Frankfurter Allgemeine Zeitung - 10.03.2020

(Marcin) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Medien DIENSTAG, 10.MÄRZ 2020·NR.59·SEITE 13


W

er glaubt, Hassund Hetze
kämen imNetz immer nur
vonrechts, solltesichein-
mal ansehen,vonwelcheiner Twitter-
BlaseFriedrichMerzverfolgt wird. Es
vergeht kein Tag, an dem derParteivor-
sitzkandidat der CDU nicht zur Ziel-
scheibevonAngriffen wird, an denen
sichregelmäßig auchallerlei über-
schätzteFernsehunterhalter beteiligen.
Den neuestenAufreger imNetz mar-
kierte jemand, der sichbei Twitter als
„Senior Product Manager“ bei Ebayvor-
stellt.Ihm fiel auf, dassbei dem Inter-
view, das FriedrichMerzamSonntag
im „heute-journal“ des ZDF zur Migra-
tionspolitik gab, im Hintergrund
„Schaumwein für mehrere100€“zuse-
hengewesen sei. Daswarder Start-
schussfür eineKanonadevonTweet s,
die Merzals Verkörperung des herzlo-
sen Finanzkapitalismus, ja des Bösen
schlechthin markiertenund derenVer-
fasser auchnicht der Hinweis beirrte,
eine Flasche des fraglichen Proseccos
kostezwischen sieben und sechzehn
Euro. Da mussteerstder Hinweis von
Merz’ Sprecher ArminPeterher,dass
die Aufzeichnung des Interviews „bei
einer Benefizveranstaltung für ein Kin-
derhilfswerkineinem BerlinerVereins-
heim“stattgefunden hatte, „die leeren
Prosecco-Flaschen und Holzkistenim
Hintergrund“ seien„Teil der Dekorati-
on desKaminzimmers“gewesen. Das
machteden Frevel in denAugender
„Bild-Zeitung“ aber nicht kleiner („In-
terview-Desaster“), handele es sichbei
der Örtlichkei tdochumden „edlen Ber-
linerTennisclub 1899 Blauweiß“ und
habe „das Merz-Team“, so hieß es bei
„Bild“ in einer nachträglichveränder-
tenVersion des Artikels, nochversucht,
die Prosecco-Flaschen beiseitezuräu-
men, die derKameramann dann aber
wieder insFernsehbildgerückt habe.
Vonihrem Merz-Framingwollen die
Schaumschläger einfachnicht lassen.

Schaumwein


VonMichael Hanfeld
Rückblende:Der Bostoner Polizist
Spenserstößt während einer Morder-
mittlung aufUngereimtheiten in den
eigenenReihen. Handelt es sichum
einegroße Korruptionsaffäre?Spen-
ser (MarkWahlberg),geht in die Of-
fensive. Er will seinen Captain mit
den Anschuldigungenkonfrontieren.
Dabei brennen ihm jedochdie Siche-
rungen durch:Der Polizistzerrt sei-
nen Vorgesetzten aus dem Haus und
schlägt immer wieder auf ihn ein. So
weit, so ernst. Kommentar:„Der
Wichser hat esverdient.“ Spätestens
jetzt wissen dieZuschauer, womit sie
es bei dem Netflix-Film „Spenser
Confidential“ zu tun haben: mitAc-
tion und Humor der Markehandfest.
Spenser wirdzufünf Jahren Haft
verurteilt und träumt nunvoneiner
Zukunft, in der er Bostonden Rücken
zukehrtund mit demTrucküber die
Landstraßender VereinigtenStaaten
brettert.Dochbei seiner Entlassung
gehen dieKorruptionsmachenschaf-
tenmit zweitotaufgefundenenPoli-
zisteninden nächstenAkt.Der
pflichtbewussteSpenser wirft seine
Pläne über den Haufen. Mit der Hilfe
seines neuen, unfreiwilligen Mitbe-
wohnersHawk, eines kräftigen
Mixed-Martial-Arts-Kämpfersmit
Gerechtigkeitssinn (WinstonDuke),
will Spenser die Machenschaftender
korruptenPolizistenaufdecken. Mit
vonder Partie sind seine leicht durch-
geknallteOn-Off-Freundin Cissy (Ili-
za Shlesinger) und dergreise Box-
Mentor Henry(Alan Arkin).
„Spenser Confidential“ istdas fünf-
te gemeinsame Projekt desRegisseurs
PeterBergund des Schauspielers
MarkWahlberg. Dievorhe rigenFilme
wie „Boston“ oder „Deepwater Hori-
zon“warenjedochdeutlichernster.
Das vonSean O’Keefeund Brian Hel-
geland geschriebene Drehbuchba-
siert,wenn auchsehr locker, auf dem
Roman „RobertB.Parker’sWonder-
land“von AceAtkins.Wahlberg und
Dukeharmonieren alsTeam sehr gut,
auchwenn es zum klassischenAction-
Duo dochanZwischenmenschlichkeit
fehlt. Spenser bringt dem angehenden
MMA-StarHawkzwarinalter Lehrer-
Schüler-Manier bei, wie man im Ring
ordentlich zuschlägt,voneiner echten
Männerfreundschaftkann man aber
nichtreden. Die meistkurzgehalte-
nenActionszenender N etflix-Eigen-
produktion sind nicht wirklichorigi-
nell,der Soundtrack sorgt jedochda-
für,dassesauchnicht langweilig wird.
Zu einer schon oftdagewesenen Prü-
gelszene auf derToilett eeiner Kneipe
läuftder Klassiker „SweetCaroline“.
„Spenser Confidential“ bietetsolide
Unterhaltung. Nicht mehr und nicht
wenigerhat dasStar-Vehikel auchim
Sinn. ALICEKUROPKA


Spenser Confidentialläuftbei Netflix.


D


eutscheFernsehereignisse gibt
es nicht viele im Jahr,hier aber
isteines. Die insgesamt dreiein-
halbstündige, sachlich erzählte
und zugroßenTeilen auf frappierendes
Originalbildmaterial zurückgreifende Do-
kumentation über das vier Jahrzehnte
lang im tiefsten chilenischenWald behei-
matete, vomselbsternannten Prediger
Paul Schäfergegründete deutscheAus-
wandererdorf„Colonia Dignidad“, istTat-
sachenbericht, Geschichtsparabel, Psy-
chothriller,Politkrimi und Horrorfilm zu-
gleich: erschütternd,faszinierend und ab-
solut sehenswert. Arte zeigt alle vierTeile
der WDR-SWR-Koproduktion derFilme-
macher Annette Baumeisterund Wilfried
Huismann hintereinanderweg.
Fern vonDeutschlandtauchen wir ab in
eine obskureVergangenheit, die in ihren
Konturen aber docherstaunlichdeutschist,
sowohl wasdie nachund nachzur reinen
Fassade gewordene utopischeSeiteder Ge-
meinschaftangeht–Volkslieder singende
blonde Jungenund Zopfmädchen;vonder

eigenen HändeArbeitlebende Erwachse-
ne;Zucht und Ordnung–als auchimHin-
blic kauf dasFührerprinzip (Schäfer ließ
sich vergöttern) ,die Arbeitslager-Mentali-
tät(keinesder bis zur Erschöpfung arbei-
tenden,strikt überwachtenSektenmitglie-
derwurde bezahlt)und die bodenlose mo-
ralischeAbwärtsspirale, denn der Anführer
dersichobszönerweise „Kolonie derWür-
de“nennendenGemeinschaftverging sich
systematischander Menschenwürde. Ge-
walt, sexueller Missbrauch und Psychoter-
rorwaren an derTagesordnung in dieser
perfide organisiertenKommune.
Besondersbetroffen warenmännliche
Kinder.Die in der Sektelebenden deut-
schen Jungen führteman demPäderasten
Schäfer nachts zu, später auchdie als Schü-
ler aufgenommenenSöhneder chileni-
schen Landbevölkerung.Zudem wurdenin
der KolonieimAuftrag des DiktatorsAu-
gusto Pinochetzahllose Oppositionellezu
Tode gefoltert, ihreLeichen verbrannt.
Selbstnachunfassbarsten Tatenentging
derSektenführer (dank enger Mitstreiter)
derVerfolgung, nur um nochmehr Schuld
aufsich(und die Mitstreiter)zuladen–
auch das erinnert an diefinstersteEpoche
derdeutschen Geschichte. DieKolonisten
hielten ihr Lebensprojekt indesinHunder-
tenStundenvon Bild- undTonmaterial
fest, einGlücksfall für dieDokumentaris-
ten. Hinzukommen hochinteressanteInter-
viewsmit ehemaligenSchäfer-Jüngernund
weiterenZeitzeugen sowieAufnahmen aus
derheuteals „Villa Baviera“betriebenen,
fürTouristen geöffnetenAnlage.
DerFilm lässt aber auch Raum fürdie
Hoffnungen der Siedler.Die Bildervom
Aufbau derKolonie, so sehr sieeiner propa-

gandistischen Bildsprachefolgen, zeigen
vielPionier-und Aufbauemphase.Undtat-
sächlichist bewundernswert,was eineklei-
ne Gruppe Entschlossener imchilenischen
Hinterl anderricht et hat:ein funktionieren-
des Selbstversorgerdorfauf so hohem Le-
bensniveau, dass die einheimischen Bau-
ern, deren Kinder(und sie selbst) im Kran-
kenhaus der Gemeinschaftumsonstver-
sorgt wurden, ausdem Staunen nicht her-
auskamen.Aufdiesen Aspekt sind die inter-
viewten Mitglieder bisheutezuRecht stolz,
auchwenn sie einsehen, dasssie sichdafür
mit Haut und Haar einemvermeintlichen
Messiasverschrieben hatten.Der hattesei-
ne Gründe für dieÜbersiedelung ins arme
Chile im Jahr 1961. So entging er derwe-
gen„Unzucht mitAbhängigen“ nach ihm
fahndenden deutschen Justiz.
Beeindruckend gefasstberichtenKolo-
nisten, die ein halbes odergarganzes Le-
ben in derKommuneverbracht haben, wie
diese zu einemrechtsfreienStra flager wur-
de. Baldwarenalle Kontaktezwischenden
Geschlechternund zwischen Elternund
Kindernverboten, jederPrivatbesitz eben-
so. Fluchtversuche wurden unbarmherzig
bestraft.Elektroschocks sollten Jugendli-
chevon der Erkundungdes eigenenKör-
pers abhalten:Das wardem Meistervorbe-
halten. Esverwundert, dass die Siedler für
diesenstetsverächtlichschimpfendenTy-
rannen(„Was is tdas denn fürein fauler
Käse,duSchlamper?“;„Du alte Schlunze“)
und Frauenverächter(„Ihr seidvoll Dreck“,
„Ihr kommt mirvorwie angefaulte Fleisch-
klopse“) ihr Lebengelassenhätten, aberso
ebenfunktioniertdas Führerprinzip.
AusAngstvor Salvador Allendes Marxis-
mustatsichSchäfer in den frühen Siebzi-

gern mit denFolterknechten Pinochets zu-
sammen.Jetzt betrieb man auchWaffen-
schmuggel imgroßenStil undstellteGe-
wehre, Bomben,vermutlic hsogar dasGift-
gasSarin selbst her.GuteKontakteunter-
hielt Schäfer zu deutschen Diplomaten und
zur CSU.Auchdagibtesimposantes Bild-
material.NorbertBlüm und einigeentkom-
mene Opferkämpften seit denneunziger
Jahrengegendie Mafia-Sekteund gegen
die vonvielen Chilenen undKolonistenge-
glaubteLegendevonderenWohltätigkeit,
aber erst von2004 an wurdePaul Schäfer
endlichder Prozessgemacht.Erstarb 2010
in chilenischer Haft.
Filmischaufbereitet wurde die Ge-
schichteder Colonia Dignidad bereitsin
mehrerenReportagen, einer Kinodoku-
mentation und in zweigrößeren Thriller-
Produktionen (ein Kinofilmvon2015 so-
wie jüngstdie deutsch-chilenische Serie
„Dignity“), aber nochnie in solcherTiefe
und Innensicht.Dies schlägt alleFiktiona-
lisierungen:Kein Drehbuchdürftesich
wohl eine derartunglaubliche Handlung
erlauben.Esist wie der Blickdurchein
Brennglas auf den schwarzenKern jedes
Totalitarismus. Man sieht, wie eine Melan-
ge aus Allmachtsphantasmen, pseudoreli-
giöser Gehirnwäscheund triebgesteuer-
terUnmenschlichkeit zumNukleus eines
Staats imStaatewerdenkonnte. Der jahre-
lang in derKoloniegequälteund erst spät
als Opfer anerkannteWolfgang Kneese
bringt es auf den Begriff:„Die Hölle auf
Erden.“ OLIVER JUNGEN

Alle vierTeile vonColonia Dignidad–Aus
dem Innerneiner deutschenSektelaufen
heute von20.15Uhr an auf Arte.

Prediger undPäderas t:Paul Schäfer (Mitte) mit KinderninHeide bei Siegburg,etwa 1960 FotoLOOKSfilm/SWR/WDR

Keine Antwortistaucheine Antwort.
So verhält es sichmit der Antwortdes
ZDF aufdie Frage, wie zu erklären ist,
dassReinholdElschot, dervormalige
Chef der HauptredaktionFernsehfilm/
Serie I,kaum,dass er das Hausverlas-
sen hatte, die Produktion desgerade
laufenden Dreiteilers„Unterleuten –
Ein zerrissenes Dorf“ übernahm: „Das
ZDF hat dieStoffrechtean,Unterleu-
ten‘ erworben und entschieden,aus
demRoman einen Mehrteiler alsbe-
sonderes ,Eventprogramm‘ zuprodu-
zieren. Mit der Produktion wurdeNet-
work Movie beauftragt, da wiraus lang-
jähriger Zusammenarbei twissen, dass
Networ kMovie in der Lageist,hoch-
wertigefiktionale Programme herzu-
stellen. Die Entscheidung für das Pro-
jekt und für dieFirmaNetwork Movie
istimRahmenunserer ordentlichen
Geschäftsprozessegefallen und abge-
wickelt worden.Dabeiwarvon An-
fang angeplant,bei demangesproche-
nen Projekt auf die langjährige Erfah-
rung vonReinhold Elschotzurückzu-
greifen.“Sohieß es an dieserStelle
schon am Samstag,als sei damit alles
erklärt.Ist es aber nicht.Eine „Ant-
wort“wie diese, mit der sichauch der
„Produzentenverbande.V.“ zufrieden-
geben soll,besagt nur: Eine Interessen-
kollision,wie man sie hiervermuten
darf, schertden Sender nicht. miha.

hr wirdcrossmedial


DerHessischeRundfunkstrukturiert
seine Direktionen um undrichtetzu-
gleic hseineProgramme medienüber-
greifend aus. Die bestehendenDirek-
tionen fürFernseh- und Hörfunkwer-
den aufgelöstund durch eine Pro-
grammdirektion ersetzt, zu derkünftig
auch Multimediagehört, wie der Sen-
der mitteilte. Die Betriebsdirektion
bleibe in ihrer jetzigen Aufstellung
weitgehend unveränder tbestehen.
Das Justiziariatwerdedirekt beim In-
tendanten angesiedelt.Die neueStruk-
turtrete am 1. AugustinKraft,wenn
hr-Hörfunkdirektor HeinzSommer in
Ruhestandgeht.Die Fernsehdirekto-
rinGabriele Holznerwerdedanndie
Prog rammdirektionmedienübergrei-
fend verantworten. ZurUmstrukturie-
rung zählt auch, dassder Sender
hr2-Kultur in eine „Klassikwelle“ um-
gewandelt wird.Wortbeiträgesollen
vorallem in die Informationswelle hr-
Infoabwandernund im Internetstatt-
finden. Dieser Schritt hattezumassi-
venProtestengeführt. F.A.Z.


Bundesli ga kostenlos?


Hinter denKulissen wirdüberkosten-
freieFernsehübertragungen bei mög-
lichen Geisterspielen der Fußball-
Bundesligadiskutiert. Eine Entschei-
dung istaber noch nichtgefallen. Der
Abosender Sky erklärte auf Anfrage,
man sei „zu sämtlichen Themen im
Zusammenhang mit dem Coronavi-
rus“ kontinuierlich„in engemAus-
tausch und inAbstimmung mit unse-
remlangjährigenPartner DFL“. Die
DeutscheFußball-Ligawar zu dem
Thema zunächstnicht zu erreichen.
Der Abosender überträgt die Bundes-
liga-Partien am Samstagund Sonn-
tag. Beim ebenfallskostenpflichtigen
StreamingdienstDazn, der die Begeg-
nungFortuna Düsseldorfgegen SC
Paderborn07amFreitag zeigt, wird
nochberaten. Die DFLstellt sichwe-
gender Ausbreitung des Coronavirus
auf Geisterspiele am nächstenBun-
desliga-Wochenende ein. dpa/F.A.Z.


Missbrauchte Würde


Lust auf wasNeues? Ganz so neu dann
aber bitteauchnicht?Aber Spaß machen
soll es?Undbunt sein!Aber auchnicht zu
bunt.Action, ja, aber nicht zugewalttä-
tig? Siewollen herausgefordertwerden,
aber nicht frustriert? Am bestenirgend-
wasmit Ninja und einem HauchFort-
schrittspessimismus?
Bittesehr:Sie sind einTablet-PC–Sie
wissen schon,dieseHandtaschengroßen
Bildschirme, mit denen man Kinder inFu-
sion-Lounge-Restaurants ruhigstellt–und
heißenTabby. In einerWelt, in der diewild
(oderkonsequent)gewordene künstliche
Intelligenz Lemonkus die Herrschaftan
sichgerissen hat undderenSchergenfür
miese Stimmung sorgen, indemSie fast die
komplette Menschheit erledigt haben, sind
Sie abernicht nur irgendeinfettbeschmier-
terWischbildschirm: Siesindein „Killer-
Roboter-Modell“, auf demdie Seeleeines
alten Kriegersgespeichertist.
Das Spiel wurdevomniederländischen
Drei-Mann-StudioTurtl eBlazeals „Me-
troidvania“angekündigt. Ein Portmanteau
aus denSpieleklassikern„Metroid“ (Frau

im Power-SuitjagtWeltraum-Gelichter)
und „Castlevania“ (Mann mit heiligerPeit-
sche jagtVampir-Gelichter). DasDesign
solcher Spielebasiert auf zweidimensiona-
lenPlatformer-Welten, die derSpielerer-
kundet und in denen er je nachAusrüs-
tungssta nd Hindernisse überwinden und
Weltwinkel erschließenkann. Dafür muss
er allerdingshäufig an Orte zurückkehren
(vorausgesetzt, erhat si esichgemerkt), an
denen ervormalsnicht weiter kam.
In „Kunai“findetTabbyzuallererst ein
Schwert–als Waffeaus (vermeintlich) zi-
vilisierterenTagen.Vorangeht es aber
erst mit dem titelgebendenKunai: einer
zweischneidigen,keilförmigen Metallklin-
ge mit kurzem, umwickelten Griffund
Öse an dessen Ende.Ursprünglichein All-
zweckwerkzeug bei Handwerkern aus der
japanischenFeudalzeit, soll es bei Spio-
nen ob seinerUnauffälligkeit beliebtge-
wesen sein.Tabbydienen die zwei mit ei-
nem SeilversehenenKunais in erster Li-
nie zur Fortbewegung. Mit ihnen er-
klimmt erSteilwände oder schwingt sich
vonPlattformzuPlattform.

An Spielen dieses Genres herrschtvor
allem auf der „Nintendo Switch“-Konsole
kein Mangel.Wasmacht „Kunai“ soreiz-
voll? Im Game-Design gibt ein als
„Bushnells Gesetz“ oder „Nolans Gesetz“
bekanntesCredo,das dem Gründerder le-
gendären Spieleschmiede Atari, Nolan
Bushnell, zugeschrieben wird:„Alle gu-
tenSpiele sind einfachzulernen, aber
schwer zu meistern.“ „Kunai“ istdafür
ein lohnendes Beispiel. Es operiertmes-
serscharfander Grenze zwischen moti-
vierendem Knapp-geschafft-Erlebnis und
dem frustgenährtenImpuls, dieKonsole
mit Schmackesandie Wand zuwerfen,
wenn der Endgegner einen in seiner letz-
tenPhase wieder einmal zu Bodenge-
schickt hat oder man den letzten wichti-
genSprungvergeigt.
So musssichTabbyzum Beispielanei-
nerStelle einemkollisionsfreudigen Schat-
tenblobstellen, der dieWändehochgeht
undnachein paarRundenanfängt,wie
wild um sichzuschießen. Beiden ersten
vier Versuchen istman heillos überfordert.
Beiviele nGelegenheitsspielern (derAu-
torist einer) istesdanachmeistvorbei mit
de rLust, weiterzumachen. „Kunai“vermit-
telt einem in diesen Momentenjedoc hden
Eindruck, dassesdocheinehöchs tknappe
Angelegenheitwar.Säuselndlockt es:
„Beim nächstenMal klapptes!“
Alsostellt man sich dem Gegner wieder.
Undwieder.Und wieder. Undwieder.Und
wieder.Und wieder.Bis es einemfas tzuwi-
dersein müsste. Aber ebennur fast.Denn
irgendwann löstsichder Knoten. Man tüf-
telt eine neue Bewegungs- oderKampftak-
tik(mit Schwert, Shuriken oderSMG) aus
undzack,liegtder Tintenblob plötzlich
dochnochimStaub. Mit dieser Artzwie-
spältigem Erfolgserlebnis mensch-ärgert
sich der Spielerdurch das Spiel–knapp
am Rande desWahnsinns, aber gut unter-
halten.Allerdingsgilt auchhier, frei nach

Kissinger,der lebensweltliche Aspekt vie-
ler Videospiele:„Jeder Erfolg is tnur die
Eintrittskartezueinemschwierigeren Geg-
ner.“ AXELWEIDEMANN

Kunaiistfür Nintendo-„Switch“ oderden Win-
dow-PC zu haben undkostet 17 Euro.

In mediasres


KurzeMeldungen


Hart ,aber


handfest


Bei Netflix sorgt Mark


Wahlbergfür Ordnung


Eineallzu deutsche


Geschichte:Artestrahlt


eineerschütternde


Dokumentation über die


maliziöseSekteColonia


Dignidadaus.


NurGeduld, kleiner Glasfaserhüpfer


Pendelnd amRande desWahnsinns, aber gut unterhalten:VomVideospiel „Kunai“ lernen, heißtverlieren lernen


Guter Schnitt:Bei Me talbeardlässtTabbysein Kata naaufpolieren. FotoTurtle Blaze

Die Frankfurter Allgemeine Zeitungverlost als Hauptpreis eineKulturreise zu der Ausstellung
„MAGNETIC NORTH“(ab 24.9.20 inderSCHIRN)fürzweiPersonen inkl. zweier Über-
nachtungen und Frühstück im 5-Sterne-Hotel Le Méridien.
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