Die Welt - 20.02.2020

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DIE WELT DONNERSTAG,20.FEBRUAR2020 GESELLSCHAFT 19


M


enschen, die tot gebo-
ren werden oder kurz
nach der Geburt ster-
ben, nennt man Ster-
nenkinder. Seit 2013 ha-
ben sich rund 600 Fotografen in
Deutschland zur Initiative „Dein Ster-
nenkind“ zusammengeschlossen. Sie
fotografieren die Babys ehrenamtlich,
um eine Erinnerung für die Eltern zu
schaffen. Einer von ihnen ist Rico Ba-
ganz, 38, aus Berlin.

VON SEBASTIAN GUBERNATOR

WELT:Herr Baganz, Sie fotografieren
tote Kinder. Wie kamen Sie dazu?
RICO BAGANZ:VVVor drei oder vier Jah-or drei oder vier Jah-
ren habe ich einen Artikel über die
Initiative „Dein Sternenkind“ gele-
sen. Ich bin freischaffender Fotograf
und fand das interessant, aber ich war
noch nicht so weit. Es ist ja ein
schwieriges Thema. Später gab es
zwei Fälle in meiner Familie: Mein
Neffe war ein Sternchen, er starb in
der 12. Schwangerschaftswoche. Und
meine Nichte wurde in der 24. Woche
geboren, viel zu früh. Sie hat überlebt,
aber mich hat das wieder an diese Ini-
tiative erinnert.

Und dann?
Habe ich mich dort angemeldet. Der
Verein prüfte meine Fotos, ich bekam
eine Zusage – und schon zwei Tage spä-
ter einen Alarm auf meinem Handy. Das
war mein erster Einsatz.

Was war passiert?
Eine Frühgeburt, Zwillinge. Als ich im
Krankenhaus ankam, hatten die Hebam-
men jede Menge zu tun, weil es noch an-
dere Geburten gab. Ich saß also erst mal
im Wartezimmer und versuchte, mich
auf die Situation vorzubereiten: Wie
werden die Kinder aussehen? Wie wer-
den die Lichtverhältnisse sein? Ich habe
tatsächlich nur über die Technik nach-
gedacht. Dann wurde ich in ein Zimmer
geführt und konnte in Ruhe fotografie-
ren. Die Eltern waren in einem anderen
Raum.

Und die Kinder?
Die lagen in einem Körbchen. Auf ihnen
lag eine kleine Decke. Ich hatte eine
Lichterkette mitgebracht, um für eine
schönere Atmosphäre zu sorgen. Für die
Fotos arrangierte ich die Kinder so, dass
sie sich berührten. Ich wollte zeigen: Sie
sind zusammen, sie sind nicht allein.

Waren Sie nervös?
Nein, das bin ich nie während dieser
Einsätze. Ich muss professionell arbei-
ten, ein schönes Bild machen. Wen oder
was ich da fotografiere, ist zumindest in
meinem Kopf zweitrangig. Erst nach
dem Shooting, wenn ich im Auto sitze,
kommen mir auch mal die Tränen. Es
dauert ein paar Minuten, bis ich nach
Hause fahren kann.

Das Interview findet in einer McDo-
nald’s-Filiale in Berlin statt, auf den
ersten Blick ein unpassender Treff-
punkt. Es riecht nach Burger und Frit-
tenfett, auf dem Tisch steht ein Pappbe-
cher mit Cappuccino. Den Ort hat Rico
Baganz vorgeschlagen. Genau hier traf
er einige Tage nach seinem ersten Ein-

satz den Vater der Zwillinge. Er über-
gab die Fotos, sie unterhielten sich kurz.
Die Namen der Kinder, sagt Baganz,
habe er nie erfahren.

Macht es einen Unterschied, ob Sie
die Namen kennen oder nicht?
Ja. Bis auf die Zwillinge weiß ich von al-
len Kindern, wie sie hießen. Mir ist es
wichtig, dass ein Einsatz einen Namen
hat und nicht nur ein Datum. Wenn ich
fotografiere, denke ich nie: Das ist ein
lebloses Objekt, eine Leiche. Ich denke:
Das ist ein süßer kleiner Mensch, und er
hat es verdient, dass man sich an ihn er-
innert.

Wie sehen die Kinder auf Ihren Fotos
aus?
Oft so, als würden sie schlafen. Zu mei-
nen Einsätzen nehme ich immer Requi-

siten mit: Mützchen, kleine Sachen zum
Anziehen. Alles gestrickt von Ehrenamt-
lichen: Es gibt einen Verein, der sich da-
rum kümmert, Herzenssache – Nähen
fffür Sternchen und Frühchen. Kleidungür Sternchen und Frühchen. Kleidung
fffür die 20. oder 23. Schwangerschafts-ür die 20. oder 23. Schwangerschafts-
woche kann man ja nicht im Laden kauf-
en. Außerdem habe ich kleine Engelfigu-
ren, die ich zu den Kindern lege. Meis-
tens drei – eins für das Kind, zwei für die
Eltern. Die Engelchen gebe ich den El-
tern später mit, als Erinnerung.

Sie betrachten das Kind, als wäre es
noch am Leben.
Für mich macht es beim Shooting zu-
mindest keinen Unterschied, ob es noch
atmet oder nicht. Ich hab mich auch
schon dabei ertappt, wie ich mit den
Kindern rede: „Na, Mäuschen, jetzt halt
mal den Engel fest.“ Das mache ich aus
Respekt. Ich bin ja da, um eine Erinne-

rung an das Leben des Kindes zu schaf-
fen. Nicht an seinen Tod.

Was sagen Sie den Eltern, wenn sie
dabei sind?
Ich ringe um Worte, jedes Mal. Vieles,
was einem so einfällt, ist eigentlich un-
passend. Ich sage zum Beispiel nie
„mein herzliches Beileid“ – ganz ein-
fach, weil die Eltern das unter Umstän-
den schon tausendmal gehört haben
und es nur nach leerer Floskel klingt.
Stattdessen kläre ich die wichtigen Fra-
gen: was sich die Eltern von mir wün-
schen, ob ich das Kind anfassen darf.
Manchmal mache ich Vorschläge, zum
Beispiel, dass sie mit auf das Foto kön-
nen.

Haben Sie selbst Kinder?
Ja, zwei. Ich versuche, mich bei meinen
Einsätzen um diese Frage zu drücken,

aber im Hinterkopf kommt sie immer
wieder auf: Was wäre, wenn das mein
Kind wäre? Einerseits ist das wichtig,
um sich in die Eltern hineinversetzen
zu können. Andererseits denke ich so
wenig wie möglich darüber nach. Sonst
würde ich aus dem Heulen wahrschein-
lich gar nicht rauskommen.

Eigentlich arbeitet Rico Baganz als Digi-
tttaltechniker bei Zalando, im Nebenjobaltechniker bei Zalando, im Nebenjob
fffotografiert er – meist Hochzeitsgesell-otografiert er – meist Hochzeitsgesell-
schaften und Familien. Für „Dein Ster-
nenkind“ war er bisher zehnmal im Ein-
satz. Oft sind es die Hebammen, die von
der Initiative wissen und die Eltern da-
rrrüber informieren. Über eine Notruf-über informieren. Über eine Notruf-
nummer werden die Koordinatoren des
VVVereins erreicht, die wiederum perereins erreicht, die wiederum per
Handy-App die Fotografen alarmieren.

Gab es einen Einsatz, der Ihnen be-
sonders schwerfiel?
Einmal habe ich ein Kind noch lebend
fotografiert. Es lag im Krankenhaus, an
Schläuche angeschlossen. Die Ärzte wa-
ren kurz davor, die Maschinen abzustel-
len, und die Eltern wollten, dass vorher
ein Foto gemacht wird. Es war mitten in
der Nacht, mein Auto war gerade in der
Werkstatt, aber kein anderer Fotograf
hat sich gemeldet. Also bin ich in die
Bahn gesprungen und hingefahren.

Wie ging es den Eltern?
Sie waren ruhig. Ich glaube, als ich kam,
hatte Papa den Kleinen gerade auf dem
Arm. Mama stand daneben. Ich habe
mit ihr gesprochen, sie gefragt, was sie
von mir erwarten. Auf den Fotos stan-
den beide dann nebeneinander, mal
hielt Papa, mal Mama das Kind im Arm.
Ein harter Moment war, als ein Arzt
reinkam und meinte: Wollen wir’s ange-
hen und die Maschinen abschalten? Und
Mama fragte ganz leise: Kriegen wir
noch einen Moment? Da hatte ich einen
ziemlichen Kloß im Hals.

Verständlich.
Als die Maschinen später abgestellt
wurden, war ich nicht mehr dabei. Aber
die Vorstellung war schlimm genug. Ich
schaffe es nicht immer, die Distanz ganz
zu wahren, und das finde ich in Ord-
nung. Alles andere wäre unmenschlich.

Melden sich die Eltern später noch
mal bei Ihnen?
Selten. Normalerweise läuft es so, dass
ich die Fotos zu Hause am Computer
bearbeite und den Eltern per Post schi-
cke. Das war’s. Ein paar Mal haben El-
tern mir im Nachhinein geschrieben,
um sich zu bedanken. Das hat mich sehr
gefreut, ich erwarte das aber nicht. Ich
verstehe, dass man nach so einem Er-
lebnis anderes zu tun hat.

Denken Sie heute anders über den
Tod als früher?
Nicht wirklich, das war schon lange ein
Thema für mich. Ich wäre selbst fast ein
Sternenkind gewesen, meine Mutter hat
mir das mal erzählt: Nach der Geburt
lief ich blau an, die Hebamme hat mich
gerettet. Und vor ein paar Jahren bin
ich nach einem schweren Unfall im
Krankenhaus gelandet, angeschlossen
an Maschinen. Der Tod und ich, wir sind
mittlerweile per du.

Mit ihren Fotos wollen die Ehrenamtlichen von der Initiative „Dein Sternenkind“ Erinnerungen für die Eltern schaffen

DEIN-STERNENKIND.EU

„Ich sage nie


mein herzliches Beileid“


Rico Baganz fotografiert Kinder, die bei der Geburt gestorben sind. Ein Gespräch über das Leben,


den Tod und die Frage, warum es in Ordnung ist, nicht immer die Distanz zu wahren


„Ich ringe um Worte, jedes Mal“:
FFFotograf Rico Baganzotograf Rico Baganz

CHRISTIAN SPICKER

A N Z E I G E


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