issue_gartenbuch_2021

(Susanne Mueller3Bw72N) #1
Veranstaltung

Seit Jahrzehnten bauen die Zapatistas autonom, also
unabhängig von staatlichen Strukturen, eine soli-
darische und basisdemokratische Gesellschaft
in Chiapas/Mexiko auf. Um die Kämpfe gegen Kap-
italismus, Rassismus und Patriarchat zu vereinen,
bereiste eine Delegation des EZLN (Ejército Zapatista
Liberación Nacional) Europa und besuchte im
Oktober 2021 auch Berlin. 500 Jahre nach dem Über-
fall auf ihre Territorien durch europäische Koloni-
satoren kamen sie, um das Europa von unten und
links kennen zu lernen.

Den feierlichen Startpunkt ihres Aufenthalts in
Berlin bildete die Willkommenszeremonie im Nach-
barschaftsgarten am Moritzplatz. Wir wurden Teil
eines traditionellen Rituals, dass uns über das
gemeinsame Essen mit der Mutter Erde und den
Vorfahren vereinigt. Der Boden dient als Ofen und
wird als symbolischer Unterleib der Mutter Erde
mit Lebensmitteln befüllt. Diese rituelle Speise wird
in unterschiedlichen Regionen von Abya Yala (post-
koloniale Bezeichnung für Lateinamerika in kritischer
Abgrenzung zu „Amerika”, dem Namen der Koloni-
satoren) praktiziert, wie z. B. auch in Patagonien bei
den Mapuche. Auf der Zeremonie lernten wir durch

Hoffnung säen,

Widerstand organisieren

Besuch der Zapatistas im Garten am Moritzplatz


die Gruppe Yakunewen und die Peruanische Com-
munity in Berlin die andine Variante kennen, die in der
indigenen Quechua -Sprache „Pachamanca” genannt
wird, wobei „Pacha” Erde und „Manca” Topf bedeutet.
Wir danken den Großmüttern, die durch die Weiter-
gabe ihres Wissens die Durchführung dieses Rituals
ermöglicht haben.

Nach der Begrüßung der Delegation durch Gesangs-
und Tanzrituale mit Danza Azteca-Chichimeca und
Comunidad Sikuris Berlin berichteten die Zapatistas
vom Aufbau ihrer selbstverwalteten Gesellschaft.

Mit ihrer Reise geben sie eine antikoloniale Antwort
auf die Conquista und sagen: „Ihr habt uns nicht erob-
ert. Wir befinden uns weiterhin in Widerstand
und Rebellion!”

Die Zapatistas nennen Europa „SLUMIL K ́AJXEMK
́O P” („Rebellisches Land”) und haben viele Samen
der Rebellion hier bei uns gelassen, denn nur
gemeinsam können wir dieses System überwinden
und eine reale Alternative aufbauen.
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