2020-02-28 trend

(Jacob Rumans) #1

zer dämmerung


E

s ist extrem selten, dass die
Swarovskis in der Öffent-
lichkeit über Zahlen spre-
chen, noch dazu über sol-
che, die in der Zukunft lie-
gen. Umso bemerkenswerter
war, dass CEO Markus
Langes-Swarovski vor einem Jahr für
2019 selbstbewusst den größten Umsatz-
sprung seit Langem ankündigte. Ein Plus
von sieben Prozent auf 3,75 Milliarden
Euro – das wäre ein neuer Rekord und
genau die fein geschliffene Erfolgsschlag-
zeile, die zum 125-Jahre-Jubliäum pas-
sen würde.
Wenn er im März die tatsächlichen
Zahlen auf den Tisch legt, dürfte MLS, so
sein Kürzel, deutlich leiser sein. „Heraus-
fordernder als erwartet“ sei 2019 verlau-
fen, lässt er den trend wissen, getrieben
durch „ein schwieriges Marktumfeld“.
Übersetzt heißt das: Das Ziel wurde
verfehlt. Noch deutlicher spricht es nun
die in London lebende Nadja Swarovski-

Im 125. Jahr des


Bestehens liegen


Licht und Schatten


bei SWAROVSKI eng


beieinander. Der


Kristallkonzern hat


sich in der globalen


Glamourwelt fix etabliert.


Doch das jüngste


Wachstumsziel wurde


verfehlt, und über dem


bisher größten Einzel-


markt China schweben


viele Fragezeichen.


Adams aus, wie Markus Mitglied des
Executive Board, des höchsten Leitungs-
gremiums: Sogar „etwas schwächer als
das Vorjahr“ sei 2019 ausgefallen, verriet
sie der Schweizer „Handelszeitung“.
Über die Gründe hält sich die fünfte
Swarovski-Generation bedeckt. Neben
der allgemein schwach gewordenen In-
dustriedynamik ist aber vor allem das
China-Geschäft ein Risikofaktor gewor-
den. Nach konsequenter Aufbauarbeit
hat das 1,4-Milliarden-Einwohner-Reich
2017 die USA als größten Einzelmarkt
überholt. Doch im August letzten Jahres
geriet die Marke ins Visier des kommu-
nistischen Regimes, weil Hongkong auf
der lokalen Swarovski-Homepage als
eigenes Land ausgewiesen war – ein poli-
tisches No-Go in den aufgeheizten Zeiten
der Studentenproteste in der ehemaligen
britischen Kronkolonie. Swarovski-Ba-
shing in staatlich kontrollierten sozialen
Medien war die Folge.
Der Start ins Jahr 2020 fiel noch
schlechter aus. Ein Großteil der Swa-
rovski-Geschäfte, von denen es 400 in
China gibt, ist in den vom Coronavirus
am stärksten betroffenen Provinzen ge-
schlossen. Aber nicht nur im eigenen
Land, sondern auch in den noblen Ein-
kaufsmeilen des Westens fallen wegen
Gruppenreiseverbots und Flugstopps die
chinesischen Shopper aus: „Für das lau-
fende Geschäftsjahr wird mit einem
deutlichen Umsatzrückgang in China ge-
rechnet“, so eine Swarovski-Sprecherin.
Auch in den Kristallwelten Wattens und
den Geschäften in Innsbruck und Wien
spürt man aufgrund des Coronavirus
einen Rückgang von Gästen aus Asien.
Das betrifft auch die kleineren Swa-
rovski-Sparten, die ebenfalls global aufge-
stellt sind: Der Industriezulieferer Tyrolit
mit Sitz in Schwaz, spezialisiert auf
Schleif- und Trennmittel, berichtet von
einem mühsamen Jahresbeginn aufgrund
der behördlich verordneten Werksschlie-
ßungen: „Im Jänner sind uns in China
die Umsätze teilweise weggebrochen“, so
Tyrolit-CEO Christoph Swarovski, der
hofft, dass ein Teil des Fehlstarts im Lauf
des Jahres aufgeholt werden kann. Nach-
satz: „Unsere Abhängigkeit von China ist
nicht so groß, dass das die Tyrolit-Gruppe
in eine Verlustsituation bringen würde.
Davon sind wir weit entfernt.“

KRISENTEST. Das Paradeunternehmen
ist somit ausgerechnet im Jubiläumsjahr
einem Test ausgesetzt, wie krisenfest es
VON BERNHARD ECKER seit der Wirtschaftskrise vor mehr

Swarovski-Konzernumsatz
in Mrd. Euro

1,92

0,548
0,087

2,67 (+39 %)

0,676 (+23 %)
0,156 (+79 %)

3,5
(+37 %)
2,55

Kristall

Tyrolit

Optik

2007 2018 (Vergleich zu 2007) QUELLE: UNTERNEHMENSANGABEN
Mitarbeiter im Swarovski-Konzern

(Vergleich zu 2007)

8.700

6.500 (–25 %)
22.000

34.500 (+57 %)

13.300 28.000

2007 2018

Mitarbeiter
in Tirol

Mitarbeiter
außerhalb Tirols

QUELLE: MEDIENBERICHTE

AUF SICHT. Die Produktion hat CEO Markus
Langes-Swarovski 2015 aus China abgezogen.
Doch mit 400 Shops ist es größter Einzelmarkt.

ECKDATEN. Im Vergleich zur Zeit vor der Krise
ist der Konzern um mehr als ein Drittel ge-
wachsen. Der Mitarbeiterstand hat global noch
stärker zugelegt, ist aber in Tirol geschrumpft.

09/2020 | TREND 27

FOTOS: GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM/APA/BARBARA GINDL

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