National Geographic Germany - 03.2020

(backadmin) #1
Herr Arndt, eine Bienenhöhle zu
fotografieren, bedurfte technischer
Planung. Wie sind Sie vorgegangen?
Meine Hütte und das Innere der
Höhle waren mit Rotlicht beleuch­
tet. Es wird von den Bienen nicht
wahrgenommen und stört ihr Ver­
halten nicht.
Fotografiert habe ich mit einer
hochauflösenden Spiegelreflex­
kamera. Honigbienen sind sehr
klein, deshalb kamen vor allem
Makro­ und Lupenobjektive zum
Einsatz. Um die schnellen Bewe­
gungen einzufangen, habe ich
fast immer Blitzlicht verwendet.
Für ein weiches und natürli­
ches Licht kamen mehrere Blitze
gleichzeitig zum Einsatz, die
zusätzlich mit Softboxen ausge­
stattet waren. Schließlich, wich­
tig: immer eine Imkerjacke mit
Gesichtsschutz tragen! Bienensti­
che sind schmerzhaft!

In Ihrem letzten großen Fotoprojekt
haben Sie das Leben von Pumas in
Chile dokumentiert (siehe NATIO­
NAL GEOGRAPHIC 12/2018). Haben
Sie mit den Bienen bewusst den Kon­
trast gesucht?
Gewissermaßen ja. Die Pumas
waren etwas ganz Besonderes.
Diese wunderschönen, eleganten
Raubkatzen in der dramatischen
Landschaft Patagoniens zu foto­
grafieren, ist eigentlich nicht zu
übertreffen, daher musste ich im
Anschluss etwas völlig anderes

machen. Als ich auf die wild leben­
den Honigbienen in unseren Wäl­
dern stieß, war klar: Das ist das
perfekte Thema nach den Pumas.

Obwohl Sie im eigenen Garten foto­
grafiert haben, waren die Vorbe­
reitungen, einschließlich Bau einer
Beobachtungshütte, sehr aufwen­
dig. Was reizt Sie an einer solchen
Arbeit?
Ich bin seit vielen Jahren auf
umfangreiche Tiergeschichten
spezialisiert. Es kommt mir da­
rauf an, so tief wie möglich in ein
Thema einzutauchen, statt nur
an der Oberfläche zu kratzen. Es
stimmt, dafür sind viel Zeit und
Aufwand nötig. Eventuell kom­
men aber Dinge zum Vorschein,
die noch nie jemand fotografiert
hat. Eine neue, überraschende
Sichtweise auf das Motiv ist mir
wichtig. Dafür ist das Bienenpro­
jekt ein prima Beispiel.

Die wilde Honigbiene ist ein Wald­
insekt. Wäre es nicht möglich gewe­
sen, ihr Leben in freier Natur zu
fotografieren?
Ich war zunächst mit Benjamin
Rutschman und Patrick Kohl,
zwei Doktoranden der Universität
Würzburg, im Hainich National­
park und auf der Schwäbischen
Alb unterwegs. Sie sind die ers­
ten Wissenschaftler, die intensiv
Feldforschung an Honigbienen in
unseren Wäldern betreiben. Die

NEUGIERIGER NACHBAR


OB RAUBKATZEN ODER UNSERE HEIMISCHEN HONIGBIENEN:

INGO ARNDTS FOTOS ZEIGEN WILDE TIERE IN GROSSER NÄHE.

DAFÜR VERTIEFT SICH DER FOTOGRAF MONATELANG IN SEINE PROJEKTE.

80 NATIONAL GEOGRAPHIC

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