Die Welt - 20.02.2020

(avery) #1

Le Mitte


c’est moi


Er freut sich noch immer:
Am Tag nachdem Norbert
Röttgen seine Kandidatur für
den CDU-Parteivorsitz bekannt
gegeben hat, ist zumindest er
bester Stimmung. Hier kommt
er gerade von einem Gespräch
mit Noch-CDU-Chefin Kramp-
Karrenbauer. Muttis Klügster,
so haben sie Röttgen einst
genannt. Nun hat er deutlich
gesagt, dass er den Vorsitz will.
Damit unterscheidet er sich
von den anderen potenziellen
Kandidaten – und das ist
gar nicht so dumm.
Seite 2

DPA

/KAY NIETFELD

DAX

Im Plus

Seite 15

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D


as Amtsgericht Mün-
chen hat vor einiger
Zeit entschieden, dass
Fluggesellschaften alkoholisier-
te Reisende abweisen dürfen.
Kläger war ein niedersächsi-
sches Ehepaar, dem man den
Rückflug aus Australien mit der
Begründung verweigert hatte,
sie seien „zu betrunken“. Das
Urteil klingt weltfremd. Wer
schon mal geflogen ist oder,
besser gesagt, früher mal, bevor
man wusste, wie schädlich das
ist, in einem Flugzeug gesessen
hat, dem ist klar, dass man
einen Flug am besten angetrun-
ken und am allerbesten voll-
trunken übersteht. Angefangen
von der unwürdigen Behand-
lung bei der Gepäckkontrolle
und dem Schaulaufen durch
den Nacktscanner über 600
Gramm Toblerone-Gebinde im
Duty Free, dem Gewaltmarsch
zum Gate bis zur Stapelung im
Flugzeug und der geschmacks-
reduzierten Bordverpflegung
gibt es keinen Moment, den
man als angenehm bezeichnen
und nüchtern ertragen könnte.
Es kann sich nur um einen
Übermittlungsfehler handeln,
das Gericht hatte eigentlich
entschieden, dass Fluggesell-
schaften nicht alkoholisierte
Passagiere abweisen müssen.

ZZZippert zapptippert zappt


I


n der Demokratischen Repu-
blik Kongo ist der Journalist
Dek’son Assani Kamango
festgenommen worden. Kaman-
go, der für den Radiosender
Radio Omega arbeitet und die
Nachrichtenseite „Actualités
Maniema“ betreibt, wurde am
7.Februar in der Stadt Kindu
verhaftet.
Laut Informationen der Or-
ganisation Journaliste en Dan-
ger (JED) hatte Kamango kurz
vor seiner Verhaftung einen
Artikel veröffentlicht, in dem
der Gouverneur der kongolesi-
schen Provinz Maniema kriti-
siert wird. Dieser erstattete
daraufhin Anzeige gegen Ka-
mango.
Arnaud Froger, der Chef des
Afrika-Büros von Reporter
ohne Grenzen, forderte die
kongolesischen Behörden dazu
auf, Kamango umgehend frei-
zulassen. Zudem wies er auf die
hohe Zahl von Übergriffen auf
Journalisten in dem Land hin.
Das Presserecht in der De-
mokratischen Republik Kongo
wurde seit dem Jahr 1996 nicht
mehr reformiert, und nach wie
vor können kongolesische Jour-
nalisten bis heute für die
kleinsten Vergehen verhaftet
werden. Für das Schreiben
eines Artikels, der von einem
Gericht für „verräterisch“ be-
funden wird, kann sogar die
Todesstrafe verhängt werden.

#Free
them

all
Dek’son Assani Kamango

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K


inder und Jugendliche in Norwegen, Südko-
rea und den Niederlanden haben einer UN-
Studie zufolge die besten Chancen auf gutes
Gedeihen. Ihre Altersgenossen in der Zentralafrika-
nischen Republik, im Tschad und in Somalia sind
weltweit am schlechtesten dran. Das geht aus einem
Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
und des UN-Kinderhilfswerks Unicef hervor, der in
der Fachzeitschrift „The Lancet“ vorgestellt wurde.
Deutschland liegt demnach auf Platz 14, die Schweiz
auf Platz 15 und Österreich auf Platz 19 von 180 Län-
dern. Die Rangliste berücksichtigt Faktoren wie Ge-
sundheit, Ernährung und Bildung.
Es gebe kein Land der Welt, das seine Minderjäh-
rigen nicht in einem Bereich im Stich lasse, sagte
der Gesundheitsexperte Anthony Costello, einer

der Hauptautoren. Hinter dem Bericht steht eine
40-köpfige Kommission aus aller Welt. In ärmeren
Ländern blieben nach Schätzungen 250 Millionen
Kinder wegen Mangelernährung in ihrer Entwick-
lung so weit zurück, dass sie ihr Potenzial ein Leben
lang nicht ausschöpfen könnten, so die Autoren.
Reichere Länder gefährdeten die Zukunft der Kin-
der weltweit durch ihre hohen klimaschädlichen
CO 2 -Emissionen.
Wenn es unter Berücksichtigung der Emissionen
um Nachhaltigkeit gehe, komme Norwegen nur auf
Platz 156, die Niederlande auf Platz 160 und
Deutschland auf Platz 161. Wegen ihrer niedrigen
Emissionen stehen Burundi, der Tschad und Soma-
lia auf den ersten Plätzen – sie schneiden aber auf
der Skala des Wohlergehens ihrer Kinder nach Ge-

sundheit, Ernährung und Bildung miserabel ab. Von
den Ländern, in denen es jungen Leuten relativ gut
geht (Top 70), schafften es nur neun Länder, ihre
Ziele zur Reduktion der Pro-Kopf-Emissionen von
CO 2 bis 2030 zu erreichen, schreiben die Autoren.
Darunter sind Sri Lanka, die Republik Moldau und
Armenien – keine Industrieländer.
Alle Länder setzten junge Menschen Werbung für
gesundheitsschädliche Produkte wie Alkohol, Ta-
bak, überzuckerte Getränke und Fast Food aus,
heißt es weiter. In Los Angeles sähen Jugendliche
im Durchschnitt vier Alkoholwerbungen am Tag. In
China könnten 86 Prozent der Fünf- und Sechsjäh-
rigen mindestens eine Zigarettenmarke identifizie-
ren. Die Werbung für stark zuckerhaltige Getränke
und Fast Food sei mitverantwortlich für die alar-

mierende Ausbreitung von Fettleibigkeit. 1975 seien
elf Millionen Minderjährige weltweit fettleibig ge-
wesen, 2016 schon 124 Millionen. Der Bereich der
Online-Werbung, die auf Minderjährige ziele, sei
völlig unreguliert, monierte Costello. Vereinbarun-
gen mit der Industrie zur Selbstregulierung funktio-
nierten nicht. „Jede Regierung muss Minderjährige
zur Priorität ihrer Entwicklungspläne machen und
ihr Wohlergehen über alle anderen Gesichtspunkte
stellen“, forderte Unicef-Chefin Henrietta Fore. Die
Co-Vorsitzende der Kommission, die frühere neu-
seeländische Regierungschefin Helen Clark, sagte:
„Länder müssen sich nicht nur heute um ihre Min-
derjährigen kümmern, sondern auch sicherstellen,
dass sie die Welt schützen, die sie ihren Kindern
vererben.“ dpa

WWWas Kinder bedroht as Kinder bedroht


Wo hat der Nachwuchs die besten Chancen auf eine gute Entwicklung? In einem weltweiten Vergleich liegt Deutschland nur auf Platz 14


KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9358537 DONNERSTAG,20.FEBRUAR


DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen.
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N


ach ihrer Absage als Thü-
ringer Interimsregierungs-
chefin empfiehlt die ehe-
malige Ministerpräsidentin
Christine Lieberknecht ih-
rer CDU, eine Zusammenarbeit mit der
Linken anzusteuern. „Echte politische
Stabilität im Thüringer Landtag lässt
sich meiner Meinung nach nur herstel-
len, wenn man die realen Mehrheitsver-
hältnisse anerkennt“, sagte Lieberknecht
im WELT-Interview. „CDU und Linke
hätten eine stabile Mehrheit. Das bedeu-
tet: Wir bekommen diese Stabilität nur,
wenn CDU und Linke eine verlässliche
parlamentarische Zusammenarbeit ver-
einbaren.“ Diese Zusammenarbeit müsse
aber mehr bedeuten als nur die Wahl ei-
nes Ministerpräsidenten Bodo Ramelow
(Linke).
„Man müsste sich dann auch auf eine
gesetzgeberische Zusammenarbeit ver-
ständigen. Wie gesagt: Entweder man
wählt diesen Weg, oder man sorgt für
Neuwahlen. Einen Mittelweg sehe ich
nicht.“ Lieberknecht erklärte, dass sie
die Beschlüsse der Bundes-CDU, die eine
Kooperation mit der Linken ausschlie-

ßen, sehr genau kenne. Nach allem, was
passiert sei, habe sie aber „nicht den Ein-
druck, dass das Konrad-Adenauer-Haus
wirksam in die Thüringer Verhältnisse
eingreifen kann“. Thüringen stecke in ei-
ner komplizierten realpolitischen Lage.
„Die muss man realpolitisch lösen.“
Wenn die CDU Neuwahlen ablehne,
müsse sie sich mit der Linken ins Beneh-
men setzen. Das falle den Christdemo-
kraten schwer. „Aber es geht jetzt um das
Wohl des Landes.“ Und die Wähler er-
warteten zu Recht, dass „wir diese Situa-
tion endlich klären“.
Lieberknecht begründete ihren Rück-
zug damit, dass Linke und CDU in der
Frage von Neuwahlen zu weit auseinan-
derlägen. „Ich kann meiner Partei nur
empfehlen, über ihren Schatten zu sprin-
gen und mit der Linken einen Ausweg zu
finden. Das schulden wir jetzt dem Frei-
staat Thüringen.“ Den Vorschlag für eine
Übergangsregierung mit Lieberknecht
an der Spitze hatte Ex-Ministerpräsident
Bodo Ramelow (Linke) ins Spiel ge-
bracht, sein Angebot aber an eine zügige
Neuwahl geknüpft. Die CDU hatte dies
jedoch abgelehnt.

Thüringens CDU-Vorsitzender Mike
Mohring stimmte Lieberknechts Analyse
zu. Sie habe „klug und richtig zusam-
mengefasst, was jetzt noch möglich ist“,
sagte Mohring. Die CDU sei „eingemau-
ert in Beschlussfragen“. Es gehe ihm
nicht um eine Aufhebung des Unverein-

barkeitsbeschlusses, der im Grundsatz
richtig sei, sondern um ein „Austarieren
in jedem Bundesland“. Die Linksfrakti-
onschefin im Landtag, Susanne Hennig-
Wellsow, forderte die CDU auf, den Weg
für eine zügige Neuwahl frei zu machen
oder Ramelow aktiv zu unterstützen.
Nach Ansicht von CSU-Chef Markus
Söder hat sich die CDU mit ihrer Absage
an eine kurze Übergangsregierung unter
Führung von Lieberknecht keinen Gefal-
len getan. „Zu Thüringen fällt mir gar
nicht mehr viel ein“, sagte der bayerische
Ministerpräsident im ZDF. Es sei zwar
richtig, dass die CDU sich weiterhin klar
von der Linkspartei abgrenze, weil diese
bis heute nicht erkläre, dass die DDR ein
Unrechtsstaat gewesen sei. „Ob die
CDU-Antwort jedoch die taktisch beste
war, darüber kann man streiten.“
Die Grünen im Bund forderten eine
aktivere Mitarbeit der Bundes-CDU an
einer Lösung in Thüringen. Es wäre
„sehr hilfreich, wenn die Bundes-CDU
hier ihrem Landesverband Türen öff-
net“, sagte Grünen-Chefin Annalena
Baerbock. DW
Siehe Kommentar, Seiten 2 und 4

Lieberknecht rät CDU zu


Zusammenarbeit mit Linker


Ex-Ministerpräsidentin empfiehlt für Thüringen anderenfalls baldige Neuwahlen. Das Modell einer


lagerübergreifenden Übergangsregierung ist geplatzt. Und CSU-Chef Söder fehlen die Worte


DIE WELT digital ISSN 0173-8437 43-8 ZKZ 7109
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Kanzlerin Angela Merkel will sich
aus der Besetzung des CDU-Vor-
sitzes und der Kanzlerkandidatur
der Union heraushalten. Sie habe
dies bei ihrem Rücktritt vom Par-
teivorsitz im Oktober 2018 gesagt,
und daran wolle sie sich halten.
„Meine Erfahrung historischer Art
ist, dass die Vorgänger sich aus so
etwas heraushalten sollten. Und
das befolge ich.“ Am Montag will
Parteichefin Annegret Kramp-
Karrenbauer über den Stand der
Neuaufstellung informieren.

Merkel: Halte mich aus
Personalfragen heraus

D


er Wahlverlierer nominiert
eine Wahlverliererin. Die No-
minierte hält ihre Bereit-
schaft zur Kandidatur einige Stunden
länger aufrecht, als der Ministerprä-
sident (den sie provisorisch ablösen
soll) vom Amtseid bis zur Rücktritts-
absicht benötigte. Die Übergangskan-

soll) vom Amtseid bis zur Rücktritts-
absicht benötigte. Die Übergangskan-

soll) vom Amtseid bis zur Rücktritts-

didatin begründet ihren Verzicht da-
mit, dass ihre eigene Partei, die CDU,
sie nach dem Amtseid möglichst lan-
ge als Regierungschefin behalten will.
Das sei nicht gut für Thüringen.
Muss man das alles verstehen?
Christine Lieberknecht wollte entwe-
der lang im Amt bleiben, wenn die
CDU ihr mit der Linkspartei eine
Mehrheit verschafft. Eine solche Zu-
sammenarbeit hat der CDU-Bundes-
parteitag 2018 allen Landesverbänden
verboten. Oder sie wollte wenigstens
dafür sorgen, dass Thüringen bis zu
einer schnellen Neuwahl des Land-
tags überhaupt eine Regierung hat.
Die baldige Neuwahl möchte Bodo
Ramelows Linkspartei herbeiführen.
Die Linke käme dann womöglich auf
40 Prozent der Stimmen. Das will
aber Lieberknechts eigene Partei
nicht. Bei einer schnellen Neuwahl
könnte die CDU zur Einstelligkeit
schrumpfen.
Laokoon in Thüringen, die CDU im
Schlangengriff: Warum verschlim-
mert sie ihr Los, indem sie nun noch
ihre frühere Regierungschefin poli-
tisch verbrennt? Lieberknecht ging es
um den Nachweis der Fähigkeit Thü-
ringens, im Notfall die eigene Partei
hintanzustellen. Im restlichen
Deutschland sieht ihre Bereitschaft,
sich von der Linken aufstellen zu las-
sen und auf die Bedingungen der Lin-
ken einzugehen, aber so aus, als seien
die Prinzipien der CDU nur Schön-
wetterregeln und Beschlüsse des
CDU-Bundesparteitags eine lästige
Vormundschaft. So kann man in einer
Partei, die die Kanzlerin stellt und in
der EU maßgeblichen Einfluss hat,
nicht handeln.
Die thüringische CDU wird die
nächste Landtagswahl vermutlich
verlieren. Das ist das Los einer der-
zeit erfolglosen Landespartei. Ange-
sichts des Bundestagswahljahres 2021
gilt aus Sicht der gesamten Union: Je
eher Thüringen neu wählt, desto bes-
ser. Gewinnt dort Rot-Rot-Grün,
bleibt es der CDU erspart, in Erfurt
die Linke zu stützen und dafür in an-
deren Regionen abgestraft zu wer-
den. Führt die Neuwahl hingegen
wieder zum Patt zwischen AfD und
Linkspartei, ist der Wählerwille klar.
Dann ginge es tatsächlich darum, ei-
ner von den Wählern gewollten Lage
Rechnung zu tragen. In dem Fall
könnte die CDU ein Ja zur Linkspar-
tei erwägen. Es wäre gut, wenn eine
solche Entscheidung jetzt erfolgt –
und nicht wie ein missglückter Auf-
takt zum Wahljahr 2021 wirkt.

KOMMENTAR

Laokoon in


TTThüringenhüringen


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TORSTEN KRAUEL

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