikanischenRegisseursSte-
venSpielberg, scheint denWechsel in
die Pornobranche nicht gutverkraftet
zu haben.Wieder Sheriffdes Bezirks
Davidson (Tennessee) bestätigte,ver-
brachte die Dreiundzwanzigjährige
zwölfStunden hinter Gittern,weil sie
einenFreund angegriffen hatte. Ob
sie gegenihren Lebensgefährten, den
47 Jahrealten Dart-ProfiChuckPan-
kow,handgreiflic hwurde, bliebvor-
erst offen. Spielberghattevor zwei
Wochen mit der AnkündigungAufse-
hen erregt, in ihrer Wahlheimat
Nashvillekünftig alsPornodarstelle-
rinund Stripperin zu arbeiten. Nach
Depressionen,Alkoholsucht und Ess-
störungen habe sie endlicheine Aufga-
be gefunden, die sie erfülle. ceh.

C


orona macht auchvor derKü-
chenicht halt:Aus Angstvor
demVirussind die besten deut-
schen Köcheindiesem Jahr
nichtimRahmeneinerglanzvollenGala,
sondernganz unzeremoniellwährend ei-
ner digitalen Pressekonferenz aufFace-
bookgekröntworden. Euphorie und Me-
lancholie hielten sichbei derVerleihung
der Michelin-Sternefür das Jahr 2020 die
Waage. Denn auchnach derZerstörung
der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn
durch einen Großbrand Anfang des Jahres
und ihrer zwangsläufigen Streichungvon
der Liste der bestendeutschenRestau-
rants gibt es zehn Drei-Sterne-Häuser im
Land. In dieLücke, die mit demVer-
schwinden dieser ikonischen Institution in
der deutschen Hochgastronomiegerissen
wurde, tritt Marco Müller.Mit ihm rückt
zum ersten Mal einKüchenchef aus der
Hauptstadt in den Kreis der allerbesten
deutschenKöcheauf. In seinemRestau-
rant „Rutz“ bietetereine ebenso regiona-
listische wie individualistische undavant-
gardistischeKüche, die sichvon der klassi-
schen HauteCuisinevollständig emanzi-
pierthat, auf diekanonischenLuxuspro-
dukteder Hochküchekategorischverzich-
tetund zu einem Musterbeispiel des neu-
en KochensinDeutschlandgeworden is t.
Das erkennt GwendalPoullennec, der
Direktor des Guide Michelin, neidlos an
und attestiertdem 49 JahrealtenKoch,
„in nurkurzer Zeit eine sagenhafte Ent-
wicklungvollzogen“ zu haben.Die Geri ch-
te seien ausdrucksstark, voller Finesse
und geschmacklicher Balance und zeichne-
tensichauchdurch ihren ausgeprägten Be-
zug zurNatur aus. Dennochist es über-
raschend, dassder Michelin aus demgro-
ßen Kreisexzellenter Zwei-Sterne-Köche
ausgerechnetMarco Müller ausgewählt
hat –sosehr es diesergrundsympathische
Küchenchefverdient haben mag, der Ein-
zigeist er nicht, und zu erklären istdiese
Beförderungwohl auchmit dem unbeding-
tenWillen desMichelin,radikaleModerni-
tät zu honorieren.
Marco Müller ersetztTorsten Michel in
der Tafelrunde des deutschenKochhoch-
adels und thront jetzt neben Claus-Peter
Lumppvom „Bareiss“ in Baiersbronn,
Jan Hartwigvom„Atelier“inMünchen,
Christian Jürgens vom„Überfahrt“ in
Rottach-Egern,Kevin Fehlingvom„The
Table“ in Hamburg, Sven Elverfeld vom
„Aqua“ in Wolfsburg, JoachimWissler
vom„Vendôme“ in Bergisch-Gladbach,
Clemens Rambichler vom„Waldhotel
Sonnora“ in Dreis, Christian Bauvom
„Victor’sFine Dining“ inPerl und Klaus
Erfort vom„Gästehaus“ in Saarbrücken.
ImposantesiebenNeuzugängegibt es in
der Kategorie der Zwei-Sterne-Restau-
rants, die jetzt die historischeRekordzahl
von43Häusernerreicht hat.

Undauch hier hält der MichelinÜberra-
schu ngen bereit. Wiekosmopolitisch die
deutscheRestaurantszene inzwischen ist,
zeigen die Aufwertungendes Deutsch-
Türken Edip Siglvom „Les Deux“ in
München, des ÖsterreichersAnton
Gschwendtnervom„Olivo“ inStuttgart
und des ItalienersMatteoFerrantinovom
„bianc“ in Hamburg.Wiegerne der Miche-
lin neueKonzepte goutiert, beweistermit
dem zweiten Sternfür René Franks
„Coda“ in Berlin, das ausschließlich
Desserts serviert.Wiesehr er den hoch-
talentierten, eigenwilligvorbildfreien
Nachwuchs schätzt, demonstrieren die
Auszeichnungen fürTony Hohlfeldvom
„Jante“ in Hannoverund Jochim Busch
vom„Restaurant Gustav“ inFrankfurt.
Dasserdarüber dieverdienstvollen, klas-
sischgeprägten Altmeister nichtvergisst,
macht er mit derNobilitierung des Mitt-
fünfzigers HubertObendorfervom „Eis-
vogel“ inNeunburgvormWald deutlich.
Die 29Neuzugängebei denRestaurants
mit einem Sternzeigen dieganze Vielfalt,

die imkulinarischen Deutschland mittler-
weile herrscht. Sie bekochen ihreGäste
nicht nur in Berlin, München und Ham-
burg, sondernauchinSchorndorf, Hinter-
zartenund Efringen-Kirchen, verschrei-
ben sichdem „fine dining“, dem „casual
dining“ oder dem Essen an der Bar,sehen
aus wieWinzerstuben, Landgaststätten
oder Museen für zeitgenössischeKunst,
kochen japanisch, französischoderur-
deutsch. So überspannt inzwischen ein
dichtes, fest geknüpftesNetzaus
308 Feinschmeckerlokalen das Land, ei-
nes weniger als imVorjahr.Baden-Würt-
tembergist dabei mit 77 Häuserntraditio-
nell derSpitzenreitervordem schnell auf-
holenden Bayern,während Bremenkuli-
narische Diasporaund das einzigeBundes-
land ohneSterne-Restaurant bleibt.InBer-
lin hingegen, bisvorwenigen Jahren noch
ein gastronomischer Ortdes Schreckens
und der Finsternis, gibt es inzwischen
zwei DutzendSternehäuser mit 31Ster-
nen,waszum geringstenTeil der plötzlich
erwachten Liebe der Berliner zurFein-

schmeckere iund zumgrößtenTeil dem
florierendenTourismus zuverdanken ist.
Es gibt in diesem Jahr aucheinigebe-
merkenswerte Verlustmeldungen.Traditi-
onsreiche Häuser,von denen manche jahr-
zehntelang einen Sternhatten, stehen
jetzt ohne ihn da, darunter die „Zirbel-
stube“ inFreiburg, der „Schwarze Hahn“
in Deidesheim und der „SchwarzeAdler“
im KaiserstühlerWeingut des DFB-Präsi-
dentenFritz Keller.Der Michelinkehrt
mit eisernem Besen durch Deutschland
und kennt dabeikeine Boni mehr für histo-
rischeVerdienste um dieFeinschmecke-
rei. Dassdie Streichung der „Schwarzwald-
stube“ indes nur eine Episodebleiben
wird, istnicht nur die Hoffnung, sondern
aucheine Gewissheit für alle Gourmets.
VoraussichtlichnochimMai soll sie auf
dem Garagendach des Hotels Traube
Tonbachals Provisorium wiedereröffnet
werden, bevorsie dann Ende 2021 ihr neu-
es Domizil an alterStelle bezieht–mit
Torsten Michel alsKüchenchef, der,ob
mit oder ohneSterne, einer der aller-
bestenKöche Deutschlands bleibt.

F.A.Z. FRANKFURT/BERLIN.In
fast allen Bundesländerngibt es inzwi-
schen nachgewiesene Infektionenmit
dem neuartigen Coronavirus. Gut die
Hälfte dervomRobert-Koch-Institut
(RKI) bis Dienstagnachmittag erfass-
ten196 Sars-CoV-2-Infektionen wur-
de inNordrhein-Westfalengemeldet.
„MitweiterenFällen, Infektionsket-
tenund auchAusbrüchen in Deutsch-
land mussgerechnetwerden“,teilte
ein Institutssprecher mit.Neben NRW
sind derzeit Bayern und Baden-Würt-
tembergstärker betroffen.
Die Zahl der bestätigtenInfektio-
nen in Berlin hat sichamDienstagauf
fünf erhöht.Esgebe zudemrund 200
identifizierte Kontaktpersonen,teilte
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci
(SPD) mit. Bei den fünf Infizierten
handele es sichumeine Frau und vier
Männer,unter ihnen ein Lehrer aus
Marzahn-Hellersdorfund ein Arzt ei-
ner NeuköllnerTagesklinik.Mehrere
Kontaktpersonen der Erkrankten sei-
en isoliertworden; sie solltengetest et
werden.
Am Montagabendwarenerste Fäl-
le in Brandenburg,Thüringen und
Sachsen, am Dienstag auchimSaar-
land und in Mecklenburg-Vorpom-
mernbekanntgeworden.Noch keine
Meldungengabesaus Sachsen-An-
halt.Schwere Verläufeder vomVirus
ausgelöstenLungenkrankheit Co-
vid-19 sind selten, ein darauf zurück-
gehenderTodesfall wurde in Deutsch-
land bisher nicht erfasst.InNorwegen
saß am Dienstagdas Kreuzfahrtschiff
„Aida Aura“vorübergehend fest.
Zwei deutschePassagierestanden un-
terVerdacht, mit Sars-CoV-2 infiziert
zu sein.Wiedie Reederei Aida Crui-
ses mitteilte, hatteeiner der beiden
vergangeneWocheineiner Einrich-
tunggearbeitet,in der zweiPersonen
positivauf dasVirusgeteste twurden.
Das Schiffmit rund 1200Passagieren
lag am MorgenimHafen derKüsten-
stadt Haugesund. Am Nachmittag
wurde dann bekannt, dassdie Tests
negativ ausfielen.
Norditalien istweiterhin besonders
starkvon der Ausbreitung desVirus
betroffen. Nach Angaben des Zivil-
schutzes wurden dortbisher mehr als
2000 Infektionen erfasst,mehr als
50 Infiziertestarben. In Spaniengab
es am Dienstagdas er stebestätigt eTo-
desopfer einer Coronavirus-Infekti-
on. Außerhalb Chinas istderzeit Süd-
koreanachden offiziellen Meldezah-
len am schwersten vonSars-CoV-2 be-
trof fen. Mehr als 4800 Infektionen
wurden vonden Behörden erfasst,
mindestens 28Personen starben an
Covid-19. DiegrößteHäufung gibt es
unter Anhängern der christlichen Sek-
te Shincheonji-Kirche Jesu, dieVer-
bindungen nachChina hat.InChina
lag dieZahl of fiziell erfasste rInfizier-
terbei mehr als 80 000, die derTodes-
fälle bei knapp 3000. Expertengehen
allerdingsvoneiner hohen Dunkel-
zifferaus.
Wegendes neuartigen Coronavirus
bleiben inFrankreichrund 120 Schu-
len geschlossen. Besondersbetroffen
istdas Département Oise nördlich
vonParis. Dortwaren die meisten der
bisher bestätigten 212 Infektionsfälle
aufgetrete n. BishergabesinFrank-
reichdrei Tote durch das Virus. Zu-
letztwareine 89 JahrealteFrau mit
Vorerk rankungen nachihremTodpo-
sitiv auf das Coronavirusgetestetwor-
den. Die Seniorinstammteaus dem-
selben OrtimDépartement Oise wie
ein infizierter,60Jahrealter Lehrer,
der zuvorgestorbenwar. Bei dem drit-
tenToten handelteessichumeinen
80 JahrealtenTouristen aus China.
Als Reaktion auf dasVirushat Frank-
reichGroßveranstaltungen mit mehr
als 5000 Teilnehmernauf engem
Raum untersagt.
In denVereinigtenStaaten wird
nachDarstellungvonPräsident Do-
naldTrumpein Verbotvon Auslands-
reisen in besondersvon der Epidemie
betroffene Gebieteerwogen.


KurzeMeldungen


Kampfgegen einen unbekannten Feind


In der Klinik inPavia ringt Italiens „Patient eins“ nochimmer um sein Leben. VonMatthiasRüb, Rom


Aufstiegim ReichderSterne: Marco Müller ist zum Musterbeispiel des neuenKochens in Deutschlandgeworden. FotoAmin Akhtar

mwe. BERLIN. Der Bundespolizei
istamDienstag ein Schlaggegenein
Schleusernetzwerkvon Vietnamesen
gelungen. Die Bande soll seit mehr
als einem Jahr mindestens 155Viet-
namesen eingeschleusthaben. Dafür
mussten jePerson zwischen 4500 und
18 000 Eurogezahltwerden. DiePoli-
zei ging mitrund 700 Beamten in sie-
ben Bundesländernvor.Schwer-
punkt derRazziawarBerlin. Dort
wurden 20voninsgesamt 30 Objek-
tendurchsucht, darunter Wohnun-
gen, in deneneingeschleusteVietna-
mesen untergebracht waren, aber
auchNagelstudios und Asia-Imbisse.
In der Hauptstadt wurden fünf Haft-
befehlevollstreckt.Die Ermittlungen
richten sich gegen13Beschuldigte,
teilteein Sprecher der Bundespolizei
mit.Vietnamesenwerden seit Jahren
über osteuropäische Länder nach
Deutschland eingeschleust. Die
Routeführtüber Russland, das Balti-
kumoderdie UkrainenachPolen
oder Tschechien und dann nach
Deutschland.Häufig wollen dieViet-
namesen weiter nachFrankreich
oder Großbritannien. Unterwegs
müssen vielevonihnen inKosmetik-
studios oder Imbissen arbeiten, um
ihreSchulden abzubezahlen. Bevor
die Polizei am Dienstagzuschlagen
konnte,warseit Juni 2019 monate-
langverdeckt ermitteltworden.

Klinik inPavia: Hier wird„Patient eins“
behandelt. Foto Ropi

dpa.BERLIN.Die Zahl der privaten
Spender in Deutschland istnachei-
ner Erhebung auf einenTiefstand ge-
sunken. Imvergangenen Jahrgaben
hochgerechnet19,5 Millionen Men-
schen Geld fürgemeinnützigeOrgani-
sationen und Kirchen –eine Million
weniger als 2018. Dasgeht aus der
„Bilanz des Helfens“ des Deutschen
Spendenrats hervor, die am Dienstag
in Berlinvorgestellt wurde. Es han-
delt sichdemnachumdie niedrigste
Spenderzahl seit Beginn der Erhe-
bung 2005. Auchdie gespendete Sum-
me schrumpfte:Insgesamt kamen
5,1 Milliarden Eurozusammen. 2018
warenes5,3 Milliarden. Die „Bilanz
des Helfens“ basiertauf monatlichen
Selbstauskünftenvon 10 000 Men-
schenvonzehn Jahren an in Deutsch-
land.Erhoben wird sie vonder Gesell-
schaftfür Konsumforschung.Erb-
schaften, SpendenvonUnternehmen
und anParteien sowie Großspenden
werden dabei nicht erfasst.


Höchste Weihen für Berlin


190 Infizierte


in Deutschland


RKI: Mitweiteren


Fällen istzurechnen


Schlaggegen


Schleuservon


Vietnamesen


WenigerSpender


in Deutschland


MarcoMüllervom


„Rutz“wirdinden


Krei sder allerbesten


KöcheDeutschlands


aufgenommen–


er holt erstmals


drei Michelin-Sterne


in die Hauptstadt.


VonJakobStrobel ySerra


NR.54·SEITE 7

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Deutschland und die Welt MITTWOCH,4.MÄRZ 2020

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