issue_gartenbuch_2021

(Susanne Mueller3Bw72N) #1
Veranstaltung – Lesung und Diskussion

Die Gustav Landauer Initiative hat sich verschie -
dent lich im Garten getroffen und im August
die Broschüre „Ökologie und Anarchie” (in zwei
Heften) vorgestellt, die anlässlich des diesjährigen



  1. Geburtstages des Anarchisten und Sozial-
    ökologen Murray Bookchin (1921–2006) Texte an
    der Schnittstelle ökologischen und anarchistischen
    Denkens versammelt, und die auf der Webseite
    der Initiative heruntergeladen werden kann.


„Mit dem endlosen Palaver über eine mögliche öko-
logische Apokalypse [...] wird die eigentliche Krise
der Menschheit verschleiert, die nicht allein techno-
logischer oder ethischer, sondern von tiefgreifender
gesellschaftlicher Art ist. [...]
Die Idee, dass der Mensch dazu ausersehen sei,
die Natur zu beherrschen, hat ihren Ursprung [...]
in der Herrschaft des Mannes über die Frau
und des Alters über die Jugend. Die hierarchische
Gesellschaft, in der wir leben, hat in uns hierar-
chische Bewusstseins- und Wahrnehmungsformen,
die Sicht aller Dinge in Pyramiden von Über-
und Unterordnung tief verankert.”


(Murray Bookchin, Ökologie und zukünftige Gesellschaft, dt. 1981)


Die Gustav Landauer Initiative hat sich dem Anliegen
verschrieben, die Tradition des freiheitlichen Sozi-
alismus (Anarchismus) in Erinnerung zu bringen,
wie er in Deutschland seit den 1890er Jahren entstan-
den ist. Das heutige Kreuzberg war das Epizentrum
dieser Bewegung mit eigenen Zeitschriften,
Verlagen, Druckereien und Lokalen, einer Bewegung,
die um 1900 für eine befreite Gesellschaft eintrat,
basierend auf direkter Initiative und freiwilligen
Zusammenschlüssen zu gegenseitiger Hilfe,
und die den preußischen Obrigkeitsstaat ebenso
wie den „Staatssozialismus” ablehnte. Gustav
Landauer (1870 – 1919) war einer ihrer bedeutendsten
Vertreter. Durch die Verfolgung, Vertreibung und
Ermordung ihrer Protagonist*innen und die weit-
gehende Vernichtung ihres materiellen Gedächtnis-
ses, wie sie im Nationalsozialismus ihren Höhepunkt
erreichten, aber auch durch die dominante, von
der Blockkonfrontation überschattete Geschichts-
schreibung seit 1945 wurde der freiheitliche Sozialis-
mus in Deutschland weitestgehend dem Vergessen
preisgegeben.


„Ein Zusammenschluss natürlicher Art ergibt sich
uns Menschen nur da, wo wir in örtlicher Nähe,
in wirklicher Berührung beisammen sind. Der
verbindende Geist, der Bund mehrerer zu gemein-
samem Werk, aus gemeinsamem Grunde, hat in
der Familie eine zu schmale und dürftige Form für
das Mitleben. In der Familie geht es nur um private
Interessen. Wir brauchen einen natürlichen Kern des
Gemeingeistes für das öffentliche Leben, damit
das öffentliche Leben nicht mehr, wie bisher
ausschließlich, von Staat und Kälte, sondern von
einer Wärme erfüllt und geleitet werde, die der
Familienliebe verwandt ist. Dieser Kern alles
echten Gemeinschaftslebens ist die Gemeinde, die
Wirtschaftsgemeinde, von deren Wesen niemand
ein Bild hat, der sie etwa nach dem beurteilen will,
was sich heute Gemeinde nennt. [...]

Sozialismus ist Umkehr; Sozialismus ist Neubeginn;
Sozialismus ist Wiederanschluss an die Natur,
Wiedererfüllung mit Geist, Wiedergewinnung der
Beziehung. [...]

Wer am Sozialismus tun will, muss aus dem
Vorgefühl einer geahnten und doch ungekannten
Freude und Seligkeit heraus ans Werk gehen.
Alles müssen wir erst wieder lernen: die Freude der
Arbeit, der Gemeinsamkeit, der gegenseitigen
Schonung, alles haben wir vergessen und spüren
es doch alles noch in uns.”

(Gustav Landauer, Aufruf zum Sozialismus, 1911)

Der „Aufruf zum Sozialismus”, das Hauptwerk Gustav Landauers,
und die von ihm herausgegebene Zeitschrift „Der Sozialist.
Organ des Sozialistischen Bundes” (1909 – 1915) wurden auf
der Oranienstr. 15 gedruckt (heute: „Kraut und Rüben”).
Wo jetzt das Aufbau-Haus steht, fanden um 1900 im großen Saal
bei Buggenhagen anarchistische Veranstaltungen mit bis
zu 1000 Personen statt; Landauer gehörte zu den Referenten.

gustav-landauer.org

Ökologie


und Anarchie


Die Gustav Landauer Initiative stellt sich und eine Broschüre zum Thema vor

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