Frankfurter Allgemeine Zeitung - 10.03.2020

(Marcin) #1
K

onsequent inkonsequent –
besser undkürzer als Horst
Heldt, derSportdirektor des
Bundesligaklubs 1. FCKöln es tut, ist
die Reaktion des Profi-Fußballs auf
die am Sonntag ausgesprochene Emp-
fehlung des Bundesgesundheitsminis-
ters Jens Spahn,Veranstaltungen mit
mehr als 1000Teilnehmern bis auf
weiteres abzusagen, nicht zusammen-
zufassen.Denn die Entscheidung dar-
über,wie es inZeiten des Coronavirus
weitergehen soll, wirderstmal weiter-
gereicht.Wasdie Bundesligabetrifft,
istdie Deutsche Fußball-Ligaals
Dachorganisation zwar nicht berech-
tigt, einePartie abzusagen,weil sie
nicht als Veranstalter fungiert. Sie soll-
te aberganz sicher eine deutlichere
Position haben als jene, die Geschäfts-
führer Christian SeifertamMontag
verkündete:„Wirwürden den nächs-
tenSpieltag am liebstenschon mit Zu-
schauernspielen.Das is taber leider
nichtrealistisch. Mit wie vielen Zu-
schauernund ob ohne, das isteine
Entscheidung, die die Behörden tref-
fenmüssen.“
Das magversicherungstechnische
Gründe haben, aber es zeugtnicht
vonausgeprägtemVerantwortungsge-
fühl über den eigenen kleinen Bereich

hinaus. „Es geht um den eigenen
Schutz undumden Schutzvon Mitbür-
gern.Das oberstes Ziel muss sein, die
Epidemie zuverlangsamen. Das wird
darüber entscheiden, wie unser Ge-
sundheitssystemdamit umgehen
kann. Es istsicher leichter,auf Kon-
zerteund den Besuchvon Fußballspie-
len zuverzichten als auf denWegzur
Arbeit“, hatteSpahngesagt.
DieFolge? InStuttgartsollteam
Abend das Zweitliga-Spitzenspiel wie
geplantstattfinden,danachaber wür-
denweitereVeranstaltungen dieser
Artsonicht stattfindenkönnen.Auch
in Leipzig am Dienstagwirdinder
Champions League mit Zuschauern
gespielt, wie in Stuttgartmit dem Hin-
weis, auchder zeitlicheFaktor habe
gegeneine Absageoder ein Geister-
spielgesprochen. In Salzburgging das
vorzweiWochen problemlos–wegen
einerSturmwarnungwurde das Euro-
pa-League-Spielder Frankfurter Ein-
trachtStundenvordem geplantenAn-
pfif fumeinenTag verschoben. Der
Sturmwartetnicht, dasVirusschon?
In Parisnicht –damussder BVBohne
Zuschauer bei PSG spielen.Unddas
Europa-League-Spiel der Eintracht in
Basel wurde am Montagvonden Base-
ler Behörden abgesagt.Die Entschei-
dung hingegen, ob dasNachholspiel
des 1. FCKöln am MittwochinMön-
chengladbachstattfindet, soll erst an
diesem Dienstagfallen.Welche neu-
en Erkenntnisse kann es dageben,
und wieso reicht danndie Zeit?
Dassdie Entscheidungen, die nun
zu treffensind, nicht einfachsind,be-
zweifelt niemand–dasssie unum-
gänglichsind,sagenvorallem die
Fachleute,indiesemFall Virologen.
Bislangfolgte daraus nur,dassin
Deutschland jederVeranstalter,jede
lokale Gesundheitsbehörde das ein-
zeln entscheiden muss. Etwas mehr
Verantwortung für die Gesellschaft
darfder Fußball aber schon überneh-
men.Undobdiese Saison überhaupt
zu Endegespielt wird, entscheidet die
Frage, ob sichirgendwann ein Spieler
infiziertund dannkomplett eTeams
zweiWochen in Quarantäne müssen.
Aber wärenFragenvon Auf- undAb-
stieg dann wirklichwichtig?

DassernebenbeiPsychologiestudiert,ver-
wundertbei diesem 25-Jährigennicht. Die
GeschichtevonRobinGosens hat eigent-
lichgar keinen Platz im Fußball-Geschäft,
in dem normalerweisevon Kindes Beinen
an alles durchgeplant ist: Der Mannvom
Niederrhein hatnie in einemNachwuchs-
leistungszentrum einesBundesligavereins
gestanden. Elten, Bochholt und Rhede hie-
ßen seine Jugendklubs. Eingescheiteres
Prob etraining in der Jugendvon Borussia
Dortmund haterals „Fiasko“bezeichnet.
Abitur machen,dann diePolizistenlauf-
bahneinschlagen(„Meine Mutterwollte,
dass ichwas Sicheres in derHand habe!“)
und dann Fußball spielen.Auf Landesliga-
Niveau. Immerhin. Dochdannwurden
Scouts vonVitesse Arnheim aufden
17-Jährigen aufmerksam.Gosensging in
die Heimat seinesVaters:Vitesse, FC Dord-
recht und Heracles Almelohießen seine
Stationen,ehe dergroßeSchalke-Fanvom
italienischen Serie-A-KlubAtalantaBerga-
mo ein Angebotbekam. Im drittenJahrin
Italien istermit acht Saisontoren zu einem
der interessanteren Linksverteidiger Euro-
pas geworden undsteht mitAtalanta über-
raschendvordem Einzugindas Viertelfi-
naleder ChampionsLeague.

Zunächst zum Sportlichen: Toni Kroos,
Manuel Neuer, Timo Werner und Robin
Gosens: Wie gefällt Ihnen die Liste die-
ser deutschen Fußball-Profis, die nun
um den Einzug ins Viertelfinale der
Champions League kämpfen?
Die Liste hörtsichfür michganz gut an.
MeinenNamen dazwischen zu sehen bei
diesenweltbekanntenStarsaus Deutsch-
land istdochsehr angenehm.

Ist Ihnen schon so richtigbewusst, dass
Sie mit IhremKlub davor sind, das
nächste Kapitel Ihrerunglaublichen
Fußball-Geschichte zu schreiben?
Das istnicht wirklichzubegreifen ,dabin
ichganz ehrlich. Als ich2017 hierhinkam,
habe ichjaauchnicht gedacht, in drei Jah-
renkannstdudas Achtelfinale der Champi-
ons Leaguespielenund hastguteAussich-
tenauf dasViertelfinale. Da würde ich je-
den belügen, wenn ichdas behauptenwür-
de. Aufder anderen Seitebegreifeich
schon,waspassiert, da ichlivedabeibin.
Aber manrealisiertnicht wirklich,welche
Historieman aktuellmit seinemVerein
schreibt.Das is tirgendwie nichtgreifbar.

Bis vor knapp acht Jahren zielte alles
auf eine Karriere in derLandesliga mit
dem VfL Rhede hinaus. Was sagen Ihre
alten Freunde dazu?
Ichhabe nochmit relativ vielen altenKum-
pelsKontakt.Die schreiben mirnatürlich
auch regelmäßig,wasdas für einekrasse
Storyist,welchenkrassen Wegich gegan-
genbin.Manchmalschwelgen wirnoch in
altenZeiten.Und jetztstehst du vielleicht
bald imViertelfinale mitden bestenTrup-
pender Welt.Das is tschon unfassbar.

Nachdem 4:1-Hinspielsieg in Italien:
Wie groß ist die Zuversicht,beim FC Va-
lencia in die Runde der letzten acht ein-
zuziehen?
Es istimmer eine Gefahr,wenn man das
Hinspiel-Ergebnis zustarkimKopf hat.
Wirwissen, dasseseine großartigeAus-
gangsposition ist. Daherversuchen wir,
das Spiel anzugehen, als ob es 0:0steht.

Das Spiel inValencia findet wegender
Coronavirus-Epidemie vor leeren Rän-
gen statt. Wie sehr nimmtdie aktuelle Si-
tuationdie Vorfreude?
Für mich isteseine ganz blöde Situation.
Ausfußballerischer Sichtgeht ohne die
Fans ein Großteil der Emotionenverlo-
ren, wenn man nun nicht mehr dieFan-
Gesänge, sondernnur die Sprüche und
das Coaching der anderen Spieler auf
dem Platz hörenkann. Es istnicht schön.

Italienist in Europa das am stärksten
vom Coronavirus betroffene Land mit
mehr als 7000 Infiziertenund über 300
Toten. In Ihrer neuenHeimat, der Regi-
on Bergamo, sind auch mehr als 600 In-
fektionsfälle bekannt. Wie sieht der All-
tag dort aus zurzeit?
Man mussschon sagen, dassalles et-
waseingeschränkt ist. Unswurde jetzt
nochnichtverboten, rauszugehen. Man
istaber angehalten, sehr aufzupassen,
nur nochdann das Haus zuverlassen,
wenn es wirklichnötig is twie zum Ein-
kauf oder zur Arbeit, aber nicht, um ein-
fach in der Gegendrumzuschwelgen.Wir
befinden uns in einer brenzligen Lage.
Ichglaube, das Problem in Italien istaktu-
ell auch, dasssie keine Lösung parat ha-
ben, wie sie dieFälle in den Griffbekom-
menwollen. Man liesteigentlichnur ste-
tig steigendeZahlen.

GehenSie noch normalraus ins Café
oder ins Restaurant?
Ichhabe es bis zur letztenWochenochwie
immergehalten,weil ic hmichnicht so ein-
schränken lassen möchte.Aber da sich nun
der Ernstder Lagenoch malverschärft hat
und auchvom Klub unsgesagtwurde:
„Jungs, seidvorsichtig, machtnur dasNö-
tigste“, haben meineFreundin undich be-
schlossen,keine unnötigen Risikeneinzu-
gehen.Wirwerde njetzt die nächstenTage
und Wochen denKaffeeund das Essen bei
uns zu Hauseeinnehmen.Es sieht aktuell
nicht aus, als sei der schlimmste Moment
überstanden. Es heißt, eswerdenoch
schlimmer.Wir in Bergamo sind auchzur
rotenZone deklariertworden. In Berga-
mo, in der Gegend,wo ichmichvornehm-
lich aufhalte, herrschtaber einegesunde
Vorsicht, so würde ichesbezeichnen. Die
Italiener sind in der Hinsicht auchetwas
andersals die Deutschen. Es gibt hier vie-
le, diereagieren mit einerTrotzreaktion.
Wenn die Presse schreibt:„Bleibt besser
zu Hause, macht nichts“, danngehen die
Italiener erst rechtraus und trinken ihren
Kaffee in der Sonne,weil sie sichnicht
gernewas vorschreiben lassen. Das sehe
ichauchkritisch. Ichglaube, man muss
einfacheine Balance finden zwischen

„Wir sehen esrealistisch, sind trotzdem
vorsichtig“. Dann sind viele Krankenhäu-
ser hier überfüllt und man spricht davon,
dassman hiervoreinem medizinischen
Kollapsstehen würde, so würde ichesaus-
drücken. Dementsprechend istdie Situati-
on schon angespannt, man darfnichts auf
die leichteSchulter nehmen.Aufder an-
deren Seitesollteman nicht so tun, als ob
die Welt bald zu Endegeht.Eine guteBa-
lance zufinden istwichtig.Unddie Italie-
ner sind da nur bedingt gut drin.

Sie studieren parallel Psychologie,weil
Sie „der Menschund sein Verhalten“
sehr interessiert. In Deutschland, das im
Vergleich zu Italien weniger betroffen
ist, entsteht teilweise Hysterie. Weshalb
neigen Ihrer MeinungMenschen häufig
zu Extremverhalten?
Ichkann hauptsächlichvon Italien berich-
ten, da icheshier livemiterlebe. Ichglau-
be, in Deutschland wirdesähnlichsein.
Teile der Presseverbreiten eine unglaubli-
chePanik. Dannkann es sehr schnellge-
hen, dassdie Leuteder Pressevertrauen
undglauben: Okay,jetzt sind wir in ei-
nem Ausnahmezustand angekommen,
jetzt istPanik angesagt. Sokann eskom-
men, dassein ganzes Land oder einegan-
ze Region inPanik versetzt werden. Das
istärgerlich,weil esteilweise sicherlich
auchnicht angemessen ist.

Können Sie Ihrem Job überhaupt noch
hundertprozentig nachgehen und diegro-
ße Gesundheitskrise,die Italien leider
befallen hat, ausblenden?
Wenn du auf dem Platzstehstund die Pil-
le amFußhast, dann istdas alles einfa-
cher.Denn dann denkt man nur anFuß-
ball und mankann relativ gut alles aus-
blenden. Ichwürde aber auchlügen,
wenn ichsage, ichbin so frei wie immer.
Die Situation istgravierend.Undbei uns
in der italienischen Ligaweiß keinerge-
nau,wann und wieweiter gespielt wird.

Der Vorsitzende der italienischen Fuß-
ballspieler-Gewerkschaft, Damiano
Tommasi, fordert wie der Sportminister,
dass aus Sicherheitsgründender Meister-
schaftsbetrieb unterbrochenwerdensoll.
Das seheich ganz kritisch, muss ichehrli ch
sagen.Wenn man jetzt aufeinmal diegan-
ze Ligaunterbricht undaufhö rt,Fußball
zu spielen,dannentsteht meinerAnsicht
nachein nochviel größeres Chaos. Des-

halb denkeich,dass der Mittelweg–wir
spielen,aberohneZuschauer–aktuell,
auch wenn er blöd ist, derrichtigeWeg is t.
Dadurch begrenzt man das Risikoauf ein
Minimum, aber dieLigakannfortgeführt
werden. Dennwirddie Ligaabgeblasen,
ents tehen noch viel mehr Diskussionen,
aufdie hierwirklichkeinerwartet.

Wie werden die Spieler kontrolliert? Re-
gelmäßig?Mussten auch Sie schon einen
Abstrich machen?
Nein, einenAbstrich mussteich nicht ma-
chen. Aber wirwerden tägl ichauf Fieber
kontrolliert, sobald wir dasTrainingsge-
lände betreten und es wiederverlassen.
Das isteinfacheine Sicherheitsmaßnah-
me. Das istaber auchdas Einzige.

Darfbeim Training oder beim Spiel
nochdie Hand geschüttelt werden, noch
normal gejubelt werden? Oder soll jeder
da mit Distanz an die Sache gehen, wie
man vereinzelt liest?
Das istvor allem eher eine Sache der Me-
dien. Davonhabe ichnichtsgehört. Das
warbei unserem letzten Ligaspiel in Lec-
ce vorletztes Wochenende auchnicht der
Fall. Da haben wirganz normalgejubelt
und uns zuvor auchganz normal begrüßt.

IhreletztenbeidenHeimspiele wurden
abgesagt,auch die Partieamvergange-
nen Wochenende gegen Lazio Rom fiel
aus. Ihr Gegner, der FC Valencia, hat
am Wochenende hingegen spielen kön-
nen–1:1 bei Alaves.Glauben Sie, dass
der unterbrochene Spielrhythmus für Ihr
Teamein Nachteil sein kann?
Es is tsicherlichkein Vorteil, eher einNach-
teil,geradeweil wi rzuletzt in ausgezeich-
neterFormwaren .Das Wichtigs te für eine
Mannschaftist immer der Rhythmus.

Das Mestalla-Stadion von Valencia ist
bekannt für seine heißblütigen Fans, die
ihren FC Valencia immer stark nach vor-
ne pushen. Die fallen aber nun weg. Ist
das ein Vorteilfür Atalanta?
Daskann einVorteil werden.Ein Heim-
spiel ohneKulisseist fürdie gastgebende
Mannschaftnur bedingt cool. Valencia
zieht immer viel positiveEnergieaus der
Unterstützungder Fans, die jetztfehlt.Auf
deranderen Seite hat bislang auchkeiner
vonuns so ein Geisterspieljemitgemacht.

Das GesprächführteJan Krebs.

Mehr


Verantwortung


VonPeter Penders

D


er deutsche Profi-Fußball hat
sichamMontag nicht dazu
durchringenkönnen, der „aus-
drücklichen Ermunterung“
durch Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn(CDU)zum Verzicht auf Zuschauer
zu folgen. So entschied dieStadt Stuttgart,
dassbeim Zweitliga-Spitzenspiel des VfB
gegenArminia Bielefeld nocheinmal Zu-
schaueranwesend sein dürfen–trotzCo-
ronavirus-Epidemie.„DieseVeranstal-
tungfindetstatt.Aber danachgelten die
Empfehlungenvon Herrn Spahn“,sagte
der baden-württembergische Gesundheits-
ministerManfredLucha (Grüne) dem
SWR. Die Zuschauer solltenbei der Ein-
lasskontrolledem Sicherheitspersonal
den Rücken zudrehen, um die Anste-
ckungsgefahr zu minimieren,teilteder
Verein mit. Auchdie Stadt Leipzig ent-
schied,den vonVirologengestütztenRat
aus dem Berliner Ministerium zu ignorie-
ren. Das Champions-League-Heimspiel
gegenTottenhamHotspurkann besucht
werden. Die Entscheidunggelte „nur für
dieses eine Spiel“, teiltedie städtische Be-
hörde mit und begründete sie damit,dass
Großbritannien,wo am frühenMontag-
nachmittag273 Infizierte und dreiTodes-
fälle gemeldetwaren, „kein Corona-Risi-
koge biet“ sei. Zudemhabe „der zeitliche
Faktor“gegeneinenZuschauerausschluss
gesprochen. Borussia Dortmundwird da-
gegeninParis am Mittwochvor leeren
Rängen spielen, inFrankreichsind alle
Veranstaltungenmit mehrals 1000Zu-
schauern untersagt.Inden kommenden
Tagenwerden mehr alszehn Spiele der
Champions und Europa Leagueohne Zu-
schauerausgetragen.Die BaselerPolizei
sagtedas Rückspiel desAchtelfinales in
der Europa Leaguegegen EintrachtFrank-
furtam19. MärzinBasel ab. „Selbstbei ei-
nem sogenannten ,Geisterspiel‘ist davon
auszugehen, dassmehrerehundert Fans
des Gastclubs nachBasel reisen und sich
während des Spielsvordem Stadionver-

sammeln würden“, hieß es auf der Home-
pagedes SchweizerVereins. „Die mit dem
bundesrätlichenVerbotvon Veranstaltun-
genmit übertausendPersonenverbunde-
ne Absicht würde in diesemFall unterlau-
fen, wasaus einer präventiven Sicht der-
zeit nicht zuverantworten ist.“Nach Aus-
kunftdes Schweizer Klubs wirdnachei-
nem anderenAustragungsort gesucht.In
der vergangenenWochewaren alleFuß-
ballspiele der ersten und zweiten Schwei-
zer Ligafür den Märzabgesagtworden.
Das Präsidium der DeutschenFußball
Liga(DFL)stellt sichfür daskommende
Wochenende auf Geisterspiele ein. Zu-
dem wurde fürkommenden Montag eine
außerordentliche Mitgliederversammlung
einberufen. EineVerlegungvonSpielen in
der erste nLigasoll ausgeschlossen sein,
in der zweiten Ligahingegen nicht.Un-
klar blieb, ob dasNachholspiel zwischen
Borussia Mönchengladbach und dem 1.
FC Köln am Mittwochmit oder ohne Zu-
schauer stattfindet.Sowohl der nordrhein-
westfälische Ministerpräsident Armin La-
sche tals auchGesundheitsministerKarl-
Josef Laumann (beide CDU) hatten be-
reits am Sonntagangekündigt, Spahns
Empfehlung zu beherzigen.
In anderenSportartenwerden drasti-
schereSchritteergriffen. So wurde das
fünftwichtigsteTennis-Turnier desJahres,
die BNPParibas Open imkalifornischen
OrtIndianWells, abgesagt.ImRugbywur-
de das für SamstagangesetzteSpiel zwi-
schenFrankreichund Irland imRahmen
des Six-Nations-Turniersauf den Herbst
verschoben, das Match zwischen Italien
und England fällt ebenfalls aus.
DerFormel 1hingegen wirdder Weg
frei gehalten. Seltenwar es so angenehm,
nachAustralien einzureisen. Nur eine klei-
ne, hiergeraffte Fragenbatteriewährend
der Passkontrolle: „SindSie in den letzten
14 TageninChinagewesen, in Iran, in Ja-
pan,inSüdkorea?“Nein, nein, nein,nein.
„Willkommen“ in Melbourne. Auchdem

großenFerrari- Trosssoll es am Montag –
abgesehenvoneiner Fiebermessung–ähn-
lichleichtgemachtworden sein, obwohl
Reisendeder Formel-1-Mannschaftnur
mit einerSondergenehmigung die Provinz
Modena,Sitz des Scuderia-Hauptquar-
tiers, hattenverlassen dürfen. Nach Feuer
und Fluten soll der ersteGrand Prix der
Saison unbedingt imgroßenRahmenstatt-
finden.
Der Chefmediziner der australischen
Regierung, Professor Brendan Murphy,
fürchtetkeine besondereAnsteckungsge-
fahr beimVolksfestimAlbertParkvon
Donnerstag bis Sonntagund auf denRän-
genrund um dieRennstrecke.100 000 Zu-
schauer sind in AustralienTradition.
Die Zuschauer werden den Fahrern
wohl nicht so nahekommen wievorder
Corona-Pandemie. Der sechsmaligeWelt-
meisterLewis Hamiltonstieg mit Maske
ins Flugzeug. DieFormel 1, auf der Suche
nachFan-Nähe, wirdinihrem abgeschotte-

tenFahrerlager leichtAbstand haltenvon
Autogrammjägernund Selfie-Fans,weil
es eineWoche später in Bahrein zur zwei-
tenRundekommen soll. Allerdingsvor
leerenTribünen. Der PromotoramGolf
hat denKartenverkauf gestoppt, dieTribü-
nen geschlossen: Eine Ausbreitung desVi-
ruswürde schnell dieWirtschaftdes klei-
nenStaates lahmlegen. 85Fälle zählte
Bahrein am Montag laut dem Robert
Koch-Institut.1112 sind es in Deutschland
zur gleichenStunde,7375 in Italien. Die
vonBahreinfestgesetzt eQuarantäne für
Menschen, die sichzweiWochenvorEin-
reise in Italien aufgehaltenhaben, soll das
Formel-1-Personal nicht aufhalten. Es
muss eine besondereUntersuchung über
sichergehenlassen. Andernfalls dürften
die TeamsFerrari, AlphaTauri, auchdie
MitarbeitervomReifenhersteller Pirelli,
nicht antreten. DazukönnteesinVietnam
am 5. Aprilkommen. Italiener erhaltenge-
genwärtigkeinenZugang ohneVisum.

Mit Blickauf die im Sommeranstehen-
denMega-Events,die Fußball-Europameis-
terschaft, dievon12. Junibis 12. Julige-
plant ist, unddie zweiWochen späterbe-
ginnendenOlympischen Spiele inTokio,
klang die Prognosevon Professor Christi-
an Drosten, demChef-Virologender Berli-
ner Charité,bei dergemeinsamenPresse-
konferenzmit Spahn am Montagmittag
nicht positiv.Die jüngste Studiehabe erge-
ben,dassander sals bei anderen Grippevi-
rendas Coronavirus beiwärmerenTempe-
raturenundtrockeneremSommerwetter
nichtwesentlichweniger übertragenwer-
de. Handele man nicht konsequent, sagte
Drosten, „infiziertein neuerPatient bei
besseremWetter nichtmehr dreiNeue,
sondernvielleicht einen halbenweniger.“
Dadurch entstehe keinegrundsätzlich an-
dereSituation als im Moment. Deshalb sei
konsequentesHandelnerforderlich:„Es ist
nicht zu spät,Veranstaltungen einzuschrän-
ken. Wirsind frühdran in Deutschland.“

Volles Haus:Die Stadt Leipzig lässtZuschauer im Champions-League-SpielgegenTottenham zu. Fotodpa

„Wir befindenuns in einer brenzligenLage“


Fußballprofi Robin Gosens über Champions LeaguemitBergamo undden italienischenAlltag inZeiten desCoronavirus


Königsklasse:Robin Gosens Fotodpa

Champions League,Achtelfinale, Rück-
spiele:FC Valencia–Atalanta Bergamo,RB
Leipzig–Tottenham Hotspur(beide 21
Uhr).

AmWochenende Geisterspiele?

ZDF:17.05 Uhr:Skispringen,Weltcup in Lil-
lehammer/Norwegen.
EUROSP ORT1:14.40Uhr :Rad,RundfahrtPa-
ris–Nizza, dritteEtappe.16.30 Uhr:Skisprin-
gen, Weltcup in Lillehammer.
SPORT1:18.25 Uhr:Volleyball, Bundesliga,
Frauen:VC Wiesbaden–USC Münster.

Stuttgart undLeipzig ignorieren Spahns


Empfehlungen. Basel sagtSpiel gegen


Frankfurt ab.Die Formel 1erhält in


Melbourne freie Bahn.


VonChristop hBecker,Frankfurt


undAnn oHecke r, Melbourne


Fußball am Dienstag

Die DFL entscheidet
nicht, wie die Saison
endet–was, wenn sich
Spieler infizieren?

SportliveimFernsehen

SEITE 28·DIENSTAG, 10.MÄRZ2020·NR.59 Sport FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

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