Frankfurter Allgemeine Zeitung - 10.03.2020

(Marcin) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft DIENSTAG, 10.MÄRZ 2020·NR.59·SEITE 15


Seite17SSeite20 eite

Die Türkei verkauftviele Güter in


die EU.Trotzdem legt sich


PräsidentErdogan mitihr an.


Bill Keenan hat ein Buch


über seineZeit bei der


Deutschen Bankgeschrieben.


In der Corona-Krise drohen den


Ausrichternvon Veranstaltungen


mit Publikum Millionenverluste.


HANDELSPARTNER UNDLIEBLINGSFEINDFEHLAMPLATZ GEISTERSPIELE UNDKONZERTABSAGEN

S


chnell und mitAugenmaß löst
die große Koalition ihre Zusage
ein, denUnternehmen gegen
den Corona-Schockbeizustehen. Die
nächtlichen Beschlüsse mussten aber
auch Union undSPDuntergroßerUn-
sicherheitfassen, niemandweiß, wie
hartdas Virusdie deutsche Wirt-
schaftwirklichtreffen wird. Insofern
istesrichtig, dassdie Bundesregie-
rung sichzunächstdaraufkonzentrie-
renwill, Unternehmen in dieser Kri-
se, auf die sichniemandvorbereiten
konnte, flüssig zu halten. Das soll
zum einen mit bewährtenstaatlichen
Instrumenten wie Kredithilfen, Bürg-
schaftenoder Steuerstundungenge-
schehen, Details werden nochausge-
arbeitet.Zum anderen gibt es eine
sehrgroßzügige, befristete Lockerung
der Kurzarbeitergeldregelung. Beides
istrichtig,weil Unternehmen damit
Zeit gewinnen, um zureagieren: Sei
es auf dieStörung der Lieferketten
und der Produktion, sei es, um einen
Einbruchder Nachfrag ezuüberbrü-
cken. Belegschaftenkönnen sogehal-
tenwerden.
Diese Hilfen sind schnellverfügbar,
können aber auchschnell beendet
werden, wenn die Krise vorbei ist.
Das reduziertdas Trittbrettfahrertum
und schont die öffentlichenKassen.
Zwar hat dieKoalition auchdie Auf-
stockung der Investitionen um insge-
samt 12,4 Milliarden Eurovereinbart,
verteilt über vier Jahre. Dochwar es
schon längerimGespräch,Überschüs-
se für dieStärkung derWachstumsvor-
aussetzungen zu nutzen. Da das Geld
nicht sofortfließt, istZeit, es in lang-
fristig sinnvolle Vorhaben zustecken.
Erfreulicherweise hat die Regie-
rung denStimmen nicht nachgege-
ben, die schon ein außerordentliches,
garkreditfinanziertesKonjunkturpa-
ketfordern,etwa milliardenschwere
Nachfragestützen. In derFinanzkrise
2008 hattedie Abwrackprämie den
Autoabsatzstabilisiert, einen Kinder-
geldzuschussgab es und manche Sub-
vention mehr.Auchheuteertönt der
Ruf nachSubventionen für Hoteliers,

Fluggesellschaftenoder Reiseveran-
stalter.Doch tut dieKoalition gut dar-
an, ihr Pulvertrocken zu halten, bis
sie mehr Erkenntnisse über dieVer-
werfungen hat. Sie sollteauchWirt-
schaftund Banken nichtvorschnell
aus ihrer Verantwortung entlassen.
Dank soliderFinanzpolitik istberuhi-
gender Handlungsspielraum vorhan-
den. Das ändertaber nichts daran,
dassviel nicht immer viel hilft: Wer
wegenCorona ans Hausgebunden ist,
dem bringt einReisegutschein vom
Staat nichts. OhneNachfrageinvestie-
renUnternehmen auchbei günstige-

renAbschreibungsbedingungen nicht.
Gut istebenfalls, dassdie Koalition
der Versuchung widerstanden hat, die
Krise als Hebel fürgrobe parteipoliti-
scheTaktik zu missbrauchen und da-
mit für allerlei sachfremdeVorhaben.
Die Altschuldenprobleme derKom-
munen haben mit der Corona-Krise
garnichts zu tun. Hiergeht es um ei-
nen schweren Eingriff in diefödera-
len Finanzbeziehungen, der nicht im
Schatten einer Krise durchgemau-
scheltwerden darf. Das gilt, mit Ein-
schränkung, auchfür dauerhafte Steu-
ersenkungen.AusWettbewerbsgrün-
den isteine dauerhafte Entlastung der
Unternehmen überfällig, denn selbst
vonder Soli-Senkung haben vieleMit-
telständler leider nichts. Eine Sen-
kung der Unternehmensteuern, die
über die Corona-Krise hinaus wirkt,
istwichtig. Sie sollteaber inRuhe vor-
bereitet werden und nicht mit politi-
schen Koppelgeschäftenverbunden
werden. Vielleichtfördertder Virus-
Schockhier die Beweglichkeit der
SPD und der Bundesländer,gegen bei-
de isteine sinnvolle Unternehmen-
steuersenkung nicht zu machen.

D


er für dieweiter eWirtschafts-
entwicklungwohl wichtigste
Trend an denFinanzmärkten
istweder der heftigeFall der Aktien-
kursenochder Absturzdes Ölprei-
ses. Viel wichtiger istder atemberau-
bendeVerfall derRenditen amerika-
nischer Staatsanleihen. Die zehnjähri-
genAnleihen, die MitteFebruar noch
mit auchnicht sehrstattlichen 1,
Prozent rentierten, brachten am Mon-
tagnachmittag nur noch0,43 Pro-
zent.Ohne dieexorbitanteNeuver-
schuldung des amerikanischenStaa-
teswären dieRenditen möglicherwei-
se ebenso wie in vielen europäischen
Ländernund wie in Japan negativ.
DerSturzder Renditen istfraglos
zumTeil ein Ergebnis einer sehrstar-
kenNachfragenach sicherenKapital-
anlagen in einer immer unsicherer er-
scheinendenWelt. Aber das istnicht
die ganze Geschichte. Die Deutsche
Bank hat in einer Grafik für diever-
gangenen Jahre einen bemerkenswer-
tenGleichlauf zwischen denRendi-
tenzehnjähriger amerikanischer
Staatsanleihen und einem der wich-
tigstenFrühindikatoren für die Ent-
wicklung der Industrie in derWelt ge-
zeigt.Als Indikatorwerden Befragun-
genvon ManagerninUnternehmen
genutzt.Nunfolgt aus einerstatisti-
schenKorrelation natürlichnochkei-
ne Kausalität, aber eswäre aus ökono-
mischer Sicht wenig erstaunlich,
wenn zwischen der Entwicklung der
Anleiherenditen in der wichtigsten
Wirtschaftsmacht derWelt und den
Erwartungen für dieWeltkonjunktur
ein Zusammenhangexistierte.
Die Angstvor einerRezession ist
real und angesichts fragiler Lieferket-
tenund schwerer Beeinträchtigungen
in vielen Branchen auchgut begrün-
det.Aber dennochsind Vorstellun-
gen, nun müsse der Großeinsatzvon
Geldpolitik undFinanzpolitik unver-
züglichdie Sorgenvor einem wirt-
schaftlichen Niedergang verscheu-
chen, unrealistisch. Die Krise der Jah-
re 2008 und 2009 lehrt, dassdie wich-
tigste Aufgabe der Geldpolitik in ei-

ner solchen Situation in der Gewähr-
leistung der Liquidität im Finanzsys-
tembesteht, umGefahren besonders
für die Banken zu minimieren. Hier-
zu eignen sichweder Leitzinssenkun-
gennochzusätzlicheKäufevon Anlei-
hen. Die jüngste amerikanische Leit-
zinssenkung is taus gutem Grund wir-
kungslosgeblieben.Undinder Euro-
zonegefährdete jede Senkung des oh-
nehin schon sehr niedrigen Leitzin-
ses die Gesundheit der Banken.Kauf-
te die EZB den Bankenweiter eAnlei-
hen ab,verbesserte sichzwarderen
Ausstattung mit Liquidität.ImGegen-

zug besäßen die Bankenweniger An-
leihen, die sie als Sicherheit fürFi-
nanzgeschäfte nutzen.Falls notwen-
dig, kann die EZB ihreKreditpro-
gramme an die Banken ausweiten.
Ebenso istder Rufnachgroßen fi-
nanzpolitischen Programmen heute
wenig begründet. Große staatliche
Ausgabenprogramme inkurzer Frist
stellen üblicherweise starkauf Bau-
projekteab, aber dort,wo die private
BauwirtschaftinDeutschland derzeit
nicht arbeitet,mangelt es an Ausrüs-
tungen, die Corona-bedingt ausblei-
ben. Die Menschen steigen auch
nicht automatischwieder häufiger in
Flugzeuge, wenn der Staat ihnen
Geld in die Hand drückt.Die Idee,
eine starkangebotsseitig bedingte
Krise lasse sichdurch Verteilenvon
Geld bekämpfen, istunzureichend.
Man wirddas Übel an derWurzel be-
kämpfenmüssen: durch eineVertrau-
en schaffende Politik,die sichgegen
die weiter eAusbreitung desVirus
stemmt.Esist zu früh, um sicher zu
sein, aber es gibt Anzeichen, dass
dies zumindestden Chinesen allmäh-
lichgelingt.

M


ittagspause im„ThongThai“
nahe der „Freßgass“ in
Frankfurt. Ganz vornein
der Schlangestehen zwei
Männer Mittedreißig, die sichals Asset
Manager zu erkennengeben. „DieStim-
mung heutemorgenwar miserabel, wir ha-
ben aufrote Bildschirmegeschaut“, sagt ei-
nervon ihnen.Panik willernochnicht ver-
spüren, dieKunden seien trotzder immen-
senKursverluste erstaunlichruhiggeblie-
ben. Ein paar Meterweiter sehen das drei
jungeMänner,die ebenfalls als Invest oren
ihr Geldverdienen,ganz anders.Esgebe
zwar „keine Weltuntergangsstimmung“,
aberPanik sei am Markt erkennbar.
Kein Wunder.Denn die Börsen in aller
Welt haben am Montagmit heftigenKurs-
verlusten auf dieweitereAusbreitung des
Coronavirus und den Preisverfall am Öl-
marktreagiert.Letzterer hat zumindest
teilweise mit demViruszutun. An denFi-
nanzmärktenwar voneinem „schwarzen
Montag“ dieRede. Der deutscheAktienin-
dexDax fiel um bis zu 8,5 Prozent und no-
tierte zum Handelsschlussnoch7,9 Pro-
zent im Minus. Diesist auf Schlusskursba-
sis gerechnetder größteprozentualeTa-
gesverlustseit denTerroranschlägenvom


  1. September2001. Der amerikanische
    LeitindexDow Jonesfiel zur Eröffnung
    um rund 7Prozent, daraufhin wurde der
    Handelkurzzeitigausgesetzt.Die Federal
    Reserve Bank ofNewYorkgab bekannt,
    dasssie dasVolumenkurzfristiger Kredite
    an Bankenerhöhe, um dasFinanzsystem
    liquide zu halten. Der Goldpreis profitier-
    te vonden Börsenturbulenzen, erstieg
    zeitweiseauf mehr als 1700Dollar jeFein-
    unze.
    Aufdem Ölmarktgabder Preis für die
    NordseesorteBrent zeitweise um mehr als
    31 Prozent auf 31 DollarjeBarrel(Fass zu
    159 Liter) nach. Daswarder stärkste Rück-
    gang seit 1991, derZeit des ersten Golf-
    kriegs. Hintergrund für den Preisrutsch
    ist, dassdie Nachfragenach Öl sinken dürf-
    te,wenn dieWeltwirtschaftwegen des Co-
    ronavirus in eineRezessiongeratensollte.
    Hinzukommt, dassdie Verhandlungen
    zwischen der Organisation erdölexportie-
    render Länder (Opec) undRussland über
    eineKürzung der Ölförderung in derver-
    gangenenWochegescheitertsind. AlsRe-
    aktion darauf hat Saudi-Arabien amWo-
    chenende eineAusweitung der Produkti-
    on angekündigt und die Preisegesenkt.
    Während an den Börsen dieKursenach
    untenstürzten, nahminBerlin die Diskus-
    sionFahrtauf, ob dievonCDU/CSU und
    SPD am Sonntagabendvereinbarte Unter-
    stützung für dieWirtschaftausreicht (sie-
    he Kasten). ImKoalitionsausschusshat-
    tensichdie Spitzender Parteiendaraufge-
    einigt,dassUnternehmenleichterKurzar-


beit beantragenkönnensollen. Zudem
will dieRegierung in den Jahren 2021 bis
2024 je 3,1 Milliarden Euromehr investie-
ren. Damit das Geld auchtatsächlichab-
fließt, sollen die Planungsverfahren be-
schleunigtwerden. „Unser Ziel ist, dass
möglichstkein Unternehmen in Deutsch-
land durchdas Coronavirus in die Insol-
venz gerätund möglichstkein Arbeits-
platz verlorengehen soll“, sagteRegie-
rungssprecherSteffen Seibert.
Die Spitzenverbändeder Wirtschaftlob-
tendie Berliner Beschlüsse. „Diegroße
Koalition hat den Ernstder Lageer-
kannt“,kommentierte Joachim Lang,
Hauptgeschäftsführer des Bundesver-
bands der deutschen Industrie (BDI). Der
Maschinenbauverband VDMA sprach
vom„richtigenZeichen zum richtigen
Zeitpunkt“.
Dochesgab auchKritik.Betroffenen
Branchengehen die Beschlüsse derNacht
nochnicht weit genug. „Dievereinbarten
Maßnahmenwerden nicht ausreichen,um

die Krise zu bewältigen“, hieß esvomHo-
tel- und Gaststätten verband. Die Messe-
bauer erwarten, dassnochbis in den Mai
hineinVeranstaltungen abgesagtwerden.
Insgesamt rechnetdie Messewirtschaft
mit bis zu3Milliarden Euro Einbußen.
Die Reisewirtschaftpreschte mitweiteren
Forderungenvor: Der Staat solle unter an-
derem dieKosten derReiseanbieterwe-
genStornierungen übernehmen.
Auch Ökonomenbezweifeln, dassdie
Stützungsmaßnahmen ausreichen wer-
den. „Die Maßnahmengehen in dierichti-
ge Richtung, aber die Dosierung istzu

niedrig“, sagteIfo-Präsident Clemens
Fuestder F.A.Z. Fuestmachte sichunter
anderemfür die StundungvonSteuerzah-
lung derUnternehmenstark. Zudemkön-
ne die Bankenaufsicht den möglicherwei-
se inNotgeratenden Banken helfen, in-
dem sie „dieVorgabenfür Eigenkapitalun-
terlegungen und einzufordernde Sicherhei-
ten“ lockert.
Dochliegt die deutscheWirtschaftwirk-
lichschon am Boden? „Nachallem,was
wir hören, gibt eskaum einUnterneh-
men, das die Corona-Krise nicht schon in
irgendeinerWeise spürt“, sagteIfo-Chef
Fue st. Es bestehe die Gefahr,„dassuns kri-
senbedingteInsolvenzenbevorstehen“.
Michael Gröming, der Konjunkturchef
des arbeitgebernahen Institutsder deut-
schenWirtschaft(IW), dessen Institutge-
radeeine Frühjahrsumfrageauswertet, be-
kommtvonUnternehmen dieRückmel-
dung,dassdiese nicht nur mitkurz-, son-
dernmit mittelfristigen Beeinträchtigun-
genrechnen. „Ichkann ein dickesMinus
für Wirtschaftswachstum in diesem Jahr
nicht mehrausschließen“, sagteer.
Rund 100Unternehmenmeldensich
derzeit täglichaneinervom Wirtschafts-
ministerium eingerichtetenHotline. Die
meistendavon sind kleineUnternehmen
ausdemMessebau.DasMinisteriumbe-
tont schon seitTagen, dassUnternehmen
mit LiquiditätsengpässenÜberbrückungs-
krediteetwa bei der KfW beantragenkön-
nen. „Bislang reichtder finanzielleRah-
men aus“,sagteeine Sprecherin.Finanz-
ministerOlafScholz (SPD)und Wirt-
schaftsministerPeter Altmaier (CDU)ha-
ben mehrfachdeutlichgemacht, dassdie
Regierung zusätzliches Geld bereitstellen
will,falls sichdie Krise ausweiten sollte.
Altmaier trifft sichandiesem Dienstag
mit den Länderwirtschaftsministern. Au-
ßerdem sollesdemnächst ein Treffenvon
Bundesregierung, Wirtschaftsverbänden
und Gewerkschaftengeben. Altmaier deu-
tete an, dassman auchüber diegeforder-
tenSteuerstundungenredenmüsse.

An einem Punkt endetdie Einigkeit der
Koalitionspartneraber:dann,wenn es um
den Soligeht.Sokonntesichder Koali-
tionsausschussandersals anfangs erwar-
tetnicht darauf einigen, den Solidaritäts-
zuschlag für 90 Prozent derSteuerzahler
schon früher als bislanggeplant abzuschaf-
fen. CSU-Chef MarkusSöder sagtedazu:
Die Union wolle den Soliabbau, „aberkei-
nen halben wie die SPD, sondernfür alle“.
Scholzkonterte, die SPD sei nicht bereit,
„sehrglückliche Bürgerinnen und Bürger“
zu entlasten, die mitunter mehrereHun-
derttausend EuroimJahr verdienten. „Ich
glaube, da zeigtauchjeder,woersteht.“
Unterjenen 10 Prozent derSteuerzahler,
für die der Soliweiter gelten soll, sind vie-
le Mittelständler.FDP-Chef Christian
Lindnerforderte nun ein „Machtwort“
vonKanzlerin Angela Merkel(CDU).
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) ließ am Montagkeinen Zweifel dar-
an, dassdas Coronovirus dieWirtschaft
nochlängereZeit lähmen wird. Er appel-
lierte andie Eigenverantwortung der Bür-
ger. Jeder müsse für sichentscheiden, auf
welcheVeranstaltungen er in den nächs-
tenzwei, drei Monatenverzichtenkönne.
„Auf einKonzert kann man sicher leichter
verzichten als auf denWegzur Arbeit.“
Andersals in Italien rät er nicht dazu,
Schulen und Kitas zu schließen. Der
Grund dafürsei klar:„damit die Eltern
weiter zur Arbeitkönnen“.
Die Turbulenzendes „schwarze Mon-
tag“warf sogleichdie Frageauf, ob sich
die Welt in einer ähnlichen Lagewie zu
Beginn derWeltfinanzkrise im Jahr 2008
befinde.„Ichwürde das nicht ausschlie-
ßen, es gibt ein ähnliches Muster“, sagte
IW-Ökonom Grömling. DemstimmteIfo-
ChefFuest zu. „Die Börsengehen runter,
die Erwartungen auch, das istsehr ähn-
lich“,warnte er.Erwolle denTeufel nicht
an dieWand malen, „aber eine globaleRe-
zession istnicht ausgeschlossen.“
(Weiter eBericht eauf den Seiten 16, 18,
22,23 und 25.)

HilfenmitAugenmaß


VonHeikeGöbel

Angst vor der Rezession


VonGerald Braunberger

Mankann eine durch
einenVirusausgelöste
Krise nicht einfachmit
Geld bekämpfen.

Der Corona-Schocksollte
nicht alsHebelfür
sachfremdeVorhaben
missbrauchtwerden.

Schwarzer Montag an der Börse


VonJulia Löhr, Berlin,
JohannesPennekamp,
Christian Siedenbiedel,
Jannik Waidner ,Frankfurt

Betriebe sollenvonder Arbeitsagentur
bald leichter Kurzarbeitergeld erhal-
ten, falls die Corona-Krise zu Arbeits-
ausfall führt. NachdemWillen desKo-
alitionsausschusses wirddas Bundeska-
binettamMittwocheinen entsprechen-
den Gesetzentwurfvon Arbeitsminis-
terHubertus Heil (SPD) beschließen.
Betriebe, diewegenausbleibenderZu-
lieferteile oder Quarantäne für Mitar-
beiter ihreProduktion herunterfahren
müssen,können dann Löhneund Ar-
beitszeitenbetroffener Abteilungen
kürz en. Der Lohnausfall der Beschäf-
tigten wirddabei zu 60 Prozent aus der
Arbeitslosenversicherung ersetzt.
Bisher sollKurzarbeitergeld voral-
lem konjunkturelleVerwerfungen abfe-
dern. Derzeit befinden sichdamitrund
120 000 Arbeitnehmer inKurzarbeit.
Allerdings hattesichdie Regierung oh-
nehinvorgenommen, die Leistung für
Betriebe zu öffnen, die durch strukturel-
le Umbrüche wie Digitalisierung oder
ElektromobilitätSchwierigkeiten ha-
ben.Nunwerden dieRegeln überdies
fürden Anwendungsfall „Corona“gelo-

ckert. Formal soll das dadurch gesche-
hen, dassHeils geplantem„Arbeit-von-
morgen“-Gesetz ein weiterer Passus
hinzugefügt wird–eine bis Ende 2021
befristete Verord nungsermächtigung
für das Arbeitsministerium. Konkret ist
hierbeigeplant:Kurzarbeitergeld soll
schonfließen, falls einZehntel (statt
sonstein Drittel) der Belegschaftvon
Arbeitsausfall betroffenist. Zudemwer-
den die Betriebevonden normalerwei-
se aufsKurzarbeitergeld fälligen Sozial-
abgaben befreit. Zugang zu Corona-
Kurzarbeit sollenauchZeitarbeitsfir-
men erhalten. Gesetz undVerordnung
sollen MitteApril in Krafttreten.
Der Koalitionsbeschlusskündigt au-
ßerdem höhereInvestitionsmittel an.
Die Ansätzewerden bis 2024 auf dem
aktuellen Niveau (knapp 43 Milliarden
Euro)verstetigt.Für die Jahre2025 bis
2030 wirdbei ihnen einWachstum wie
in denvergangenen zehn Jahren unter-
stellt.Damit „ergeben sichrechnerisch
zusätzliche Investitionsausgaben in
Höhevonrund 70 Milliarden Eurofür
den Bund“. MitForschung und Ent-

wicklung undNebenetats kommt eini-
geszusammen: „Unter Zugrundele-
gung der Haushaltsplanungen wirdbei
Fortschreibung desTrendsüber denFi-
nanzplanzeitraum hinaus das Ziel er-
reichtwerden, zusätzlich140 Milliar-
den Euroinden kommenden zehn Jah-
renbereitzustellen.“ Es isteineAnkün-
digung ohne Bindungswirkung.
Aufein Vorziehen der Soli-Abschaf-
fung für 90 Prozent der bisherigenZah-
ler um ein halbes Jahrkonntesichdie
Koalition nicht durchringen. „Die SPD
bleibt dran“,kündigte ihrFraktionsvor-
sitzenderRolf Mützenichan. Beschlos-
sen wurde eine bessereAnrechnung
der Gewerbesteuer,„so dassesunter
Berücksichtigung derWirkung auf den
Solidaritätszuschlag beiPersonenunter-
nehmernbis zu einem Gewerbesteuer-
hebesatzvonrund 420 Prozent zu einer
vollständigen Entlastungvonder Ge-
werbesteuerkommt“.Nochmals ange-
kündigt wurde das Optionsrecht fürPer-
sonengesellschaften, sichwie eineKa-
pitalgesellschaftbesteuern zu lassen.
Details wurden nichtgenannt.dc./mas.

DasCoronavirus lässt


Aktienkurse undden


Ölpreis abstürzen. Die


Bundesregierun ghält


mitHilfsmaßnahmen


dagegen. Doch


Ökonomen sind


skeptisch,obdas reicht.


Kurzarbeit und Investitionen–sohilft derStaat


Quelle: Bloomberg/Foto: P. Slesiona/F.A.Z.-Grafik Niebel

1.1.

2.3.2020 3.3. 4.3. 5.3. 6.3. 9.3.

9.3.2020 1.1.

51,90 51,86 51,
49,

45,

36,

9.3.

in Punkten

Sorte Brent, in Dollar je Barrel

Dollar je Feinunze

Dax Gold

Öl

Coronaschutz in Deutschland

10000

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