Frankfurter Allgemeine Zeitung - 20.02.2020

(Darren Dugan) #1
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Feuilleton DONNERSTAG, 20.FEBRUAR2020·NR.43·SEITE 9

E

sgibt Menschen,die machen
die verrücktes tenSachen:
beimItaliener eine Pizzabe-
stellen ,ohne FahrradBahn fahren
oder,nochverrückter,imWinter war-
me Sockenanziehen. Dergleichen
wirkt in Zeiten ,indenenvieleszweck-
entfremdetoder jedenfalls irgendwie
andersgemacht wird, schon beinahe
querdenkerisch.Aberwarum nicht?
Warumnichteinfachm aldas Nahelie-
gende tun?Zum Beispiel: DieMacher
derFernsehserie„MordkommissionIs-
tanbul“ nanntenschon deren zweite
FolgeohnealleScheuvordem Redun-
dant-Tautologischen, dem Odium des
durch und durch No rmalen,Unausge-
fallenen „MordamBosporus“ (soge-
sendet am 5. November2009 im Ers-
ten). Manversteht dasauf Anhieb: Is-
tanbul, Bosporus, klareSache undda-
mithopp. Auch gut: In ei ner süddeut-
schen Universitätsstadtgibteseinspa-
nischesRestaurant,dasheißtOlé-Olé,
wirklichwahr.SoeinVerzichtaufHin-
tergedanken, aufAblenkmanöver, die
Bereitschaftmithin, nicht witzig sein
zu wollen,hat zweifellosetwas Erfri-
schendesund is twohl nur denen mög-
lich, die mit sich im Reinen und im
Ganzenrechtzufrieden sind.Aufdie-
se Weise holtman dieMenschen dort
ab,wosie inzwischen meistens gar
nichtmehrstehen–eineSachlage,der
sich natürlichauchdie Politik ausge-
setzt sieht und die mitursächlichist
für die um sich greifende Ratlosigkeit
derParteien. Nicht nur, dasssie ni cht
mehr wissen,was si eden Leutennoch
anbieten wollen oder können; es hakt
schon bei derFrage,wie sie überhaupt
noch dasPersonal dafürfinden könn-
ten. Es gehört dabei zu den Spielre-
geln,das sgerade diejenigen, dieesam
meisten(werden) wollen, dies amwe-
nigs tenbeziehungsweise überhaupt
nichtsagen, sondernersteinmal ab-
warten, waspassier tund wersoalles
aus der Deckung kommt,umdann na-
türlich augenblicklic hschlechtgered et
zu werden, woraufhin es auchdie
noch still Haltenden mit der Angst zu
tunkriegen,bises ir gendwanngarkei-
nermehrmachenwill,jedenfallsnicht
alleine, und alle nurnochvon „Team“
sprechen.Das is tPolitik, dasistpoliti-
sche sDenken, wir werden es nicht än-
dern.Norbert Röttgen jedoch–be-
wirbt sichjetzt ein fach.Das muss
man sichmal vorstellen: Der Mann,
der unter seinemJungennamen„Mut-
tis Klügster“ dasPech hatte, wie eine
Zukunftshoffnung zu wirken, und
dannauchbei er ster Gelegenheitab-
gesägt wurde, bewirbt sichganznor-
mal um den CDU-Vorsitz! Da sage
nocheiner,das Leben selbstschreibe
nichtdieallerverrücktes tenGeschich-
ten. Aber es kommt nochverrückter:
Ruhig, seriös und absolut unmissver-
ständlic hsagt er auchnoch, waser
will undwasernicht will ,ohneRück-
sichtauf ir gendwel cheProporzeoder
auchPopanz enamens „vornehmeZu-
rückhaltung“,auch„Taktik“ genannt.
Eswarabsehbar,dassdies,mehr noch
alsneulichdiejaauchschonrechtküh-
ne, hauptsächlichaber sehrkopflose
thüringischeKemmerich-Kandidatur,
dieRepublik ins Marktreffen, wenn
nichtinihren Grundfesten erschüt-
tern würde .SovielEntschlossenheit,
so viel Klarheit is tman nicht mehrge-
wohnt. Die CDU hat jetzt den Salat.
Noch istRöttgen ja erst derErste.Da-
beikann esruhig bleiben.

Erst der Erste


VonEdo Reents

Der englische Maler Joseph Farington,
Mitglied der RoyalAcademy, berichtet
voneiner Äußerung, die der jüngerePitt,
der langgedientePremierminister,nicht
langevor seinemTodtat, als in einerRun-
de vonKünstlerndie Rede auf diePorträt-
male rinElisabethVigée-Le Brunkam. Er
habe sichoft gefragt, sagtePitt, warum
nichtmehrFrauendieKünste studierthät-
ten, wo das Berufsfeld dochsogut zu ih-
renAnlagen zu passen scheine. Der Maler
HenryEdrig ewidersprach: Michelangelo
und Raffael hätten bewiesen, dassdieses
Studium diegrößten Kräfte verlange. Pitt
erwähnte eine Bildhauerin, der Edridge
kein besonderes Verdienstzuerkennen
wollte. Ersetztehinzu,„dassAngelica,die
viel mehr in einer viel schwierigeren Spar-
te der Kunsterreicht habe, schwachsei,
wenn man sie mit männlichen Anstren-
gungen“vergleiche.
Das Gesprächillustriert, wie unfair es
auchinaufgeklärterZeit zuging,wenn
Künstler und Künstlerinnen verglichen
wurden.Vonwelchem männlichen Bild-
hauer sagt man schon: Michelangelo ist
nichts dagegen? Freilichgalten für die
klassizistische Kunstauffassung dievon
den größten MeisterngesetztenStandards
grundsätzlich als erreichbar.Dem Maler
AntonRaphae lMengshatte scho nseinVa-
termit den Vornamen denAuftrag mitge-
geben,esmitCorreggioundRaffaelaufzu-
nehmen, und tatsächlichwurde nach dem
TodvonMengsnebendemGrabmalRaffa-
els im Pantheon eine Büste des Deutschen
aufges tellt.Anden Nachrichten über das
BegräbnisRaffaels orientierte sichauch
der BildhauerAntonio Canova,als er die
Trauerfeierlich keitenfürdieam5.Novem-
ber 1807 inRomverstorbene Malerin An-
gelikaKauffmanngestaltete.
Deren LondonerKollegen nannten sie
beim Vornamen, jedenfalls in ihrerAbwe-
senheit.Angelik aKauffmanngenossdie
Artvon Berühmtheit, die mit dem Gefühl
und dem AnspruchpersönlicherVertraut-
heit zusammengeht.Mit ihren Gemälden
undauchmitdeninhoherAuflageverbrei-
tete nReproduktionenverband sicheine
Vorstellungvonder Person der Schöpfe-
rin. Auchhier hatteder Vatervorgearbei-
tet, ebenfalls schon ein Maler wie der älte-
re Mengs, indem er seinemKind, alswär’s
ein Bild, einen sprechendenNamen gab:
Sie solltedie Engelsgleiche sein.
Esis tkeinAnachronismuszusagen:An-
gelikaKauffmann warein Star.Aber
macht dieserStatus sie heuteinteressant?
Der DüsseldorferKunstpalast scheint das
vorauszusetzen, indem er im Titel seiner
Kauffmann-Ausstellung das vielzitierte
Wortdes dänischen Botschaftersin einem

Brief an den deutschen Dichter Klop-
stock, die ganze (Londoner)Welt sei „an-
gelicamad“, nocheinmal zitiert.Kauff-
mann erlebteindes auchdie Schattenseite
des Starruhms: denVerdacht, sie sei über-
schätzt.DieAusstellungbehauptet,Kauff-
mannhabesichdurch zeitgemäßeEinklei-
dungdervonihr porträtierten Damen „als
Modemacherin einenNamen“gemacht,
seialsoeineKollegindesunlängstamglei-
chenOr tausges telltenPierreCardingewe-
sen. Allerdings wurde die postumeRezep-
tion Kauffmanns langevon derVermu-
tung geleitet, dassihr phänomenaler Er-
folg als Modephänomengesehenwerden
müsse. Dabei stand auchder Gedankeim
Raum,dasssiealseinsameFrauinmännli-
cher Konkur renz nicht objektiv beurteilt
worden sei –nämlichzuwohlwollend.
Mit welchemRechttratEdrig evor Pitt
als Kunstrichter auf?Erbrachte er es erst
1820 zum assoziierten Mitglied derRoyal
Academy. Kauffmann dagegenwarVoll-
mitglied undgehörte sogar als einevon
zwei Frauen zu den Gründungsmitglie-
dernder Vereinigung. Die Ausstellung
zeigt einen StichnachJohan Zoffanys
Gruppenbild der Akademiemitglieder.
Kauffmann und ihreKollegin MaryMoser
hängen alsPorträtköpf eander Wand –
denn die Herren Akademiker sind beim
AktstudiumamlebendenmännlichenMo-
dell dargestellt, und bei diesem Exerziti-
umdurfteWeibsvolk nicht anwesend sein.
Mit der Beschränkung derStudienmög-
lichkeiten erklärtenBewunderer die
SchwächenKauffmanns in der Anatomie.
DeralsMalerausgebildeteKunstschrift-
steller Joseph Mosergabdem Argument
in seinemNachrufeine ingeniöseWen-
dung insPositive: Es sei einVorteil gewe-
sen, dassKauffmann die menschliche Ge-
stalt direkt an den bestenModellenstu-
dierthabe, den Abgüssen der antiken
Meis terwerke.KurzvordemEndederVor-
herrschaftder klassischenKunstanschau-
ug lag der Gedankeind er Luft,Frauen
müssten eigentlich die besseren Maler
sein, da ihr Genius nicht die Originalität,
sonderndie Nachahmung sei.Vielleicht
hattePitt so etwasimSinn.
Ein auf das Individuelle und Markante
gerichtetes, schematischgesagt:romanti-
sches oder modernes Kunstinteresse
kommtbeiKauffmannnichtaufseineKos-
ten. Die schwierigeSparte,inder sie ihr
Namenskapital erwerben wollte, wardie
Historienmalerei, nach klassischer Lehre
die höchste Gattung. Johann Heinrich
Füssli tadelte, dassalle Helden Kauf-
manns derselbe Mann seien. Ein satiri-
scher Dialog über dieTalenteder Ge-
schlechter in derZeitschrift„Blackwood’s
Magazine“ überbotFüsslis Beobachtung
1824: „Alle ihr eMänner sindFrauen.“

Die Neuentdeckung AngelikaKauff-
manns durch eine feministischsensibili-
sierte Kunstgeschichte hat dieUmwer-
tung dieserFehlanzeigen zurVorausset-
zung: Kaufmanns männliche Helden sol-
len weiblichaussehen,weil sie ein neues
Ideal der Männlichkeit ins Bild setzte.Pa-
risist,auf zwei aus der Eremitagenach
Düsseldorfausgeliehenen Gemälden, der
Prototyp des empfindsamen Heros: Der
Jüngling im lockigen Haar erobertdie
schöne Helena nicht, sondernlässt sich
ihr vonVenus zuführen, und den dadurch
verursachten Krieg brächteeramliebsten
im Handarbeitszimmer des trojanischen
Hofes unter denFreundinnenfeiner Filet-
arbeitenzu.SeinenBruderHektor,derihn
zur Pflichterfüllung abholt,weisen nur
Helm und Speer,nicht aber Lockenund
Gesichtszügeals Mann alter Schule aus.
SollmandieseuniverselleVerweiblichung
als Absicht verbuchen?
BettinaBaumgärtel,dieLei terinderGe-
mäldesammlung des Kunstpalasts, die
schon 1998 dieKaufmann-Ausstellung im
gleichen Hauskuratierte und in Bonnvon
EduardTriermit einerArbeitüberdie„Be-
dingungenweiblicher Kreativität“am Bei-
spiel Kauffmanns promoviertwurde, hat
eine umfangreicheAuswahlvonWerken
zusammengetragen ,die of tnochinden
Häusernder Erben derAuftraggeber hän-
gen.Wieschön,dasseineMuseumskurato-
rinihregelehrten Interessen so langfristig
pflegenkann. Ein Schönheitsfehler:In
den Katalogeinträgen nimmt Baumgärtel
durchgehend in kleinlicher Manier Bezug
auf angebliche Irrtümer der anderen Pio-
nierin dergeschlechterhistorischinfor-
miertenKauffmann-Forschung, Angela
Rosenthal.Bei der schlafendenPenelope
fehlt derVerweis aufRosenthals Aufsatz,
der in derkongenial listigen Gefährtin des
abwesenden Gatten, die amWebstuhl die
Zeitüberbrückt,dieVorgängerinderMale-
rinund derKunsthistorikerin entdeckt.
Wird das mit so viel Hingabegewobene
neue Bild AngelikaKauffmanns auf Dau-
er das Publikumüberzeugen?Zu ihren
Lebzeitenberuhte dieWirkung ihrerWer-
ke auf der Gefälligkeit derKompositio-
nen. DerNachrufeiner Frauenzeitschrift
lobte,dassihreBilderdasÄußersteanAll-
gemeinverständlichkeit erreicht hätten.
Die gelehrten Interpretationen, die zur
Identifikation mit den sinnenden Heldin-
nen und deren mädchenhaften Schützlin-
geneinladen,können diesen Effekt nicht
reproduzieren. PATRICKBAHNERS

Verrückt nachAngelikaKauffmann.
Düsseldorf,Kunstpalast, bis 24. Mai. Der bei
HirmerverlegteKatalogkostet45 Euro.

Männer sind so verletzlich


EinStar vongestern:Angelik aKauffmann im DüsseldorferKunstpalast


Der Held isttot: Die trauernde KleopatrastellteAngelikaKauffmann 1770 in derRoyalAcademyaus. FotoKatalog

N


atürlichist das BerlinerZen-
trum für Antisemitismusfor-
schungkeinZentrumfür An-
tisemitismus, wie Max Czol-
lek im„Tagesspiegel“geschrieben hat.
Das warkeine bezeichnendeUngenau-
igkeit, sondernein Versehen, das be-
zeichnend nur dafür ist, wie in der De-
batteüber den neuen Antisemitismus
der Überblickverlorengehenkann. Das
Phänomenistabstrakter,undurchsichti-
ger, nochstrittigergeworden, seit Anti-
semitismus vermehrtüber Umwege,
etwa in derForm dämonisierender Kri-
tik an Israel,geübt und über losekom-
munikativeZirkelverbreitet wird.
In dieserZeitung wardie sy stemati-
sche Verstric kung des Jüdischen Muse-
umsBerlinmit de rantiisraelischenBoy-
kottbewegung BDS beschriebenwor-
den (F.A.Z.vom16. Dezember), die bis
in islamistische Kreise, namentlichin
das Aktionsfeld der Muslimbruder-
schaft, hineinreichteund die dazu führ-
te,dassVerteidiger Israelsindem Muse-
um kaum nochzuWortkamen. Die er-
wartbareKritik,die das bei den Ange-
griffenen und ihren intellektuellen An-
wälten hervorgerufen hat, besitzt einen
durchgängigen Makel: Sieverfehlt den
Wandel des Organisationstyps des neu-
en Antisemitismus, der neben traditio-
nellen Milieus auchneue, schwergreif-
bareNetzwer ke umfas st.
AmDienstaghatderfranzösischePrä-
sident Emmanuel Macron erstmals of-
fenVerbindungen zwischenstaatlichen
Institutionenund der Muslimbruder-
schaf tkritisiert. AufderenExistenz hat-
tenWissenschaftler wie GillesKepel
schon langehingewiesen.Dassmanche
Politiker, auchinDeutschland,geradeei-
nen extremistischen Islam hofieren, ist,
wo nicht wahltaktischeÜberlegungen
im Spiel sind, dem undurchsichtigen
Charakter des legalistischen Islamismus
geschuldet.Vonder Wissenschaftdarf
man aber erwarten, das ssie darüber in-
formiertist und nicht, wie dasZentrum
für Antisemitismusforschung, selbst
fragwürdigeVerbindungen eingeht.
DieBDS-Bewegungunddieunteran-
deremüber dieHamasmitihrverbunde-
ne Muslimbruderschaftsind keine her-
kömmlichen Organisationen. Sieverge-
ben keine Mitgliedsausweise. ImNa-
men vonBDS kann jeder auftreten, der
die Ziele der Bewegung teilt.Die Mus-
limbruderschaftwiederumhateinesek-
tenähnliche Struktur:Sie rekrutiert
ihreMitglieder nachlangjähriger Beob-
achtung und erwartet vonihnen, in der
westlichenWelt ihr eZugehörigkeit zu
verheimlichen.
Natürlic hsindnichtalleSympathisan-
tender BDS-Bewegung ausgewiesene
Antisemiten, sonstmüssteman eine er-
schrec kend hoheZahl namhafterWis-
senschaftler undKünstler dazurechnen.
Vielmehrhandelt es sichumwohlmei-
nendeNaivität,mitdermancherdieVer-
bindungen der Bewegung zumTerroris-
musinKaufnimmtundihreAgendaun-
terschreibt,die, zu Endegedacht, auf
die Vernichtung des Staates Israel und
die existentielleBedrohung der dortle-
benden Juden hinausläuft. Das spricht
man natürlichnicht aus.Und solltedas
eliminatorische, mit der Ablehnung
friedlicherVerhandlungenverbundene
Ziel vonBDS einmal erreicht werden,
würdemanwohldie HändeinUnschuld
waschen und sagen, das habe man so
nicht kommengesehen. Bis dahinge-
fällt man sichals Freiheitskämpfer.
Daneben gibt es einen aktivistischen
Kern vonBDS, der,vermittelt über die
postkoloniale Theorie, weit in dieWis-
senschaftreichtundeineverdeckt eanti-
semitischeAgendaverfolgt,diesichbei-
spielsweise in der Gleichsetzung Israels
mit dem NS-Staat ausdrückt oder in der
Solidarität mit Terroris ten, die Israel
vonder Landkarte fegenwollen. Zu den
Plattformen, die dieseAgenda verbrei-
ten, gehörtdie IslamicHuman Rights
Commission, mit deren Mitarbeiter
Luis Manuel Hernández Aguilar das
Zentrum für Antisemitismusforschung
kooperierte,und, im Halbschatten der
BDS-Bewegung,die Muslimbruder-
schaft, mit deren Aktionsfeld das Jüdi-
scheMuseumüberdenVereinInssanan-
bandelte. Dasssichzur gleichenZeit ei-
nevonderPolitikgeförd ert eClusterwis-
se nschaftauf denWegmachte, die be-
griffliche Unterschiede einschmilzt und
jeglicheForm des Netzwer kens hono-
riert,magdieBlindheitdafürebensobe-
günstigen wie die Scheu,Konflikt ezu
benennenoder garauszutragen.
Das nicht zu wissen, istBeobachtern
angesichts der undurchsichtigen und

mitdenbestenAbsichtenverzier tenFas-
sade dieserNetzwer ke nicht vorzuwer-
fen. Befremdlichist nur,dasssie es
nicht wissenwollen. So bringt es Tho-
mas E. Schmidt in der „Zeit“ nicht aus
derRuhe,wenndasZentrumfürAntise-
mitismusforschung mit einem Mitarbei-
terder weithin für ihreantisemitische
Agenda bekanntenIHRCkooperiert,
die Solidaritätsappellefür Hassprediger
und einenTerroristenverfasst hat,der
Hunderte Menschen in dieLuft spren-
genwollte; oderwenn das Jüdische Mu-
seum mit dem SpiritusRector einerIsla-
mophobie-„Forschung“ beste Arbeits-
beziehungen unterhielt, dievonder Er-
dogan-nahenSeta-Stiftung finanziert
unddazuverwendetwird,kritischeWis-
senschaftler und Intellektuellemundtot
zu machen.
Ein Aufruf des Terroristen Omar
Abdel-Rahman, für den die IHRCeine
Solidaritätskampagne organisierte,mag
verdeutlichen, wemdie Sympathien
hier gelten: „Zerteilt ihreNationen
( Christen und Juden, Anm.der Red. ),
zerreißtsie inStücke,zerstörtihreWirt-
schaft, brennt ihreUnternehmen nie-
der,ruinier tihr Wohlergehen,versenkt
ihreSchiffe und tötetsie auf dem Land,
auf dem Meer und in derLuft.“
Micha Brumlikfordertgar hieb- und
stichfesteNachweise für die Mitglied-
schaf teinesWissenschaftlersinderFüh-
rungsriegeder BDS-Bewegung, obwohl
ihm der informelleCharakter der Orga-
nisationbekanntseindürfte.Manmöch-
te weder BrumliknochSchmidt unter-
stellen, dasssie Solidarität mitTerroris-
tenund Propagandisten der türkischen
Regierung gut undrichtig finden.Aber
man würdegern erfahren, warumsie
die Zusammenhängeignorieren.
Das Zentrum für Antisemitismusfor-
schungverstrickt sichderweil immer
tiefer inWidersprüche: Sollte es laut ei-
ner PresseerklärungvomAugust
nochdie Universität Leeds gewesen
sein, die sichvon einer umstrittenen
Projektvorstellung vonIHRC-Mitarbei-
tern in Berlin zurückzog, so will das
Zentrum dieVeranstaltung heute selbst
abgesagt haben, und zwar nicht aus
technischen, wie es 2018 noch hieß,
sondernaus inhaltlichen Gründen.
Sprachlos macht die Behauptungvon
ZfA-Vizedirektor Uffa Jensen, er habe
vomAntisemitismus des IHRCnichts
gewusst. Jensen istAntisemitismusfor-
scher .Schon einekur ze Internetrecher-
chezeigt, dassder bereits genannte
Luis Manuel Hernández Aguilar,der
die Veranstaltung initiierthatte, so-
wohl vordem EuropäischenParlament
als auchauf einerWissenschaftsplatt-
formals Vertreterdes IHRCauftrat und
auchvon der Organisation selbstmehr-
fach als Mitarbeiter ausgewiesen wird.
Trotzdem wurde ervomZentrum für
Antisemitismusforschung weiter als
Gastwissenschaftler begrüßt.

N

ichtnurnaiv,sondernstrate-
gischwardagegen dieEinla-
dungspolitik am Jüdischen
Museum. Die ehemalige
Akademieleiterin Yasemin Shooman,
die ihreThesen zur Islamophobie
selbstmit Verweis auf denvonder Tür-
keifinanzierten Islamophobie-Report
beglaubigt,verhal fFarid Hafez, dem
SpiritusRector dieser„Wissenschaft“,
zu diversen Auftritten.VonKontakt-
schul dist hier nichtzusprechen, son-
dernvonlangjährigenKooperationsbe-
ziehungen, etwa mit demVerein Ins-
san, der seineVerbindungen zu Ibra-
him el-Zayat, dem Chefstrategender
MuslimbruderschaftinDeutschland,
ebensowenig bestreitet wie seineFi-
nanzierung durch die Golfstaaten. Die
antisemitischenTendenzen innerhalb
der Bruderschaftbestreit et nicht ein-
mal FaridHafez, der auf den aktuellen
Chefideologen der Muslimbrüder und
glühendenAntisemitenYusuf al-Qara-
dawi eine Lobeshymne verfasst hat,
die alle bedenklichen Zügedes Gewür-
digten ausblendet –was derKooperati-
on mit dem Jüdischen Museum natür-
lichnicht imWege stand.
Um Missverständnissen vorzubeu-
gen: Nichts sprichtgegenden Vergleich
zwischen Islamfeindlichkeit und Antise-
mitismusbei Wahrung derUnte rschie-
de, nichtsgegeneine unparteilich eFor-
schung zu Islamfeindlichkeit. Sie hat ei-
nen realen Gegenstand, wie der jüngst
aufgedeckt eAnschlagsplangegen Mo-
scheenin Deutschlan dbeweist. Ir ritie-
rend is tesaber,wenn sichein Jüdisches
Museum dieAgenda einer eklektizisti-
schen undvontürkischenRegierungsin-
teressen getriebenen Islamophobie-For-
schung zueigen machtund Gegenstim-
men nicht mehr zuWort kommen lässt.
Undverstörendisteine Antisemitismus-
forschung, die Antisemitismus imNa-
hen Ostenherunterspielt und zugleich
einräumt, dasssie das Thema nicht ein-
mal ansatzweiseerforscht hat.
Man kann es in dieser Situation wie
Max Czollekmachen ,der in seiner bei
Hanser erschienenen Desintegrations-
fibel zwarvon„heftigem Antisemitis-
mus“ unter Muslimen und „galoppie-
render Islamophobie“unter Juden
schreibt, sichaber mit demkulinari-
schen Hinweis trös tet, manhabe jage-
meinsam „Falafel und Hummus erfun-
den“. Oder sichernsthaftumeine Lö-
sung bemühen. THOMASTHIEL

Mehr als eine halbe Million Besucher
haben dieAusstellung „Makingvan
Gogh—Geschichteeiner deutschen
Liebe“ imFrankfurterStädel Muse-
um gesehen. Damit sei sie die meist-
besuchteSonderschau in der Ge-
schichtedes Hauses,teiltedas Muse-
um am Mittwoch mit.Die Schau über
den niederländischen Malerwarseit


  1. Oktober 2019geöffne tund ging
    am vergangenen Sonntag trotzFrüh-
    lingswetters mit langen Schlangen
    vordem Museum zu Ende. ImZen-
    trum stand die Entstehung des „My-
    thos vanGogh“ um 1900 sowie die
    Bedeutung seinerKunstfür die Mo-
    derne in Deutschland, insbesondere
    der expressionistischen Maler der
    Künstler vereinigung „Brücke“aus
    Dresden. Insgesamt 505 750 Besu-
    cherwurdengezählt.DenRekord hat-
    te zuvor die Schau „Monetund die
    Geburtdes Impressionismus“ aus
    dem Jahr 2015 mit 432 121 Besu-
    cherngehalten,gefolgt vonder eben-
    fallssehrerfolgreichenBotticelli-Aus-
    stellung des Jahres 2010 mitrund
    367 000 Besuchern. S.T.


AufTreu


und Glauben


Rekordbesuch


im Städel


In Frankreichkritisie rt


Präsident Macron


Verbindungen zum


Islamismus, am


Jüdis chen Museum in


Berlin pflegteman sie.


Manc heinen kann das


nichtirritieren.

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