Frankfurter Allgemeine Zeitung - 22.02.2020

(C. Jardin) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft SAMSTAG, 22.FEBRUAR2020·NR.45·SEITE 17


Seite19SSeite21 eite

Im Heimatland desFrackings


werden immer mehrWindräder


und Solarpanelsgebaut.


Wegender Viruskrise istdie Hälfte


der Chinesenweggesperrt.Das ist


völlig überzogen, meinen Manager.


Google hat mitYoutube dieRegeln


für mehrereBranchenverändert.


Das lässt auchVerlierer zurück.


WUNDER IN TEXASKRITIK AN PEKINGMUSTE RFÜR DIGITALENWANDEL

D


ie Aussagen des Kone-Vor-
standsvorsitzenden Henrik
Ehrnrooth über die prekäre
Finanzlagevon Th yssen-Krupp muss
man sicher nicht überbewerten. Aus
dem Geraune über das Insolvenzrisi-
ko sprac hauchderÄr ger, dassderfin-
nischeHerstellerbeimVerkaufderbe-
gehrtenAufzugssparte nicht zum
Zuge ko mmen soll. In diesem Ge-
schäf tstecken so viele Milliarden,
dasssie den Pleitegeier bei Thyssen-
Krupp auf Distanz halten sollten.
Aber dafür müssen sie zügiggehoben
undine inezukunf tsfähigeNeuaufstel-
lungdeswankendenRuhrkonzernsin-
vestiertwerden.Vordem Notver kauf,
überden derAufsichtsratvoraussicht-
lichamkommenden Donnerstag ent-
scheiden wird, liegen deshalb dieNer-
venblank.Finanzchef Johannes
Dietsc hsah sic hsogar bemüßigt, sei-
ne verunsichertenFührungskräftezu
beruhigen. DasUnternehmen sei im-
mer nochsolide finanziert, es sei ein
Affront, „eine Insolvenzmöglichkeit
überhauptins Spiel zu bringen“.
Mehr als 17 Milliarden Eurosoll
Kone gebotenhaben, bei 16 Milliar-
den Euroliegen angeblichdie Of fer-
tender zwei Finanzkonsortien, die
nochimRennensind. Auch ein Bör-
sengang wirdnicht endgültig ausge-
schlossen, aber das dürfteVerhand-
lungstaktik sein.Fest steht:Thyssen-
Krupp hat nur noch diesen einen
Schuss, und der musssitzen. Nach gi-
gantischenFehlinvestitionen und jah-
relangem Missmanagementsteht das
Unternehmenmit160000Beschäftig-
tenmitdemRücken anderWand.Die
einstigeIkone is tnur noch ein Schat-
tenihrer selbst. Die Zahlen sind tief-
rot,jedenTaggehenMillionenbeträge
verloren. Auch im laufenden Ge-
schäftsjahrrechnetder Vorstand um
Martina Merzdamit, dassdie Ausga-
ben die Einnahmen umweit mehr als
eine MilliardeEuroübersteigen wer-
den. Vorgut einerWochehat Moo-
dy’sdie Kreditwürdigkeit in den spe-
kulativen Bereich heruntergestuft–
eine Reaktion auf die desaströse Zwi-
schenbilanz. Binnen drei Monaten
hatsic hderSchuldenberg beinahever-
doppelt, die Eigenkapitalquote istbe-
drohlichzusammengeschmolzen.
Das Wasser untermKiel wirdim-
merflacher .WenndasSchiffnichtauf-
laufen soll, mussesj etzt schnellge-
hen.DielangwierigeWettbewerbsprü-
fung, die einVerkauf anKone nach
sichgezogen hätte,kann sic hThys-
sen-Krupp schon nicht mehr leisten
und mussdeshalb einen hohen Preis-
abschlag hinnehmen.AusSicht der
einflussreichen IG Metall hat die Ent-
scheidung für einen Finanzinvestor
den Vorteil, dassweniger Arbeitsplät-
ze in Gefahrgeratenals beimVerkauf
an den direkten Konkur renten.
Gleichwohl pocht sie auf zusätzliche

Garantien fürStandorte und Beschäf-
tigte–wasdie Verhandlungsposition
vonThyssen-Krupp auf den letzten
Metern nicht erleichtert.
Vieles spräche dafür,dassder Kon-
zernwenigstens eine Minderheit am
lukrativen und konjunkturstabilen
Aufzugsgeschäftbehält, der zuletzt
einzigen Sparte,die noc hverlässlich
hohe Gewinne abwarf und gute
Wachstumsperspektiven hat.Die Fra-
ge ist, ob die leerenKassen das zulas-
sen. Neben denFinanzverbindlichkei-
tenbelastenriesig ePensionsverpflich-
tungen, diewenigstens zumTeil aus
den erhofften Verkaufserlösen abge-
deckt werden sollen. Thyssen steht

voreinem schwierigen Balanceakt
zwischen Bilanzstärkung, dringend
notwendigen Investitionen und har-
tenAufräumarbeiten, die vieleTau-
send Arbeitsplätzekostenwerden. Ob
es mit der schon absehbaren Strei-
chung vonknapp 7000Stellen getan
seinwird,is tungewiss. TeiledesAnla-
genbaus stehen zum Verkauf, ein
Werk für Grobbleche wirdvoraus-
sichtlichdichtgemacht.Für dasAuto-
zuliefergeschäf tist manaufPartnersu-
che. Gleichzeitig mussNeues entste-
hen, wenn dergeschrumpfte Restkon-
zerneine Zukunfthaben soll.
ZumHoffnungsträgeristausgerech-
netdasungeliebte,extrem konjunktur-
anfälligeundkapitalintensiveStahlge-
schäf terkoren worden, das derKon-
zernimvorigen Jahr nochine in Joint
Venturemit dem indischenKonkur-
renten Tata auslager nwollte. Zusam-
men mit demWerkstoffhandel sollen
Hochöfen und Hüttenwerkezum
Kern der neuen Thyssen-Kruppwer-
den –ein Wendemanöverzurückin
die Vergangenheit.Der Zeitpunkt
könnteungünstigerkaum sein. Der
Stahlmarktistaufeinemkonjunkturel-
len Tief, und diestrukturellenÜber-
schü sseaufde mWeltmarktundinEu-
ropa verdüsterndie Aussichten.
Trotzdem werden in denkommen-
den Jahren Milliarden investiertwer-
den müssen: um die aus Geldmangel
langevernachlässigtenWerkewieder
auf Vordermann zu bringen und sich
fürdiestrengerenKlimaschutz-Anfor-
derungen zuwappnen.Wenn es zu
der langeüberfälligen Marktkonsoli-
dierungkommt und Thyssen-Krupp
dochnochineine starke Stahlfusion
findet, kann der Plan aufgehen. Hof-
fentlichgelingt es demKonzern, sich
mit dem Aufzugs-Deal dafürgenü-
gend Zeit zu erkaufen.

D


ie SchuldenvonStaaten und
Unternehmen haben in der
Weltei ngefährlichhohesNi-
veau er reicht .Zwarsind dieVerbind-
lichkeiten des einen dieForderung
und damit dasVermögen des ande-
ren, tr otzdem mussdie Tragfähigkeit
hinterfragtwerden. DieFinanzkrise
vormehr als zehn Jahren hatteam
amerikanischenImmobilienmarktbe-
gonnen,weil zu viele Krediteanfi-
nanzschwache Schuldner ausgefallen
waren. DieAbschreibungen auf diese
Kreditelöstendie darauffolgenden
Verwerfungen aus.Auch jetzt gibt es
bedenkliche Entwicklungen.Finanz-
schwache Unternehmenfinden im
Umfeld his torischniedriger Zinsen
bereitwilligeInvestoren, die für ein
bisschen mehr anRendite hohe Risi-
keninKauf nehmen. DassGriechen-
lands Renditefür zehnjährigeAnlei-
hen unter die Marke voneinem Pro-
zent gefallen ist, mussebenfalls mit
der verzweifeltenRenditesuche vie-
ler In vestoren begründetwerden. Ein
Land, das im Jahr 2012 die Hälftesei-
ner Schulden ausfallen ließ und noch
immer eineStaatsverschuldungvon
180 Prozent aufweist, istalles andere
als ein sicherer Hafen. Einegefährli-
cheSchuldenblase droht dann,wenn
Risiken unterschätztwerden.

R


atspräsident Charles Michel
wollteestatsächlichwissen.
Als sicheinigeder EU-Staats-
undRegierungschefsschondar-
aufeingestellthatten,dassderSondergip-
felzum Haushalt 2021 bis 2027 in Brüssel
frühamFreitagnachmittag ergebnislosen-
denwürde,sagtederBelgierdie schonan-
gesetzt e(abschließende)Tischrunde der
27 EU-Chefskurzfristig ab und bestellte
siestattdessen inwechselndenRunden zu
„Beichtstuhlgesprächen“, um dochnoch
einen Anlauf für einenKompromisszu
unternehmen.Den Auftaktmachte nBun-
deskanzlerin Angela Merkelund der fran-
zösische Präsident Emmanuel Macronge-
meinsam mit den „vier Sparsamen“, den
Niederlanden, Österreich, Dänemarkund
Schweden. Die „vier Sparsamen“, die auf
eine Begrenzung des EU-Budgetsauf 1,
Prozent der Wirtschaftsleistung behar-
ren, hatteMichel als Haupthindernis für
die Einigung identifiziert. Unddann hieß
es plötzlich, „die Dynamik hat sichverän-
dert“. „Ob es eine neuenVorschlag gibt,
hängt davonab, ob es einenKompromiss
mit denVier gibt“, hieß es zuvor aus Di-
plomatenkreisen.
Bis Freitagmittag hatteesinden Ver-
handlungen so gut wiekeine Bewegung
gegeben. DenvonMichel vorGipfelbe-
ginn vorgelegten Kompromissvorschlag
lehnten die Gipfelteilnehmer einhellig
ab. Er hättedie Ausgaben auf 1,074 Pro-
zent derWirtschaftsleistung oder 1,
Billionen Eurofestgesetzt.Das warden
„vier Sparsamen“ zu viel und der Gruppe
der 16 „Freunde derStrukturpolitik“ zu
wenig. Streitgabesz udem darum,welche
Rabattedie Hauptbeitragszahler bekom-
men sollen, für welche Ausgaben der
Haushalt genutzt werden soll (Klima-
schutz, Migration und anderemoderne
Ausgaben oder traditionelleFelder wie
die Agrarsub ventionen) und obVerstöße
gegendie RechtsstaatlichkeitKürzungen
der EU-Mittel nachsichziehen sollen.

Michel hattedaraufhin die gesamte
NachtEinzelgesprächegeführt,waraber
beidenTeilnehmernaufbeinaheschonde-
monstratives Desinteressegestoßen.Bun-
deskanzlerin Merkeletwahatteden Gip-
felnach ihrem Gesprächmit Michel schon
gegenzehn Uhr am Donnerstagverlassen.
AndereStaats- undRegierungschefswie
Macron und der österreichis cheKanzler
SebastianKurz folgten ihrwenig später.
Am Freitagmorgensah es zunächst nicht
danachaus, als hätten die Gespräche der
Nachtirgendwelche Bewegung gebracht.
Siesei bereit,dasgesamteWochenendezu
bleiben, „aber ichglaube nicht, dasswir
eine Einigungfinden“, sagtedie dänische
Regierungschefin MetteFrederiksen. Es
werdewohl einweiterer Sondergipfel im
Märznötig sein.
MehrereStaats- undRegierungschefs
kritisiertendie reicheren Ländern.„Wenn
jeder nur denTaschenrechner zückt, dann
haben wir ein Problem“, sagteLuxem-
burgsRegierungschefXavier Bettel. Er
habe „keinen Bockjetzt hierrechnen zu
müssen,waswirbezahlen,waswirzurück-
bekommen“.Der tschechische Minister-
präsident AndrejBabiš sagte, erverstehe

nicht,warumdie Chefsüberhauptnach
Brüsselgerufenworden seien,wenn die
Nettozahler-Gruppe nur 1,0 Prozent der
Wirtschaftsleistung zahlenwolle. Solange
sichdie „sparsamen“ Länder nicht beweg-
ten, sei die EUweit voneiner Einigung
entfernt ,sagtederitalienischeRegierungs-
chef Giuseppe Conte.Erlehne ein „Spar-
Konzeptfür die ZukunftEuropas“ ab.
AusSicht der „sparsamenVier“ waren
esvonAnfangandieMaximalforderun-
gender „F reunde derStrukturpolitik“,die
eineEinigungerschwerthaben.Sie hatten
sichhinter den Haushaltsvorschlag der
Kommissionvon2018 gestellt.Der sah
ein Budget von1,114 Prozent oder 1,
Billionen Eurovor.Das Europaparla-
ment, das dem HaushaltamEnde zustim-
men muss,fordertsogar 1,3 Prozent, also
nocheinmal 190 Milliarden Euromehr.
Nach dem Gesprächmit Mer kel, Macron
und den „vier Sparsamen“ begann Michel
mit der Suche nacheinem Weg, unter die
Schwellevon1,07 Prozent zukommen –
auf1,06,1,05ode rgar1,04Prozent,wiees
in EU-Diplomatenkreisen hieß. Schon zu-
vorhatteesvon Seiten der „sparsamen
Vier“ Signalegegeben, dassein Budget

vonbis zu 1,05 Prozentakze ptabelsein
könnte, wenn es zugleichhohe Rabatte
auf die Beitragszahlungengebe.
Die sechs „Chefs“ hatten sichvor dem
Treffenmit Michel abgestimmt und sich
auf einegemeinsame Liniegeeinigt, die
auf das hinauslief,was die Bundesregie-
rung eigentlichvermeidenwollte: „Weni-
gerGeld für die modernenAusgaben“.
Die EuropäischeKommission erhieltden
Auftrag zu rechnen.Vorgabe: weitere
bis 30 Milliarden Euro einzusparen, ohne
neueEinschnittebeider Agrar-undStruk-
turpolitik.Andersseien Frankreichund
die„Freundeder Strukturpolitik“nicht an
Bordzuholen,kommentiertenEU-Diplo-
matennüchtern. Dann trommelten Mer-
kelundMacrondie„FreundederStruktur-
politik“ zusammen, um sievonihrem An-
satz zu überzeugen. Schonkurz darauf
wirdklar,dassdas nicht leicht wird. Der
ungarische Ministerpräsident Viktor Or-
bán bremst. Eine Einigung amFreitag
schließt eraus,auchwenn eseinen letzten
„verzweifelten“Versuc hgebenwerde. Zur
gleichenZeit sagtKurz,die Debattegehe
in die richtigeRichtung. Das Gipfeltreffen
dauerte zumRedaktionsschlussan.

Thyssen am Scheideweg


VonHelmut Bünder

E


skönnteeine spannendeTa-
rifrunde für dierund 850 000
Beschäftigten am Bau wer-
den. Dennwassichschon in anderen
Branchen abzeichnete,etwainder
Chemie- oder der Metall- und Elek-
troindustrie, istnun auchhier zu be-
obachten: Vielen Arbeitnehmern
reicht es nicht mehr,einfac hmehr
Geldzuverdienen .MiteinerLohnfor-
derungvon6,8 Prozent setzt die IG
Bau die Messlattefür ihr efinanziel-
len Forderungen zwar hochan, doch
rückenauchhier andereWünsche in
den Vordergrund. Konkret heißt das:
DieBauarbeiterwollen,dassdieFahr-
tenzud en Baustellen als Arbeitszeit
anerkanntundentsprechendausgegli-
chen werden, finanziell oder durch
freie Zeit. Das istnachvollziehbar,
schließlichkönnen sie andersals die
meisten Arbeitnehmer nicht beein-
flussen, wieweit sie täglichzur Ar-
beit fahren müssen. ImTarifvertrag
gibt es allerdings schon einen Zu-
schlag–nicht explizit für dieFahrzei-
ten,aberfürdiebesonderenBelastun-
gen, denen Bauarbeiter durch wech-
selnde Einsatzorte ausgesetzt sind.
Will die Gewerkschaftmehr rausho-
len, wirdsie an andererStelle deutli-
cheAbstriche machen müssen. 6,
Prozent sind dann nicht drin.

Aufeinem gutenWeg:Bundeskanzlerin Angela Merkelund Präsident Emmanuel Macron FotoEPA

Thyssen-Krupp steht vor
dem Notverkauf der
Aufzüge. Es darfnichts
mehr schiefgehen.

maf./wvp.FRANKFURT/WASHING-
TON. DieSchulden vonStaaten undUn-
ternehmenwachsenunaufhörlich.Diehis-
torischniedrigen Zinsen laden dazu ein.
Ebenso bietendie Anleihekaufprogram-
me vonNotenbanken wie der Europäi-
sche nZentralbank(EZB)StaatenbesteFi-
nanzierungsbedingungen. In einer aktuel-
len Studie erwartet die Ratingagentur
Standard&Poor’s (S&P), dassdie am Ka-
pitalmarkt gehandelten Staatsschulden,
also in derRegelStaatsanleihen, in die-
semJahraufde nRekord wertvon53Billio-
nen Dollarsteigen werden. Das entspricht
nachBerechnung der Bonitätsprüfer ei-
nem Anstieg der Gesamtverschuldungge-
genüber demVorjahr von5Prozent und
gegenüber 2015von30Prozent.Sie füh-
renden höheren Mittelbedarfauf das
schlechterekonjunkturelleUmfeld und
die schwächereHaushaltslage vieler Staa-
tenzurück.
Wieunsicher Staatsanleihen sind, zeigt
das Beispiel Argentiniens:Anleger be-
fürchten einen baldigen Schuldenschnitt.
Entsprechendstiegen die Risikoaufschlä-
ge,was mitKursverlustender Anleihen
verbunden ist. Auslöserwarder Aufruf
des InternationalenWährungsfonds
(IWF), privateGläubiger müssten einen
„bedeutenden“ Beitrag leisten, das süd-
amerikanische Landvonseiner untragba-
renSchuldenlastzubefreien. ImJahr
mussteGriechenland die Hälfte seiner
Schuldenstreichen.Argentinienwarinsei-
ner Geschichte schon mehrfachmit ei-
nem Staatsbankrottkonfrontiert.
Einen hohen Mittelbedarfhaben der-
zeit dieVereinigtenStaaten. Die Schulden
der Vereinigten Staatenwerden nachPro-
gnos evon S&P bis Jahresende mit knapp
18 Billionen Dollargegenüber demStand
von2016 um 27 Prozent höher ausfallen.
Insgesamtwerden dieStaaten derWelt in
diesem Jahr 8,1 Billionen Dollaranneuen
Schulden aufnehmen, 2015 hatten sie
nochein Fünftel weniger aufgenommen.

DieVereinigtenStaatenbenötigen3Billio-
nen Dollar,Japan 1,75 Billionen Dollar.
Die beiden Länderste hen für knapp zwei
Drittel dergesamtenMittelaufnahme.Um
fälligeSchulden zu bedienen, benötigen
die Staaten nachS&P-Angaben 5,8 Billio-
nen Dollar.Damit verbleibt eine zusätzli-
cheNeuverschuldungvon2,3 Billionen
Dollar,die S&P mit der schwächeren
Haushaltslagebegründet.
InAmerikasPolitiksinddieStaatsschul-
den aber zum Randthema geworden.
Ende Januar hattedas unparteiische Büro
der Rechnungsprüfer desKongresses Zah-
len vorgelegt, die in anderenZeiten politi-
scheEmpörungundMarktreaktionenpro-
vozierthätten. In diesem Jahr erklimmt
das Haushaltsdefizit der Bundesregierung
die Billionen-Grenze. Das entspricht 4,
Prozent derWirtschaftsleistung. Die öf-
fentlichen Schulden nähernsichder Pro-
gnose zufolgedann 81 Prozent des Brutto-
inlandsproduktes (BIP),dem Doppelten

des Durchschnitts dervergangenen fünf-
zig Jahre. Bis 2030könnten die Schulden
fast genauso hochsein wie die jährliche
Wirtschaftsleistung.
DieRechnungsprüfer unterstellen für
ihrePrognose ,dassdie geltenden Gesetze
in Kraf tbleibenund dass AmerikasWirt-
schaf timSchnittjährlichum1,7 Prozent
wächst .Eskönnt eauchanderskommen:
PräsidentDonald Trumpliebäugelt of fen-
bar mit einerSteuersenkung nochindie-
sem Jahr.Schon diegroßeSteuerreform
hat das Haushaltsdefizitverg rößert und
sich, anders alsversprochen,nur zu 20 Pro-
zentselbstgetragen. Do ch isteine bessere
Entwicklungnichtausgeschlossen.Trumps
eigen eÖkonomen erwarten eindeutlich
höheresWachstum, wasmehrSteuern in
die Kass en de sFiskus spülen würde.
Bemerkenswer tist,dassdas jüngste
Wirtschaftswachstumkaum nochvon In-
vestitionengetragen wird. Diegehen zu-
rück. Entscheidend sind offenbar die

Staatsausgaben. Amerikaleistet sicheine
keynesianischanmutende Fiskalpolitik,
ohne dasseseine Krise zu bekämpfen gilt.
Das wirft die bangeFrageauf, wie hoch
die Schulden klettern,wenn docheinmal
eine Rezession kommt.Interessant ist
auch, dassder Fiskus keine Probleme hat,
seine Staatsanleihen zu plazieren. DieFi-
nanzmärktelassen sichoffenbar durch
eine andereKennzifferbeschwichtigen.
Die Schulden inRelation zurWirtschafts-
leistung mögen hochsein, dieFinanzie-
rungskosten imVerhältnis zum BIP liegen
im Durchschnitt derNachkriegszeit.Die
Niedrigzinsen wirken.
DochnichtnurdieglobalenStaatsschul-
den bereiten Sorgen. Auchdie Unterneh-
men nutzen die günstigen Zinskonditio-
nen. Die Investoren sind bereit, auchTitel
vonfinanzschwachenUnt ernehmenzuer-
werben, weil diese einenvergleichsweise
hohen Zins bieten. Das bedeutetaber,
das sdieRisikenandenMärktenfürUnter-
nehmensanleihendeutlichzunehmen.Da-
vorhat kürzlichdie Or ganisationfür wirt-
schaftlicheZusammenarbeitundEntwick-
lung (OECD) in einerStudie gewarnt.
Demnachst iegendieUnternehmensschul-
den am Anleihemarkt bis Ende 2019 auf
das Rekordniveauvon13,5 Billionen Dol-
lar.NachOECD-Angabenwardasmehr
als doppelt so viel wie Ende 2008wäh-
rendderFinanzkrise.Sorge bereitenvoral-
lemdieUnternehmenausde nunterenBo-
nitätsklassen, die also finanzschwach
sind. Auchdie Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich, die als Bank derNo-
tenbanken fungiert,warntinder jüngsten
Zeit regelmäßigvor aggressiven Risiko-
übernahmen an denFinanzmärkten,was
auf die Geldschwemme derNotenbanken
zurückzuführen ist. Das giltvorallem für
amerikanische Unte rnehmensanleihen,
aber der harte Wettbewerb führtauchin
Europa zurAufweichungvonKreditstan-
dards.(Staatsschulden als Selbstzweck?
Seit e18.)

Die EU spartander Zukunft


So viele Staatsschulden wie nochnie


Auch Unternehmen doppelt so hochverschuldetwie in derFinanzkrise/OECD warntvor Risiken


Schuldenblase


VonMarkusFrühauf

Wünsch dir was am Bau


VonBrittaBeeger

Langesah es so aus, als


seider Sondergipfel zum


Haushalt 2021bis 2027


zumScheitern verurteilt.


Dann abertatsich


plötzlic hetwas.


VonHendrikKafsack,


Brüssel


Quellen: InstituteofI nternational Finance;S&PGlobal F.A.Z.-GrafikWalter

Die Schuldenlast steigt

Schulden in derWeltwirtschaft
in Billionen Dollar (Quartalswerte)

Mittelaufnahme derStaaten
in MilliardenDollar (Prognose 2020)
Vereinigte Staaten

Japan

China

Italien

Brasilien

Frankreich

Großbritannien

Deutschland

3003

1756

636

276

254

229

195

173

Haushalte

Unternehmen

Staaten

Finanzsektor

2012 13 17161514 18 19

253

0

250

150

200

100

50
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