Die Welt - 20.02.2020

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DIE WELT DONNERSTAG,20.FEBRUAR2020 FORUM 3


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W


er einen mittellosen Gast
nach Deutschland einladen
will, macht die Erfahrung,
dass das nicht so einfach geht. Die
Ämter prüfen penibel, ob der Gast-
geber solvent genug ist, dieser unter-
schreibt dann eine Verpflichtungs-
erklärung, dass er alle entstehenden
Kosten übernimmt, notfalls auch die
einer teuren Abschiebung. Einmal voll-
zogen, kann eine solche Verpflich-
tungserklärung nicht mehr widerrufen
werden. Vor diesem Hintergrund kann
man sich nur wundern, dass es wäh-
rend der Flüchtlingskrise zum Teil
ganz einfach war, für Flüchtlinge aus
Syrien zu bürgen, damit sie nach
Deutschland kommen können. Und
man staunt, dass später, wenn aus der
Verpflichtung tatsächlich Kosten ent-
standen, viele Bürgen überrascht waren
und sich darauf beriefen, nicht aus-
reichend informiert worden zu sein.
Inzwischen hat der Gesetzgeber die
Dauer solcher Bürgschaften auf fünf
Jahre begrenzt. Vor einem Jahr wurde

beschlossen, dass in Härtefällen der
Staat, also der Steuerzahler, die Kosten
aus den sogenannten Flüchtlingsbürg-
schaften übernimmt. Aber es gibt im-
mer noch viele Streitfälle, über die
Gerichte entscheiden müssen. Die
Materie ist juristisch kompliziert, theo-
retisch soll jeweils individuell und nach
Bedürftigkeit entschieden werden.
Manche Behörden prüfen auch genau
nach, andere sind großzügiger und
übernehmen einfach die Kosten. Das
führt etwa in Berlin dazu, dass Bürgen
in dem einen Bezirk zur Kasse gebeten
werden, in einem anderen aber nicht –
was die Betroffenen verständlicher-
weise als ungerecht empfinden.
Jetzt hat das Bundesarbeitsministe-
rium auf Anfrage der AfD-Fraktion die
Kosten offengelegt, die Bund und Län-
dern durch die Übernahmeregelung
entstanden sind: rund 22 Millionen
Euro. Das ist keine Summe, die zum
Skandal taugt. Aber die Flüchtlings-
bürgschaften sind ein Lehrstück über
Hilfsbereitschaft und ihre Grenzen.
Wenn der Staat großzügig ist, muss er
das gegenüber den Bürgern rechtfer-
tigen. Und wer sich privat engagieren
will, muss wissen, was er tut, und kann
nicht die Allgemeinheit in die Pflicht
nehmen, wenn es ernst wird.

Helfen, aber richtig


KOMMENTAR


RAINER HAUBRICH

[email protected]

I


ch bin Elon Musk sehr dankbar. Denn er hilft
mir seit einigen Monaten bei der Erziehung
meiner Söhne. Für sie ist der amerikanische
Unternehmer ein Superstar. Vor allem natür-
lich wegen seiner Raketen, aber auch wegen
der Elektroautos, die seine Firma Tesla baut.
Als Musk im November des vergangenen
Jahres ankündigte, er wolle in Deutschland eine
„Gigafactory“errichten, eines jener gewaltigen
Fahrzeugwerke, die sonst nur in den USA und Chi-
na stehen, war das Echo in unserer Familie groß.
Plötzlich waren die Berufswünsche meiner Jungs
sehr konkret: Ingenieur, Programmierer oder De-
signer in Musks neuen Laboren. Schien die Welt
von Musk und Tesla eben noch so weit weg, war sie
nun ganz nah. Hier in Berlin und Brandenburg, hier
bei uns in Deutschland. Wenn die Lust auf Schule
wieder einmal einen Tiefpunkt erreicht, muss ich
nur mit Tesla locken, und schon steigt der Lernwil-
le meiner Kinder spürbar an. Musk gibt bei uns zu
Hause den Motivator.
Es hat ein bisschen gedauert, bis die Euphorie
der Jugend größere Kreise gezogen hat. Doch in-
zwischen versucht das ganze Land, ein bisschen so
zu werden, wie Tesla es ist: visionär, pragmatisch,
einfach mal bedenkenlos, hemdsärmelig und unbü-
rokratisch. Wirtschaft, Politik und weite Teile der
Gesellschaft projizieren auf diese Fabrik, in der
letztlich nur Autos gebaut werden, den ultimativen
Versuch zu zeigen, dass Deutschland auch Zukunft
kann. Wie mit den jüngsten Protesten umgegangen
wird, mit dem Stopp der Waldrodungoder den
Umweltaktivisten, die brandenburgische Kiefern
besetzen, offenbart eine neue deutsche Entschlos-
senheit. Sogar die Grünen stellen gegenüber den
Naturschützern klar, dass das Projekt Tesla Vor-
rang hat. Eine Autofabrik ist wichtiger als Bäume?
So sieht der neue grüne wirtschaftsfreundliche
Pragmatismus aus.
Wir erleben gerade den Moment, in dem das
Prinzip Musk Deutschland erreicht. Die Bundes-
republik absolviert einen Crashkurs im Fach Fort-
schritt. Wir sind zwar schon lange die Nation der
Tüftler und Ingenieure, aber auch der Bürokraten
und Paragrafenreiter, immer ein wenig ängstlich. In
diesen Tagen wird vielen bewusst, dass dieser Mix
in der digitalen schnelllebigen Zukunft nicht mehr
genügt. Und so geht Deutschland jetzt ins Risiko –
endlich. Denn eigentlich spricht alles gegen die
Gigafactory in Grünheide. Viele Amerikaner halten
Elon Musk für genial – die Deutschen eher für
einen Spinner. Visionäre konnte schon Helmut
Schmidt nicht leiden. Die meisten von jenen, die
hierzulande verrückte Ideen hatten, zog es früher
oder später ins Silicon Valley. Dort fühlten sie sich
verstanden. Jetzt kommt das Silicon Valley plötz-
lich nach Grünheide, jetzt wird jemand wie Musk
mit offenen Armen empfangen, fast wie ein Heils-
bringer.
500.000 Autos möchte Musk ab 2021 pro Jahr in
Brandenburg bauen. Kaum ein Experte oder Politi-
ker hält ein solches Pensum für realistisch. Aber
egal: Die Visionen des Elon Musk werden nicht
infrage gestellt. Niemand würde derzeit wohl so
leicht einen Termin im Kanzleramt erhalten wie
der Multimilliardär, dieser Exzentriker, der in der
Öffentlichkeit auch gern mal kifft. Überhaupt ist
seine Autofirma Tesla ja noch ein Zwerg. Nicht
einmal 400.000 Fahrzeuge hat sie im vergangenen

Jahr verkauft. Volkswagen kommt auf fast elf Mil-
lionen. Und auch Gewinn macht Tesla kaum. Es
gibt weiterhin nicht wenige Experten, die Musks
Schöpfung für kaum überlebensfähig halten. Und
für so einen Laden schmeißen wir nun alle typisch
deutschen Prinzipien über Bord?
Zudem baut Tesla ausgerechnet hier, im Mutter-
land des Automobils, und macht den Platzhirschen
Konkurrenz. Die deutschen Autokonzerne gelten
als Rückgrat unserer Ökonomie, nun wildert Musk
in ihrem Revier. Noch vor wenigen Jahren hätte die
Autolobby eine Fabrik direkt vor ihrer Haustür
schnell zu verhindern gewusst. Und heute? Da
gerät VW-Chef Herbert Diess beinahe ins Schwär-
men und lobt den neuen Wettbewerb in Sachen
E-Mobilität, den Tesla jetzt befeuere. Das ame-
rikanische Unternehmen sei für Volkswagen „Maß-
stab“ und „Vorbild“.
Das alles zeigt: Es hat sich etwas verändert in
diesem Land. Es gibt viel Kritik am nur bedingt
zukunftstauglichen Standort D, aber der Fall Tesla
offenbart, dass Politik, Gesellschaft und Wirtschaft
verstanden haben, dass es so nicht weitergeht. Für
diese Erkenntnis ist es höchste Zeit. Denn dieses
Land, die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt,
befindet sich in einer Art ökonomischen und politi-
schen Starre. Wir kommen zwar aus einer Position
der wirtschaftlichen Stärke. Doch diese Stärke
machte uns zuletzt behäbig. Und diese Behäbigkeit
kommt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Weil
sich gerade entscheidet, wo in den kommenden
Jahrzehnten Wohlstand geschaffen wird. Wo neue
Ideen, neue Werte entstehen.
Diese Werte entstehen derzeit nicht bei uns.
Unter den 20 wertvollsten Konzernen der Welt
befindet sich kein deutscher. Google, Facebook,
Amazon, Netflix und Apple sind die Giganten, die
heute den globalen Rhythmus bestimmen. Jetzt
müssen ähnliche Riesen auch hierzulande ent-
stehen, um der amerikanischen digitalen Avantgar-
de nicht vollends die Zukunft zu überlassen. Bis-
lang aber tat sich Europa, tat sich vor allem
Deutschland, schwer damit, eine solche Aufbruch-
stimmung zu erzeugen. Ein Umfeld zu schaffen, in
dem neue Ideen mit viel Risikokapital versorgt
werden, in dem Scheitern nicht nur erlaubt, son-
dern sogar gewünscht ist. Niemand kann diese
Kultur des Scheiterns, die im Silicon Valley eine
Selbstverständlichkeit ist, besser nach Deutschland
bringen als Elon Musk. Er erleidet regelmäßig
Rückschläge, oft selbst verschuldete. Doch das ficht
ihn nicht an. Musk macht, steht auf, macht weiter,
immer wieder.
Man muss diese Narrenfreiheit, die das Land
dem selbsternannten Weltretter aus Amerika er-
teilt, nicht ausschließlich gut finden. Doch sie dürf-
te schnell als Blaupause für andere Gründer, Ka-
pitalgeber und potente Konzerne dienen, als An-
sporn, den Weg nach Deutschland zu suchen. Viel-
leicht werden dann in Zukunft sogar Raketen und
Raumschiffe von einem deutschen Weltraumbahn-
hof aus starten. Das zumindest ist ja der große
Traum meiner Söhne. Wird er wahr, könnte ich die
schulische Erziehung komplett einstellen. Raketen
vor der Haustür – mehr Motivation können sich
Kinder doch gar nicht wünschen.
[email protected]

Tesla kommt


zur rechten Zeit


Die Errichtung eines


Werkes für Elektroautos


vor den Toren Berlins


scheint sich zu einer


nationalen Aufgabe zu


entwickeln: Alle wollen


die Fabrik – sogar die


Grünen. Da müsse auch


der Umweltschutz mal


zurückstehen


Das ganze Land möchte ein


bisschen so werden wie Tesla:


visionär, pragmatisch,


hemdsärmelig, unbürokratisch


LEITARTIKEL


ǑǑ


NANDO SOMMERFELDT

Ihre Post an:
DIE WELT, Brieffach 2410, 10888 Berlin,
Fax: (030) 2591-71606, E-Mail: [email protected]
Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser
wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen
uns über jede Zuschrift, müssen uns aber das
Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der
sehr großen Zahl von Leserbriefen, die bei
uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage,
jede einzelne Zuschrift zu beantworten.

unstrittig. Die Anrufung der Schlich-
tungsstellen ist für Patienten übrigens
kostenlos, niemand wird also allein
gelassen. Diese Zahlen sind der Autorin
aber offensichtlich nicht beeindru-
ckend genug, also werden nicht näher
genannte „Experten“ ins Spiel ge-
bracht, nach deren Meinung eine ge-
waltige Dunkelziffer aufklärungsbe-
dürftig ist. Immerhin kommt Frau
Klein-Schmeink zu der durchaus richti-
gen Erkenntnis, dass es sehr schwierig
sein kann, einen Kausalzusammenhang
zwischen einem vermuteten Behand-
lungsfehler und einem gesundheitli-
chen Schäden herzustellen; dies liegt
nun einmal in der Natur der Sache. Die
daraus abgeleitete Forderung, die Be-
weislast müsse deshalb verringert wer-
den, offenbart – vorsichtig ausgedrückt


  • ein gewöhnungsbedürftiges Rechts-
    verständnis. DR. M. KRUSE, LINGEN


meine Bahnen und erlebte Erstaunli-
ches. Es gab dort kein Frauenschwim-
men und schon gar kein muslimisches
Frauenschwimmen, sondern Männer
und Frauen schwammen zusammen.
Viele Frauen schwammen auch in sehr
knappen Bikinis. Auf meinem weiteren
Lebensweg schwamm ich dann noch in
Japan, in der Schweiz und in den USA.
Und nirgends wurde im Schwimmbad
nach Geschlechtern und/oder Religio-
nen getrennt. Nun steht es einem pri-
vaten Investor wahrscheinlich frei, wen
er in seinem Schwimmbad schwimmen
lässt. Ich kann nur hoffen, dass so ein
Projekt nicht aus falsch verstandener
Religionsfreiheit auch noch mit öffent-
lichen Geldern subventioniert oder
städtischer Baugrund zur Verfügung
gestellt wird. Und ich hoffe, dass der
darauf folgende öffentliche Druck ähn-
lich dem ist, dem sich z.B. Golfclubs

ausgesetzt sahen, als sie keine weibli-
chen Mitglieder zuließen.
SABINE GEISSLER, MÜNCHEN

Unvereinbar


Zu: „Globuli-Populismus“
vom 17. Februar

Die Kostenübernahme von Globuli-
therapien schmälert die Gelder für
wissenschaftlich fundierte Therapien.
Sie ist mit dem Wirtschaftlichkeits-
gebot der gesetzlichen Krankenkassen
nicht vereinbar. Nicht selten bleiben
den Patienten aus Kostengründen be-
reits wissenschaftlich erwiesenermaßen
effektive Therapien versagt. Das Geld
kann nur einmal ausgegeben werden!
DR. MED. HELMUT SCHLÄFER,
WEILER-SIMMERBERG

LESERBRIEFE


Getrennt schwimmen?


Zu: „Weil dieses Land einen falschen
Toleranzbegriff hat“ vom 15. Februar

Seit vielen Jahren schwimme ich regel-
mäßig. Ende der 90er-Jahre wurde das
Hallenbad in Schwalbach a.Ts. Montag
nachmittags geschlossen wegen musli-
mischen Frauenschwimmens. Einmal
bin ich der Aufforderung, das Bad jetzt
zu verlassen, nicht nachgekommen, da
ich noch einige Bahnen zu schwimmen
hatte. Es kamen dann drei Mädchen, so
um die 13 Jahre alt, die nun das ganze
Bad für sich hatten und im Wasser
rumtollten. Ich kam mit ihnen ins Ge-
spräch und habe ihnen dann noch ein
bisschen Schwimmunterricht erteilt.
Berührungsängste hatten wir keine.
Kurz darauf zog ich mit meiner Familie
nach Istanbul. Auch dort schwamm ich

Verfehlt


Zu: „Jens Spahn lässt viele
Patienten allein“ vom 13. Februar

Die Einlassungen von Frau Klein-
Schmeink sind sachlich verfehlt und
populistisch. Zu den Fakten: Die Statis-
tiken der Bundesärztekammer zu den
Zahlen und Ergebnissen der Landes-
schlichtungsstellen zeigen bei jährlich
mehr als einer Milliarde Arzt-Patien-
ten-Kontakten alleine im ambulanten
Bereich für 2018 insgesamt 10.647 Pa-
tientenvorwürfe eines Behandlungs-
fehlers (also zehn Klagen auf eine Mil-
lion Behandlungen!), von denen in 1499
Fällen ein Schaden festgestellt wurde,
davon 127 Fälle mit dauerhaft schwe-
rem Schaden und 88 Todesfälle. Dass
diese Patienten bzw. ihre Angehörigen
entschädigt werden müssen, ist völlig

B


eginnen wir mit einem kleinen
Test. Welcher Rückzug hat Sie
in der vergangenen Woche
überrascht? Annegret Kramp-Karren-
bauers Verzicht auf die Kanzlerkan-
didatur? Zu naheliegend. Jürgen Klins-
manns Flucht bei Hertha BSC? Nicht
gemeint. Na? Sie kommen nicht da-
rauf? Nicht schlimm, ich helfe Ihnen:
VVVor einer Woche kündigte der Vor-or einer Woche kündigte der Vor-
sitzende der deutschen Bischofskon-
ffferenz, Reinhard Kardinal Marx, an,erenz, Reinhard Kardinal Marx, an,
sich nicht um eine zweite Amtszeit zu
bewerben.
Keine Sorge, Sie sind nicht der Ein-
zige, der das überlesen hat. Das politi-
sche Berlin hat fast nicht zur Kenntnis
genommen, dass der eigentlich als sehr
karrierebewusst geltende Kleriker
künftig nur noch Ortsbischof sein
möchte. Und diese Ignoranz ist schon
wieder interessant.
Denn es ist gar nicht so lange her, da
war der deutsche Katholizismus noch
richtig wichtig. Wenn Marx’ Vorgänger,
Kardinal Lehmann, einen seiner regel-
mäßigen Besuche im Bonner Kanzler-
amt machte, ging ihm Helmut Kohl
entgegen und grüßte ihn mit den Wor-
ten: „Karl! Schön, dass du da bist!“ Der
Gegenspieler des liberalen Lehmann

im Klerus, der konservative Kölner
Erzbischof Meißner, bekam noch Seite-
eins-Schlagzeilen, wenn er die CDU
andonnerte, sie solle gefälligst das C
aus dem Parteinamen zurückgeben.
Heute wird das C vor Parteitagen
von Greenpeace geklaut und mit Hilfe
von Social-Media-Agenturen auf Twit-
ter zurückerobert – die Kirche fällt
dabei niemandem ein. Dabei wird in
Hirtenbriefen politisiert wie seit dem
mittelalterlichen Investiturstreit nicht
mehr: Wenn die Regierung die Gren-
zen öffnet, wird ein „Flüchtlingsboot“
im Dom aufgestellt, wenn die große
Koalition die Verkehrswende angeht,
ruft die Kirche zum vorösterlichen
„Autofasten“ auf. Katholikentage sind
so populär bei Politikern, dass sie wie
Roadshows des Regierungsviertels in
der Provinz wirken. Um die Führung
des deutschen Gremienkatholizismus,
der in einem sogenannten synodalen
WWWeg gerade die Machtfrage stellt, rin-eg gerade die Machtfrage stellt, rin-
gen regelmäßig unbekannte Landtags-
abgeordnete mit Hinterbänklern aus
dem Bundestag.
Vielleicht ist die Kirche der Politik
so nahe gekommen, dass sie keinen
Unterschied mehr macht. Im aktuellen
CDU-Nachfolgestreit beschweren sich
Anhänger der Quote darüber, dass vier
Männer miteinander ringen, und
Freunde des Proporz klagen, dass alle
aus NRW kommen. Dass es sich bei
Laschet, Merz, Spahn und Röttgen
allesamt um Katholiken handelt, ist so
irrelevant, dass sich keiner beschwert.

Kirche? War da was?


PLATZ DER REPUBLIK


ROBIN ALEXANDER

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