Der Spiegel - 22.02.2020

(C. Jardin) #1
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Deutschland


Mindestlöhne für alle Europäer


EU-RatspräsidentschaftSPD-Politiker Heil für höhere Untergrenzen in Mitgliedstaaten


DER SPIEGEL Nr. 9 / 22. 2. 2020

 Bundesarbeitsminister Hubertus Heil
(SPD) will sich während der anstehenden
deutschen EU-Ratspräsidentschaft für
angemessene Mindestlöhne in der gesam-
ten EU einsetzen. »Wir wollen einen ver-
bindlichen Rahmen für Mindestlöhne
in allen EU-Staaten durchsetzen«, so Heil.
»Es ist gut, dass die EU-Kommission daran
arbeitet, und wir wollen die deutsche
Ratspräsidentschaft nutzen, damit das ein
Erfolg wird.« Die konkrete Umsetzung
bleibe Sache der Mitgliedstaaten, betont
der Minister. Damit kontert er Bedenken


etwa der skandinavischen Länder, die da -
rauf beharren, dass ihre Tarifparteien für
die Bestimmung der Mindestlöhne zustän-
dig seien. Derzeit gibt es in 21 der 27 EU-
Mitgliedstaaten gesetzliche Mindestlöhne,
jedoch variiert ihre Höhe von 1,87 Euro
in Bulgarien bis 12,38 Euro in Luxemburg.
Kommissionschefin Ursula von der Leyen
hatte angekündigt, den rechtlichen Rahmen
für Mindestlöhne in allen EU-Ländern vor-
legen zu wollen – nicht geplant hingegen
ist ein einheitlicher Mindestlohn für die ge -
samte EU. Europaparlamentarier erwägen

Vorgaben in Höhe von 60 Prozent der mitt -
leren Löhne. In Deutschland müsste der
Mindestlohn dann 12 Euro pro Stunde be -
tragen, also deutlich mehr als der bisherige
Mindestlohn von 9,35 Euro. Mitte des
Jahres übernimmt Deutschland die EU-
Ratspräsidentschaft. Heil plant am 16. Juli
ein informelles Treffen der EU-Arbeits-
und Sozialminister in Wolfsburg. Weitere
Schwerpunkte sollen die Zukunft der Ar -
beit in Zeiten der Plattformökonomie (Lie-
ferservices, Suchmaschinen) sein sowie
nachhaltige Lieferketten im Welthandel. MP

CHRISTIAN SPICKER / IMAGO

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gewählt und hat Klimapolitik zur zentralen Aufgabe ihrer neuen Regierung erklärt. Sie führt eine Koalition
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