2020-02-28 trend

(Jacob Rumans) #1

Zukunft, ein


Morgens hat sie noch schnell ein Foto ge-
schossen. So viel Zeit muss sein, auch
wenn es der Terminkalender nicht wirk-
lich erlaubt. „Schon toll, was Smartpho-
nes heute alles können“, sagt Sabine
Herlitschka. Das Kaiserwetter über
Villach zu dokumentieren, ist aber nicht
der Hauptjob der Infineon-Österreich-
Chefin, die als oberste Bauherrin Öster-
reichs spektakulärste Baustelle über-
wacht – die Errichtung einer Chipfabrik
mit 60.000 m^2 Bruttogeschoßfläche.
„Willkommen bei der spannendsten und
größten Investition in Europa, in Öster-
reich und selbstverständlich in Kärnten.“
Bis zum Jahr 2025 wird der deutsche
Halbleiterkonzern hier 1,6 Milliarden
Euro investiert haben, bereits im kom-
menden Jahr soll die vollautomatisierte
Fabrik anlaufen. Herlitschka schlägt mit
der Smartphone-Episode die Brücke zu
etwas, das sie natürlich viel mehr um-
treibt als das Villacher Wetter.
Herlitschka ist nicht nur das Gesicht
von Infineon Österreich. Sie versucht in
ihrer Funktionen als Vorsitzende beim
EU-Programm ECSEL, eine europäische
Technologiepolitik anzuschieben und die
Forschungsleistungen der europäischen
Elektronikindustrie sichtbar zu machen.
Ohne diese Chips funken keine Smart-
phones, fahren keine Autos, keine Züge,
zahlt keine Bankomatkarte – keine Digita-
lisierung ohne die kleinen Dinger. „Mehr
als jedes dritte Smartphone ist mit Mikro-
fonchips von uns bestückt“, erzählt sie.
„Begonnen hat das vor Jahren mit einer
Dissertation über Siliziummembran und
Schall hier in Villach.“ Dann lässt sie ihre
Gesprächspartner gern raten: „Wollen sie
schätzen, was das als Zulieferprodukt kos-
tet?“ Man einigt sich auf 30 Cents.
Herlitschka bringt das Dilemma der
europäischen Halbleiterindustrie auf den
Punkt: Eine Schlüsselindustrie, von Ver-
brauchern und der Politik strategisch un-
terschätzt. Flugs ist sie schon bei ihrer
Lieblingsfolie mit einer Grafik, die zeigt,
wie asiatische und amerikanische Chip-
hersteller den Weltmarkt unter sich auf-
teilen: „In Europa gibt es gerade noch
drei Hersteller, die da mitspielen dürfen.
Und die gehören nicht zu den größten.
Trotzdem wird hier in Europa so wenig
gefertigt, weil viele aus Kostengründen
weggegangen sind.“ Dramaturgische
Pause: „Es geht nicht um China-Bashing
oder Protektionismus. In diesem Kontext
findet unsere Investition statt.“

Bagger, Kräne und Tonnen von


Stahl werden heute aufgefahren,


damit morgen die kleinsten


Bauteile der Digitalisierung


vom Band laufen können.


Besuch auf Österreichs


spektakulärster BAUSTELLE,


der von INFINEON


in Villach.


ALLES IM PLAN.
Sabine Herlitschka,
Infineon-Österreich-
CEO, und Projektleiter
Andreas Wittmann auf
der Großbaustelle für
VON BARBARA STEININGER das neue Chipwerk.

32 TREND | 09/2020

TREND
WIRTSCHAFT

ÖSTERREICH

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