Süddeutsche Zeitung - 21.02.2020

(Barré) #1
von christian bernhard

E


s war wenig überraschend, dass
auch nach diesem Spiel der Torhüter
des ERC Ingolstadt im Fokus stand –
in diesem Fall Jochen Reimer, der sein
Söhnchen beim Interview auf seinem Arm
hielt. Ingolstadts Torhüter sind in der Deut-
schen Eishockey Liga (DEL) regelmäßig im
Blickpunkt. Das jüngste und beste Beispiel
dafür war das wilde ERC-Spiel am Sonntag
in Straubing, das die Niederbayern durch
ein Tor in der letzten Sekunde 7:6 gewan-
nen. Es war nicht das erste Mal in dieser
Saison, dass die Ingolstädter Defensive al-
les andere als stabil war und dem eigenen
Torhüter, in jenem Fall Timo Pielmeier, ei-
ne schwierige Aufgabe bescherte.
Diesmal aber waren die Augen auf den
ERC-Torwart gerichtet, weil er seine Mann-
schaft gerettet hatte. Reimer wehrte am
Mittwochabend 35 Schüsse der Kölner
Haie ab und hatte damit großen Anteil am
2:1-Sieg seines Teams. „Ich muss Jochen
ein großes Lob aussprechen“, sagte Ingol-
stadts Trainer Doug Shedden und bezeich-
nete ein paar von Reimers Paraden als „fan-
tastisch“.

Die waren nötig, da die Kölner bei ihrer


  1. Niederlage in Serie gleich sieben Über-
    zahlsituationen ungenutzt ließen. „Unser
    Unterzahlspiel hat einen phänomenalen
    Job gemacht“, betonte Brandon Mashin-
    ter, der das 1:0 erzielt hatte, „es hat uns im-
    mer wieder das Momentum gebracht.“


Maury Edwards sicherte dem ERC in Minu-
te 51 mit seinem 15. Saisontor die ersten
drei Punkte seit dem 12. Januar. Wenige Ta-
ge zuvor hatte er auch die Partie gegen die
Düsseldorfer EG in der Verlängerung zu-
gunsten der Ingolstädter entschieden. Der
Sieg sei enorm wichtig gewesen, sagte Rei-
mer, „dafür muss man sich nur die Tabelle
anschauen“. Die weist den ERC mit 70
Punkten auf Rang acht aus, punktgleich
mit den siebtplatzierten Wolfsburgern
und nur noch vier Zähler hinter Platz fünf.
Die direkte Playoff-Qualifikation, für die
mindestens Rang sechs erreicht werden
muss, rückt wieder näher.

Doch was heißt näher bei den Ingolstäd-
tern, die in der Defensive gerne mal für un-
angenehme Überraschungen sorgen? In
Straubing hatte der ERC 16 Sekunden vor
Ende das 6:6 erzielt, um noch in der letzten
Sekunde das 6:7 zu kassieren. Das habe
sich angefühlt, „als habe man einen Schlag
in den Magen bekommen“, sagte Shedden
nachher. Das spektakuläre innerbayeri-
sche Duell wirkte noch nach. „Klar ist das
noch ein bisschen im Hinterkopf“, sagte er
vor dem Köln-Spiel. Shedden führte viele
Einzelgespräche, denn die Art und Wiese,
wie sich sein Team so knapp vor Ende der
Hauptrunde und im Wissen um die enge
Tabellensituation in Straubing präsentier-
te, hatte ihn „sehr beunruhigt“.
Die Konzentration auf das Spiel in der
Rückwärtsbewegung (Wagner: „Wir müs-
sen viel besser defensiv spielen, alle fünf
auf dem Eis“) gelang gegen Köln zumin-
dest mit Blick auf das Resultat. Am Freitag
(19.30 Uhr) wären die Oberbayern aller-
dings gut beraten, ihre Strafzeiten zu redu-
zieren, denn dann bekommen sie es nicht
mehr mit dem Kölner Überzahlspiel zu tun
und damit dem ligaweit mit Abstand
schlechtesten, sondern mit dem erfolg-

reichsten: jenem des Tabellenführers EHC
RB München. Reimer rechnet damit, dass
es ein „perfektes Auswärtsspiel“ braucht,
um in der Münchner Olympia-Eishalle et-
was zu holen. Gegen die EHC-Profis müsse
man schauen, „dass man ihr Tempo mit-
geht und ganz wenige Fehler macht, denn
die nutzen sie aus“.

Die Münchner können deutlich ent-
spannter ins letzte Hauptrunden-Duell ge-
gen die Ingolstädter gehen. Durch den
2:1-Erfolg am Dienstag in Mannheim ist
ihr Vorsprung auf die Adler an der Tabellen-
spitze auf elf Punkte angewachsen. Sechs
Spieltage vor Ende der Hauptrunde ist der
Mannschaft von Trainer Don Jackson Platz
eins und damit das Heimrecht in allen Play-
off-Runden wohl kaum noch zu nehmen.
Mit einem Sieg gegen Ingolstadt können
sie sogar schon ihre Teilnahme an der kom-
mende Champions Hockey League (CHL) fi-
xieren.
Im 1000. DEL-Spiel von Yannic Seiden-
berg sorgte ein starkes Schlussdrittel für
den Sieg in Mannheim. Jackson bezeichne-
te es als „unser bestes seit langer Zeit“. Pa-
vel Gross schmeckte das überhaupt nicht.
Noch während Mannheims Pressespre-
cher die Pressekonferenz beendete, stand
der Adler-Trainer auf und huschte davon.
Gross’ einziger Satz lautete: „Ich gratuliere
Donnie und München zu dem absolut ver-
dienten Sieg.“ Ingolstadts Torhüter sollten
gewarnt sein: die ersten drei Saisonduelle
gegen München endeten aus ERC-Sicht
4:7, 6:4 und 4:5 nach Verlängerung.

Wenn sich die Bundesliga-Volleyballerin-
nen aus Straubing und Vilsbiburg am kom-
menden Samstag in Vilsbiburg zum Nieder-
bayern-Derby treffen, wird es keinen kla-
ren Favoriten geben. Das ist insofern er-
wähnenswert, als Straubing mit dem Ziel
Klassenverbleib in die Saison gestartet ist,
während die Roten Raben Vilsbiburg im
dritten und letzten Jahr unter der Regie sei-
nes zum Saisonende scheidenden Trainers
Timo Lippuner zum Spitzentrio aufschlie-
ßen wollte. Straubing ist punktgleich vor
den Vilsbiburgerinnen Sechster; zu Platz
drei fehlen acht Punkte.
Doch Lippuner kehrt Vilsbiburg nicht
wegen verfehlter Zielvorgaben den Rü-
cken; Geschäftsführer André Wehnert be-
stätigt, dass der 39 Jahre alte Schweizer
den Klub auf eigenen Wunsch verlassen
wird. „Wir waren in Gesprächen zur Ver-
tragsverlängerung“, sagt er. Denn das


Team hat nicht das Problem fehlender
Klasse oder mangelhafter taktischer Ein-
stellung, sondern ruft sein Potenzial
schlicht nicht konstant genug ab. Überra-
schende Erfolge wie das 3:2 bei Pokalsie-
ger Dresden wechseln sich mit deutlichen
Niederlagen gegen die direkte Konkurrenz
ab wie beim 1:3 gegen Münster.
Allerdings ist Vilsbiburg mit dieser
Formkurve nicht allein: Das Phänomen be-
trifft sämtliche Teams zwischen Platz drei
und acht. „Wenn man irgendeine Begeg-
nung aus der Bundesliga ohne Beteiligung
von Schwerin nimmt und einen Satz zeigt,
kann der Zuschauer daraus nicht ableiten,
wer in der Tabelle wo steht“, sagt Lippuner
über die Kräfteverhältnisse im Mittelfeld
der Liga. Das hat zur Folge, dass eine seriö-
se Prognose von Zielen immer schwieriger
wird. Ein wesentlicher Grund dafür ist,
dass die Trainingsintensität in Klubs, die

Vollprofis beschäftigen, und solchen wie
Straubing, bei denen fast alle Spielerinnen
parallel eine Ausbildung absolvieren, nicht
mehr so stark variiert wie noch vor fünf
Jahren. Man könne sich vor der Saison des-
halb das Halbfinale vornehmen, sagt Lip-
puner, man müsse aber eben „damit leben,
dass das sechs andere Teams auch tun –
und zwar aus legitimen Gründen“.

Um sich oben festzusetzen, reicht in Vils-
biburg wie bei der direkten Konkurrenz
die Qualität, nicht aber die Quantität. Die
Leistungsfähigkeit der jeweiligen Start-
sechs sei in der Liga sehr ausgeglichen,
sagt Lippuner; entschieden wird die Meis-

terschaft daher in der Breite. „Man kann
sich so aufstellen, dass man gleiche Quali-
tät in der ersten und zweiten Sechs hat, das
ist eine finanzielle Geschichte“, sagt Weh-
nert. Lippuner schätzt den nötigen finanzi-
ellen Mehraufwand, um auf allen Positio-
nen gleichwertig wechseln zu können, auf
eine halbe Million Euro jährlich.
Die Mittel dazu haben derzeit bloß die
ersten beiden – Schwerin und Stuttgart.
Dahinter könnten die Teams „gewisse Spit-
zen abrufen“, sagt Wehnert, „aber nicht
konstant“. Und so wird Lippuner wohl
nicht daran gemessen, wie das Team am
Ende abschneidet. Bereits bei seinem Enga-
gement ging es beim ehemaligen National-
coach der Schweiz auch darum, junge Spie-
lerinnen ans Bundesliga-Niveau heranzu-
führen, und was diese Aufgabe angeht,
kann Vilsbiburg in der laufenden Saison se-
henswerte Ergebnisse vorweisen.

Die ehemalige Internatsschülerin Cori-
na Glaab bildet ein Zuspiel-Tandem mit Na-
tionalspielerin Lena Möllers, die ebenfalls
erst 19 Jahre alte Paula Hötschl ist festes
Mitglied des Erstliga-Aufgebots, und die
20 Jahre alte Mittelblockerin Josepha Bock
spielt in der Stammsechs. Lippuner sagt,
diesen Schritt zu begleiten, habe für ihn „ei-
nen mindestens so hohen Stellenwert wie
mit einer Profimannschaft eine Medaille
zu gewinnen“. Insofern ist es konsequent,
dass er zu keinem Spitzenklub wechseln
wird, sondern in Aarau, wo der Schweizer
Nachwuchs in einem Erstliga-Team zusam-
mengezogen wird, für die 15- bis 19-Jähri-
gen verantwortlich zeichnen soll. Viel-
leicht gelingt ihm zuvor ja aber doch noch
der Sprung ins Halbfinale mit den Roten
Raben. Der fürs Viertelfinale aussichtsrei-
che fünfte Platz ist lediglich einen Punkt
entfernt. katrin freiburghaus

Am Freitag bekommt es der ERC
mit dem besten Überzahlspiel
der Liga zu tun

Trainer Lippuner ist es gelungen,
junge Spielerinnen auf
Bundesliga-Niveau zu bringen

Sechs Entscheidungsspiele


Schläge in die Magengrube


Rechtzeitig zum Gastspiel beim Tabellenführer EHC München hat der ERC Ingolstadt seine wacklige Defensive gefestigt.
Die direkte Playoff-Qualifikation, für die mindestens Rang sechs nötig ist, ist wieder näher gerückt

Das deutsche Skiteam muss bei seinen
zwei Rennen in Japan auf Stefan Luitz
verzichten. Der Riesenslalom-Spezialist
konnte die Reise nach Asien wegen
einer Grippe nicht antreten und wird
den Infekt stattdessen daheim auskurie-
ren. Das gab der Deutsche Skiverband
(DSV) am Donnerstag bekannt. Der
27-Jährige will bis zum nächsten Riesen-
slalom in der nächsten Woche in Hinter-
stoder fit sein. Durch den Ausfall ist
Alexander Schmid der einzige deutsche
Starter beim Riesentorlauf am Samstag
(2.00/5.00 Uhr/MEZ). Der 25 Jahre alte
Allgäuer zog sich jüngst in Chamonix
aber eine Rückenblessur zu, weswegen
er in dieser Woche nicht auf Schnee
trainieren konnte. „Es ging aber von
Tag zu Tag wieder besser, und so sollte
es auf jeden Fall für das kommende
Rennwochenende wieder passen“, sagte
Schmid. dpa


Die SpVgg Greuther Fürth hat vor dem
Gastspiel in der 2. Fußball-Bundesliga
beim SV Wehen Wiesbaden am Freitag
(18.30 Uhr) erhebliche Personalsorgen.
Nach den ohnehin fehlenden Marco
Meyerhöfer, Julian Green und Mergim
Mavraj muss Trainer Stefan Leitl auch
Marvin Stefaniak (Entzündung im Mit-
telfuß) und Jamie Leweling (starke Knie-
prellung) ersetzen. Zudem ist der Ein-
satz von Stürmer Daniel Keita-Ruel
fraglich, der wegen Knieproblemen
zuletzt nicht trainieren konnte. Der
zunächst nur an den Drittligisten Würz-
burger Kickers ausgeliehene Patrick
Sontheimer, 21, wird indes nicht nach
Fürth zurückkehren. Die Würzburger
zogen beim Mittelfeldspieler die Kauf-
option. Die Fürther wollen nach zwei
Niederlagen nacheinander gegen den
Abstiegskandidaten aus Hessen wieder
in die Erfolgsspur zurückkehren. „Der
Schlüssel wird im Defensivverbund
sein, wieder konsequenter zu arbeiten“,
meinte Leitl: „Es liegt an unserer Bereit-
schaft zu verteidigen und der Zwei-
kampfführung, ob wir das Spiel gewin-
nen werden.“ Mit 31 Punkten liegen die
Fürther vor dem 23. Spieltag in der
oberen Tabellenhälfte. dpa


Der SSV Jahn Regensburg stellt sich auf
ein schwieriges Auswärtsspiel in der
2.Fußball-Bundesliga beim VfB Stutt-
gart ein. „Wir müssen uns dagegenstem-
men und auch taktisch richtig gut an-
stellen“, sagte Trainer Mersad Selimbe-
govic vor der Partie am Samstag
(13 Uhr). Auf Offensivspieler Sebastian
Stolze, der mit einer Schutzmaske trai-
niert, muss der Jahn verzichten. Stolze
hatte sich Ende Januar beim 1:0 gegen
Hannover Brüche im Gesicht zugezogen
und wurde operiert.dpa


Im dichten Mittelfeld


Im Niederbayern-Derby der Volleyball-Bundesliga zwischen Vilsbiburg und Straubing gibt es keinen Favoriten – dabei hatten die Klubs zu Saisonbeginn ganz unterschiedliche Ziele


Rückhalt auf Eis: Ingolstadts Torwart Jochen Reimer wehrte am Mittwochabend 35 Schüsse der Kölner Haie ab und hatte damit großen Anteil am knappen Sieg seines Teams. FOTO: NORDPHOTO / IMAGO

30 HBG (^) SPORT IN BAYERN Freitag, 21. Februar 2020, Nr. 43 DEFGH
Die vergangenen sechs Spiele von Ingolstadt
Nürnberg Ice Tigers – ERC Ingostadt 4:1
ERC Ingolstadt – Iserlohn n.V. 2:1
Eisbären Berlin – ERC Ingolstadt 6:2
ERC Ingolstadt – Düsseldorfer EG n.V. 3:2
Straubing Tigers – ERC Ingolstadt 7:6
ERC Ingolstadt – Kölner Haie 2:1
Das Restprogramm des ERC
21.2., 19.30 Uhr: EHC München – ERC Ingolstadt
23.2., 19.00 Uhr: ERC Ingolstadt – Schwenningen
28.2., 19.30 Uhr: ERC Ingolstadt – Augsburg
1.3., 14.00 Uhr: Mannheim – ERC Ingolstadt
6.3., 19.30 Uhr: Bremerhaven – ERC Ingolstadt
8.3., 14.00 Uhr: ERC Ingolstadt – Wolfsburg
Luitz verpasst Japan-Rennen
Personalsorgen in Fürth
Ohne Stolze in Stuttgart
KURZ GEMELDET
Abschied zum Saisonende: Vilsbiburgs
Coach Timo Lippuner. FOTO: TOM BLOCH / IMAGO
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den Abend führen und Ihnen die Frühjahrsedition vorstellen. Bei kleinen kulinarischen Köstlichkeiten können Sie
die Weine genießen und erfahren dabei die Hintergründe zu Winzern und Weinregionen.
Datum: Dienstag, 10.03.2020
Uhrzeit: Beginn 19 Uhr
Ort: Rindchen’s Weinkontor München am Schlachthof,
Zenettistraße 11, 80337 München
Eintrittspreis



  • 29,90 € p. P. an der Abendkasse

  • Für Degustations-Abonnenten nur 19,90 € p. P. an
    der Abendkasse


Ein genussvoller
Abend mit Herrn

Del Monego!

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