Süddeutsche Zeitung - 20.02.2020

(Sean Pound) #1
Ist von der Meyer Werft die Rede, sehen
viele Menschen ein neues Kreuzfahrt-
schiff vor ihrem geistigen Auge, das auf
der Ems Richtung Nordsee auf seiner ers-
ten Fahrt unterwegs ist. Seit 225 Jahren
und sieben Generationen bauen die Mey-
ers Schiffe. Davon erzählt der Jubiläums-
band „Schiffbauer aus Leidenschaft. 225
Jahre Meyer Werft Papenburg“. In Inter-
views, Porträts, Reportagen kommen
nicht nur die Eigentümer zu Wort, son-
dern auch Menschen, die auf der Werft ar-
beiten. Schautafeln erklären dem Leser
und Betrachter den Werdegang des Unter-
nehmens, das Industrie-, Schiffsbau-
und Sozialgeschichte zugleich verkör-
pert. Nautisch und technisch Interessier-
te dürften Freude haben an diesem auf-
wendig produzierten Bildband. Sehr zäh
seien die Gespräche und Verhandlungen
mit dem Seniorchef gewesen, erzählt Jo-
hannes Bohmann, Mitautor des Bandes.
Auch bei diesem Projekt wollte der Senior-
chef das Heft nicht aus der Hand geben.
Wie sonst führt man eine Werft, in der In-
genieure bereits am CO2-freien Schiffsan-
trieb der Zukunft arbeiten? brunn

Roland Wildberg, Johannes Bohmann (Mitar-
beit): Schiffbauer aus Leidenschaft – 225 Jahre
Meyer Werft. Planet C, Hamburg 2020. 228 Sei-
ten, 24,80 Euro.

Das Meer ist weit – und wir wissen nur
sehr wenig von dem, was dort vor sich
geht. Das zeigt Ian Urbina, Investigativre-
porter derNew York Times, in seinem
Buch „Outlaw Ocean“ auf. Vier Jahre lang
hat er recherchiert, ist gereist, hat es sich
zur Mission gemacht, darüber aufzuklä-
ren, wie unfassbar schlecht die Meere ge-
schützt sind. In 15 Essays beschreibt der
Autor, wie Gesetze gebrochen und Unklar-
heiten im Seerecht ausgenutzt werden.
So begleitet der Reporter unter ande-
rem die Umweltschutzorganisation Sea
Shepherd bei ihrer Jagd auf ein von Inter-
pol gesuchtes Wildererschiff. Das Unter-
fangen wird sich zu einem 110 Tage dau-
ernden Katz-und-Maus-Spiel entwi-
ckeln. Bezeichnend: Kein Land war dem
Autor zufolge zuvor willens oder in der La-
ge gewesen, das Schiff strafrechtlich zu
verfolgen. Da verwundert es nicht, dass
etwa jeder fünfte Fisch auf den Tellern
dieser Welt aus illegalem Fang stammt.
Urbina schreibt über Menschenhan-
del, Gefangenschaft und Misshandlun-
gen. Arbeiter kratzen Geld zusammen für
Schlepper, lassen sich über Agenturen
von Fischereiunternehmen anwerben,
auf deren Schiffen sie bis zur Belastungs-
grenze schuften. Oft sehen sie dann jahre-
lang kein Land. Es geht aber auch um
skurrile Arten, Gesetze zu umgehen. Et-
wa die Mikronation Sealand, eine Platt-
form zehn Kilometer vor der britischen
Küste, die von ihren „Eroberern“ 1967 als
eigenständiger Staat ausgerufen wurde.
„Outlaw Ocean“ öffnet den Lesern die
Augen für eine fremde Welt, und lässt sie
gleichzeitig mit einem Gefühl der Hoff-
nungslosigkeit zurück. So gut wie alle Ge-
schichten enden ohne Aussicht auf eine
Lösung des Problems. Zwar schildert Ur-
bina auch positive Schicksale und be-
schreibt Menschen und Organisationen,
die für den Schutz der Meere in den
Kampf ziehen. Doch das alles scheint un-
terzugehen zwischen den illegalen Ma-
chenschaften, für die es im Normalfall
keine Zeugen gibt. Aber eines gelingt
dem Buch: Es weckt Aufmerksamkeit für
ein wichtiges Thema. yvonne simon

Ian Urbina:Outlaw Ocean. Die gesetzlose See.
Ein Augenzeugenbericht. Aus dem Amerikani-
schen von Kerstin Fricke, Claudia Hahn und Tanja
Lampa. Topicus Verlag, Luxemburg 2019. 558 Sei-
ten, 19,99 Euro.

Wenn Kiels Hafenchef Dirk Claus auf sein
neuestes Projekt angesprochen wird, dann
leuchten seine Augen. Der Seehafen Kiel
wird in diesem Sommer die größte Land-
stromanlage Deutschlands, vielleicht so-
gar Europas in Betrieb nehmen. Dann sol-
len erstmals in einem europäischen Hafen
zwei Kreuzfahrtschiffe und eine Fähre
gleichzeitig mit Ökostrom aus Wind- oder
Sonnenenergie versorgt werden. Aller-
dings hat es Jahre gedauert, bis es so weit
war. „Das war ein hartes Stück Arbeit“, bi-
lanziert Dirk Claus. Gut drei Jahre Planung
stecken in dem Projekt, das 13,5 Millionen
Euro kostet. Rund 110 Tonnen Technik
sind erforderlich, damit in Kiel demnächst
16 Megawatt elektrischer Energie für Schif-
fe geliefert werden können. Fast 8000 Ton-
nen Kohlendioxid sollen eingespart wer-
den. Das sind die Eckwerte.
Der Weg dahin ist komplex. Mit Sie-
mens hat sich der Seehafen deshalb einen
Partner gesucht, der so ziemlich alles an ei-


ne Steckdose bringen kann, was irgendwie
elektrische Energie leitet. Was ist aber so
kompliziert an einer Anbindung eines See-
schiffs an ein Landnetz? „Wir haben an
Land andere Spannungen und Frequenzen
als bei den meisten Schiffen der Welt“, sagt
Lars Kläschen von der Firma Siemens. Auf
Seeschiffen wird weltweit meist ein Bord-
netz mit einer Mittelspannung von elf Kilo-
volt und einer Frequenz von 60 Hertz er-
zeugt. Das deutsche Landnetz liefert aber
zehn Kilovolt und 50 Hertz in der Mittel-
spannung.
Kleine Unterschiede mit großer Wir-
kung. Die neue Kieler Anlage braucht des-
halb vier Gießharztransformatoren, vier
luftisolierte Mittelspannungs-Schaltanla-
gen sowie einen Frequenzumrichter für
16 Megawatt. Der größte Klotz ist ein
30 Tonnen schwerer Ausgangstransforma-
tor aus dem Siemenswerk in Kirch-
heim/Teck in Baden-Württemberg. „Mit
dieser Installation können erstmals durch
eine Landstromanlage zwei Schiffe parallel
mit der notwendigen 60-Hertz-Bordfre-
quenz versorgt werden“, sagt Axel Mohr,
Vertriebsleiter bei der zuständigen Siemens-
Sparte Smart Infrastructure. Hauptaufgabe
ist eine unterbrechungsfreie Stromversor-

gung der Schiffe, so verlangen es die Sicher-
heitsvorschriften. Passiert das nicht, sprin-
gen sofort wieder die Dieselmotoren an und
beliefern alle Netze an Bord mit Strom.
Vorbilder dafür gibt es reichlich. 2001
wurde der erste Landstromanschluss für
Kreuzfahrer in Juneau (Alaska) einge-
weiht. Seattle (2005), Los Angeles (2006),
Vancouver (2009), San Francisco (2011)
und New York (2015) folgten. 2016 kamen
Hamburg und Montreal hinzu.
In Europa ist Landstrom heute nur für
Schiffe der Nato einheitlich installiert – in
allen Nato-Stützpunkten vom Nordkap bis
Sizilien. Kiel gehört auch dazu. In Skandi-
navien gibt es Landstrom für Fähren in
Stockholm, Trelleborg, Göteborg und Oslo.
Bei den Ostsee-Fähren ist es auch etwas
einfacher, da sie in der Ostsee ohnehin
meist mit einem 10kv/50Hertz Netz ausge-
stattet sind. Deshalb sind die Investitionen
hier niedriger. In Kiel hat der Anschluss für
die Norwegenfähren der Color Line 2019 le-
diglich 1,5 Millionen Euro gekostet, wäh-
rend die Anlage für die Kreuzfahrer fast
das Zehnfache kostet.
Und die Schiffe? „Wir sind seit der
Schiffsauslieferung 2014 mit einer Anlage
für die Annahme von Landstrom ausgerüs-

tet“, sagt Giovanni Ragusa, Elektroingeni-
eur auf derCosta Diadema. Schon seit 2011
lässt Costa alle Schiffe mit Landstromanla-
gen in Dienst stellen. Bei der Schwester-
Reederei Aida in Rostock wurden sogar
seit 2007 alle Neubauten mit der Technik
ausgerüstet – obwohl es keine Anlagen in
Europa gab.

„Wir brauchen im Hafen für unser Bord-
netz nur etwa 5,6 bis 5,8 Megawatt Leis-
tung“, rechnet der Italiener Giovanni Ragu-
sa vor. Dank eines effizienten Energie-Ma-
nagement-Systems sind das weniger als
zehn Prozent der Leistung seiner sechs Die-
selgeneratoren an Bord. Aber auch das ist
in Europa kein Grund für den Bau von der-
artigen Anlagen.
„Wir haben auch noch keinen Hafen
angelaufen, der einen Anschluss für uns
hat“, sagt Ragusa. Im nächsten Jahr ändert
sich das: Dann wird dieCosta Diademain
Kiel am 4. Juni erwartet. Für die Nutzung
der Anlage in Kiel hat sich Costa-Chef
Michael Thamm bereits 2018 mit einem
Rahmenvertrag mit der Stadt Kiel und
dem Land Schleswig-Holstein bereit er-
klärt.
Ein weiterer Grund dafür, weshalb gera-
de deutsche Häfen sich bislang mit Land-
strom schwertaten, war der Strompreis.
„Landstrom muss auch zumindest zum
Teil wirtschaftlich vertretbar sein“, sagte
Trond Kleivdal, Vorstand der norwegi-
schen Color Line. Während die Color Line
in Norwegen bereits seit 2012 Landstrom
bezieht, hat sie in Kiel lange mit der Zusage
der Nutzung gezögert. Der Grund: In Nor-

wegen kostet Strom nur ein Drittel von
dem, was er in Deutschland kostet. Des-
halb braucht es in Deutschland erst ein Ge-
setz, das der Schifffahrt in diesem Sommer
eine Absenkung der EEG-Umlage auf
20 Prozent ermöglicht. Dennoch leuchten
beim Kieler Hafenchef die Augen bei der
Frage nach der Amortisierung der Investiti-
onen für die Anlagen nicht mehr. „Das
lässt sich schwer sagen. Es geht hier aber
zunächst um die Umwelt“, kommt als knap-
pe Antwort.
Die Stromkosten sind auch der Grund,
weshalb selbst in der Heimat von Um-
weltaktivistin Greta Thunberg das Land-
strom-Thema für Kreuzfahrer auf Eis
liegt. Im Jahr 2020 wird für Stockholm
zwar ein Rekord mit 290 Kreuzfahrtschif-
fen und 660 000 Passagieren erwartet.
Beim Landstrom konzentriere man sich
aber zunächst auf die Fähren und die Anla-
gen im Hafen, heißt es bei der Hafengesell-
schaft. frank behling

von verena wolff

N


ordlichter. Sie sind der Traum
und das Ziel der meisten Passa-
giere auf derAida Aura,dieim
März ins nördliche Norwegen
fahren. Aber so einfach ist das dann doch
nicht mit den Nordlichtern. Vor allem,
wenn man sie auf eine Speicherkarte ban-
nen will. Denn: Damit man die Aurora Bo-
realis sehen kann, muss es dunkel sein,
sehr dunkel. Und kalt ist es meist auch,
denn sie zeigt sich vorwiegend nördlich
des Polarkreises, der exakt auf 66° 33' 55''
nördlicher Breite liegt. In Europa ist man
da mindestens auf der Höhe Islands, Nord-
schwedens oder eben im nördlichen Nor-
wegen.
Auf dieser Reise ist es schon zwischen
Haugesund und Bodø so weit. Südlich des
Polarkreises also. Doch das Meer ist wild
und rau, beim Landgang hatte es vom blei-
grauen Himmel geregnet. Also machen es
sich viele Passagiere schon früh im Bett ge-
mütlich, manche mit Medikamenten ge-
gen die Seekrankheit. Bei zehn Meter ho-
hen Wellen schaukelt ein Kreuzfahrtschiff
trotz Stabilisatoren.
Doch dann ertönt der Gong im Lautspre-
cher der Kabine. Es ist kurz vor Mitter-
nacht, als der Kapitän mitteilt, dass Nord-
lichter gesichtet wurden. So weit im Sü-
den? Bei dem schlechten Wetter? Das
Schiff fährt gerade durch ein wolkenloses
Gebiet, die Sonnenstürme jagen über den
Himmel. Also zeigen sich die Lichter, von
denen die Wikinger glaubten, sie verkör-
perten ihre Götter.


Nun rumpelt es auf den Gängen, viele
Passagiere ziehen sich ihre Winterausrüs-
tung über den Pyjama, spannen die Kame-
ra aufs Stativ und eilen hinauf auf Deck 11,
auf das Sonnendeck, das mit Schnee über-
zogen ist. Und dann stehen sie in der eisi-
gen Kälte, im Abstand der ausgeklappten
Stativbeine, nebeneinander. Viele haben
die Programmautomatik auf ihren Spiegel-
reflexkameras eingestellt, damit fotogra-
fiert es sich über den Tag und bei wechseln-
den Lichtverhältnissen am leichtesten.
Doch nun sehen sie – nichts. Der kleine
Bildschirm an der Kamera bleibt schwarz.


Jetzt die Kamera umzustellen, ist
schwierig. Die Tasten und Räder sind
klein, die Finger kalt – und richtig sehen
kann man auch nicht in der Polarnacht.
Die Aurora Borealis ist schon bei guten Be-
dingungen nicht einfach zu fotografieren:
lange Belichtungszeit, große Blende, kei-
ne Erschütterungen. Auf einem schwan-
kenden Schiffsdeck ist das noch schwieri-
ger. Manch einer gibt schnell auf und zieht
sich wieder ins Warme zurück – vielleicht
hilft es, die Bedienungsanleitung zu stu-
dieren, für die hoffentlich nächste Sich-
tung.

Zunächst einmal müssen es Bilder tun,
die Hartmut Renken Theater an die Wand
projiziert. Von Nordlichtern, Sternen und
Planeten, die er auf Kreuzfahrtschiffen
rund um die Welt fotografiert hat. Renken
ist Experte für Astronomie und Fotografie


  • ein Merkmal der „Selections“-Reisen,
    wie Aida sie mit ihren kleineren und etwas
    älteren Schiffen anbietet. Entertainment
    allerorten, das gibt es auch hier. Aber eben
    auch Lektoren und Wissenschaftler, die
    Vorträge über Land, Leute und andere The-
    men halten. Zum Beispiel über das Foto-
    grafieren in der Nacht.
    Voll ist es bei Vorträgen auf der Kreuz-
    fahrt mit dem Titel „Winter im hohen Nor-
    den“ nicht. Der Schiffsarzt hat großen Zu-
    lauf von Menschen, denen der starke Wel-
    lengang zusetzt. Die See ist rau, seit dieAu-
    ra, knapp 203 Meter lang und 28 Meter
    breit, von der Elbe in die Deutsche Bucht
    hinausgefahren ist. Seit Tagen also. Die
    Brecher knallen auch im siebten Stock
    noch an die Fensterscheiben, im Bett
    spürt man die Bewegung noch stärker,
    denn es geht nicht nur in eine Richtung,
    sondern gefühlt in alle.
    An Tag 1 spricht Lektor Björn Lars
    Oberndorf, Experte für Norwegen und die
    Wikinger, über Land und Landschaft, die
    Eigenheiten der Wikinger, über die Herin-
    ge und die Erdölförderung vor der norwe-
    gischen Küste. Der gemütliche Mann mit
    dem sympathischen Ruhrgebiets-Slang
    und dem wolligen Bart ist ganz in seinem
    Element. Heringsfang war einst die Haupt-
    einnahmequelle der Menschen in Hauge-
    sund, dem ersten Hafen während der Rei-
    se. Doch die großen Zeiten des Fischfangs
    sind vorbei. „Heute sorgen Erdöl und
    Schiffsbau dafür, dass die Bewohner ein si-
    cheres Einkommen haben.“
    Haugesund ist auch der richtige Stopp
    für alle, die sich für Geschichte interessie-
    ren. „Sie sollten einen Abstecher nach
    Avaldsnes machen“, empfiehlt er. Der Ort
    war lange Zeit Wikingerresidenz und ist
    der älteste Königssitz Norwegens, gegrün-
    det von König Harald Schönhaar im Jahr



  1. Zu besichtigen gibt es die Olavskir-
    che, erbaut um 1250 von König Håkon Hå-
    konson, sowie einen rekonstruierten Wi-
    kingerhof.
    Die Passagiere genießen es, beim Land-
    ausflug festen Boden unter den Füßen zu
    haben. Zurück an Bord wird der Seegang
    stärker, der Wind nimmt zu, was zu noch-
    mals stärkerem Wellengang führt. Die
    Speisesäle sind ebenso wie das Fitness-
    studio nur wenig besucht. Dafür haben
    Schiffsarzt und Rezeption wieder gut zu
    tun – dort wird auf Verlangen ein homöo-
    pathisches Mittel gegen Übelkeit ausgege-
    ben. Der nächste Halt im Hafen von Bodø
    entfällt, dafür gibt es einen Seetag mehr –
    langsam erfreuen sich die Gesellschafts-
    spiele in der Bar steigender Beliebtheit.
    Ebenso wie die lichtdurchflutete kleine Bi-


bliothek auf dem obersten Deck mit ge-
mütlichen Sesseln und Sofas. Doch Besse-
rung naht, und zwar bei 69,99 Grad nördli-
cher Breite und 23,32 Grad östlicher Län-
ge: im Altafjord.
Tag 6 der Reise beginnt mit strahlen-
dem Sonnenschein und kaum Wind. Der
Himmel ist tiefblau, die Berge rundherum
schneebedeckt. Und Lektor Björn Lars
Oberndorf kommentiert live die Einfahrt
in den riesigen Fjord auf dem Weg nach Al-
ta, dem nördlichsten Punkt der Reise und
Hauptstadt der Finnmark. „Wer nicht ans
Nordkap fährt, ist hier schon so ziemlich
im äußersten Norden Norwegens“, sagt
Oberndorf.

Kaum hat dieAida Auraangelegt, gehen
die Passagiere an Land. Fester Boden ist
nach drei Tagen mit starkem Seegang ein
hohes Gut. Man sieht sich um im recht kah-
len Alta, in dem der spannendste Bau die
Nordlicht-Kathedrale ist. Und das Beste
kommt schließlich am Abend – recht früh
sogar schon. Aurora Borealis. Extrem
stark, extrem aktiv. Dieses Mal sind viele
der Hobby-Fotografen an Bord vorbereitet,
ihre Kameras sind exakt eingestellt.
Es ist ein Glücksfall, die bunten Sonnen-
stürme mehrmals zu sehen – das Wetter
im hohen Norden ist ja zu jeder Jahreszeit
unberechenbar. Das zeigt sich in Tromsø,
der selbsternannten Welthauptstadt der

Polarlichter, wo die dichte Wolkendecke
keine Sonne durchlässt, geschweige denn
ein Nordlicht erstrahlen lässt.
In Tromsø, dem Tor zur Arktis, beginnt
auch der Rückweg nach Hamburg. DieAi-
da Auranimmt dabei die Orte mit, an de-
nen sie auf dem „Nordvegen“, dem Weg
nach Norden, vorbeigefahren ist: Sortland,
Trondheim und Bergen. Die Klassiker Nor-
wegens. Mit den Polarlichtern ist es bald
vorbei, dafür kommt der bleierne Himmel
wieder zum Vorschein. 5855 Kilometer
wird das Schiff in 14 Tagen zurückgelegt ha-
ben, 20 Breitengrade ist man nach Norden
gereist. Dabei war oft der Weg das Ziel –
und der Himmel mit den bunten Lichtern.

Gesetzlosigkeit


auf hoher See


Ian Urbina schreibt über die
modernen Freibeuter der Meere

Vom Glück der


Tüchtigen


Trondheim

Bergen
Haugesund

Oslo

Kopenhagen

Berlin

Stockholm

Bodø

Tromsø

Europäisches
Nordmeer

Alta
Murmansk

FINN-
LAND

SCHWEDEN
NORWEGEN

DÄNEMARK

DEUTSCHLAND

RUSS-
LAND

Nordkap/Honningsvåg

Jönköping

Hamburg Kiel 200 km
SZ-Karte/Maps4News

Schiff sucht Stecker


In Kiel wird in diesem Sommer die größte Landstromanlage Deutschlands ihren Betrieb aufnehmen. Anderswo geht die Entwicklung nach wie vor zäh voran


Jäger des


Lichts


Nordnorwegen im Winter: Das ist nicht nur


Kälte und Dunkelheit, sondern auch die


beste Kulisse für Polarlichter


Der Schiffsarzt hat großen
Zulauf von Menschen, denen der
starke Wellengang zusetzt

Kreuzfahrten
Verantwortlich: Peter Fahrenholz
Redaktion: Ingrid Brunner
Anzeigen: Jürgen Maukner

Reisearrangement:Winter im hohen Norden mit der
Aidacara, 21.3 bis 5.4.2020, von Hamburg über Trond-
heim, Bodø und Alta bis ans Nordkap, retour über
Tromsø, Trondheim und Bergen nach Kiel. In der In-
nenkabine für zwei Personen ohne Anreise ab 3198
Euro, in der Kantine mit Meerblick ab 3998 Euro.
Empfehlung:Warme Kleidung, wer mit Kamera foto-
grafiert, sollte auch ein Stativ einpacken – sonst sind
die Nordlichter nur schwer zu fotografieren. Ebenso
Ersatzbatterien, denn die Batterien entladen sich in
der Kälte schnell, http://www.aida.de


REISEBUCH


Auf Nordlandfahrten im Winter
wird das Sonnendeck derAida Aurazum eisigen
Fotostudio. Die Passagiere bauen dort ihre Stative auf,
um Polarlichter zu fotografieren. Auch schneebedeckte
Küstenberge, Tiere oder die Stadt Tromsø sind reizvoll.
FOTOS: AIDA (3), LARS ÅKE ANDERSEN

32 KREUZFAHRTEN SZ SPEZIAL Donnerstag, 20. Februar 2020, Nr. 42DEFGH


Hinweis der Redaktion:Die Recherchereisen für
diese Ausgabe wurden zum Teil unterstützt von
Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Touris-
mus-Agenturen.


In eisiger Kälte stehen


Menschen auf dem Sonnendeck.


Und warten auf Fotomotive


Seit 2014 kein Anschluss: Der Landstrom-
stecker derCosta Diadema. FOTO: BEHLING
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