Der Spiegel - 22.02.2020

(C. Jardin) #1
Außerordentliche Fähigkeiten
Nr. 7/2020 Wie das Verteidigungs -
ministerium unter Ursula von der Leyen
zur Goldgrube für McKinsey wurde
Als ehemaliger Offizier der Bundeswehr
und späterer Leiter eines international täti -
gen Beratungsunternehmens möchte ich
darauf hinweisen, dass Frau Dr. Suder si-
cherlich zu den profiliertesten Managern
im Bereich internationale Großprojekte
gehört, die ich kenne. Wer im Bundeswehr-
Beschaffungsamt mit seinen teils hochkom-
plexen Aufgaben überhaupt noch etwas

Positives bewirken will, muss neben außer -
ordentlichen Fähigkeiten und professio -
neller Vernetzung die Götter auf seiner
Seite haben. Trotz aller Bemühungen von
Dr. Suder und anderen scheint immer noch
vieles im Argen zu liegen – ein Hinweis
darauf, wie schwierig dieser Bereich der
deutschen Bundeswehr zu führen ist.
Dr. Horst Kötting, Wien

Als Zeitzeuge war ich am 13. Februar 1945
elf Jahre alt. Zur Zeit der Bombenangriffe
befand ich mich im Osten Dresdens. Am
Morgen des 14. Februar bewegte sich eine
riesige Flüchtlingskarawane in Richtung
Klotzsche. Als Schüler wurden wir einge-
setzt, diese Menschen in Notunterkünfte
zu bringen. In diesem Moment kamen
Tiefflieger und feuerten auf die Flüchtlinge,
auf die Frauen und Kinder. Diese alliierten
Mörder haben aus purer Mordlust gehan-
delt, so wie sie auch auf die Tiere des
Dresdner Zoos geschossen haben. Schöne
Befreier, kann man da nur sagen. Sie wa-
ren wirklich nicht besser als die Verlierer.
Dieter Haubold, Storkow (Brandenb.)

Wer die Dresdner Bombenopfer betrauert,
sollte immer auch das Schicksal Wieluńs
vor Augen haben. In dieser ungeschützten
polnischen Kleinstadt verloren schon am


  1. September 1939, dem ersten Kriegstag,
    etwa 1200 Zivilisten durch deutsche Bom-
    ben ihr Leben. In Wieluń hat sich übrigens
    erst 2019 erstmals ein deutscher Bundes-
    präsident vor den Opfern verneigt.
    Dr. Wolfgang Hegels, Berlin


Ich habe als Neunjähriger die Bombardie-
rung Dresdens miterlebt und begrüße die
anschauliche Schilderung der grausigen Er-
eignisse. Das Bombardieren war jedoch
eine Maßnahme, um militärische Erfolge
zu erzielen, den Widerstandswillen der
Deutschen zu brechen, nicht um die mo-
ralischen Werte zu retten. Jetzt wird das
Ganze aber zu einer Strafexpedition gegen
die deutsche Schuld umgemünzt.
Robert Eid, Hinte (Nieders.)

Am 18. Februar 1943 fragte Reichspropa-
gandaminister Joseph Goebbels im Ber -
liner Sportpalast: »Wollt ihr den totalen
Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler
und radikaler, als wir ihn uns heute über-
haupt noch vorstellen können?« Am


  1. Februar 1945 fiel die Antwort in Dres-
    den als tödliche Fracht vom Himmel.
    Hans Schinke, Offenbach (Hessen)


Schreckenskammer
Nr. 7/2020 Die Kinder von Hartz IV –
Jugendliche erzählen, wie die Sozialreform
ihr Leben geprägt hat

Es ist beschämend, dass in der reichen
Bundesrepublik Deutschland junge Men-
schen solche Bekenntnisse abliefern müs-
sen und dann noch von der Gesellschaft
ausgegrenzt werden. Es ist ein großes
Wunder, dass diese Jugendlichen nicht psy-
chologisch ins Abseits rutschen, sondern
mit Entschlossenheit versuchen, ihren Weg
aus dieser bedrückenden Situation zu fin-
den. Das ist die Jugend, an die ich glaube.
Albert Schweikardt, Stuttgart

Als nun 63-jähriges Hartz-IV-Kind, früher
sagte man dazu Sozialhilfe, hatte ich beim
Lesen Ihres Artikels den Eindruck, als
gäbe es diesen Zustand erst seit 2004. Ei-
nem Virus gleich, der 2004 ausbrach. Nee
nee, diese Zustände gibt es schon länger.
In meiner Kindheit nannte man uns Sozial -
hilfeempfänger »Sozialschmarotzer« und
»Asoziale«. Förderung und Unterstützung
gab es für uns »Asi-Kinder« überhaupt
nicht und schon gleich dreimal nicht, wenn
man in ländlichen Regionen lebte.
Erich Breuer, München


Die Kinder aus Hartz-IV-Familien, die ich
kenne, unternehmen nichts, um dort raus-
zukommen. Deren Eltern leben schon fast
15 Jahre lang von Hartz IV und finden es
gut so. In Deutschland gibt es 53 000 un-
besetzte Lehrstellen, dazu kommen Be-
triebe, die auch ungelerntes Personal ein-
stellen würden. Wir selbst, als kleiner
selbstständiger Betrieb, suchen seit drei
Jahren Personal. Wäre jemand willig, wür-
de er auch Arbeit finden, in jedem Gewer-
be. Aber da unser Staat Faulheit belohnt,
wird sich nichts ändern. Deshalb bin ich
auch für die Abschaffung von Hartz IV.
Petra Vater, Rheinsberg (Brandenb.)

Hartz IV ist die Schreckenskammer der
Gesellschaft. Die verheerenden Folgen die-
ses Armuts- und Ausgrenzungsgesetzes
sind mittlerweile unübersehbar.
Bettina Kenter-Götte, Germering (Bayern)

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Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe
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Briefe

MARCO URBAN
Staatssekretärin Suder 2015

JENS JESKE / IMAGO IMAGES
Panoramabild des zerstörten Dresden

Moralischer Bankrott
Nr. 7/2020 Der 75. Jahrestag des
Bombenangriffs auf Dresden steht im
Schatten des Rechtsrucks im Osten

Zweifellos waren die Bombardierungen
Folge des von der deutschen Führung un-
ter Hitler angezettelten Angriffskriegs ge-
gen halb Europa. Aber waren sie deshalb
gerechtfertigt? Die Autoren befürchten,
dass die deutsche Schuld relativiert würde
durch das Beklagen der Opfer. Doch we-
der wird die Kriegsschuld des Deutschen
Reichs relativiert durch die Dresdner Bom-
bardierung, noch wird diese legitimiert
durch die Angriffskriege Hitlers: Jedes Er-
eignis steht für sich und muss getrennt be-
wertet werden.
Dr. Thomas Deutschbein, Neuenburg am Rhein
(Bad.-Württ.)

Trauer ziemt sich. Nur sollte man darüber
nicht den historischen Überblick verlieren.
Wenige Jahre zuvor, 1940, hat die deut-
sche Luftwaffe Städte wie Coventry, Lon-
don und Rotterdam mit Bombenteppichen
belegt. Dabei wurden weder Wohnquar-
tiere noch Kirchen oder Spitäler geschont.
In Berichten über Dresden sollten fairer-
weise auch die Ereignisse von 1940 zur
Sprache kommen.
Dr. Alfred Troesch, Zollikon (Schweiz)

Auch wenn die Bombardierung Dresdens
völkerrechtlich nach damaligem Kriegs-
recht möglicherweise nicht als Kriegs -
verbrechen einzustufen ist, so offenbart
sie doch eine an moralischen Bankrott
grenzende totale Menschenverachtung der
damaligen englischen Militärstrategen.
Dass dem dafür Hauptverantwortlichen,
dem Luftmarschall »Bomber-Harris«, noch
1992 in London ein Denkmal gewidmet
wurde, macht fassungslos!
Reimer Thiessen, Belm (Nieders.)
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