2020-02-28 trend

(Jacob Rumans) #1
werden. Dabei soll es nicht bleiben: Er wolle so
viel ausgeben, wie nötig ist, um jedenfalls Trump
zu schlagen: „Hoffentlich bleibt es bei unter einer
Milliarde“, meinte er nur halb im Scherz.
Aber Geld allein ist doch nicht alles: Beim ers-
ten TV-Duell der Demokraten mit seiner Beteili-
gung schnitt Bloomberg nicht gut ab, schlechter
jedenfalls als seine drei derzeitigen Hauptkonkur-
renten: der linke Bernie Sanders (mit 78 Jahren
Heros der Jungen, auch vieler Studenten in
Stanford), die moderat linke Senatorin Elizabeth
Warren und der neue „Mitte“-Star Pete Buttigieg.
In den landesweiten Umfragen liegt Bloomberg
im demokratischen Feld bei etwa 15 Prozent, auf
Platz zwei hinter Sanders.
Dennoch werden Bloomberg immer noch gute
Chancen für eine Kandidatur zugebilligt. Weil er
weiter riesige Summen für TV- und Internetwer-
bung ausgeben kann, eben auch landesweit. Bloom-
berg hat auf die Teilnahme an den ersten vier Vor-
wahlen verzichtet, erst am 3. März steigt er voll ein:
am „Super Tuesday“ kandidiert er in gleich 14 Staa-
ten. Trump polemisiert
bereits voll gegen „Mini
Mike“ und spricht ausge-
rechnet Sanders Mut zur
eigenen Kandidatur zu.
Pfeffer meint, Bloom-
berg sei ein völlig ande-
rer Verhandlungstyp als
Trump: „Bloomberg ist der
am besten vorbereitete Ver-
handler, den ich kenne“:
Er argumentiere sehr
„ evidence-baced“, voll ori-
entiert nach Fakten und
Daten. Er höre seinem Ge-
genüber stets sehr gut zu, beantworte aber nur die
Fragen, die er gerne höre. Die anderen verhandeln
meist für ihn. Dann aber erscheine er oft persönlich
(öfter als andere Superstars der Wirtschaft), um
allenfalls vom bereits erzielten und nicht so tollen
Ergebnis seiner Vorverhandler signifikant abzu-
weichen und als letzter Entscheidungsträger einen
schnellen Umschwung einzuleiten. Bloombergs
Credo ist Stanford-like: „Ein fairer Deal muss
keinesfalls in irgendeinem Punkt ein 50/50 enthal-
ten“, das sei eine mathematisch unwahrscheinliche
Abbildung der wirklichen Situation.
In diesem Punkt stimmt er übrigens mit Trump
überein. Pfeffer meint: Trump sei im Gegensatz zu
Bloomberg als schlecht vorbereiteter Verhandler
bekannt – freilich aus seiner Zeit als Unternehmer.
Als Wahlkämpfer wirkt Trump jedoch gut vorbe-
reitet, seine Social-Media-Maschine funktioniert
extrem gut. Sollte es wirklich zu einem derzeit
noch unwahrscheinlichen Zweikampf zwischen
Trump und Bloomberg kommen, ist eines gewiss:
Irgendeinen Deal zwischen den beiden wird es
nicht geben, nicht einmal ein faires Duell.

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Studenten: Sie sollten verstehen, wie die Welt
der Erfolgreichen und Mächtigen funktioniere.
Pfeffers Haupterkenntnis nach 40 Jahren For-
schung: Jegliche menschliche Interaktion sei auf
gegenseitigen Forderungen aufgebaut. Und: So
etwas wie „Authentizität“ gebe es gar nicht. Jeder
Mensch habe so viele verschiedene Seiten, dass es
kein echtes „Ich“ gebe. Wir sind bei unseren
Schwiegereltern anders als im Job, anders als in
der Öffentlichkeit, anders als im privaten Sport.
Jedes Mal zeigen wir eine andere Seite von uns.
Was bedeute das für persönliche, wirtschaftli-
che und/oder politische Verhandlungen? Pfeffer:
Keine Seite der „Dealmaker“ werde jemals wirk-
lich selbstlos ein Ziel aufgeben, sondern stets nur
versuchen, diesem mit „optimierten“ Strategien
möglichst nahe zu kommen. Auch scheinbares
Nachgeben oder das berühmte „Sich-in-der-Mit-
te-Treffen“ diene stets nur dem persönlichen
Vorteil, nicht der abstrakten Fairness.
Pfeffer wird derzeit natürlich auch immer
wieder zur zurzeit heißesten Aktie im Präsident-
schaftsrennen der USA befragt: Michael Rubens
„Mike“ Bloomberg, dem Gründer der Unterneh-
men Bloomberg L.P. und Bloomberg Television,
von 2002 bis 2013 Bürgermeister von New York.
Einst war er auch Republikaner (so wie Trump
auch einst Demokrat), heute gilt er auch in Stan-
ford vielen Beobachtern als größte Hürde für die
Wiederwahl des jetzigen Präsidenten.
Nicht zuletzt wegen seines persönlichen Ver-
mögens, das mit 63 Milliarden (!) Dollar auf das
Mehrfache jenes von Trump geschätzt wird.
Bloomberg steckte bis jetzt etwa 400 Millionen
Dollar in den Versuch, kommenden November
zum nächsten Präsidenten der USA gewählt zu

II Kein Deal-


maker wird


selbstlos ein
Ziel aufgeben.

Auch Nachge-


ben dient nur


dem eigenen


Vorteil. II


09/2020 | TREND 87

FOTO: BEIGESTELLT


TWITTER-CHEF OMID
KORDESTANI MIT ROBIN
LUMSDEN IN EINER
STANFORD-KLASSE (und
der trend-Titelgeschichte
an der Wand): So laufen
schwierige Verhandlungen
bei den Silicon-Valley-
Giganten.
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