Der Stern - 13.02.2020

Buch der Stunde:

„Das Licht, das

erlosch“ von

Ivan Krastev und

Stephen Holmes,

erschienen im

Ullstein Verlag

Es gibt ein Buch, das ziemlich gut erklären kann,

was gerade in der Welt passiert. Es heißt „Das Licht,

das erlosch“, geschrieben haben es der bulgarische

Philosoph und Essayist Ivan Krastev und der US-

amerikanische Jura-Professor Stephen Holmes.

Ich habe es neulich im Urlaub verschlungen.

Wenn es Sie interessiert, warum unsere westli-

che Demokratie in der Krise steckt: Lesen Sie die-

ses Buch! Wenn Sie wissen wollen, warum es in

Thüringen drunter und drüber geht ( jedenfalls

noch zu Redaktionsschluss): ebenso!

Krastev und Holmes beschreiben in sehr lesba-

rer Sprache, wie groß die Enttäuschung derer ist,

die nach 1989 auf den Sieg der Freiheit gesetzt ha-

ben. Der Westen verstieg sich damals hochmütig

zur These vom „Ende der Geschichte“: Nur das

liberal-demokratische Modell sei gut für die

Menschheit, es habe sich ein für allemal durch-

gesetzt. Die Staaten hinter der gefallenen Mauer

• und damit auch die ostdeutschen Bundeslän-
  der – übernahmen und imitierten dieses Modell,
  das ihnen oft auch noch von selbst ernannten
  Experten aus dem Westen „erklärt“ wurde.
  Die Menschen, welche weitestgehend friedlich
  den Sozialismus zu Fall gebracht hatten, mussten

E

sich nun wie Schüler fühlen, denen die Nachah-

mung des westlichen Vorbilds ans Herz gelegt

wurde. Hinzu kam die starke Abwanderung vor

allem der jüngeren Bevölkerung gen Westen, die

schneller am Wohlstand teilhaben wollte. Zurück

bleiben überalterte Gesellschaften, die sich von

den Herausforderungen der Freiheit getäuscht

und von Zuwanderung bedroht fühlen. Und tat-

sächlich: „Skepsis, Schadenfreude, Desillusionie-

rung und das Gefühl der Kränkung dominieren

immer deutlicher in Ostdeutschland“, sagt die

ehemalige DDR-Leichtathletin und heutige

Schriftstellerin Ines Geipel im stern-Interview

(Seite 46).

Ich bin sicher: Auch was in Thüringen passiert

ist, hat viel mit Gefühlen zu tun. Und keine Par-

tei versteht es so gut, damit zu spielen, wie die AfD.

Hemmungslos und zynisch. Das muss begreifen,

wer dieser Gefahr von rechts außen begegnen will.

Danke, dass Sie den stern lesen!

Auf Seite 70 finden Sie die Reportage meiner Kollegin Marlene

Göring-Kruse, die mehrere Wochen an Bord der „Polarstern“ im polaren

Eis verbracht hat. Die Expedition ist die größte in der Geschichte der

Menschheit (links: Eis-Forscher mit der „Polarstern“ im Hintergrund).

Für die deutschsprachige Öffentlichkeit berichten exklusiv in Bild,

Ton und Wort Teams der Bertelsmann Content Alliance – zu der auch

Gruner + Jahr gehört, der Verlag, in dem der stern erscheint. Neben

der stern-Reportage bietet der Audio-Now-Podcast „Arctic Drift – Das

Audiologbuch“ Einblicke in die faszinierende Arbeit im Eis. In Vorbereitung

sind auch eine ARD-Dokumentation (Herbst 2020) sowie mehrere Bücher.

Am Nordpol unterwegs für Sie

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Florian Gless, Chefredakteur

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