Der Spiegel - 22.02.2020

(C. Jardin) #1

Der große Schwätzer


Nr. 8/2020 Darf er jetzt? Der
Kampf ums Kanzleramt und die Frage,
wie rechts die CDU sein muss


Der wichtigste Faktor für die CDU-Dele-
gierten? Es geht primär darum, ob der
Kandidat möglichst viele Stimmen ein-
bringt. Das wird die CDU nötig haben!
Hier ist Friedrich Merz mit hoher Wahr-
scheinlichkeit die Nummer eins: Alter, Er-
fahrung, Weltübersicht, Durchsetzungs -
vermögen und Einblick in den Faktor, der
die Weltgeschichte bewegt: internationale
Finanzgeschäfte. Es ist an der Zeit, dass
Deutschland wieder von einem Mann mit
Überblick und Gestaltungskraft regiert
wird. Nur die CDU kann einen solchen
Politiker aufbringen.
Wolf Poulet, Seefeld (Bayern)


Die Union sollte bedenken, dass ihr
35 Prozent plus x nichts nützen werden,
wenn sie danach keinen Koalitionspartner
findet. Die SPD, weit entfernt von einer
eigenen Kanzlermehrheit, wird und darf
es nicht noch einmal machen, die FDP er-
scheint marginalisiert. Wenn der künftige
Kanzlerkandidat der Union die rechne-
risch einzig denkbare Zweierkoalition mit
den Grünen unmöglich macht, wird dieses
Land kaum noch regierbar sein.
Beate Ramisch, Detmold (NRW)


Was die Union braucht, um nicht einen
ähnlichen Weg zu gehen wie die SPD, ist
endlich eine vernünftige Strategie gegen
die Rechten (AfD, aber auch WerteUnion)
und ein realistisches Verhältnis zu den Lin-
ken. Vergessen wir nicht: In den 40 Jahren
DDR war die (Ost-)CDU eine verlässliche
Blockpartei!
Siegfried Maurer, Hannover


Es ist zu befürchten, dass sich die CDU
ähnlich arg wie die SPD dezimieren wird,
wenn der neue Kapitän an Bord das Fahr-
wasser der politischen Mitte zukünftig
nicht meidet wie der Teufel das Weihwas-
ser und die konsequente Rückbesinnung
auf alte klare CDU-Werte ausbleibt! Alles
deutet darauf hin, dass es für die Führungs-
persönlichkeiten der CDU nach Helmut
Kohl ein ebenso eklatanter Fehler wie für
die der SPD nach Willy Brandt war, sich
der Mitte der Gesellschaft anzubiedern.
Rüdiger Reupke, Isenbüttel (Nieders.)


Der SPIEGELfragt: Darf er jetzt? Nein, er
muss! Nach den zahlreichen ökonomi-
schen Nicht- und Fehlentscheidungen der
letzten Jahre braucht das Land jetzt Sach-
verstand!
Joachim Kuss, Bensheim (Hessen)

Wieso spricht niemand über Daniel Gün-
ther? Der CDU war der Machterhalt schon
immer näher als die Inhalte. Deswegen
sollte bei der Frage nach dem Vorsitz mit
berücksichtigt werden, welche Koalitionen
damit möglich werden oder bleiben. Wer
hat in Schleswig-Holstein ein stabiles
Bündnis gebildet? Daniel Günther und Ro-
bert Habeck. Sehr gut möglich, dass diese
zwei Herren demnächst ein ebensolches
Bündnis im Bund schließen. Der Wähler
entscheidet dann über Senior und Junior.
Es wäre auch für mich als traditioneller
SPD-Wähler nicht die schlechteste Lösung
für die Nach-Merkel-Ära.
Marcus Prill, Klein-Zimmern (Hessen)

Der nächste CDU-Vorsitzende sollte aus
dem Osten kommen! Dieser Rücktritt hat
seine Ursachen ganz wesentlich auch da-
rin, dass es 30 Jahre nach der deutschen
Einheit an guten Dolmetschern zwischen
Ost und West fehlt.
Halkert Sach, Kiel

Ich würde Armin Laschet wählen. Laschet,
der auch in der Schweiz sehr geschätzt
wird, ist blitzgescheit, nie überheblich,
dossierfest und – was Aspiranten auf sol-
che Posten und echte Parteiführer selten
sind – überaus charismatisch. Mit einer
solchen Führungspersönlichkeit könnte
die CDU wie Phönix aus der Asche auf-
steigen und nach den nächsten Wahlen zu-
sammen mit der CSU und den Grünen ein
neues Kapitel der deutschen Erfolgs -
geschichte schreiben.
Peter-Jürg Saluz, Wetzikon (Schweiz)

Den gordischen Knoten ihrer Probleme
könnte die CDU mit einen Schlag lösen:
Auf einem Sonderparteitag wird Angela
Merkel zur neuen Vorsitzenden gewählt,
die folgerichtig ihre Kanzlerinkandidatur
für die nächste Legislatur erklärt.
Thomas Pfeiffer, Kiel

Man kann die Bewerber an ihren Taten
messen. Armin Laschet für NRW, Jens
Spahn für den Bereich Gesundheit. Sie
sind engagiert für das Land und für die Be-
völkerung. Friedrich Merz ist nur für sich
selbst engagiert. Der große Schwätzer. Un-
beherrscht, extrem kränkbar, nachtragend
und politisch rückwärtsgewandt. Ich wün-
sche ihm, dass er Kanzlerkandidat wird,
aber nach der Wahl nicht die Regierung
stellt, weil die Grünen stärker sind oder
andere Mehrheiten zustande gekommen
sind. Mit hundertprozentiger Sicherheit
wird er sich dann nicht in der Opposition
für unser Land engagieren.
Dr. med. Eckhard Kuhn, Rosengarten (Nieders.)

Wenn das Alphatier Söder so will, kann
es das Alphatier Merz eiskalt wegkicken,
denn ohne Söders Gnaden geht da wohl
nichts. Ich habe noch nie so auf den Bay-
ern gebaut.
Angelika Boese, München

Spaßeshalber durchgedacht, was würde
passieren, wenn die CDU sich spalten wür-
de, in eine linke christliche Laschet-Partei
und eine etwas rechtere konservative
Merz-Partei – wie auch immer die dann
hießen? Die Laschet-CDU würde am lin-
ken Rand einige Wähler zurückgewinnen,
die eigentlich gern das C wählen würden,
denen die CDU aber zu konservativ war.
Die Merz-CDU würde am rechten Rand
einige Wähler von der AfD zurückgewin-
nen, die sich eigentlich nicht als ausländer-
feindlich sehen, die sich und ihre Region
aber von der Politik unverstanden und im
Stich gelassen sehen. Das politische Vaku-
um zwischen der CDU und der AfD – die
ebenfalls gespalten ist – würde geschlossen.
Matthias Riehl, Hamburg

Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht,
dass Söder als seriöser und integrativer
Kanzlerkandidat durchgehen würde? Kei-
ne gute Referenz für Merz, Laschet, Spahn
und keine gute Aussicht für die Union.
Uwe Fischbeck, Weiterstadt (Hessen)

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»Wenn Angela Merkel nicht zeitnah Platz macht, wird


es für die CDU in den nächsten Jahren sehr,


sehr schwer, zu einer Neuorientierung zu finden.«


Lorenz Gülker, Lathen (Niedersachsen)

DER SPIEGEL Nr. 9 / 22. 2. 2020

DOMINIK ASBACH / LAIF
CDU-Vize Laschet
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