National Geographic Germany - 03.2020

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Die zweite Bergwande-
rung in Barbara Wash-
burns Leben führte sie
1941 auf den 4153 Meter
hohen Mount Hayes.
Sechs Jahre später über-
blickte sie den Denali-
Pass (l.) an Nordamerikas
höchstem Gipfel.
FOTOS: BRADFORD WASHBURN


„ICH MACHTE MIR NICHT
WIRKLICH GEDANKEN
DARÜBER, DIE ERSTE FRAU AUF
EINER RICHTIGEN ALASKA-
EXPEDITION ZU SEIN. ICH
WUSSTE NUR, DASS ICH ALS
EINZIGE FRAU EINFACH
MITHALTEN MUSSTE.“

BARBARA


WASHBURN


1914–2014

Erste Frau auf dem Denali;
kartografierte mit ihrem
Mann Bradford Washburn
den Grand Canyon

Barbara Washburns Leben auf den
höchsten Gipfeln der Welt begann
1939 mit einem Bewerbungstipp ihres
Briefträgers. Die Stelle – Sekretärin für
Bradford Washburn, Direktor des New
England Museum of Natural History –
interessierte sie nicht besonders. „Ich
wollte nicht in diesem stickigen alten
Museum arbeiten“, sagte sie später,
„und ganz sicher auch nicht für einen
verrückten Bergsteiger.“
Ein Jahr später stand die Frau, die
noch nie zelten gewesen war, auf dem
3094 Meter hohen Mount Bertha in
Alaska. Sie hatte den Bergsteiger gehei-
ratet. Ein weiteres Jahr später erreich-
ten die beiden mit ihrem Team als Erste
den Gipfel des 4153 Meter hohen Mount
Hayes. Sie trug Kälteschutzkleidung
für Männer; für Frauen gab es damals
noch keine. Auf einem besonders trü-
gerischen Berggrat übernahm Barbara
die Führung, da das Team befand, sie
sei leicht genug, um sie hochzuziehen,
falls der Boden unter ihr nachgab. 1947
ließen Barbara und Bradford ihre drei
Kinder zu Hause und bestiegen den
Mount McKinley (heute Denali). Nach
der fast zweimonatigen Tour genoss
Barbara als erste Frau die Aussicht von
Nordamerikas höchstem Punkt.
Da Bradford gelernter Kartograf
war, unternahm das Ehepaar auch
ehrgeizige Kartierungsprojekte. Ab
1970 erstellten beide mithilfe von Luft-
aufnahmen, Lasermessgeräten und
einem Streckenmesser für die National
Geographic Society eine vollständige
Karte des Grand Canyon. Das Projekt
dauerte sieben Jahre und erforderte
fast 700 Helikopterflüge. Sie verma-
ßen außerdem die White Mountains
in New Hampshire und den Denali.
1988 gehörten sie zu den 15 Entde-
ckern – darunter Edmund Hillary,
Jacques-Yves Cousteau und Mary und
Richard Leakey –, denen der Centen-
nial Award der National Geographic
Society verliehen wurde. Bis ins hohe
Alter bewarben sich die Washburns
noch für Stipendien der National Geo-
graphic Society für Projekte wie die
Untersuchung der Schneetiefe auf dem
Mount Everest.
Barbara starb 2014, sieben Jahre
nach ihrem Mann und nur zwei
Monate vor ihrem 100. Geburtstag.

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