Handelsblatt - 20.02.2020

(Ann) #1
Lori Koch: Die neue Finanzchefin
des US-Chemiekonzerns soll
für mehr Transparenz sorgen.

DuPont

Lori Koch


Führungswechsel


bei DuPont


NEW YORK Keine
zwei Jahre nach der
Mega-Fusion von Dow
und DuPont und spä-
teren Abspaltungen
hat der US-Chemie-
Konzern DuPont de
Nemours seine Füh-
rungsspitze ausge-
tauscht. CEO Marc
Doyle wird von dem
früheren DuPont-CEO
Edward Breen ersetzt.
Den CFO-Posten über-
nimmt die bisherige
Vizepräsidentin für In-
vestor Relations und
Finanzplanung Lori
Koch. Sie ersetzt die
scheidende Finanzvor-
ständin Jeanmarie
Desmond, der Analys-
ten vor allem man-
gelnde Transparenz
vorwerfen.
Grund für den radika-
len Wechsel an der
Spitze waren die ent-


täuschenden Ergebnis-
se des aus der kompli-
zierten Fusion ent-
standenen
Unternehmens. „Ob-
wohl wir 2019 einige
Fortschritte erzielt ha-
ben, haben wir unsere
Ziele nicht erreicht
und müssen jetzt ag-
gressiv vorgehen, um
die Grundlagen für un-
ser Wachstum zu si-
chern“, sagte der neue
CEO Breen, der bisher
dem Verwaltungsrat
als Präsident vorsaß.
DuPont war 2017 mit
Dow verschmolzen,
um sich dann in drei
Unternehmen aufzu-
teilen: Corteva, Dow
und und DuPont. Lori
Koch muss nun die In-
vestoren überzeugen,
dass das Modell für
DuPont funktioniert.
Katharina Kort

Joachim Hofer Herzogenaurach

E


s ist inzwischen zur morgendli-
chen Routine geworden: Wenn
Bjørn Gulden ins Büro kommt,
greift er erst einmal zum Telefon-
hörer. Dann ruft der CEO von Pu-
ma seine Vorstandskollegin Anne-Laure Des-
cours an. Die Französin wohnt und arbeitet
in Hongkong, ist bei der Sportmarke für den
Einkauf zuständig und hat einen guten Über-
blick, wie sich die Coronavirus-Epidemie auf
das Geschäft auswirkt. Oder er wählt die
Nummer von Philippe Bocquillon in Schang-
hai, dem China-Chef des Konzerns.
Was ihm die Manager in den vergangenen
Tagen zu berichten hatten, war wenig ermu-
tigend. Die meisten Läden in der Volksrepu-
blik sind geschlossen und die Online-Bestel-
lungen lassen sich nicht ausliefern, weil es an
Paketboten fehlt. Den Februar kann Gulden
in seinem wichtigsten Wachstumsmarkt Chi-
na daher jetzt schon abhaken. Immerhin, die
meisten Fabriken der Lieferanten laufen,
wenn auch zum Teil auf Sparflamme.
Bislang hat der ehemalige Profi-Fußballer
Gulden Jahr für Jahr neue Rekorde verkün-
det. Die strebe er auch für 2020 an, unter-
strich der 54-Jährige am Mittwoch bei der
Vorlage der Geschäftszahlen für 2019. Aber
zunächst einmal ist der Norweger als Krisen-
manager gefragt. „Wir saßen hier in der drit-
ten Woche im Januar und hatten super Zah-
len“, erläuterte Gulden. Dann brach die Kata-
strophe über China herein, und auch für
Gulden war nichts mehr wie vorher. Denn
China ist der Motor von Puma, ja der gesam-
ten Sportindustrie. In der riesigen Nation
steigerte Gulden den Umsatz vergangenes
Jahr um 40 Prozent, knapp 15 Prozent der Er-
löse stammen aus der Volksrepublik. Mehr
noch: „Der Umsatz in China ist profitabler als
überall anders, das ist das profitabelste Land
überhaupt“, führte Gulden aus.

Marke zum Glänzen gebracht
Vor sieben Jahren ist der ehemalige Deich-
mann-Manager angetreten, die angestaubte
Marke Puma wieder aufzurichten. Das ist ihm
gut gelungen. Mit 5,5 Milliarden Euro erzielte
der traditionsreiche fränkische Turnschuh-
Hersteller vergangenes Jahr den höchsten
Umsatz aller Zeiten. Gulden hat damit seine
vergangenes Jahr zwei Mal erhöhte Prognose
sogar noch leicht übertroffen. Die Investoren
sind angetan, mit einem Kursplus von acht
Prozent war Puma am Mittwoch der mit Ab-
stand größte Gewinner im MDax.
Bislang war Guldens ganzer Fokus darauf
gerichtet, den Rivalen Adidas und Nike Platz
in den Regalen der Sporthändler abspenstig
zu machen. Weil er sich stärker als die Markt-
führer auf den Fachhandel fokussierte, er-
warb sich Gulden einen guten Ruf unter den
Ladenbesitzern. Nun aber sieht er sich einer
Bedrohung gegenüber, der er wenig entgegen
zu setzen hat. Findet die Epidemie nicht bald
ein Ende, wird es dieses Jahr nichts mit wei-
teren Bestmarken für Puma.
Ziel für 2020 sei ein Umsatzplus von zehn
Prozent und ein deutlich höherer operativer
Gewinn, erklärte Gulden am Mittwoch. „Es

gibt Leute in China, die glauben, dass nach
der Krise sehr viel eingekauft wird“, orakelte
Gulden. „Aber das ist schwer zu beurteilen.“
Momentan, so das Ergebnis des jüngsten
Briefings aus Fernost, sind 70 seiner 110 Lä-
den in China auf Anweisung der Behörden
geschlossen, von den 2500 Puma-Shops der
Partner ist kaum einer geöffnet. Entschei-
dend für Gulden ist nun, wenigstens den Rest
der Welt mit Ware aus China zu versorgen.
Momentan verzögern sich die Lieferungen
um zwei bis drei Wochen. Zudem will er die
Geschäfte so schnell möglich wieder eröffnen


  • selbst wenn zunächst wenig los sein dürfte.
    Zwei, drei Mal am Tag beratschlage er sich
    derzeit mit den Kollegen in Asien.
    Als Skandinavier ist Gulden von Natur aus
    eher gelassen. Laute Töne sind nicht seine Sa-
    che. Panik zu schüren liegt ihm fern. Es gebe
    keinen Grund, das Jahr bereits abzuschrei-
    ben, betonte Gulden am Mittwoch: „Es ist zu
    früh, die Ziele zu reduzieren.“ Gulden dürfte
    in den Augen der Anleger helfen, dass es der
    Konkurrenz nicht besser geht. Adidas-Chef
    Kasper Rorsted ließ am Mittwoch mitteilen,
    das Geschäft in China sei seit Ende Januar um
    85 Prozent eingebrochen.


Bjørn Gulden


Plötzlich im


Krisenmodus


Der Norweger eilt mit Puma von einem Rekord zum nächsten.


Wegen des Coronavirus ist er nun in einer ganz neuen Rolle gefragt.


Puma-Chef Gulden: In China bleiben
die meisten Läden geschlossen.

Puma

Es gibt Leute


in China, die


glauben, dass


nach der


Krise


sehr viel


eingekauft


wird.


Bjørn Gulden
CEO Puma

Tim Höttges


Als Aufseher von


Daimler nominiert


FRANKFURT. Tele-
kom-Chef Tim Höttges
soll in den Aufsichtsrat
des Autobauers Daim-
ler einziehen. Zur
kommenden Haupt-
versammlung sei er
zur Wahl vorgeschla-
gen worden, um die
Nachfolge von Paul
Achleitner anzutreten,
teilte Daimler mit.
Achleitner gibt nach
zehn Jahren seinen
Posten auf, auch um
sich stärker auf den
Aufsichtsratsvorsitz
bei der Deutschen
Bank zu konzentrie-
ren.
Für Höttges ist es der
erste relevante Posten
in einem deutschen
Aufsichtsrat. Mit


Daimler-Chef Ola Käl-
lenius versteht er sich
dem Vernehmen nach
gut. Zuletzt war der
Automanager auf ei-
nem Führungstreffen
der Telekom als Gast-
redner aufgetreten.
Die Männer hätten
sich auf Anhieb sym-
pathisch gefunden,
hießt es in ihrem Um-
feld. Für Daimler wäre
die Wahl des Telekom-
Chefs ein Glücksgriff.
Höttges kennt sich mit
IT-Technik und neuen
Technologien aus, die
eine immer größere
Rolle im Autobau spie-
len. Zudem trägt er
zur Verjüngung des
Gremiums bei.
Martin Murphy

Namen


des Tages


DONNERSTAG, 20. FEBRUAR 2020, NR. 36
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Sanna Marin

Finnische Lektionen


A


ngela Merkel ist 65 Jahre alt und seit
2005 Bundeskanzlerin, Sanna Ma-
rin 34 Jahre alt und seit gut zwei
Monaten Finnlands Premierministerin.
Merkel steht bald am Ende ihrer politischen
Laufbahn, Marins Karriere hat gerade erst
ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Mer-
kel gilt als die Erfahrene, Marin als die In-
novative.
Beim Antrittsbesuch der finnischen Mi-
nisterpräsidentin in Berlin trafen nicht nur
zwei sehr unterschiedliche Persönlichkei-
ten aufeinander, sondern auch zwei Gene-
rationen. Gute Voraussetzungen für unkon-
ventionelle Gespräche also, obwohl sich
das Kanzleramt in der öffentlichen Kommu-
nikation routiniert gab: Bei dem Treffen
hätten europapolitische Fragen, die bilate-
ralen Beziehungen und internationale The-
men im Mittelpunkt gestanden.
Im politischen Betrieb Berlins heißt es
immer wieder, man könne in Sachen Mo-
dernität der Verwaltung einiges von Finn-
land lernen. Tatsächlich verfügt die 34-jäh-

rige Sozialdemokratin Marin, die beim Welt-
wirtschaftsforum in Davos von den Medien
wie ein Star hofiert wurde, über ein unge-
wöhnliches Kabinett: 12 der 19 Posten sind
mit Frauen besetzt. Sie leiten zentrale Res-
sorts wie Finanzen, Inneres und Justiz. Und
viele Ministerinnen sind noch keine 35.
Marin wurde 2015 ins Parlament gewählt.
Seit Juni letzten Jahres war sie unter Regie-
rungschef Antti Rinne für sechs Monate
Verkehrs- und Kommunikationsministerin,
ehe dieser im Dezember den Rücktritt ein-
reichte und den Weg für sie frei machte.
Dass Marin bei aller Aufgeschlossenheit
für moderne Strukturen und Experimente
durchaus Bodenhaftung behält, wollen ihr
politische Gegner im eigenen Land gerne
mal absprechen. Und so stürzten sie sich
genüsslich auf die Nachrichten, die Anfang
Januar um die Welt gingen: Marin wolle,
hieß es, in Finnland die Vier-Tage-Woche
einführen – mit täglichen Arbeitszeiten von
sechs Stunden. „Bild“ etwa griff die Ge-
schichte auf und schrieb vom „Job-Hammer
im Norden“, den die „Finnen-Chefin“ ange-
zettelt habe.
Tatsächlich jedoch hatte die Regierungs-
chefin dies nie gesagt, Zitate aus einer lange
zurückliegenden Podiumsdiskussion waren
aus dem Kontext gerissen worden. lum

Sanna Marin:
Zwölf von 19 Kabi-
nettsposten mit
Frauen besetzt.

imago images/TT

Über mein


Alter


verschwende


ich keine


Gedanken,


ich beschäftige


mich mit den


Themen, für


die ich in


die Politik


gegangen bin.


Sanna Marin, 34
Finnlands
Premierministerin

Michael Milken

Von Trump begnadigt


E


r war einer der schillerndsten Wall-
Street-Investoren der 80er-Jahre. Mi-
chael Milken spielte eine wichtige
Rolle dabei, den damals neuen Markt für
Hochzinsanleihen ( Junk Bonds) auszubau-
en. Er gehörte zu den Investmentbankern
mit den größten Boni, bekam den Namen
„Junk-Bond-King“ und diente als Vorbild für
die Figur des gierigen Bankers Gordon Gek-
ko im Hollywoodfilm „Wall Street“. Jetzt
wurde er gemeinsam mit einer ganzen Rei-
he verurteilter Straftäter von US-Präsident
Donald Trump begnadigt. Milken, mittler-
weile 73, wurde 1990 unter anderem wegen

Insiderhandels zu zehn Jahren Haft verur-
teilt. Da er mit den Behörden kooperierte,
konnte er das Gefängnis nach 22 Monaten
verlassen, erhielt jedoch ein lebenslanges
Berufsverbot an der Wall Street und galt for-
mal weiter als Krimineller. Trump befreite
ihn nun von diesem Stigma, allein sein Be-
rufsverbot bleibt bestehen. Doch Milken ver-
sicherte, ohnehin nicht mehr als Invest-
mentbanker arbeiten zu wollen.
Milken, dessen Vermögen vom US-Maga-
zin „Forbes“ auf 3,8 Milliarden Dollar ge-
schätzt wird, engagiert sich seitdem für die
Krebsforschung und gründete die Denkfa-
brik Milken Institute für Entscheider aus Po-
litik und Wirtschaft. Milken hatte eine Reihe
prominenter Unterstützer für seine Begna-
digung, darunter der Trump-nahe Casino-
Unternehmer Sheldon Adelson und Medien-
Mogul Rupert Murdoch. Astrid Dörner

BusinessLounge


Phantasiewelten: Disney-Chef Bob Iger (l.) und
der Schauspieler Chris Pratt posieren vor der
Weltpremiere des Fantasy-Animationsfilms „On-
ward“ in Los Angeles. Iger setzt große kommer-
zielle Hoffnungen in den Film.

Favoritin: Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von
Paris, lächelt vor einer Wahlkampfdebatte in die
TV-Kameras. Im März geht es bei den Kommu-
nalwahlen in Frankreich um die Besetzung der
Rathäuser. Die Sozialistin Hidalgo hat in Paris die
besten Chancen auf eine zweite Amtszeit.

Favoritin:Anne HidalgoBürgermeisterin von

Luxusklasse: Ralph Debbas, Gründer des Sport-
wagenherstellers W Motors, präsentiert in Dubai
den Fenyr SuperSport (800 PS, 1,4 Millionen Dol-
lar). Auch dieses Auto soll in dem neuen Werk
des Herstellers gebaut werden, das derzeit in
den Vereinigten Arabischen Emiraten entsteht.

L kl RlhDbb Güd d S t

Gegen die Albträume: Bill Clinton redet in San
Juan (Puerto Rico) vor Vertretern einer globalen
Initiative, die Menschen mit posttraumatischen
Belastungsstörungen hilft. Der ehemalige US-
Präsident engagiert sich dort im Rahmen seiner
Stiftung „Clinton Foundation“, die sich für soziale
Projekte und Umweltschutz einsetzt.

Gegen die Albträume:Bill Clintonredet in San

REUTERS, imago images/Agencia EFE, imago images/PanoramiC, Bloomberg

Die jüngste Regierungschefin der
Welt absolviert ihren Antritts-
besuch in Berlin – und spricht mit
Langzeit-Kanzlerin Merkel.

Der Ruf des früheren
„Bond-Königs“ ist rehabilitiert.
Doch sein Berufsverbot für die
Finanzindustrie gilt weiterhin.

Michael Milken:
Vorbild für die Figur
des gierigen Bankers
Gordon Gekko im
Film „Wall Street“.

Bloomberg

Namen des Tages


DONNERSTAG, 20. FEBRUAR 2020, NR. 36
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