Frankfurter Allgemeine Zeitung - 10.03.2020

(Marcin) #1

SEITE 16·DIENSTAG, 10.MÄRZ 2020·NR. 59 Wirtschaft FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


dpa. WIESBADEN.Deutschlands
Außenhandel istmit einem deutli-
chen Dämpfer in das laufende Jahrge-
startet. Im Januar und damit nochvor
der großen Coronavirus-Krise liefer-
tendie UnternehmenWaren„made
in Germany“ im Gesamtwertvon
106,5 Milliarden Euroins Ausland.
NachBerechnungen desStatistischen
Bundesamteswarendas 2,1 Prozent
weniger als im Januar 2019.Auchdie
Einfuhren nachDeutschland gingen
im Jahresvergleichum1,8 Prozent
auf 92,7 Milliarden Eurozurück, wie
die Statistikbehörde am Montag be-
richtete.Von Dezember auf Januar
stagniertendie Exporte,die Importe
legten um 0,5 Prozent zu.
Konkrete Folgen der Corona-Epi-
demiekonnten dieStatistiker in den
Januar-Zahlen nicht nachweisen. Der
Handel mit China ging zum Jahres-
auftakt zwar deutlichzurück: Die Ex-
porte sanken in der Jahresfristum6,
Prozentund die Importe lagen um 0,
Prozentunter demVorjahreswert. Es
ließen sichdaraus aber nochkeine di-
rektenFolgen des Coronavirus erken-
nen, erklärte die Behörde. Der Au-
ßenhandelsverband BGAforderte in
einer ersten Reaktion politischeUn-
terstützung ein. Präsident Holger
Bingmann begrüßtedie Beschlüsse
des Berliner Koalitionsausschusses
undwarnte gleichzeitigvorPanik,
mit der niemandemgeholfen sei.

Dämpfer


für Exporte


dpa.WIESBADEN.Die deutsche In-
dustrie istvor der Corona-Krise mit
einer überraschendstarkenErholung
in das laufende Jahr gestartet.Im
Januar legtedie gesamteProduktion
im verarbeitenden Gewerbe deutlich
stärkerals er wartet zu. DieFertigung
sei im Monatsvergleichum3Prozent
gestiegen,teiltedas Statistischen Bun-
desamt am Montag mit. Das istder
stärkste Zuwachs seit November


  1. Analysten hatten zwar im
    Durchschnitt mit einem Anstiegge-
    rechnet, warenaber nurvoneinemZu-
    wachsum1,7 Prozent ausgegangen.
    Im Dezemberwardie Produktion
    laut nachuntenrevidiertenZahlen
    nochum2,2 Prozentgesunken. Hier
    warder EinbruchimMonatsvergleich
    nicht sostarkwie bishergedacht. Das
    Bundesamt revidierte denRückgang
    vonzuvor 3,5 Prozent deutlichnach
    unten. ImVergleichzum Vorjahres-
    monat sank die Herstellung schwä-
    cher als erwartet.Indieser Betrach-
    tung meldete dasBundesamt fürJanu-
    ar einenRückgang um 1,3 Prozent,
    während Analysten ein Minusvon3,
    Prozent erwartet hatten. Innerhalb
    der Industrie legtedie Produktionvon
    VorleistungsgüternimJanuar um 5,
    Prozent im Monatsvergleichzuund
    die ProduktionvonInvestitionsgütern
    um 2,1 Prozent.Die Produktionvon
    Konsumgüternblieb auf dem Niveau
    des Vormonats.


wmu./chs.BRÜSSEL/PARIS.Folgt man
FrankreichsWirtschafts- undFinanzmi-
nisterBruno Le Maire, braucht Europa ei-
nen „gewaltigen Plan“ zur Ankurbelung
der Konjunktur,ummit den ökonomi-
schenFolgen der Corona-Epidemiefertig
zu werden. Er selbstwerde für dieZeit
nachder Krise eine „Serievonsteuerli-
chen und haushaltspolitischen Maßnah-
men“vorschlagen, die eine „massiveund
koordinierte Wiederbelebung derWirt-
schaftermöglichen“,kündigte der Minis-
terimfranzösischenRadio mit Blickauf
dasTreffender EU-Finanzminister am
kommenden Montag an. Die Maßnahmen
würden den französischen Defizitabbau
verzögern, sagteer.
Wohl schon an diesem Dienstagwollen
die EU-Staats- undRegierungschefsinei-
ner Telefonkonferenz darüber beraten,
wieeine koordinierte Antwort derEUaus-
sehenkönnte, auf die nebenFrankreich
vorallem das amstärksten betroffene Ita-
lien dringt.Möglicherweise treffen die
EU-Finanzminister in einerWochedann

tatsächlicherste Entscheidungen.Worin
aberkann ein solcher „Plan“ bestehen? Le
Maireerweckt indirekt den Eindruck, die
EU könne auseigenenMitteln einKon-
junkturprogramm auf denWegbringen.
Das dürfte schwierigwerden.
Im EU-Haushalt istderzeit fürsolche
Zwecke garnichtsveranschlagt. EineMit-
telumschichtungist so gut wie ausge-
schlossen.Unddas seit längeremdisku-
tierte Extrabudget fürden Euroraum ist
immernochnicht beschlossen. Die Befür-
worter des Budgetshabenesunter ande-
remdamitbegründet, dass es asymmetri-
sche Schocks in einzelnenStaatenabfe-
dernkönnte.Das Coronavirus in Italien
lässt sichals geradezu idealtypischer
asymmetrischerSchockeinstufen. Doch
bislangexistiert dieses Budgetnicht .Die
vonLeMairegeforderte gemeinsame An-
stre ngungmüsstealso vorallem aus den
Mitgliedstaatenkommen.
Le Mairedürfteein Vorbild aus dem
Jahr 2008 imAuge haben. Derdamalige
EU-Kommissionspräsident José Manuel

Barroso schlugdamals nach Ausbruch
der Weltfinanzkrise ein europäisches
Konjunkturpaket aus Steuersenkungen
und zusätzlichenStaatsausgabenvonins-
gesamt200 Milliarden Euro vor. Davon
sollten 170 Milliarden Euro aus den Mit-
gliedstaaten und 30 MilliardenEuroaus
der EU selbst kommen.Von den EU-Mit-
teln wollteBarroso die eine Hälfteaus
dem EU-Haushaltbeisteuern, die andere
Hälfte solltedie Europäische Investitions-
bank(EIB)finanzieren.AuchLeMaire
istschon aufdie EU-Hausbankgekom-
men. Er traf deshalbamMontagabend
mit EIB-PräsidentWerne rHoyer zusam-
men.Konkrete Zahlennannteernoch
nicht.
Diedamalsvon Barroso vorgeschlage-
nen 170 MilliardenEuroaus den Mit-
gliedstaaten blieben einePhantomzahl.
Zwar beschlossen damals mehrereLän-
der –nicht zuletzt Deutschland–eigene
Konjunkturprogramme. EineAbstim-
mungauf EU-Ebenegabesaber nicht
wirklich. Wegender unterschiedlichen

Effekteder nationalen Maßnahmen–zu
ihnen zählte auchdamals schon dasKurz-
arbeitergeld –ließ sichein konkreter Be-
trag auch garnicht berechnen. Barrosos
„Paket“bestandeherineiner Ansage:
Wasimmer die Mitgliedstaaten zurKon-
junkturstützung tun, die EU-Kommission
wirdesunter stützen, soweit das möglich
ist.
Genau diese Linie dürftedie Brüsseler
Behörde auchjetzt verfolgen.Kommissi-
onschefinUrsulavonder Leyensagteam
Montag in Brüssel,gegendie ökonomi-
sche Krisegebe es zwei Mittel: „Flexibili-
tät und Geld“. Beide Instrumentewolle
die Kommission nutzen.Vonder Leyen
nannte die Möglich keit,ina ußer gewöhnli-
chen, voneiner nationalen Regierung
nicht beeinflussbarenUmständenvonden
Regeln des EU-Stabilitätspakts abzuwei-
chen und denPakt flexibel anzuwenden.
Außerdem sei es möglich, die EU-Beihilfe-
regeln großzügig auszulegen, wenn Mit-
gliedstaatenUnternehmen subventionier-
ten, die besondersunter der Krise litten.

M


ehr als die Infektion durch
das Coronavirusverbreitet
sichinItalien die Angstvor
den wirtschaftlichenFolgen
unterdenUnternehmen,auchunterde-
nen, die nicht direktvonVirusinfektionen
betroffensind. DerUmstand,dassdie ita-
lienischeRegierung nun 19 Prozent das na-
tionalenTerritoriums mit mehr als 16 Mil-
lionen Einwohnernunter eine ArtQuaran-
täne zustellenversucht, hat die Krisen-
stimmung nochverschärft.„Die Reaktio-
nen derWirtschaftsind nochschneller als
die im Gesundheitswesen“,kommentiert
AlfonsoRuffo,Kommunikationsdirektor
des italienischenUnternehmer-und Ar-
beitgeberverbandes Confindustria. „Mit
der Welle der Emotionen sind viele Bestel-
lungen blockiertworden. Entscheidungen
über Investitionen und Einkäufewerden
verschoben.“ Damit droht der italieni-
schenWirtschaftinder Viruskrise allge-
meinerStillstand.
Verschärft wurde die Stimmung am
Montag nochdurchKursverluste an der
Börsevon10Prozent und einen Sprung
des Risikozuschlags für zehnjährigeitalie-
nischeStaatstitel um zeitweise 0,5 Prozent-
punktenach oben.Zuletzt betrug dieser
Risikozuschlag („Spread“)dann 2,2 Pro-
zentpunkte. In Italien begann zudem eine
Diskussion darüber,obnicht auchdie ita-
lienischeBörsegeschlossenwerden solle.
Die italienische BörsenaufsichtConsob
teiltejedochmit, esgebe keine spekulati-
venAttac kenauf Italiens Börse. „Eine Sus-
pendierung desgesamten Handels würde
den Preisindikator ausschalten, ohne aber
die Ursachen für dieKursentwicklung zu
beseitigen“, teiltedie Börsenaufsicht mit.
Besorgt istman beimUnternehmerver-
bandvorallem um das Ansehen Italiens
und italienischer Produkte. Die Aktionen
zur Bewältigung der Krise beeinflussten
das ImageItaliens imAusland.Tatsäch-
lichwurde Italienetwa in amerikanischen
Medien als Hauptverbreiter der Infektion

in derwestlichenWelt dargestellt.Manche
Konkurrenten italienischer Produzenten
nutzten nun die Lageund versuchten
Marktanteile mit dem Argument zugewin-
nen, Italien sei unzuverlässig und liefere
eventuell infizierteProdukte –auchwenn
beidesobjektiv nicht zutreffe.
Zu diesenBefürchtungen passt die Le-
gende,die vorallemvonpopulistischen
rech ten Medienverbreitetwird: Italien
habe nur zu vieleTestsauf Infektionenge-
macht und zu aufgeregt über das Coronavi-
rusdiskutiert. Länder wie Deutschland
hieltendie Zahl ihrerTestsauf das Corona-
viruskünstlichniedrig, um die Probleme
unter denTeppich zu kehren und ihr
Imagenicht zu beschädigen. Deutsche In-
stitutionen dementieren zwar dieseThe-
se, doch haben dieseReaktionenkeinen
Einflussauf die Diskussion in Italien.
DerUnternehmerverbandfordertvon
der EuropäischenUnion ein schuldenfi-
nanziertes Investitionsprogramm von
3000 Milliarden Euro. Zugleichwollen die

italienischenUnternehmer eine Beschleu-
nigung der bereits beschlossenennationa-
len Infrastrukturprojekte.Dazu heißt es,
30 Großprojektemit 55 Milliarden Euro
Volumen seien in der Bürokratiefestgefah-
renund müssten mit dem EinsatzvonSon-
derkommissaren beschleunigtwerden. Da-
mit könne dann alles so schnellvorange-
hen wie beimNeubau der eingestürzten
Autobahnbrücke vonGenua. Über den
Einsatz solcher Kommissaremit Sonder-
vollmachten wirdinRomsPolitik seit Mo-
naten diskutiert,allerdingswarman sich
in derRegierung nicht über dieFortfüh-
rung vonGroßprojekten einig, nochweni-
gerüber dieVerteilung derPosten.
ItaliensRegierung hat indessen als ers-
tenSchritt gege ndie Krise zusätzliche
Ausgabenvon7,5 Milliarden Euroange-
kündigt, mit zusätzlichen Mitteln für das
staatliche Gesundheitswesen, einer Auf-
stockung des Garantiefonds für Kredite
an kleineUnternehmen und eine Auswei-
tung der Möglichkeit,Kurzarbeitergeld zu
bezahlen. Diekonkreten Inhaltesollen

am heutigen Dienstagbeschlossenwer-
den.Fürviele Unternehmengeht indes-
sen die Produktionweiter wie bisher.Der
Lieferverkehr istnicht eingeschränkt.Der
SportwagenherstellerFerrariliegt nun in
der Krisenzone,teilte mit, man habe alle
vonder Regierungverlangten Schritteun-
ternommen, „damit die Mitarbeiter unter
bestmöglichenKonditionen arbeitenkön-
nen“.Dahergehe die Arbeitweiter .Ähn-
lichsieht es auchbei dem zu Audigehö-
renden Sportwagenhersteller Lambor-
ghiniaus, derwenigeKilometeraußer-
halb der neuen Krisenzonelieg t. Zuden
Vorkehrungengehörtdortzum Beispiel,
dassfür jedeAbteilung ein eigenesZeit-
fensterfür den Besuchder Kantinefestge-
legt ist. An denTischen mussnun jeder al-
lein essen, ohneNachbarnund Gegen-
über.Die Kaffeebar,die mittags als Mitar-
beitertrefffungierte, wurdeganz geschlos-
sen. Jenseits der dramatischenStimmung
und derVorsichtsmaßnahmen bleibe alles
bei der üblichen Routine, heißt esaus
demUnternehmen.

jvb.FRANKFURT. In Zeiten der Not
geht es plötzlich um Grundsätzliches:Rei-
chen diegebunkerten Rollen Toilettenpa-
pier aus, um zweiWochen Corona-Qua-
rantäne zu überstehen?Sind genug Le-
bensmittelvorhanden, sollten die Liefer-
ketten zusammenbrechen? Obwohl Behör-
den undFachleutezur Besonnenheit mah-
nen,stellen sichangesichts dersteigenden
Zahl vonInfektionsfällen mit der neuarti-
genErkrankung Covid-19 viele Menschen
in Deutschland derzeit dieseFragen.Land
auf Landmelden Supermärkteeine ver-
stärkt eNachfragenachhaltbaren Lebens-
mitteln und Hygieneprodukten.
Dank der Hamsterkäufehat ein altes
ProduktKonjunktur:die Konserve.Das
NürnbergerForschungsinstitut GfK melde-
te vergangeneWoche einen deutlichen An-
stieg derVerkaufsumsätzekonservierter
Lebensmittel. Demnachist der Umsatz
mit Fertigsuppen im Lebensmitteleinzel-
handel binnen einerWocheum112 Pro-
zentgestiegen,Fisch- und Obstkonserven
legten jeweils u m70Prozent zu. Die Ar-

beitsgemeinschaftVerpackung undUm-
welt (A GVU) kann dieserNachrichtdurch-
aus etwasPositives abgewinnen: „Jeden-
falls in einer Hinsicht mussdie gestiegene
NachfragenachKonservendosen keine
Sorgenbereiten: die Recyclingfähigkeit
vonAluminium undWeißblechist hervor-
ragend“, schrieb derVerband aufTwitter.
Der AGVU-VorstandsvorsitzendeCarlDo-
minik Klepper glaubtzwarnicht, dassdie
derzeitigeLiebe derDeutschen für die
Konserve ein langfristigerTrend bleiben
wird: „Dashängtmit der speziellen Situati-
on zusammen.“ Zu wünschenwäre es in
seinenAugen aber:„Aluminiumund
Weißblechsind Paradebeispiele für einen
gelungenenRohstoffkreislauf.“
Zahlen der Gesellschaftfür Verpa-
ckungsmarktforschung (GVM)geben dem
Verbandsmannrecht: Im Jahr 2018wur-
den demnachjeweils 90,4 Prozent der in
Umlaufgebrachten Verkaufsverpackun-
genaus Aluminiumund Weißblechrezy-
kliert–kein anderes Materialkann mit ei-
ner solchen Bilanz aufwarten. FürKunst-

stoffmeldetdie GVMeine Quote von48,
für Glas84Prozent. 75 Prozent des jemals
produzierten Aluminiumsbefinden sich
heutenochimEinsatz,während Schätzun-
genzufolgerund 80 Prozent des seit dem
Jahr 1950 angefallenen Plastikmülls auf
Deponien oderinder Umwelt gelandet
sind.Dem gegenüber stehendie ver-
gleichsweise energieintensiveHerstellung
vonKonservenund deren höheresTrans-
portgewicht.
Sibylle VollmervomVerband der Me-
tallverpackungen zufolgeist die „gutealte
Dose“ nicht erst seit demAusbruchdes
Coronavirusgefragt. Sieglaubt mit dem
Fokusder EuropäischenUnion und auch
der Bundesregierung auf einegeschlosse-
ne KreislaufwitschafteinenParadigmen-
wechsel ausgemacht zu haben:„Viele Jah-
re ging es darum, dassVerpackungen
möglichstleicht sein sollten und
CO 2 -armhergestellt werden“, sagtVoll-
mer.Zuletzt aber sei es wichtigergewor-
den, dassdas, waseinmal produziertwur-
de, langeerhalten bleibt–eine Vorgabe,

die dem Weißblech„zupasskomme“.
Lenkt das Coronavirus in der Debatteum
die wachsenden Berge an Verpackungs-
müll dieAufmerksamkeit also auf ein alt-
bewährtesund unterschätztes Material?
Michael Schneider,Sprecher desRecyc-
lingunternehmens Remondis,kann der
Konservendose auchimdirekten Ver-
gleichzuPlastik vielPositives abgewin-
nen: „Solltedochmal etwasvon diesem
Material in derNatur landen, istdas zwar
optischebenso unschön und möglicher-
weise nichtganz ohneVerletzungsgefahr
für Menschund Tier,aber langfristig
schädlichfür dieUmwelt imstofflichen
Sinne istesnicht.“ ObKonservendosen
aber für alle Anwendungsbereiche, in de-
nen heute Plastik zum Einsatzkommt,
gleichermaßengeeignetwäre, sei zu be-
zweifeln. Der Bund fürUmwelt undNatur-
schutzfindetindes,Konservenseien zwar
sinnvoll mit Blickauf die längereHaltbar-
keit vonLebensmitteln. Doch„regional,
frisc hund bedarfsgerecht“einzukaufen
sei immer nochdie bessereLösung.

Rausnur mit Maske:In Ber gamo sind dieStraßen fastwie ausgestorben. FotoEPA

Industriestark


vorCorona


Frankreichpochtauf EU-Konjunkturprogramm


DieMöglichkeiten derUnion sindbeschränkt/Telefonkonferenz am Dienstag


Zurückzur gutenalten Dose


DieDeutschen entdeckendank Corona ihreLiebe fürKonserviertes /Der Umwelt kann das helfen


loe. BERLIN. Sie sind mittlerweile in
ganz Deutschland zu besichtigen: leer-
geräumteRegale, in denenvorkurzem
nochKonserven, Toilettenpapier und
Wasserkästen standen.Viele Menschen
haben in denvergangenenTagenihre
Vorräteaufgefüllt, auch,weil das Bun-
desamt für Katastrophenschutz emp-
fiehlt, für zehnTage gerüstet zu sein.
Der Handelversucht jetztfieberhaft,
die Lücken wieder zu füllen,wasaber
vorallem bei den Getränken nichtganz
so einfachist. Denn die Bürgerhaben
sichzwarmit reichlichWasse r, Limona-
den und Bier eingedeckt.Dochdie Käs-
tentürmen sichjetzt er st mal in Speise-
kammernund Kellern. Bis die leeren
Flaschen wieder zurückkommen, wird
es nochWochen,wenn nicht Monate
dauern. So langefehltden Getränkeher-
stellerndas Leergut.
„Der Kreislaufgerätins Stocken“,
sagt Stefan Müller,Geschäftsführer der
hessischen Hassia-Gruppe,die eines
der umsatzstärksten Unternehmen der
Branche ist. EinigeTagekomme man
mit den bestehenden Flaschenvorräten
nochhin, so Müller,aber dannkönnte
es engwerden. Wasihm ebenfalls Sor-
genbereit et:„Normalerweise nutzen
wir diese Phase im Jahr,umeinen Puf-
ferfür die Sommermonateaufzubau-
en“, sagt der Mittelständler.Daran sei
angesichts dergroßenNachfrag eder-
zeit nicht zu denken. Müller appelliert
an dieVerbraucher:„Wirsind sehr,sehr
daran interessiert, Leergut zurückzube-
kommen.“
Neun vonzehn der Flaschen, die ein
Unternehmen wie Hassia verwendet,
sindMehrwegflaschen. Bis zu 50 Mal
werden diese im Schnitt wieder befüllt.

WasUmweltschützererfreut,erweist
sichnun als Problem: Andersals die Dis-
counter,deren dünnePlastikflaschen
nachGebrauchimSchredder und inRe-
cyclinganlagen landen, sind Getränke-
herstellermit hohemMehrweganteil
darauf angewiesen, dassausreichend
Pfandflaschen zurückkommen.
„Wir haben ohnehin eine Knappheit
bei den Gebinden“, sagt MarkusWolff,
Vorsitzender der GenossenschaftDeut-
scher Brunnen. Hintergrund sei „der
Schubvon Plastik zu Glas“. Seitetw aei-
nem Jahr würden dieVerbraucher Plas-
tik meiden,stattdessenverstärktGlas-
flaschen kaufen. Hintergrund istdie
Diskussion über mehrUmweltschutz.
Gesundheitsbewusstesorgensichzu-
dem, dassPlastik die Qualität des Mine-
ralwassersbeeinträchtigenkönnte.
Die in Bonn ansässigeGenossen-
schaftDeutscher Brunnen organisiert
für rund 180Unternehmen–nachihren
Angaben sind das nahezualle in der
Branche–das ständigeKommen und
Gehender Flaschen. Eine Milliarde
Exemplare sind insgesamt imUmlauf,
mehr als die Hälftedavon mittlerweile
aus Glas.Bessergesagt:wieder,wie
Wolfferklärt.Vor einigen Jahrzehnten
habe es fastnur Glasflaschengegeben.
Erst mit der wachsenden Beliebtheit
vonSoftdrinkswie Coca-Colasei die
Plastikflasche in Mode gekommen.
Zwarkönnten dieUnternehmenjetzt
theoretischneue Flaschen undKästen
anschaffen. Das gehe auchziemlich
schnell, istzuhören.Aber eskostet.
Undwenn dieNachfragenicht mehrso
hochist,stehen die Flaschen dann nicht
bei denVerbrauchern, sondernauf den
Höfen der Getränkehersteller imWeg.

mj. FRANKFURT. Die deutsche Justiz
bereitetsichauf eine Prozesswellewe-
gendes Coronavirusvor. Aufdie Amts-
gerichte kommenvermutlich Tausende
neuer Entschädigungsklagengegen die
Fluggesellschaftenwegen verspäteter
und annullierterFlügezu, meinenFach-
leute für Reiserecht.Nachder EU-Flug-
gastrichtlinie261 könnenVerbraucher
im Fall einesAusfalls ihres Flugs oder ei-
ner Verspätungvonmehr als dreiStun-
den je nachFlugdistanz zwischen 250
bis 600 Eurovon der Airlinefordern.
„Es wirdsicherlichzuvermehrten Strei-
tigkeitenkommen,obaufgrund des Co-
ronavirus annullierte Flügeeinen be-
rech tigten Anspruchauf Ausgleichszah-
lung darstellen“,sagte Heinz Klewe,Ge-
schäftsführerder Schlichtungsstelle für
den öffentlichenPersonenverkehr.
Treffenwirddas die ohnehinstark
ausgelastete nAmtsgerichte. Als Ein-
gangsinstanzsindsiefürdieZivilklagen
mit einemStr eitwertbis zu 5000 Euro
zuständig.Nach einer jüngstenErhe-
bung des Deutschen Richterbundes
(DRB) hat sichder Zahl derReisever-
tragssachen an Gerichten mit Flugha-
fenstandorteninnerhalb eines Jahres an-
näherndverdoppelt:2019 gabeserst-
mals rund 100 000 neue Entschädi-
gungsklagen vonFluggästen, die An-
sprüchevermehrtüber Internetportale
wie EU-RightoderFlightrightgeltend
machen. 70 Prozent der Klagen entfal-
len auf die fünf Amtsgerichte, in deren
örtlicherZuständigkeit diegrößten deut-
schen Flughäfenliegen. Diewenigsten
Klagenverzeichneten die Amtsrichter
in Paderbornund Steinfurt(Flughafen
Münster/Osnabrück).
Vordem Coronavirus hat dies nach
Aussagevon DRB-Bundesgeschäftsfüh-

rerSvenRebehn an den Gerichten zuex-
tremen Belastungengeführt. Zwar han-
dele es sichbei Fluggastfällen häufig um
Bagatellverfahren, die sichunstreitig er-
ledigenließen. „Die Masse der Fälle
führtdazu, dassandereAufgaben in den
Gerichten liegenbleiben“, sagteRebehn
der F.AZ.Weil Online-Portalederzeit
massiv um neue Mandatebetroffener
Flugkundenwerben, hält er es für mög-
lich, dasssichdie Entwicklungnochbe-
schleunigt. ImFall vonhöherer Gewalt
können Airlineseine Entschädigung
nachkurzfristigen Annullierungenver-
weigern. In derVergangenheitwardies
bei Naturkatastrophen der Fall. Sie
könnten sichauf das Ansteigen von
Corona-Infektionen als „höhere Ge-
walt“ berufen. Anders kann es sein,
wenn Flügebloßgestrichen werden,
weil Menschen aktuellwenigerreisen.

Die AngstlähmtItaliensWirtschaft


Die Folgen der Hamsterkäufe


Getränkehersteller nfehlen leere Flaschen


Amtsgerichte erwarten einen


AnsturmvonFluggäste-Klagen


Richterbund:Schon vorCorona 100 000 neueFälle
Der italienische

Unternehmerverband


befürchte teinen


allgemeinenStillstand


derWirtschaft.Die


Regie rung will ihr erstes


Hilfspaket bes chlie ßen.


VonTobias Piller,Rom


Flugprozesse 2019

Quelle: Deutscher Richterbund F.A.Z.-Grafik Niebel

Zahlder Entschädigungsklagenvon
Flugkunden an denStandorten der fünf
großen Flughäfen in Deutschland

20000
18700

15200

(^80797804)
Köln/Bonn
Berlin-Tegel
München
Düsseldorf
Frankfurt/M.

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