2020-02-28 trend

(Jacob Rumans) #1

HANS MAHR
ist als Medienbe-
rater mehr als die
Hälfte des Jahres
unterwegs und
berichtet an dieser
Stelle einmal im
Monat über seine
Erlebnisse beim
Essen, Trinken und
Reisen.


Vom Sæmundur í Sparifötunum ins Fjörukráin, weiter zum Matur og Drykkur
und am Ende ins Dill. Ja, wir sind in Island gelandet und kosten uns
durch Steckrüben, Rote Bete mit Blaubeeren, fermentierten Dorsch,
Dreierlei vom Kabeljau und Gänsebrust mit Seealgenbutter. Und: ja, es schmeckt.

Hai im festlichen Anzug


ES WAR 2010, als der Vulkan mit dem unaus-
sprechlichen Namen Eyjafjallajökull Island ver-
finsterte – und nicht nur Island: Rauch und Vulkan-
dampf brachten auch einen Gutteil des europäischen
Flugverkehrs zum Erliegen. Von da an wussten die
meisten, wo dieses Island überhaupt liegt.
Sechs Jahre später, bei der Fußball-EM in Frank-
reich, machten die „Huh! Huh!“-Chöre der isländi-
schen Fußballfans Furore und gingen rund um die
Welt. Plötzlich gab’s eine Menge Sympathie für
Island. Und viele wollten dorthin. Und das zu Recht:
Vulkane, Geysire, heiße Quellen und die herzigen
Islandponys, dazu – wie ich mich informiert habe –
noch eine hochinteressante Küche, die sogar ausge-
wiesene Feinschmecker faszinieren soll.
Also, mit einiger Verspätung, nix wie hin nach
Island. Ich gebe zu, die minus zehn Grad tagsüber
und minus 15 Grad in der Winternacht sind nicht
gerade einladend, aber wer etwas Außergewöhnliches
erleben will, muss eben auch was in Kauf nehmen.
Angekommen in Reykjavík geht es abends sofort
aufs Schiff, um im wärmenden Ganzkörperanzug die
Nordlichter zu erspähen – und dann gleich weiter ins

erste isländische Wirtshaus, das mir nordische
Freunde empfohlen haben. „Sæmundur í Sparifötun-
um“ heißt es ganz literarisch. Die Übersetzung des
freundlichen Kellners klingt ein bisschen banaler:
„Hai im festlichen Anzug“.
Ganz festlich geht’s dort allerdings nicht zu, son-
dern eher zünftig: Zwölf verschiedene Biersorten, da-
von sechs vom Zapfhahn, und dazu ein Schnaps, um
nach dem nordlichternden Schiffstrip auch von innen
wieder aufzuwärmen. Die erste Begegnung mit der
isländischen Küche bringt einen Hummus aus Roten
Rüben und Pistazien, der geräucherte Lachs kommt
mit Pastinakenchips und Kräutermayonnaise und
das isländische Lamm mit Pilzen und Rotkraut. Gar
nicht so schlecht, wobei man sich an den angeblich
sonnengetrockneten Kabeljau als Vorspeisensnack
noch etwas gewöhnen muss.
Wer’s noch etwas deftig-origineller haben will, der
fährt 20 Minuten weiter nach Süden, nach Haf-
narfjörður, wo für die Touristen ein echtes „Viking
Village“ aufgebaut ist. „Fjörukráin“ heißt der Touris-
ten-Wikinger, und dort gibt’s isländische Hardcore-
Küche für alle, die es probieren wollen: fermentiertes

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98 TREND | 09/2020

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