Frankfurter Allgemeine Zeitung - 10.03.2020

(Marcin) #1

SEITE 8·DIENSTAG, 10.MÄRZ 2020·NR. 59 FZeitgeschehen RANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


W

er zum JahreswechselAb-
stürze an den Börsen,tiefe
Wachstumseinbrüche und
dramatischfallende Ölpreise vorher-
gesagt hätte,wäre vermutlichnicht
ganz ernstgenommenworden. Aber
damals hatten auchnur wenigeKennt-
nis vondem neuenVirusnamens Co-
rona; nochwenigerahnten,welche
Folgen dessenAusbreitung habenwer-
de. Heutesind immer mehr Branchen
in immer mehr Ländernbetroffen;
die Zahl der Infiziertensteigt nach
wie vor. Schon wirddarübergemut-
maßt,obund, wenn ja, wie das Coro-
navirus die amerikanische Präsiden-
tenwahl beeinflussen werde. Wenn
der Handel an der Börse ausgesetzt
wird, so hat das auchpolitische Impli-
kationen. Mit dem neuen Ölpreis-
kriegverhält es sichnicht anders.
Saudi-Arabien, aus dem über eine
Verschwörung und dieReaktiondes
Kronprinzen berichtetwird, reagiert
auf die abnehmende Ölnachfragemit
Prei ssenkung undAusweitung des An-
gebots; letztereeine eher ungewöhnli-
cheMaßnahme. DasKönigreich lie-
fert sicheinen bitterenKampf voral-
lemgegenRussland (ausZorn dar-
übe r, dassder Kremlgegeneine Min-
derung derFördermenge war) undge-
genandereWettbewerber,die es aus
dem Markt drängen will.Fragt sich
also,wer denlängerenAtem hat und
werinanderenFörderländernüber
die Klingespringen muss. Drastisch
fallende Erlöse aus dem Ölexport be-
grenzen jedenfalls den innen- und
den außenpolitischen Handlungsspiel-
raumvielerProduzenten. Immerkla-
rertritt dasAusmaßglobalerVerwer-
fungen der Corona-Krise zutage.


Preiskrieg


VonKlaus-DieterFrankenberger

A


ls dieRegierung des damaligen
griechischenMinisterpräsiden-
tenGiorgiosPapandreouvon
der „Panhellenischen Sozialis-
tischen Bewegung“ im Januar 2011 an-
kündigte, siewerdeeinenZaun an Grie-
chenlands Landgrenze zurTürkei bauen,
wardie EU-Kommission nicht begeistert.
Zäuneund Mauernseien langfristig nicht
sonderlicheffizient bei der Bewältigung
vonMigrationsströmen,teilteein Spre-
cher vonCecilia Malmström mit, die da-
mals EU-Kommissarin für Migration und
Innereswar.Die Kommissionweiger te
sich, das mitten in der Schuldenkriseste-
ckende Griechenland bei demVorhaben
finanziell zu unterstützen.
Griechische Medien berichteten, Brüs-
sel habe mitgeteilt, der Bau desZauns
werdeaus Mitteln der EU nicht unter-
stützt, da ein solchesVorgehen alleinkei-
ne Lösung des Problems der illegalen Mi-
gration in derRegion darstelle. Die sozia-
listischeRegierung inAthen hielt den-
nochanihrem Planfest.Innenminister
ChristosPapoutsis sagte, dieRegierung
habe „die absolutePflicht, dieRechteih-
rerBürgerund der legal im Lande leben-
den Bürgerdritter Staaten zu schützen“.
Der Hintergrund: Laut Angaben der
EU-Grenzschutzagentur Frontex waren
2010 die meistenirregulären Grenzüber-
tritt einEuropa aus Griechenlandgemel-
detworden, allein 45 000Fälle im ersten
Halbjahr jenes Jahres. Damals bildete
nochnicht diegriechische Inselwelt der
Ägäisden Schwerpunkt des Geschehens,
sonderndie Landgrenze zur Türkei in
Thrakien.Dorttrennt der Grenzfluss
Evros (türkisch: Meric) beide Staaten.
Aufeinem gut zehn Kilometer langenAb-
schnitt istder Flussjedochanbeiden
Ufer ntürkisch. Hierverläuftdie Grenze
zu Griechenlandetwasweiterwestlich.

Über diesen Landabschnittgelangten da-
mals die meistenMigranten auf dasTerri-
torium der EU–bis der gut zehn Kilome-
terlange, doppelreihige, drei Meterhohe
Zaun Ende 2012 nachmehreren Monaten
Bauzeitfertiggestelltwar.
Zwargelang es Einzelnenweiterhin,
den Zaun zu überwinden. Wiederholt
wurden dicke Deckengefunden, die über
denStacheldrahtgeworfen worden wa-
ren. Auch wurden Löcher in den Drahtge-
schnitten, mindestens einmal wurde der
Zaun untergraben. Dochsank dieZahl
der in derRegion aufgegriff enenMigran-
tennachAngaben dergriechischenPoli-
zei um 95 Prozent.Die sonstunbeliebte
RegierungPapandreou erreicht ewenigs-
tens für denZaunbauZustimmungswerte

von60bis 80 Prozent.Zuden Befürwor-
tern gehörtender MetropolitvonSaloni-
ki ebenso wie derKomponistMikis Theo-
dorakis.Auchviele Bauernauf der türki-
schen Seitebegrüßten denZaun, da die
durchziehenden Migranten ihreFelder
niedergetrampelt hatten.
Fortan stieg in dem Dreiländereck der
Druckauf die bulgarische Grenze,bis
auchdie vonSozialistengeführte Regie-
rung in Sofia 2013 den Bau einesZauns
beschloss.Wiederumwardie EU nicht er-
freut.Zäune und Mauernseien letztlich
keine Lösung für denUmgang mit Migra-
tionsströmen, sagteKommissarin Malm-
strömabermals. Sie mahnte, Bulgarien
müsse die Menschenrechteder Migran-
tenund derenRecht aufAsylachten.Der
Zaun wurde dennochgebaut, doppelrei-
hig undstacheldrahtbewehrtwie in Grie-
chenland. Bei derWählerschaftwar das
ähnlichpopulär wie zuvor in Griechen-
land.
Nunverstärkt esicheine Entwicklung,
die schon nachdem Zaunbau in Griechen-
land eingesetzt hatte: Die Migrationsströ-
me verlager tensichauf diegriechischen
Inseln.PolitischeKonjunkturenkonnten
den Grenzzäunen nichts anhaben. An-
fang 2015 wurde einTeil dergriechischen
Befestigung durch Hochwasser zerstört,
auf Geheiß des eben an die Machtgewähl-
ten„Bündnisses derradikalen Linken“
(Syriza) aberraschwiederaufgebaut.In
der Opposition hatteSyriza Grenzzäune
nochals „heuchlerischund unmensch-

lich“ abgelehnt.Vom Kabinettstischaus
stelltesichdie Lageandersdar.Forderun-
gennacheinem Niederreißen desZauns
seien ideologischkorrekt, aber „derzeit“
nicht opportun, sagteein Syriza-Minister.
Dieses „derzeit“währte bis zum Ende der
RegierungszeitvonSyriza 2019.
DieRegierungvonMinisterpräsident
Kyriakos Mitsotakis, die ohnehinkeine
ideologischen Berührungsängste mit dem
KonzepteinerGrenzsicherung durch Zäu-
ne hat, will die Anlagenun weiter ausbau-
en. Schon2019 warendie Sicherheitsmaß-
nahmen amZaun und amgriechischen
Ufer des Evrosverstärktworden durch
Wärmebildkameras sowie nochmehr Sta-
cheldraht.DieserTage berichteten grie-
chische Medien, dieRegierung plane zu-
dem, denZaun vonzehn auf dreißig Kilo-
meterzuverlängern, also auchauf Ab-
schnitteauszuweiten, in denen der Evros
zwar die Grenze bildet, im Hochsommer
aberwenig Wasser führt. Der Fernsehsen-
der „Mega“ berichteteunter Berufung auf
Polizeiquellen, derAusbau solle inner-
halbwenigerWochen vollzogenwerden.
Diesmal, so behauptete die AthenerZei-
tung„ToVima“ zu wissen,werdesichdie
EU an denKosten beteiligen.
Soglaubtmansichwappnenzukön-
nen fürweiter e„Grenzöffnungen“ imSti-
le destürkischen PräsidentenRecep Tayy-
ip Erdogan. Der hatteEnde 2015 zum da-
maligen EU-Kommissionschef Jean-Clau-
de Junckerund zuRatspräsident Donald
Tusk unverblümtgesagt:„Wir können die
Tore zu Griechenland und Bulgarien je-
derzeit öffnen, und wirkönnen die Flücht-
lingeinBusse setzen.“ Erdogan fragte,
wie die EUreagierenwerde, wenn sie
sichnicht mit ihm einige:„Wie werdet ihr
mit den Flüchtlingen umgehen,wenn ihr
keinen Deal bekommt? Die Flüchtlinge
töten?“ Die Antwortscheint zu lauten:
mehr Zäune undTränengas.

D

ie Attackender polnischen
Regierung auf dieUnabhän-
gigkeit der Justiz sindkeine
innereAngelegenheit Polens, son-
dernhaben schwereAuswirkungen
auf dieganze EU.Nochist eine Ent-
scheidung wie die des Oberlandesge-
richts Karlsruhe nur ein Einzelfall: Es
hat einenPolen aus derAuslieferungs-
haftentlassen,weil es bezweifelt, ob
ihm in seiner Heimatein fairer Pro-
zesssicher sei.Aber bei diesem einen
Fall wirdesnicht bleiben,wenn die
Regierung in Warschau so weiter-
macht wie bisher.Aufgrund der Geset-
ze, die die nationalkonservativePiS in
den vergangenen fünf Jahren beschlos-
sen hat, istesnur nocheine Frageder
Zeit, bis allewesentlichen Stellen in
der polnischen Justiz mit ihrenPartei-
gänger nund willfährigen Erfüllungs-
gehilfen besetzt sind.
Wenn es zu immer mehr solcher
Entscheidungen wie der ausKarlsru-
he kommt,womöglichgar in aufse-
henerregendenProzessen–wie wird
dannPolens politisierte Justiz reagie-
ren? Wird sie dann ausRevanche deut-
sche (französische, niederländische,
irische–und soweiter)Auslieferungs-
begehren ablehnen?Das würde im
bestenFalle, der freilichschlimmge-
nug wäre,schleichend zu einem fakti-
schen Austritt Polens auseinemKern-
bereichder EU führen,könnteaber
schnell zu einertödlichen Krankheit
für den europäischenRechtsraumwer-
den. Deshalb solltedie EU-Kommissi-
on so schnell wie möglichalle ihr zur
Verfügungstehenden Mittelanwen-
den, die polnischeRegierung zustop-
pen.


Zu denStärkenvon Karl-Josef Lau-
mann zählt, dasserunübersichtliche
Lagen mit einfachenFormulierungen
zu sortierenweiß. Nach der Empfeh-
lungvonBundesgesundheitsminister
Jens Spahn(beide CDU),Veranstal-
tungen mit mehr als 1000Teilneh-
mernwegen der Corona-Krise abzusa-
gen, stellteLaumann, der nordrhein-
westfälische Landesgesundheitsminis-
ter, klar,dassdieseEmpfehlung nicht
als freundlicher Hinweis gemeint ist.
In Nordrhein-Westf alen gibt esso
viele Bundesliga-Vereine wie nirgend-
wo sonstinDeutschland,was einer
der Gründe dafür sein mag, dassdie
örtlichen Behörden bisher davor zu-
rückscheuten, sichallzu eindeutigge-
genGroßveranstaltungen auszuspre-
chen. NunsagteLaumann, zwar liege
die Entscheidung bei denunteren Ge-
sundheitsbehörden, also in den Land-
kreisen und kreisfreienStädten. Er sei
sichaber sicher,dassesnach seinem
Hinweis eine einheitlicheUmsetzung
gebenwerde, um hinzuzufügen: „In
Wahrheit isteswie eineAnordnung.“
In derPolitik sindTypen mit Ecken
und Kanten seltengeworden. Der 62
Jahrealtenordrhein-westfälische Mi-
nisterfür Gesundheit,Arbeit und So-
ziales isteine Ausnahme. In Riesen-
beckimMünsterland geboren, wuchs
Laumann auf dem Bauernhofseiner
Elternauf, machtenachdem Haupt-
schulabschlusseine Schlosserlehre
und arbeitete17Jahrelang bei einem
Landmaschinenhersteller.
Seine politische Arbeit am sozialen
Ausgleichbegann Laumann dortals
Betriebsrat. Als er bei der Bundestags-
wahl 1990 erstmals ein Direktmandat
errang, wurde die Sozial- und Arbeits-
politikauchinder Bundeshauptstadt
zu Laumanns Schwerpunkt.2005 be-
rief ihn JürgenRüttgersinsein nord-
rhein-westfälischesKabinett, um das
sozialeProfilder Landes-CDU zu
schärfen. Im selben Jahr wurde Lau-
mann auchBundesvorsitzender der
Christlich-Demokratischen Arbeit-
nehmerschaft(CDA) und damit zum
„sozialen Gewissen“der gesamten
CDU.NachZwischenstationen alsOp-
positionsführer im nordrhein-westfäli-
schen Landtag und Patienten- und
Pflegebeauftragter der Bundesregie-
rung machte ihn der neugewählteMi-
nisterpräsident Armin Laschet
(CDU) im Sommer 2017wieder zum
Ministerfür Gesundheit und Soziales
in NRW.
Laumannversteht es bisher, die Co-
rona-Krise auf für ihn typischeWeise
zu meistern:zupackend, direkt und
mitunter leicht polternd. Alsvergan-
gene Wocheherauskam, dassviele
Kliniken in NRWsträflichwenig
Schutzausrüstung für ihreÄrzte und
Pfleger haben, unterschrieb der Minis-
tereinenVertragüber denKauf von
einer MillionSchutzmasken. „Es
kann nicht sein, dassdie Arbeitgeber
im Gesundheitswesen in Sachen Ar-
beitsschutzsoschlecht vorbereitet
sind“, schimpfteLaumann.Obwohl ei-
gentlich anderezuständig seien, löse
das Landdas Problem nun mit Steuer-
geld. REINER BURGER

Nicht nur Polens Sache


VonReinhardVeser

Aufdem Meeresgrund zwischen denKa-
narischen Inseln und der afrikanischen
Küsteliegt derVulkanTropic. Er istseit
langerZeit erloschen, birgt abergroßes di-
plomatischesKonfliktpotential. Vorvier
Jahren entdeckten spanische und briti-
scheForscher in dem unterirdischen Ge-
birgszug dasgrößteVorkommenvonTel-
lur auf derWelt. Das Halbmetall wirdbe-
nötigt, um besonderseffizi enteSolarzel-
len zu bauen. Zudem gibt es dortnochgrö-
ßereMengenKobalt, das in Batterienvon
Mobiltelefonen zum Einsatz kommt.
Noch fehlt dieTechnologie, um denAb-
bau in gut tausend Metern unter der Mee-
resoberfläche zu beginnen; unklar sind
auchdie Folgen für dieUmwelt. Dochso-
wohl Spanien als auchMarokkohaben ein
Auge auf das Seegebietgeworfen, das meh-
rere hundertKilometersüdwestlichder
Kanareninsel El Hierro im Atlantik liegt.
Das marokkanischeParlamenthat im
Januar zwei Gesetzeverabschiedet, die
die eigenen Seegrenzen bis zu demVor-
kommen ausweiten–kurzvor dem An-
trittsbesuchder neuenspanischen Außen-
ministerinAranchaGonzález Laya in der
marokkanischen HauptstadtRabat .InMa-
drid empfand man das alswenig freundli-
cheWillkommensgeste:Marokkohabe
das Recht, seine Seegebiete festzulegen,
aber dabeiwerdeSpanien „keinePolitik
der vollendetenTatsachen undkeine ein-
seitigen Aktionen“ hinnehmen,stelltedie
Ministerinklar.Bei Überschneidungen
müsstensichbeide Seiten auf der Grund-
lagedes Seerechts einigen.
Das sehen alleParteien in Spanienso.
Einstimmig billigtedas spanischeParla-
ment EndeFebruar eineResolution.Sie
spricht sichfür Verhandlungen mit Marok-
ko aus, bekräftigt aber zugleichdie „feste
Position zurVerteidigung der Integrität
des Land- und Seeterritoriums derKana-
rischen Inseln unter spanischer Herr-
schaft“. Der marokkanischeAußenminis-
terNasser Bouritahingegen pocht auf die
Souveränität seines Landes, das einRecht
auf das Seegebiethabe.Rabat sei aber

weiter zum Dialog mit seinem spanischen
„Verbündetendes Vertrauens“ bereit.
Für Madrid istMarokkoder wichtigste
Partner imKampfgegen die illegale Mi-
gration in Richtung Europa.FürMarokko
istSpanien der einflussreichste Fürspre-
cher in der EU,die zuletzt 140 Millionen
Eurofür besseren Grenzschutz anRabat
überwiesenhat.Dochdie neuen Ansprü-
chebeiderStaaten habenPotential für
eine langwierigediplomatische Auseinan-
dersetzung, denn ein alterKonflikt macht
ihn nochkomplizierter: Eines der beiden
marokkanischen Gesetze siehtvor, die ei-
gene Hoheitszonevorder Westsaharaauf
zwölf Seemeilen auszudehnen. Marokko
hat einengroßenTeil der einstigen spani-
schenKolonie besetzt und dem eigenen
Staatsgebietangegliedert. Das erkennt je-
dochdie internationale Gemeinschaft
nicht an.Für die UN handelt es sichum
ein Gebiet,das erst nochentkoloniali-
siertwerden muss. Darüber sollen die Be-
wohner in einemReferendum entschei-

den, das seit Jahrzehntennicht zustande
gekommen ist. NachAnsicht der Befrei-
ungsbewegungPolisario, die für eine un-
abhängigeWestsaharakämpft, handelt es
sichumbesetzteGebiete.
DerEuropäischeGeri chtshofstellte be-
reits mehrfach fest,dassdas Gebietund
seineKüstenicht zu Marokkogehören.
Dortfischen mehr als 140 europäische
Schiffe,der größteTeil vonihnenkommt
aus Spanien.Marokkountermauertnun
mit den Gesetzen seinen Anspruchdar-
auf, dassdie Westsaharamarokkanisch
istund bleibt.
Das zweiteGesetzgeht nochweiter :Es
dehntdie„AusschließlicheWirtschaftszo-
ne“ MarokkosvordieserKüstesoweit
aus, wie es nachdem Seerecht möglich
ist. Normalerweise reicht dieseZone bis
zu 200 Seemeilenweit.Dazu kann ein
Staat nochden Festlandsockelbeanspru-
chen. Das tut Marokkound erweiter tsei-
ne wirtschaftlich nutzbareZone auf bis
zu 350 Seemeilen.

Dadurchkommt es zurÜberschnei-
dungmit demSeegebiet,das auchSpa-
niengerne fürsichhätte. Solche Ansprü-
chemüsse nStaaten normalerweisebei
der Festlandsockelgrenzkommissionauf
Grundlagewissenschaftlicher Datengel-
tend machen;nationaleGesetze reichen
dafür nicht aus. Die spanischeRegierung
hat sich mitdiesem Ansinnen schon
2014andas Gremium inNewYorkge-
wandt, dasein Organder Internationa-
lenSeerechtskonvention ist. Das ge-
scha heherprophylaktisch, nochvor der
Expedition, die dieVorkommen entdeck-
te.
Vorder internationalenKommission
wirdder Streit voraussichtlichenden.
Noch sind die marokkanischen Gesetze
nicht endgültig in Kraft. Am Endemuss
sie König Mohamed VI. unterschreiben,
der bei wichtigen politischenFragenin
Marokkodas letzteWorthat.Über den
Anspruch aufdie Westsaharaherrschtin
Marokko ein breiterKonsens,den dieRe-
gierunggernefür innen- und außenpoliti-
sche Ziele nutzt.Das bekamen Spanien
und die EU schonzuspüren. Dabei setzte
Rabat als politischesDruckmittel immer
wieder die Migranten ein,die das nord-
afrikanische LandinRichtung europäi-
scher Mittelmeerküstedurchqueren:War
man inRabat mit den Europäern unzu-
frieden, tatman auf marokkanischerSei-
te weniger,umdie Migranten davonabzu-
halten, dieStraßevon Gibraltar und den
Atlantik in RichtungSpanien zu überque-
ren.
In jüngsterZeit hat Marokkozwarmit
europäischerUnterstützungdie Grenz-
zäune um die spanische Exklave Ceuta so
massiv ausgebaut, dassSpanien auf sei-
ner Seitejetzt den messerscharfenNato-
Draht entfernt.Und 2019 trugen marok-
kanische Sicherheitskräfte wesentlich
dazu bei, dassaus ihrem Land nur noch
halb so viele Migranten in Spanien lande-
tenwie im Jahr zuvor.Aber wie langedie
marokkanischeFührung bei dieser Hal-
tung bleibt, istoffen.

Karl-Josef LAUMANN Fotodpa

Neuer Druckauf alt eZäune


Ein Schatz im erloschenen Vulkan


Zwischen Spanien und Marokkobahnt sichein Konflikt über die Seegrenze an /VonHans-ChristianRößler,Madrid


MitEcken


und Kanten


WieAthen schonvorneun Jahren


EuropasAußengrenze gesicherthat.


VonMichael Martens,Wien


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MAROKKO

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(von Marokko
beansprucht)

200 Seemeilen

350 Seemeilen350 Seemeilen

AusschließlicheWirtschafts-
zone (200 Seemeilen)
Spanien

Um denFestlandsockelerweiter te
Wirtschaftszone (350 Seemeilen)

Küstenmeer
(12Seemeilen)

Marokko

Spanien
Marokko

Atlantik

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MALI

West-
sahara

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RabatRabat

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