Frankfurter Allgemeine Zeitung - 22.02.2020

(C. Jardin) #1

SEITE 24·SAMSTAG, 22.FEBRUAR2020·NR.45 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


E


in Unternehmen, das Jahr für
Jahr Rekordgewinne erzielt,
scheint einigesrichtig zu ma-
chen. EinVorstandsvorsitzender,der
sichmit den Erfolgen in der Gegen-
wart nicht zufriedengibt, mag für sei-
ne Mitarbeiter unbequem sein. Die
Allianz eilt unter Oliver Bätevon Er-
folg zu Erfolg, kommt unter ihrem
Chef aber einfachnicht zurRuhe.
Nunhat Bät emiteinerwichtigenPer-
sonalie neuenWirbel entfacht.Der
Vorstand der Allianz Deutschland
rückt in denKonzernvorstand. Wer-
den damit diestolzen Landesgesell-
schaf tenentmachtet?Vielleichtistge-
nau das der Plan, vielleichtwird die
Organisationaberauchnurein wenig
mehr gestrafft.Für Bät eist in jedem
Fall klar ,dassder 1890gegründete
Versicherermitseinen 147 000Mitar-
beiter nin80Ländernflexibel sein
muss. In der digitalenWelt habendie
erfolgreichen Wettbewerber allesamt
global skalierbareGeschäftsmodelle.
Daherkann die Allianz nicht länger
in jedem einzelnen Land bestehende
Produkte einfac hsofortführen.
SelbstindereherbehäbigenVersiche-
rungswelt istdas nicht mehr zeitge-
mäß. Bäteweiß, dasserdie Allianz
schon heutegegen Google, Amazon
&Co. positionieren muss, auchwenn
die Giganten hierzulande bisher nur
wenigeFinanzprodukteverkaufen.
Er selbstist ein Getriebener.

Y


outubes Europadivision wird
voneiner Frau geführt, deren
LebenslaufdenWandeldesMe-
diengeschäfts widerspiegelt.
CécileFrot-Coutazproduzierte erst dieUr-
form von„Deutschland sucht den Super-
star“ –und wechseltedann zuYoutube,
wo sie die ersteRegionalchefin für Euro-
pa, Afrikaund denNahen Osten über-
hauptwurde. Es sagtetwasüber den An-
spruc hvon GooglesVideoplattform,dass
sie sichfür diePosition jemandenmit
mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung im
Fernsehgeschäftholte. Die 53 Jahrealte
Französinleitetevor ihremWechsel Fre-
mantle Media, eine Bertelsmann-Tochter-
gesellschaft, inwelcher derKonzernseine
Produktionsaktivitätengebündelt hat.In
neuerPosition lädt sie zum Gesprächins
neue Google-Quartier in Berlin-Mitte. In
Sichtweite der Museumsinsel hatder Digi-
talriese den Altbau eines ehemaligen
KrankenhauseszuseinerneuenRepräsen-
tanz umgebaut, eröffnetwurde sie imver-
gangenen Herbst. EinenTeil des Gebäu-
des nimmt der neue„Youtube-Space“ ein
–ein Studiokomplex, in demYoutuber mit
größererReichweitekostenlos professio-
nelles Equipment nutzenkönnen.
DieProduktionvon„American Idol“,
Ursprungsf ormatvon„Deutschland
sucht den Supersta r“, war2002 einevon
Frot-Coutaz’erstenAufgabenfürFre-
mantle. ZumStart der Show„wardas
eineWelt, diesichauf Exklusivität und
Kontrollekonzentrierte“,sagt sie im Ge-
spräc hmit derF.A.Z. Di eSendungwar
liveund im SenderFox zu sehen.Eigene
Profile derKandidaten in sozialen Me-
dienwaren nicht erwünscht.„Wirver-
suchten,das alte System festzuhalten.
Aber ir gendwann kommt derPunkt, an
dem man realisiert: Dasgeht nicht
mehr.“ Die Zuschauer erwarteten
schli cht, sich mit ihrenStarsverbinden
zu können. „Und siewerden ihrVerhal-
tennicht ändern,nur weil Sie beschlos-
sen haben, sichnicht öffnen zuwollen.“
Das is tfast20J ahreher.Inzwischen ist
das Internetfür jungeMenschen zum
Hauptkanal des Medienkonsumsgewor-
den. „Siefinden heutekeinen Produzen-
ten,keinenSenderundkeine Fernsehmar-
ke mehr,die nicht auf allen Plattformen
präsent ist“, sagtFrot-Coutaz.Zudem sei
derGroßteilderbeliebtenInhalteaufYou-
tube „einzigartiger Content“,wasbedeu-
tet, das serspeziell fürYoutubeproduziert
ist. Fernsehmachermüsste ndeshalb„über
ihreInhalte, ihreMarke und ihreStory
nachdenken“ und diese für Instagram,
Youtubeunddieübri genPlattformenüber-
setzen. „Das istwirklic hschwer–aber ich
denke, so istdie Welt heuteeinfach.“
Youtube steht an der Spitze dieser Dis-
ruption. Monatlichschauen 2Milliarden
Menschen auf derWelt Youtube. AlsTo-
tengräberdeslinearenFernsehenswilldie
Plattformdennochnicht gelten, sondern
als dessen Ergänzung, wieFrot-Coutaz
sagt.Zum Beispiel glaube sie daran, dass
Liveübertragungen auchweiter eineRolle
spielen würden–eswerde immerZeiten
geben, an denen man mit allen anderen
gleichzeitig ein Ereignisverfolgen wolle.
„Ichdenke, die Digitalisierung zwingtvor
allem zu guten Produkten.“ Denn es über-
lebe niemand, dessen Produktekein Muss
seien. „Der Prozessenthält dieses Ele-
mentvonZwang,aberichglaube,dassdas
eigentlichgesund ist.“
Naturgemäß sehen das einigeLeutean-
ders, insbesondere da Youtube mit seinem
Geschäftsmodellgleichmehrer eetablier-
te Märkt eaufmischt.Die Werbeeinahmen
des Mediums Fernsehen zum Beispiel
schrumpften 2018 erstmals seit neun Jah-
ren,währenddasSegmentOnlineundMo-
bile konstant deutlichstärker wächst als
der Werbemarkt insgesamt.Die Verant-
wortlichenvonauf die Einnahmen ange-
wiesenenprivatenFernsehsendernraufen
sichdarüber die Haare–auchwenn Frot-
Coutazsagt,dass„linearesFernsehenwei-

terhin einfester Bestandteildes Lebens
vieler“ sei. DieWerbeeinnahmen hält sie
für „stabil“.
Auch Plattenfirmen sind nicht gut auf
Youtube zu sprechen. Der Bundesverband
Musikindustrieverweistauf eineUmfra-
ge,ind er 35 Prozent der Befragten sagen,
sie brauchten kein kostenpflichtiges
MusikabovonSpotify ,Apple oder Deezer

–denn alles,wassie hörenwollten, gebe
es kostenlos aufYoutube.„Youtube ist,
wennmandieNutzungszeitbetrachtet,ak-
tuell der mitweitem Abstand größteMu-
sikstreamingdienstder Welt“, sagtVer-
bandschef Florian Drücke.Das schlage
sichaber nicht imUmsatz der Musikbran-
chenieder,„da Youtube bisherkeine regu-
lärenLizenzenfürMusikzahlt“.Dabeiku-

ratie re die Plattformdie Musik,versehe
sie mitWerbung undverdiene erheblich
an ihr.
Solche Kritik will Frot-Coutaz nicht
auf sichsitzen lassen.„Wir haben Lizen-
zen für alle Inhalteauf unsererPlatt-
form“, stellt sie klar.„Wirhaben Lizenz-
verträgemit Verwertungsgesellschaften
sowie mit allengängigen Plattenfirmen

und Musikvertrieben.“Kuratie rt würden
die InhaltevonYoutube nicht, sondern
nur voneinem Algorithmus dem jeweili-
genNutzer vorgeschlagen. Sie verweist
auchauf denvorgut einem Jahr in Euro-
pa gestartete n, kostenpflichtigen hausei-
genen Musikstreamingdienst„Youtube
Music Premium“, der mit Spotify und den
übrigenkonkur riert: „Wir zahlen an die
Gema und die Musiklabels marktübliche
Lizenzen, also zu dengleichen Bedingun-
genwie unsereMitbewerber“, sagtFrot-
Coutaz.„UnsereWerbeeinnahmensind
zusätzliche Einnahmen undkönnen nicht
mit denAbonnementeinnahmenvergli-
chen werden.“Diese Sicht der Dinge
bringt denStreit auf den Punkt.Denn die
Musiklabelsstoßen sichjagerade daran,
dassYoutube so viel Musikkostenlos an-
bietetund dannWerbeeinnahmen kas-
siert. A uchdie Frage, obYoutube die In-
haltenun kurati ert, istAnsichtssache:
Denn die Plattformschlägt denNutzern
ja sehrwohl Videos vor–das macht nur
kein Mitarbeiter,sondernein vonYou-
tube programmierterAlgorithmus.
Frot-Coutaz wirft nocheinen Fehde-
handschuh hinterher:„Ichbin beim The-
ma Musik sehrgespannt“, sagt sie.„Wir
glauben, dassYoutube in einigen Jahren
die größte Einnahmequelle derKünstler
sein wird.“ DieKünstler –oder „Creator“,
wie die Plattformsie nennt–stehen eige-
nerAussag enachimMittelpunktvonYou-
tubes Arbeit.„Wirsind eineTechnologie-
plattform und wollen als solche der beste
Unterstützer der Kreativwirtscha ft sein“,
sagt Frot-Coutaz. Sie zählt auf: Schöpfer
vonVideos erhalten einenTeil der mit ih-
renFilmen generierten Werbeeinnah-
men, wenn Premium-Abonnenten sie
schauen,aucheinenAnteilandenAboein-
nahmen. Außerdem biete Youtube ihnen
Werkzeuge, umKonzertkartenoder Mer-
chandise-Artikel zuverkaufen.
Wollteman es zuspitzen,könnteman
sagen:Youtube will eben nicht nach den
etabliertenRegeln der Branche spielen.
Das zeigt sichauchbeim Streitthema
Copyright.Die Auseinandersetzung um
dieneueEU-Urheberrechtsdirektive(„Ar-
tikel13“)istvielennochimKopf.Youtube
hat lautFrot-Coutaz Millionen in die Ent-
wicklungvonUrheberrechtswerkzeugen
investiert, zum Beispiel in die sogenannte
„ContentID“.Durchdiese Technologiebe-
kommenUrberrechtsinhaber eine Mittei-
lung, wenn ein andererNutzer einVideo
hochlädt, an dem sie das Copyright besit-
zen. Auf dieNachricht hinkönnen sie ent-
scheiden, ob sie es sperrenlassen oder
sichlieber an denWerbeeinnahmen des
Videos beteiligenwollen. Dochsolange
dieInhaberihreRechtenichtzumBeispiel
über Content IDgeltend machen, bleiben
die Videos online und sichtbar.„Wirkön-
nen nurkontrollieren,waswir kennen“,
sagt Frot -Coutaz.„Wir folgen jeglichen
Rechten gerne, aber wir müssen die ent-
sprechenden Mittel haben, umgehorchen
zukönnen.WennmanunssolcheInforma-
tionennichtgibt,kannmanunsfürVerstö-
ße nichtverantwortlichmachen.“
Angesichtsvon500StundenVideomate-
rial,diejedeMinut eaufYoutubehochgela-
den würden, sei die einzigeandereMög-
lichkeit, alles beimUpload zu blockieren,
sagt Frot-Coutaz–was „dramatischeFol-
genfür das Ökosystem der Creator“ hätte.
Eine Aussage, in der ihr sämtliche You-
tuber sicherlichzustimmen würden.Wäh-
rend des Gesetzgebungsprozesses sei klar-
geworden, dassviele das „System You-
tube“ eben nichtverstanden hätten. „Es
gibt viele großsprecherische Aussagen
wie ,Youtubestiehlt dasUrheberrech t‘.
Nun: Tatsächlichtun wir das nicht“, sagt
sie. „Undwenn die entsprechenden Men-
schen das System verstünden, würden sie
uns das auchnicht vorwerfen.“ Anderer-
seits erwartet die Plattformauchmit gro-
ßer Selbstverständlichkeit, dasssichdie
Welt an diesesneue System anpasst.Das
schür tUnversöhnlichkeit: Digitalisierung
bringt eben auchVerlierer hervor.

W


eil die EU-Kommission
dem illegalenTreiben auf
Italiens Luftfahrtmarkt
schon langegeduldig zusieht, schla-
gendie Italiener nun endgültig über
die Stränge.Alitalia wirdschon seit
drei Jahrenkünstlic hmit staatlichen
Subventionen überWasser gehalten,
ohne dassein Ende dieser Praxis in
Sicht ist. Nunwirdüberlegt, wie mit
öffentlichem Geld auchnochdie Re-
gionallinie Air Italyweiterleben soll,
obwohl sie eigentlichvon den Eig-
nernliquidiertwerden sollte. In die-
ser Konfusion sind dem italienischen
Ministerfür wirtschaftliche Entwick-
lung,Stefano Patuanelli, endgültig
die Orientierungspunkteabhanden-
geko mmen. Erredetoffen da von,
dassdie bisherigenÜbergangskredite
eigentlichnur eineStaatssubvention
waren–offener Betrug an den euro-
päischen Regeln, der nun zutage
kommt.Absurdander ganzen Sache
ist, dassdie beiden Zombie-Linien
sichgegenseitig dieLuft zum Leben
nehmen.Wäre Alitalia 2017 abgewi-
ckelt worden, hätteAir Ital yviel-
leicht eine Chancegehabt.Dochin
Brüsselwollteman Italien nicht zu
hartherannehmen, umkeine anti-
europäische Reaktion zu erzeugen.
Nunwirdüber den Haushalt bis 2028
verhandelt, und die Italienerkönnen
Brüsselweiter erpressen.

S

chlägt eine Offertefür einUn-
ternehmenfehl, mussder Bie-
terein Jahr bis zueinem neuen
Angebotwarten. Das soll dasUnter-
nehmenvorzugroßer Unsicherheit
schützen. BishergabeszweiWege,
die Sperrfrist zu umgehen:Stimmt
derVorstanddesÜbernahmekandida-
tenzu, kann der Bieterbei derAuf-
sicht eineAusnahme beantragen, mit
guterErfolgsaussicht.Dasis tvomGe-
setzgebergewollt.Der zweiteWeg
führte über eine Gesetzeslücke in
Form eines schlampigformulierten
Paragra phen: Der Bieterkonnteeine
neueTochtergesellschaftins Feld füh-
ren, wie AMS imFall Osram. Diese
Lückehat die Bundesregierung nun
zu Rechtgeschlossen–wobei zu fra-
genist,warum erst jetzt, dennvor
AMS/Osram hatteeseinen, wenn
auchkleineren, Präzedenzfallgege-
ben. Davonunabhängigwerden sich
Vorstände der Zielunternehmenwei-
terund vielleicht nochmehr unter
Druc kfühlen, einerneuenOffertezu-
zustimmen. Denn Manager müssen
sichzunehmendvorKlagen vonIn-
vestoren sorgen–etwa Hedgefonds,
die auf den schnellen Euroineiner
Übernahme setzen. Die Sperrfrist
soll demUnternehmens-, nicht allein
demInvestoren wohldienen;aberdie-
seSchut zfunktionwirddurchdie Um-
gehungsmöglichkeit unterhöhlt, auch
durch die gesetzlic hgewollte.

Getriebene Allianz


VonHenningPeitsmeier

In München scheintan diesemFreitagdie
Sonne.Undinder Allianz-Zentrale am
Englischen Gartenist die Stimmung gut.
„Das Wetter passt zu denZahlen“",stellt
Vorstandschef Oliver Bätefest. Soeben
hatderKonzerneinenoperativenRekord-
gewinn von11,9 Milliarden Eurovorge-
legt, die Dividende soll mit 9,60 Euroje
Aktie auf einen neuen Spitzenwert ange-
hobenwerden.DasUmsatzplusvon8Pro-
zent auf 142 Milliarden Eurosei „doppelt
so starkwie dasWeltwirtschaftswachs-
tum“, sagt Bäte–und legt jene Beschei-
denheit ab, die Allianz-Managernsonst
zu eigen ist. Mit „Delivering“ istdie Bi-
lanzpräsentation vonBäteüberschrie-
ben.EsseiseinefünfteJahrespressekonfe-
renz, sagt er,fünfmal nacheinander habe
die Allianzgeliefer t. So soll es auchim
laufenden Geschäftsjahrweiter gehen, für
das derVorstand einen operativen Ge-
winnvon11,5bis12,5 MilliardenEuroan-
peilt–schonimMittelalsoeine abermali-
ge Steigerunggegenüber demvergange-
nen Rekordjahr.
Dochbei allemStolz, der in denAussa-
genvon Bäteund seinemFinanzvorstand
aufde mPodium,demItalienerGiulioTer-
zariol ,gelegentlichsomitschwingt:selbst-
zufrieden sind die Allianz-Manager nicht.
Dazu passt eine Personalie, die neueUn-
ruhe in dem ebenso erfolgsver wöhnten
wie traditionsreichen Allianz-Konzern
entfachenkann. Der bisherigeAllianz-
Deutschland-ChefKlaus-Peter Röhler
rückt zum 1. April in denKonzernvor-

stand der Allianz SE auf und ersetzt dort
AxelTheis,dermit62JahrenindenRuhe-
stand geht.Röhlerist ein engerVertrau-
terBätes undwarvon ihm erst 2017 zum
Chef der wichtigstenLandesgesellschaft
erna nntworden .SolldieAllianzDeutsch-
landwomöglichinden Mutterkonzernin-
tegriertwerden?Undkönntenauchande-
re LandesgesellschaftenanEinflus sver-
lieren,weil es Bätedarum geht, in der di-
gitalenWelt künftig wie Amazon oder
Googleglobal skalierbareGeschäftsmo-
delle auszurollen?
Im Konzernsoll esÜberlegungenge-
ben, Hierarchieebenen in den Landesge-
sellschaftenherauszunehmen, heißt es.

Darauf angesprochen, sagt Bätenur:
„EinedramatischeWendeis tmeinesWis-
sens nichtgeplant.“ Ein Anhängervon
Vereinfachungen undflachen Hierarchi-
en is tBäteallemal. Seit Jahren istihm die
Produktvielfalt ein DornimAuge: „In
demMoment,wo wirKomplexitätheraus-
nehmen, wirdalles schneller und günsti-
ger. DannkommenKunden wieder, die
wir verloren haben.“Das „systematische
Abschaltenvonalten Produkten und Sys-
temen“stehe imVordergrund,sagt erund
vergleicht die Allianz mit dem berühmten
Märchenschloss:„Wenn man sichsoein
Neuschwanstein gebaut hat, istdas nicht
so einfach.Wirwollen ja nicht abreißen,

sondernumbauen.“ Andersals die Bau-
vorhabenvonLudwigII.willBätedieDin-
ge zu Ende bringen.
Fast überall auf derWelt laufen die Ge-
schäf te gut.Wachstumstreiberwarimver-
gangenen Jahr die Lebens- und Kranken-
versicherung, die das operativeErgebnis
um 13,4 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro
steiger te.ImAsset Managementerreichte
das für DritteverwalteteVermögen mit
rund 1,6 Billionen Euroeinen histori-
schen Höchststand, und die beidenVer-
mögensverwalter PimcoundAllianz Glo-
bal Investorssammelten zusammen 76
Milliarden Eurofrisches Kapital. Die Sol-
venzquo te der Allianz, die ein Gradmes-

ser für diefinanzielleStabilitätvonVersi-
cherer nist,lag bei 212 Prozent.„Das
zeigt dieWiderstandsfähigkeit der Grup-
pe“, sagteFinanzvorstand Terzariol.
Schwierigkeiten bereitet ausgerechnet
die größteKonzernsparte.Inder Scha-
den- undUnfallversicherunggabder ope-
rativeGewinnum11,9 Prozentauf 5Milli-
arden Euronach, im viertenQuartal
brac hersogar um 42,3 Prozent auf 861
Millionen Euroein. Schuld an diesem
schwachenErgebnishatdieIndustriever-
sicherung, in der sichdie Schäden häu-
fen, die Prämien aber aufgrund desWett-
bewerbs jahrelang nicht angehobenwer-
den konnten. Bei derTochtergesellschaft
ACGSis tdiekombinierte Schadenkosten-
quoteseit drei Jahren viel zu hoch.Viel-
leicht,räumteBäteein, „hätteman das
Thema ein Jahr früher angehen sollen“.
Jetzt hat die Allianz 600 Millionen Euro
indie versicherungstechnischenRückstel-
lungenderAGCSgesteckt .Die Tocht erge-
sellschaftweistnuneinenVerlustvon284
Millionen Euroaus.
Im November tauschteBäteden
AGCS-Chef aus und betrauteden bisheri-
genAllianz-Deutschland-Vorstand Joa-
chim Müller mit der Sanierungsaufgabe.
„Wir arbeiten sehr hartdaran,die Schwä-
chen, die wir auchbei der Allianz haben,
abzustellen“, sagt Bätedazu und betont:
Bei allenUmbaumaßnahmen sei die Alli-
anz ohneradikaleStellenabbauprogram-
me ausgekommen.Auch wenn immer
mal ein Häuptling ausgetauscht wurde,
sagt Bäte, „geht es nie um die Indianer“.

Die Allianz eilt vonRekor dzuRekord


Der Versichererverdient glänzend, abereineVorstandspersonalie schürtneue Spekulationen/VonHenningPeitsmeier,München


CécileFrot-Coutaz, Europa-ChefinvonYoutube Fotodpa

Die Bluttat in Hanau hat auchdie Dis-
kussion um Hassverbreitende Inhalte
auf Youtube wieder aufflammen las-
sen. Während vieles,wasVerschwö-
rungstheoretiker dortund an anderen
OrtenimInternetverbreiten,zwarkru-
de, abergleichwohlvonder Meinungs-
freiheitgedeckt sein dürfte, gibt es
auchInhalte, die auf der Plattformver-
botensind. Darunterfallen sowohl Ge-
walt verbreitende Videos wie auch
hasserfüllteKommentare. DasVideo,
in dem derAttentäterseine gewaltver-

herrlichende Ideologie skizzierte,
stand knapp sechsTage online, bevor
es entfernt wurde. CécileFrot-Coutaz
erläuterte im Gesprächmit der F.A.Z.,
welches vorder Ge walttat geführtwur-
de, dassdas Videonetzwerkverstärkt
aufKünstlicheIntelligenzsetze,umsol-
cheInhaltezuentfernen.„Angesichts
derMengeanInhalten istmaschinelles
Lernen der Schlüssel zu einer langfris-
tigen Lösung des Problems“, sagtesie.
„Die guteNachricht ist: Die Algorith-
men werden immer besser.“ Im zwei-

tenQuartal2019 seien9MillionenVi-
deos, 4MillionenKanäle und 537 Mil-
lionenKommentare gelöschtworden.
Fast 9von10derentfernte nVideossei-
en vonautomatisiertenSystemen ent-
deckt worden. Das begrenze die Sicht-
barkeit der Inhalteerheblich: Mehr als
80ProzentdersoentdecktenFilmehät-
tenentfernt werd en können, bevor
auchnur einYoutube-Nutzer sie ange-
schauthabe.Im Google-Konzernarbei-
teten10000 Menschen an der Entfer-
nung vonverbotenen Inhalten. bth.

Italiens Zombie-Flieger


VonTobias Piller

Tricks in Übernahmen


VonKlaus Max Smolka

„Die Welt is theute


einfachso“


Oliver Bäte,Vorsta ndsvorsitzender der Allianz FotoEPA

HanauundderHassimNetz


Youtube krempelt das Mediengeschäftum. Googles Videoplattform


istein Musterbeispiel dafür, wie der digitaleWandel dieRegeln in


Bran chen ne ubestimmt.Das lä sstauchVerlie rerzurück.


VonBastian Benrath, Berlin


Allianz in Zahlen
Millionen
Euro 2018 2019
Umsatz^1 ) 130,6 142,4 +7,6%
Operat.Ergebnis 11 512 1185 5+3,0%
Schaden/Unfall 5725 5045 –11,9%
Leben/Kranken 4152 4708 13,4%
AssetManagement 2530 2704 6,9%
Corporate und
Sonstige –831 –602 –27,6%
Periodenergebnis 7703 8302 7,8%
Ergeb. je Aktie 17,34 18,90 8,4%
Dividende je Aktie 9,00 9,60 6,7%
Eigenkapital^1 ) 61,2 74,0 20,9%

(^1) )in Milliarden Euro QuelleUnternehmensabgaben

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