nach Hause. Als sie angekommen war, tobte in
ihrem Dorf der Krieg. Margee Ensign und ihre
Mitarbeiter fuhren nach Chibok und kehrten mit
zwei Minibussen voller geretteter Schülerinnen
zurück, die an der AUN weiterlernen wollten.
Zwei Dutzend Schülerinnen zogen auf den
Campus, der von einer hohen Mauer umgeben
ist und von Sicherheitsbeamten in nagelneuen,
roten Uniformen bewacht wird. Sie besuchten
die New Foundation School (NFS), ein auf die
jungen Frauen aus Chibok zugeschnittenes Pro-
gramm zur Vorbereitung auf das College.
IM LAUFE DER NÄCHSTEN BEIDEN JAHRE wurde
keine der vermissten Schülerinnen freigelassen.
Gerüchte über die entsetzlichen Bedingungen in
Gefangenschaft machten die Runde – Zwangs-
heirat, Versklavung, Hungersnot. Dann flüch-
tete im Mai 2016 die Chibok-Schülerin Amina
Ali mit ihrem Baby aus dem Wald. Fünf Monate
später bot die nigerianische Regierung Berich-
ten zufolge Boko Haram im Austausch für die
Freilassung von 21 Mädchen Geld und Gefan-
gene. Stark unterernährt brachte man sie in der
Hauptstadt Abuja in ein Krankenhaus, wo sie
einem Psychiater, einem Arzt, einem Sportthe-
rapeuten, einem Imam und einem Sozialarbeiter
vorgestellt wurden. Sie berichteten, die Kämpfer
hätten sie vor die Wahl gestellt: zum Islam kon-
vertieren und heiraten oder Sklavinnen werden.
Die meisten hatten sich für die Versklavung ent-
schieden, hieß es in den Medien.
Im Mai 2017 kamen weitere 82 Mädchen frei.
Die Bilder vom tränenreichen Wiedersehen mit
ihren Eltern gingen um die Welt. In den USA sah
Patience Bulus die Nachrichten und ging die
Liste der freigelassenen Schülerinnen durch. Als
sie auf den Namen Esther Joshua stieß, machte
ihr Herz einen Sprung. Als Patience erfuhr, dass
die 103 kürzlich freigekommenen Mitschüle-
rinnen ebenfalls an der AUN lernen würden,
schrieb sie einer Freundin eine SMS: Esther
soll mich anrufen, sobald sie in Yola ankommt.
Im September 2017 wuchs die Zahl der Chibok-
Mädchen, die an der AUN untergebracht waren
Sonntags besuchen die
jungen Frauen an der
AUN den Gottesdienst.
Zum Ende des Studi-
enjahrs appellierte Pas-
tor Raymond Obindu
an sie, ihr Studium im
Herbst fortzusetzen.
In dieser Region be -
sucht nicht einmal
die Hälfte der Mäd-
chen die Grundschule
oder sie verlassen die
Schule, um zu heiraten.
DIE CHIBOK-SCHÜLERINNEN 93