Frankfurter Allgemeine Zeitung - 20.02.2020

(Darren Dugan) #1

SEITE 4·DONNERSTAG, 20.FEBRUAR2020·NR.43 Politik FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


DiegrößteFlotteder Welt


Der amerikanische Marineminister
Forrestalveröf fentlich tdenJahresbe-
richt1944 der amerikanischen Mari-
ne. Demnachumfas stedie vorallem
auf dem pazifischen Kriegsschau-
platz starkgeforderte Teilstreitkraft
zum Stichtag 30. Juni 1108 Kriegs-
schif fe,34000 Flugzeugesowie auf
Schif fenundFlugzeugen200 000Ge-
schütz e.DamitseisiediegrößteFlot-
te der Welt, so Forrestal. Im ersten
Halbjahr 1944 seien darüberhinaus
mehr als 34 000 Landungsboote in
Dienstgestellt word en. Vonderen
rechtzeitigerFertigstellung hing zum
Beispiel entscheidend der Erfolg der
alliiertenLandung in derNormandie
imJuni 1944ab.Di eZahlen verdeutli-
chen die Machtverschiebung aufglo-
baler Ebene innerhalbrelativ kurzer
Zeit.Den Ersten Weltkrieg hatte
1914 nochdie britischeRoyalNavy
als größteMarine derWelt begon-
nen.Mittlerweilesindaberdiemilitä-
rischen undfinanziellen Kräfte der
alten Weltmacht zusammenge-
schmolzen.


Pachtund Leihe


Die neuen Machtverhältnisse in der
Welt spiegelt auchein Bericht der
amerikanischen Regierung an den
Kongress.Darin gibt sieAuskunft
darüber,welches Land wasunter
dem sogenanntenPacht- und Leihge-
setz bekommt.Hauptnutznießer der
Regelung mit Leistungen imWert
vonmehr als 11 Milliarden Dollar
warseit März1941 Großbritannien.
Mehr als sieben Milliarden Dollar
wert wardie amerikanische Hilfefür
die Sowjetunion.Trotzdem hattedie
RegierunginMoskauwährenddesge-
samten Krieges immer wieder dar-
über geklagt, siekomme bei den Lie-
ferungen zukur z.


Zu viel zu tun


FranzosenundAmerikanerveröffent-
liche nBericht eüberdievomfranzösi-
schen Ministerpräsidenten Charles
deGaulleabgelehnteEinladungzuei-
nem Treffenmit PräsidentFranklin
D. Roosevelt in Algier.Diplomatisch
verklausuliertkommt darin dasZer-
würfniszwischenParisundWashing-
tondeutlichzum Ausdruc k. Wäh-
rend sic hRoosevelt laut amerikani-
scher Mitteilung „überaus ent-
täuscht“ darüber zeigt, dassde
Gaulle nicht nachAlgier habekom-
menkönnen,lässtderFranzoseunge-
rührtvermelden, er habe einfachzu
vielzutun,umsichvonParisinsfran-
zösische Kolonialreich begeben zu
können.Roosevelt be tont, es seien
wichtigeProbleme, die beideStaaten
interessierten, in der Schwebe. De
Gaulle äußertsichein weiteres Mal
kritisch. DaFrankreichinJalta nun
einmal nichtvertretengewesen sei,
habe seineRegierung jetzt sehr viel
Arbeit mit der Nach bereitung der
Konferenz. Die Einladung Roose-
velts für einen BesuchinParis stehe
aber weiterhin.Under, de Gaulle,
und das französische Volk wären
glücklich, diesen in ihrer Hauptstadt
begrüßen zukönnen. pes.


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Frau Ministerpräsidentin, Sieführenin
Finnland seit Dezember eine Koalition
aus fünf Parteien,anderen Spitze aus-
schließlich Frauen stehen.InDeutsch-
landgehtgerade eine Ära weiblicher
Führung in derPolitik zu Ende,vier
Männer bewerben sich aktuellumdie
Nachfolge in der größeren Regierungs-
partei.Hinken wir hinterher?
Deutschland hat ja auf vielerlei Artden
Wegbereite t. Angela Merkelist schon
seit langem eine europäischeIkone und
eine der mächtigstenPersönlichkeiten in
Europa, ja in derWelt, und sie istauch
ein Vorbild für vieleFrauen überall auf
der Welt.

Sie haben einmal gesagt, es gebe wo-
möglich Unterschiede in der Art und
Weise, wieMännerund Frauen regie-
ren und politische Entscheidungen tref-
fen. Das Wort„Konsens“fiel in diesem
Zusammenhang. Oderwird die Ent-
scheidungsfindung eher beeinflusst
durchdieS aunahütte,dieimGartenIh-
res Amtssitzes steht undin de rsich die
Koalitionspartnerinnen treffen und be-
ratschlagen?
In Finnland sindKoalitionsregierungen
ja üblich.Wirsind also darangewöhnt,
Kompromisse zufinden, das istseit lan-
gemein finnischerWeginder Politik.
Die aktuelle Situation, mit fünfFrauen
an der Spitze, istauchdem Zufall ge-
schuldet. Im letzten Sommer,als die Re-
gierunggebildetwurde, warennochdrei
Männer und zweiFrauen in derKoaliti-
onsführung.

Als Sie das Amt der Ministerpräsiden-
tin übernahmen, hatteFinnlanddie
Ratspräsidentschaft der EU inne. Sie
wissen sicher,dass es in Deutschland
Sorgengibt, es könneimzweiten Halb-
jahr, wenn wir diePräsidentschaft ha-

ben, ein Regierungswechsel kommen.
Hat der Wechselbei Ihnendie Präsi-
dentschaftbehindert?
MeinePartei,dieSozialdemokraten,woll-
tendenWechselimAmtjanicht;dieZen-
trumsparteiwolltemit Antti Rinne nicht
weiterarbeiten.Alle Koalitionsparteien
wollten die Krise sokurz wie möglich
halten, alsogelang es uns, innerhalb ei-
ner Wochedie neueRegierung auf die
Beine zustellen, daswarziemlichrasch.

Der Klimawandel war einesder Haupt-
themen derfinnischen EU-Ratspräsi-
dentschaft. Haben Sieden Eindruck,
dass die neue EU-Kommission das The-
ma mit ihrem„Green Deal“ ernst ge-
nug nimmt?
Nachhaltig eWirts chafts- und Umweltpo-
litik stehtim MittelpunktunsererKoaliti-
onsregierung.Finnland will bis 2035 kli-
maneutral sein. Ichbin sehr froh, dass
die EU entschieden hat, das Ziel der Kli-
maneutralität bis 2050 zu erreichen.
NunmüssenwirunsereZielezurVermin-
derung desTreibstoffausstoßes für 2030
aktualisieren.Wirhalten einReduzie-
rungszielvon55Prozent (bezogen auf

1990) für entscheidend und brauchen
die Unterstützung jedes EU-Mitglieds-
landes dazu.

Setzt dieEUIhrer Ansicht nach in den
Haushaltsplänen fürdie mittelfristige
finanzielleVorausschau genügend
Geldfür den Klimaschutz ein?
Das istschon eingroßes Thema.Aber
amEndemüssen dieeinzelnen Mitglied-
staaten genügend Anstrengungen unter-
nehmen, um aus einerfossilen Energie-
wirtschafteine erneuerbareEnergie ver-
sorgung zu machen, dasteht die EU
nichtalleininderVerantwortung,jedes
Land musssichanstrengen.Wirunter-
nehmen inFinnlandgroße Anstrengun-
gen, um dieWirtschaf tgrüner zu ma-
chen undgleichzeitig die Digitalisierung
voranzubringen.

Die Digitalisierung ist ja auch ein Feld,
auf dem die EU kostspielige Ambitio-
nen hat. Die Debatte um die 5G-Mobil-
funktechnik hat in Deutschland den
Wunsch nach einer technologischen Au-
tonomie Europas im Digitalsektor ver-
stärkt. Wie siehtFinnland das?

Wirbrauchen hier europäische Lösun-
gen. Ic hwar Ministerinfür Verkehr und
Kommunikation, bevorich Regierungs-
chefin wurde, ichhattediese Fragein
meinemRessort. Ichbin sehr froh, dass
wir im Dezember ersteGespräche in der
EU in dieser Sachegeführthaben und
dassKriterien festgelegtwurden, wiedie
5G-Technologie sicher angewendetwer-
den soll und wie Risiken bewertet wer-
densollen.EsgibtallerdingskeineAlter-
nativezur Einführungvon5G. Die euro-
päische Gemeinsamkeit istaber auch
wichtig fürdieethischenFragenderDigi-
talisierung.Wiekönnen wir sicherstel-
len, dassalle Risiken bei derVerarbei-
tung und dem Gebrauchvon Daten im
Blickbehalten und reguliertwerden?
Finnland isthier in vielerlei Hinsicht
Vorreiter .Beispielsweise haben wir
strengeGesetze zurRegelung digitaler
Dienstleistungen.

Zu den aktuellen Fragen in derklassi-
schen Sicherheitspolitik zählt der Zu-
standder Nato. Finnland ist nicht Mit-
glied des westlichen Bündnisses, fun-
giertaber wieSchwedenals enger Ko-
operationspartner. Ändert die Krise
der Natodie finnischeHaltung?
Die Nato istein sehr wichtigerPartner
für Finnland; aber wir betrachten die Si-
tuationvonaußen.Wirhabenimmerdar-
auf geachtet, dasswir gut enationaleVer-
teidigungsfähigkeiten haben. Es gibt ei-
nenziemlichbreiten Konsen sinderfinni-
schen Bevölkerung, dasswir auc hkünf-
tig nicht Mitglied derNato sein sollen.

In Deutschlandund anderen EU-Län-
dern herrscht die Ansicht, die gemeinsa-
me europäische Außen- und Sicherheits-
politikkönne dadurcheffizienterwer-
den, dass das Einstimmigkeitsprinzip
in diesem Sektor durchMehrheitsent-
scheidungenersetzt werden würde. Wie
stehtFinnlanddazu?
IchverstehedieNotwendigkeiteinerstär-
kerhandlungsfähigen EU und den
WunschnachMehrheitsentscheidungen.
Aber es gibt eineKehrseite in dieser Sa-
che. Wenn man eingeeintes Europa will,
muss man auchsehr sorgfältig die Hal-
tung jedes einzelnen Landes anhören. Es
wäre nicht gut,wenn Europa nur ein Pro-
jekt einer Mehrheitwerden würde. Es
sollteein Projektfür jedeseinzelne Land
undfürjedeneinzelnenBürgersein.Des-
wegenist es gut, dassbestimmteEnt-
scheidungen nur einstimmiggetroffen
werdenkönnen.Ichglaube,dasstärktdie
Union.Auch wenndadurchEntscheidun-
genmanchmal langsamerfallen,steckt
docheine eigene Stärke darin.

DieFragenstellte Johannes Leithäuser

1945 Deutscher aus iranischer Haft
heimgekehrt
Das AuswärtigeAmt hat bestätigt, dass
ein inhaftierte Deutscher aus dem Evin-
Gefängnis inTeheran entlassen wurde.
Man sei „froh, dassein deutscherStaats-
angehöriger nachintensiven diplomati-
schen und humanitären Bemühungen
wohlbehalten nachDeutschland zurück-
gekehrtist“, teiltedas Amt aufNach frage
mit.Der Mannwarwegen nicht näher be-
schriebenen, angeblichillegalenFotogra-
fierensverurteilt worden. Das Oberlan-
desgerichtFrankfurthattedenHaftbefehl
gegeneinen iranischen Staatsangehöri-
genaufgehoben. Der Iraner,dem dieAus-
lieferung in dieVerneigtenStaaten droh-
te,waram Wochenend emiteine rMaschi-
ne des iranischenAußenministers von
München in seine Heimatgereist. pca.

Güssaukannnicht mehr als


CDU-Direktkandidatantreten
Derfrüheresachsen-anhaltische Land-
tagspräsidentHardy PeterGüssaukann
beidernächst en Landtagswahlnichtaber-
mals als Direktkandidat der CDU antre-
ten. Güssau verlor am Dienstagabend
eine Kampfabstimmung im Kreisverband
StendalgegenXenia Schüßler.Die Ent-
scheidung istvor dem Hintergrund einer
WahlfälschungsaffäreimJahr2014zuver-
stehen. Güssau bestreitet den Vorwurf, in
die Manipulation vonBriefwahlen in
Stendal verstrickt zu sein, allerdings gibt
es einigeVerdachtsmomentegegen ihn.
VomAmt als Landtagspräsident musste
Güssau 2016 aufgrund des öffentlichen
Druc ks zurücktreten. bin.

Bezeichnung „frecher Jude“


istVolksverhetzung
Werdie Bezeichnung „frecherJude“ver-
wendet, kann sic hnicht auf dasRecht auf
freie Meinungsäußerungberufen, son-
dernmacht sichder Volksverhetzung
strafbar .Das hat dasOberlandesgericht
HammamMittwoc hineinemRevisions-
verfahren entschiedenunddamit dieVer-
urte ilung desBundesvorsitzendender
rechtsext remenParte i„DieRechte“, Sa-
scha Krolzig, zu einerFreiheitsstra fe von
sechs Monaten bestätigt. Krolzig hatte
den Vorsitzenden einer jüdischen Ge-
meindeaus Ostwestfalen im Sommer
2016als „frechen Juden-Funktionär“ be-
zeichnet. Mit derBezeichnungwerde
mehr als nurAblehnung undVerachtung
zum Ausdruckgebracht, siestachle viel-
mehr zum Hassanund sei ein Anreiz zu
feindseligemVerhaltengegenüber Men-
schen jüdischen Glaubens, so dasGe-
richt. reb.

„AnKompromissegewöhnt“ :Sanna Marin FotoMatthiasLüdecke

Fajez Sarradsch
Als ervorknapp vier Jahren mit einem
Schif fnachTripolis kamund seine Ge-
mütslage beschrieb,warFajez Sar radsch
bemerkenswer tzuversichtlich. Als Chef
der unter UN-Vermittlung eingesetzten
„Regierung der Nationalen Überein-
kunft“ sollteSarradschdas im Chaosver-
sinkende undvonMilizen beherrschte Li-
byen einen.Aber er hattemächtigeFein-
de, die allesversuchten, um seinen Ein-
zug in die Hauptstadt zu verhindern. Er
musstesichauf Milizenanführerstützen,
die ihn später in der ManiervonMafiapa-
tenunter Drucksetzten. Solches Gebaren
istSarradsch,derinTripolisgeborenwur-
de und aus einerbedeutenden undwohl-
habenden Familie stammt, fremd. Es
heißt zwar,der Ar chitekt, der unter Gad-
dafiimLand gelebt und sichlangevon
der Politik ferngehalten hatte, sei zuletzt
härterundhartleibigergeworden.ImWes-
ten wirderaber als „Gentleman“gelobt.
In der Bevölkerung bekommt Sarradsch
dagegen schlechtereNoten. Er wirdals
konturlos und schwachverspott et.
Schnappschüsse seinerReisen nachLon-
don werden immer wieder alsvermeintli-
cher Beleg für angeblicheVolksfernever-
breit et.Sarradsch, der 2014 als unabhän-
giger Kandidat ins Parlamentgewählt
wurde, hat sichtrotz allerWidrigkeiten
gehalten. EinemAusweg aus dem Chaos
isterallerdingskaum nähergekommen.
DieserTage musssichseine Regierung
auf dem Schlachtfeldgegenden ostliby-
schen Militärführer Haftarbehaupten.
An diesem Donnerstag wirdFajez Sar-
radsch sechzig Jahrealt, und es herrscht
Krieg inTripolis. cheh.

ZumerstenMal seitfast zwanzig Jahren
müssendieGrüneneinOberbürgermeis-
teramt in einer baden-württembergi-
schen Großstadt unter schwierigen Be-
dingungenverteidigen: AlsNachfolger
für Fritz Kuhn, den ersten grünen Ober-
bürgermeistereiner Landeshauptstadt
überhaupt,fand sic hkein prominenter
Bewerber.DerStuttgarterBundestagsab-
geordne te Cem Özdemir erteilteden
Grünen inStuttgar tebenso eineAbsage
wie BorisPalmer ausTübingen.Auch
kein Landespolitiker ließ sichfinden.
Kuhn selbsthattesichzur Überraschung
seinerPartei aus Altersgründengegen
eine abermaligeKandidatur entschie-
den. Seine Bilanz istaus Sicht vieler
Stuttgar terziemlichdurchwac hsen.
Die Oberbürgermeister wahl findetam


  1. November und somit vier Monatevor
    der Landtagswahlstatt –das Er gebnis
    wirdalso in jedemFall als Indiz für den
    Ausgang der Landtagswahl im März
    2021 gewertet werden. DieseKonstellati-
    on bringt es mit sich, dassdie baden-
    württembergische CDU erstmals seit vie-
    len Jahren wieder die Chance haben
    könnte, eine Großstadt zurückzuer-
    obern, und dasssie nichtvordem urba-
    nenWählermilieuvonvornhereinkapitu-
    lieren muss. Zwargewann die CDU in
    Ulm (2015) und Pforzheim (2017) Ober-
    bürgermeister wahlen, in Groß- undUni-
    versitäts städten istdie Partei seit Jahren
    auf demRückzug, mit direktgewählten
    Landtagsabgeordnetenist sie dortkaum


nochvertr eten. In Stuttgar tsind die Grü-
nen stärkste Fraktion im Gemeinderat,
sie gewannen 2016 alleStuttgar terLand-
tagsmandatedirekt, sogar der Regie-
rungspräsident istein Grüner.Umbeim
urbanenWähler mehr Erfolg zu haben,
sindvonderUnionunzähligeKommissio-
neneingesetztworden–ohnedurchschla-
genden Erfolg. Bei der Oberbürgermeis-
terwahl2018inFreiburg,beiderderGrü-
ne Dieter Salomon krachend unterlag,
hattedie Volksparteivonder Unzufrie-
denheitder Bür germit der Amtsführung
nichts mitbekommen, so dasssie sogar
auf einen eigenenKandidatenverzichtet
hatte.
DaswirdsichinStuttgartnichtwieder-
holen: Am Sonntag präsentierte die
CDU den 58 Jahrealten Frank Nopper
als ihrenKandidaten.Nopper istseit 18
Jahren OberbürgermeisterinBacknang,
einer Stadt mit knapp 38 000 Einwoh-
nernnordöstlichvon Stuttgar tgelegen.
Die Familie Nopper istinStuttgartbe-
kannt:Ein Urgroßvater hatteden Haus-
haltswarenhandel „Zahn-Nopper“ ge-
gründet, ein Geschäft, das bisvorweni-
genJahrensobekanntwar, wieesdiegro-
ßen Baumarktkettenheutesind. DerVa-
terNopperskandidierte 1966fürdieFDP
aucheinmal als Oberbürgermeister, un-
terlag aber.Die CDU entscheidetsichfür
den promoviertenVerwaltungsjuristen,
weil sie mit ihm im zweitenWahlgang
auf dieUnte rstützungvon FDP undFrei-
en Wählernzählen kann. Damit optierte

sieauchgegendenderzeitwohlpopulärs-
tenBewerber aus ihrenReihen: Das ist
nämlichRichar dArnold,derOberbürger-
meistervon SchwäbischGmünd.Wäre er
angetreten, hätten die Grünen sichkeine
Chancen ausgerechnet. EinRegierungs-
prog ramm fürStuttgar thatteArnold je-
denfalls schonverfasst .Der CDU-Lan-
desvorsitzende ThomasStroblhattesich
inter nfür Arnold ausgesprochen,konnte
sichaber of fenbar nicht durchsetzen. Ar-
nold, so die Befürchtung, hättegrüne
Wechselwählergewonnen, er istaber so
unkon ventionell und freigeistig, dassin
der CDU ein schwierigesVerhältnis zur
FDP und zu denFreien Wählernbefürch-
tetwurde. Sein Schreiben mit derAbsage
las sic hjedenfalls wie eine Zusage, inklu-
siveArbeitsanweisungen an den jetzigen
KandidatenNopper.
Für di eGrünen soll die 57 Jahre alte
Eurythmie-LehrerinVeronikaKienzle
dieWahlim Novembergewinnen.Kienz-
le is tinBremen geboren, wuchs bei Pfle-
geelter ninWorpswede auf, lebt aber
seit vierzig Jahren inStuttgar t. Sie is teh-
renamtliche Bezirksvorsteherin im Be-
zirkMitte, einergrünen Hochburg. Ihr
Mann Michael Kienzle schreibtReden
für MinisterpräsidentWinfried Kretsch-
mann, sie selbstarbeitet für diegrüne
Bürgerbeteiligungs-StaatsrätinGisela Er-
lerebenfallsindergrüngeführtenStaats-
kanzlei. Kienzle sei eineKandidatin aus
dem „grünenStadtadel“,ihre Wirkung
aufbü rgerlich-anthroposophischgepräg-
te Wählersei nicht zu unterschätzen,

heißt es in derPartei. „Ic hkomme aus
der Mitteder Stadtgesellschaft, ichwer-
de Politik aus der Mitteder Stadtgesell-
schaf tmachen“, sagteKienzle. Damit
verspricht sie jene Bürgernähe, die sich
Kuhninacht JahrenAmtszeit nicht ange-
eignethat. Auch weil SPD und Grüne
sichinStuttgartseit Jahrzehnten äußerst
feindselig beäugen, haben die Sozialde-
mokraten mit MartinKörner einen eige-
nen Kandidaten aufgestellt.Der 49 Jahre
alteSPD-Fraktionsvorsitzende im Ge-
meinderat bekommt aber nochKonkur-
renz aus der eigenen Partei: Der 30 Jahre
alteMarian Schreier will dem Beispiel
Martin Horns inFreiburgfolgen, der mit
einer Social-Media-Kampagne als nahe-
zu Unbekannter 2018 in Freiburgdie
OB-Wahl gewann. „Für uns istdie neue,
digitale,vernetzteWelt mit schnellen
und disruptivenVeränderungsprozessen
nicht neu.Wirkennenkeine andere“,
schreibt Schreier auf seinerKampagnen-
Seite. Weil Wähler heuteauf Verwal-
tungserfahrung undkommunalpolitische
Verankerungweniger Wert legen, sie für
populistische Erneuerer empfänglicher
sind, sie häufiger auchangesehene Ober-
bürgermeister in dieWüsteschicken, ist
esnicht ausgeschlossen,dasssicheinAu-
ßenseiter wie Schreier mit einem Digital-
wahlkampf in die ersteReihe vorkämpft.
Auch das Alter derKandidatenvonGrü-
nen und CDUkönnteineiner dynami-
schen undwachsenden Stadt, in der auch
gewachsene städtische Milieusweniger
zählen,ein Nachteil sein.

Wichtiges inKürze


„Merkelist eine europäische Ikone“


mic. PARIS. Frankreichwill von
2024 ankeine ausländischen Imame
beispielsweise aus derTürkei oder
Saudi-Arabien mehr ins Land lassen.
Das hat InnenministerChris tophe
Castaner am Mittwochangekündigt.
Derzeit hielten sichetwa300 musli-
mische Prediger aus demAusland in
Frankreich auf, derenAufenthaltsge-
nehmigungen nach2024 nicht mehr
verlänger twürden, sagteCastaner.
Etwa150 Imame im Landstammten
aus derTürkei .„In Frankreichmuss
manaufFranzösischpredigen“,sagte
er.


Personalien


Rückeroberung der Großstadt?


Durch die Schwäche der Grünen bekommt die CDU inStuttgar teineChance / VonRüdigerSoldt


DIE LETZTEN
KRIEGSWOCHEN

20. FEBRUAR


SannaMarin,


Mini sterpräsidentinvon


Finnland, überFrauen


in derPoliti k, den


Schutz desKlima sund


warumeskeine


Alternative zur


Einfü hrungder


5G-Technologi egibt.


Keine Imameaus


demAusland


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