Phosphor besteht. Das Werk werde keinen Abfall
produzieren, so Nienhaus. Bei meinem Besuch
war es in der Testphase. Nienhaus präsentierte
ihre erste Partie Phosphorasche in einer kleinen
Schüssel – wie Körnchen aus einem Goldfund.
Früher betrieb jeder Bauer Kreislaufwirtschaft.
er hielt nur so viel Nutzvieh, wie das eigene Land
ernähren konnte, und diese Tiere schieden nicht
mehr Kot aus, als der Boden aufnehmen konnte.
Industrielle Nutztierhaltung durchbrach diesen
Kreislauf. Anlagen wie die von Doris Nienhaus
könnten den Kreis wieder schließen.
Als der US-Amerikaner Eben Bayer 2006 seine
Erfindung machte, war er Maschinenbaustu-
dent. Er besuchte ein Seminar für angehende
Erfinder, er hatte „Cradle to Cradle“ gelesen, und
das Problem, mit dem er sich beschäftigte, waren
giftige Kleber in Spanplatten und Glasfasern.
Bayer war auf einer Farm in Vermont aufgewach-
sen und hatte viele Stunden damit verbracht, bei
der Herstellung von Ahornsirup Holzschnitzel
in einen Heizkessel zu schaufeln. Die Holz-
schnitzel klebten zusammen – offenbar weil
sie von einem Pilzmyzel besiedelt waren, dem
dichten Netz von mikroskopischen Fasern, den
Wurzeln von Pilzen. Bayer fragte sich: Könnten
Pilze einen harmlosen Klebstoff produzieren?
Das erste Produkt, das er und sein Partner
Gavin McIntyre für ihr Start-up Ecovative
Design herstellten, war Verpackungsmaterial.
Sie impften gemahlene Hanffasern oder Holz-
schnitzel mit kleinen Mengen eines Myzels, und
die winzigen weißen Wurzeln füllten die Lücken
zwischen den Partikeln, verflochten und ver-
klebten sie. Die beiden fanden heraus, dass man
diesen Stoff in jeder beliebigen Form züchten
kann. Er hört auf zu wachsen, wenn man ihm die
Feuchtigkeit entzieht. Wenn man ihn nicht mehr
braucht, kann man ihn kompostieren. In den
letzten zehn Jahren hat Ecovative über 450 000
Kilogramm Verpackungsmaterial für Kunden
produziert, die bereit sind, für Nachhaltigkeit
ein wenig mehr zu zahlen.
In letzter Zeit haben sie sich Größerem zuge-
wendet – Dingen, die zu 100 Prozent aus Pilzen
bestehen. Im Boden bildet das Myzel Schichten
aus einem Geflecht wurzelähnlicher Fäden; wenn
es an die Luft kommt, bildet es Pilze. Ecovative
fand heraus, wie man das Myzel dazu bringen
kann, eine stabile Mikroschicht nach der ande-
ren zu produzieren. „Das ist wie ein biologischer
3-D-Drucker“, sagt Bayer. Mit dem Geld von
Investoren sowie 9,2 Millionen Dollar der DARPA,
Ölraffinerie als billige Energiequelle vorhanden
war. Später beschaffte das Unternehmen sich
Gips, der in einem nahe gelegenen Kohlekraft-
werk bei der Rauchgasentschwefelung anfällt.
All das geschah zuerst nicht aus Umweltschutz-
gründen, doch die Kalundborg Symbiosis, so
Randers, reduziere die Kohlendioxidemissionen
um 635 000 Tonnen pro Jahr und spare den Mit-
gliedern 24 Millionen Euro.
In Westfalen gibt es einen berühmten Schin-
ken und nicht zufällig viele Schweine. Hier hat
Doris Nienhaus, die für den Bauernverband
arbeitet, eine Lösung für eines der größten
Probleme der Region gefunden: zu viel Schwei-
negülle. Wenn zu viel Gülle auf den Feldern
ausgebracht wird, gelangt Nitrat in das Grund-
wasser. 27 Prozent der deutschen Grundwasser-
körper sind laut Umweltbundesamt mit Nitrat
verunreinigt. Die Viehhalter im Kreis Borken, wo
Doris Nienhaus lebt, müssen ihre Gülle daher in
weit entfernte Regionen transportieren lassen,
die nicht überdüngt sind. 36 000 Euro im Jahr
zahlt ein typischer Familienbetrieb für den Gül-
letourismus. „Irgendwann ist das nicht mehr
wirtschaftlich“, sagte Nienhaus.
Nienhaus ist keine Ingenieurin, und doch
funktioniert ihre Lösung im industriellen Maß-
stab: Es ist eine Anlage, die Mineraldünger –
Phosphor, Stickstoff und Kalium – aus der Gülle
gewinnt. Sie konnte 90 Bauern davon überzeu-
gen, Miteigentümer zu werden und 7,5 Millio-
nen Euro zu investieren. Die auf ihren Höfen
anfallende Gülle wird in einer Biogasanlage von
Mikroorganismen verstoffwechselt. Das ent-
standene Biogas erzeugt im Blockheizkraftwerk
Strom und Wärme, wobei überschüssiger Strom
ins Netz eingespeist wird. Das übrigbleibende
Gärprodukt wird mit riesigen Zentrifugen und
einem speziellen Polymer in eine feste und eine
flüssige Phase getrennt. Die flüssige Phase ist
reich an Stickstoff und Kalium und wird als Flüs-
sigdünger verwendet. Die feste Phase kommt
in eine Verbrennungsanlage. Übrig bleibt eine
graurosafarbene Asche, die zu 35 Prozent aus
Am 14. März dreht sich bei
NATIONAL GEOGRAPHIC
alles um Müll. 15.50 Uhr: Activate: Die Global
Citizen Bewegung; 16.40 Uhr: Operation
Plastiki: Build It; 17.35 Uhr: Operation Plastiki:
Sail it; 18.25 Uhr: Jackie Chans Helden für die
Umwelt; 19.15 Uhr: Das Recycling-Haus.
Mehr unter: nationalgeographic.de/spotlight
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