National Geographic Germany - 03.2020

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Unterhaltungsindustrie genutzt werden.“ Der
Trainer Oikawa sagt dagegen, dass Menschen,
die die Tierethik der Shows kritisierten, Japans
Sarumawashi-Kultur nicht verstehen würden.
„Wir lieben Affen – wir sind auf ihrer Seite“, sagt
er. „Wir gebrauchen keine gewalttätigen Trai-
ningsmethoden.“

SATOSHI HARADA arbeitete als Dompteur bei
Affenauftritten, ehe er Direktor und leitender
Tiertrainer einer Affenschau namens Sen-zu
No Sarumawashi wurde, die auf Straßenfes-
ten, in Schulen und auf Partys auftritt. Als ich
ihn im Büro des Unternehmens in Kawasaki
traf, sagte er, dass er belastende Trainings-
methoden vermeiden wolle, indem er eher auf
positive Verstärkung und Zuneigung setze.
Das schließe sogar mit ein, bei den Tieren zu

Auftrittsort gereinigt. Springt ein Affe durch


zwei Reifen, verteilt er Gesundheit und ein lan-


ges Leben. Affen auf Stelzen erweitern Wünsche


nach Wohlergehen und Glück für die Kinder.


Es sei nicht einfach, die Tiere für die kom-

plizierten Kunststücke auszubilden, sagt Shuji


Murasaki. Selbst elementare Sarumawashi-


Tricks können über ein Jahr Lernzeit bean-


spruchen. In einem ersten Schritt lerne der Affe,


sich auf einen kleinen Schemel zu setzen. Der


Trainer zeigt den Schemel und klopft, damit


der Affe Platz nimmt. Ist er willig, überschüt-


tet der Trainer ihn mit Lob und Anerkennung.


Als Nächstes kommt das zweibeinige Laufen.


„Sehr unnatürlich für Affen“, betont Murasaki,


weshalb es Monate dauern könne, in denen der


Trainer einen Affen an der Hand führe, bis das


Tier beginne, dies auf Befehl zu tun.


Allmählich arbeiten sich Trainer und Affe zu

aufwendigeren Bewegungen und Turnübun-


gen vor. Das Tier bewältigt kurze Stelzen, dann


höhere. Murasaki und sein Sohn erlauben den


Affen, das Tempo zu bestimmen, sagt er, weil


die Alternative – Geschrei oder Schläge – Ver-


trauen kosten würden.


Die Trainingsmethoden sind jedoch unter-

schiedlich. Bei meinem Besuch im Nikko Saru


Gundan sagte mir Tsuyoshi Oikawa, der seit


20 Jahren dort Trainer ist, dass Tierbetreuer


traditionell Dominanz anwendeten, um den


Affen beizubringen, dass Menschen höherran-


gig seien. Um eine Hackordnung festzulegen,


würden sie brüllen und die Affen sogar beißen.


Er sagte, er arbeite mit Lob und verbaler Maß-


regelung. „Wir behandeln sie wie unsere Kinder.


Wenn sie gute Leistungen bringen, sagen wir:


Gut gemacht. Wenn nicht, schimpfen wir sie.“


Weltweit stoßen Attraktionen wie das Nikko

Saru Gundan auf wachsende Kritik von Men-


schen, die aus moralischen Gründen dagegen


sind, wilde Tiere für Unterhaltungszwecke


zu instrumentalisieren. „Die Welt ist empört


über reißerische Tierdarbietungen, weshalb


Zirkusse schließen und viele Länder sie ver-


bieten“, sagte Jason Baker, Vizepräsident der


Tierschutzorganisation Peta in Asien. „Leider


hat die Geschichte uns gezeigt, dass wir uns


nicht darauf verlassen können, dass Länder


Tiere schützen, vor allem Japan, wo Tierschutz-


gesetze kraftlos sind. Niemand überwacht


Lebensbedingungen, vorbereitendes Training,


Trennung von der Mutter oder was mit den


Tieren geschieht, wenn sie nicht mehr von der


In traditionellen Saru-
mawashi­Aufführungen
betreut ein Dompteur
den Affen bei akroba­
tischen Kunststücken.
Im Freizeitpark Nikko
Saru Gundan werden
glitzernde Produktio­
nen mit bis zu sechs
Affen, einem Drehbuch,
aufwendigen Bühnen­
bildern und mehreren
Kostümwechseln auf­
geführt. Aus Sorge um
das Tierwohl stehen
solche Shows immer
mehr in der Kritik.

112 NATIONAL GEOGRAPHIC

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