Der Stern - 13.02.2020

(singke) #1

„POLARSTERN“


BALLOON TOWN


Fesselballon

Forschungsballon
„Miss Piggy“

Strom- und Datenleitung

Hangar für Ballons


Eisbären

Forschungshütte

Mikrowellenradare

Der 118 Meter lange Eisbrecher „Polarstern“ ist ein
schwimmendes Labor und versorgt das gesamte
Forschungscamp mit Strom. Auf der Brücke beob-
achten ständig zwei Personen, ob sich neue Risse
im Eis bilden. Der Helikopter startet von der
„Polarstern“, sein Sensor liefert einen Überblick
über die Eisdicke.

Balloon Town ist die Basis der Forschungsballons.
Die rote „Miss Piggy“ liefert Daten aus der kalten
unteren Atmosphärenschicht, die für die Arktis
charakteristisch ist. Der große Fesselballon misst
Strahlung, Luftpartikel und -wirbel. Der kleine
Atmosphärenballon sammelt in bis zu 33 Kilome-
ter Höhe Werte zu Ozon, Temperatur und Druck.

meteorologischen Messtürme stehen absichtlich am entferntes-
ten Punkt im Eiscamp. Die hochsensiblen Instrumente darauf er-
stellen Windprofile in 3-D. Kommt der Wind aber aus Richtung
der „Polarstern“, ist die Luft durch den massigen Schiffskörper
völlig verwirbelt.
„Das ist ja ein Schlachtfeld“, ärgert sich David Wagner, als er Stie-
felabdrücke auf seinem Schneefeld entdeckt. Die Scholle liegt jetzt
dunkelblau in der finsteren Winterdämmerung. Wagner zieht eine
dichte Nebelwolke hinter sich her, sein eigener kondensierter
Atem. Er wirkt jetzt sicher auf dem Eis, drahtig sogar noch in dem
starren Polaranzug. Zum ersten Mal will er den Lidar ausprobie-
ren: einen silbrigen Zylinder auf einem gelben Fünfbeinstativ,
das den 1,90 Meter großen Wagner noch überragt. Aus einem Glas-
auge schießt der Lidar Lichtwellen auf den Schnee und misst, wie
sie zurückgeworfen werden. Wagner schmeißt sich mal hier, mal
dort in den Schnee, duckt sich dabei jedes Mal unter dem Lidar

durch, um nicht in den Messwinkel zu geraten. Mit dicken Hand-
schuhen stochert er im Weiß. Er sieht glücklich aus. Sachte hebt
er einen fingerdicken Eiskristall auf, ein kostbares Schmuckstück,
das jederzeit zerbrechen kann. „Wie krass der sich umgeformt hat.“
Dann blickt er auf. Überall zeichnen sich Sastrugi ab: feine Rillen
und Höcker, von der Winddrift aus dem Schnee graviert, bis zum
Horizont. Wagner klingt ein bisschen verliebt, als er seufzt: „Wie
schön. Das gibt es in den Alpen so nicht.“
In seinem Kältelabor im Heck kann Wagner solche Eiskristal-
le untersuchen. Im Hintergrund brummt ein Mikrotomograf,
der sonst in Krankenhäusern eingesetzt wird. Auf dem Com-
puterbildschirm erscheint scheibchenweise eine 3-D-Aufnah-
me der Schneeprobe. Jeder einzelne Kristall ist zu erkennen, so
deutlich, dass es in den Augen sticht. Es ist das erste Mal, dass
ein Computer Schneekristalle in der zentralen Arktis so genau
erfasst hat.

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