Der Spiegel - 22.02.2020

(C. Jardin) #1
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Energie

US-Rohöl auf


dem Vormarsch


 Deutschland bezieht
immer mehr Rohöl aus den
USA. Im vergangenen Jahr
wuchs die Menge um mehr
als ein Drittel auf 5,3 Millio-
nen Tonnen. Die US-Importe
haben sich laut Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhr-
kontrolle (Bafa) gegenüber
2017 sogar versechsfacht.
Der Fracking-Boom hat die
Vereinigten Staaten zum
weltgrößten Ölproduzenten
werden lassen. In Deutsch-
land belegen die USA jetzt
Rang sechs der wichtigsten
Lieferländer, vor zwei Jahren
waren die Amerikaner nur
auf dem zwölften Platz. An
der Spitze der Bafa-Liste
steht weiterhin Russland,
allerdings hat sich das Volu-
men, das durch die Pipelines
nach Deutschland fließt,
innerhalb von zwei Jahren

um rund ein Fünftel verrin-
gert. Nach Russland folgen
nun Großbritannien, das im
Vorjahr noch Rang fünf be -
legte, und Norwegen. Aus
britischen und norwegischen
Nordseequellen stammt
knapp ein Viertel der Rohöl-
importe, die Deutschland
erreichen. Einen ähnlichen
Anteil liefern die Mitglieds-
länder des Opec-Kartells. AJU

DER SPIEGEL Nr. 9 / 22. 2. 2020


Mode


Bogner soll sparen


 Restrukturierungsexperte
Arndt Geiwitz macht Ernst
bei Bogner. Ab Montag soll
ein Team der Unternehmens-
beratung EY sechs Wochen
lang den Modehersteller nach
möglichen Einsparpotenzia-
len durchforsten. Aufgabe der
Berater sei es, so ein Geiwitz-
Sprecher, »Strukturen und
Prozesse auf Verbesserungs-
potenziale zu überprüfen
und Vorschläge zur nachhal -
tigen Verbesserung zu ent -
wickeln«. Es gehe darum, das
Unternehmen »dauerhaft
und langfristig zukunftsfähig
aufzustellen«. Geiwitz hatte
Ende November treuhände-
risch die Anteile von Firmen-
patriarch Willy Bogner über-
nommen. Der 78-Jährige hat-
te sich altersbedingt zurück-
gezogen. Bogner steht am
Scheideweg. Zwar stieg der
Umsatz in den letzten Mona-
ten leicht, doch zuletzt mach-


te die Firma gerade mal gut
300 000 Euro Gewinn. Zu
wenig, um notwendige Inves-
titionen zu finanzieren. Mit
Einzug der Berater wächst bei
Mitarbeitern die Angst vor
Jobverlust und einem schnel-
len Verkauf der Firma. Aus
dem Geiwitz-Umfeld heißt es,
es gebe zwar mehrere Interes-
senten – allerdings aktuell kei-
ne Pläne, das Unternehmen
zu veräußern. AKÜ, JS

Industrie


BDI zögert


bei Frauenquote


 Der Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI) hegt
Bedenken gegen den gemein-
samen Vorschlag von Familien-
ministerin Franziska Giffey


und Justizministerin Christine
Lambrecht (beide SPD), eine
verpflichtende Frauenquote in
Vorständen großer Aktien -
gesellschaften einzuführen. Die
geplanten Vorgaben bedeute-
ten »einen sehr harschen Ein-
griff«, sagt BDI-Mitgeschäfts-
führerin Iris Plöger. Zugleich
zeigt sie Verständnis, dass der

Gesetzgeber eine Quotenrege-
lung für erforderlich hält. »Die
Präsenz von Frauen in den
Vorständen großer Aktienge-
sellschaften ist im internationa-
len Vergleich noch zu gering«,
sagt sie. Für die BDI-Manage-
rin kommt es nun darauf an,
dass »die Regeln rechtssicher
und praktikabel« seien. »Ent-

scheidend ist, den Unterneh-
men ausreichend Zeit zu ge -
ben, um sich auf die Vorgaben
einzustellen«, sagt die Ver-
bandsmanagerin. Giffey und
Lambrecht hatten vorgeschla-
gen, dass in Konzernvorstän-
den mit mehr als drei Mitglie-
dern künftig mindestens eine
Frau vertreten sein muss. MSA

 Jeff Bezos, 56, Amazon-Chef, durchlebt offensichtlich gerade die
teuerste Midlife-Crisis der Geschichte. Erst trennte sich der welt-
reichste Mensch im vorigen Jahr von seiner Frau (teuerste Schei-
dung ever), dann kaufte er sich kürzlich für 165 Millionen Dollar
ein Anwesen in Los Angeles, der Wahlheimat seiner Geliebten (teu-
erste Hollywoodvilla ever). Dann, vor ein paar Tagen, gab er be -
kannt, dass er mit dem neu gegründeten Bezos Earth Fund zehn
Milliarden Dollar zur Rettung des Klimas ausgeben wird (eine der
teuersten Spenden ever). Neue Liebe, neues Haus, neue Vision.


Man muss dem Mann lassen, dass er Sinn hat für große Gesten.
Und, immerhin, eine Initiative zum Kampf gegen den Klimawandel
auf diesem Planeten ist sympathischer als seine Bemühungen, mit-
tels Raketen den Rest des Weltalls zu besiedeln. Mit letzterem
Unterfangen hatte Bezos bisher eher den Eindruck erweckt, er
habe die Erde schon abgeschrieben. Mehrere Be weggründe für
seine Öko-Attacke kommen in Betracht: Erstens, er will sich beim
Philanthropieren nicht von seiner Ex-Frau MacKenzie die Show
stehlen lassen, die, kaum geschieden, die Superreicheninitiative
»The Giving Pledge« mitunterzeichnete und sich damit zur Spende
von mehr als der Hälfte ihres Vermögens zu Lebzeiten verpflichte-
te. Zweitens, er will sein Geld lieber selbst sinnstiftend einsetzen,
als es dem amerikanischen Fiskus zu überlassen. Drittens, es han-
delt sich um einen Ablasshandel angesichts des gigantischen CO 2 -
Fußabdrucks, mit dem der Riese Amazon auf der Welt herumtram-
pelt. Viertens, Bezos, berühmt dafür, ganze Industrien zu disruptie-
ren oder zu amazonieren (Buchmarkt, Einzelhandel, Cloud Com-
puting etc.), stellt nun als Nächstes den Markt für Wohltätigkeiten
auf den Kopf. Fünftens? Er meint es ernst.Guido Mingels

Rettet Jeff Bezos jetzt


die Welt?


SamstagsfrageWarum der reichste Mann der Welt


plötzlich zehn Milliarden Dollar spenden will


JOERN POLLEX / GETTY IMAGES
Bogner-Model

ERIC KULIN / DESIGN PICS
Ölbohrinsel im Golf von Mexiko
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