Süddeutsche Zeitung - 21.02.2020

(Barré) #1
München –Einchecken, Gepäck abgeben,
Sicherheitskontrolle – Reisende haben am
Flughafen eine ganze Liste an Stationen ab-
zuklappern. Dabei stets griffbereit: Reise-
und Boardingpass. Diese Dokumente sol-
len eines Tages überflüssig werden, zumin-
dest wenn es nach der Luftfahrtallianz Star
Alliance geht. Sie planen biometrisches
Boarding, wobei Gesichtserkennung den
Boardingpass ersetzt. Anstatt des Codes
auf Papier oder Mobiltelefon soll damit
künftig das Gesicht des Fluggastes ge-
scannt werden. Einen Versuch startet nun
die Lufthansa, die Fluglinie will die Tech-
nik noch in diesem Jahr am Flughafen
München einrichten. München wird damit
der erste Standort Deutschlands sein, der
biometrisches Boarding verwendet.
Dabei beschränkt sich das Biometriesys-
tem nicht auf den Boardingprozess. Am
Flughafen München will man die Gesichts-
erkennung schon bei den Check-in-Schal-
tern der Lufthansa und bei der Gepäckab-
gabe installieren, zudem bei den Sicher-
heitskontrollen und beim Eingang zur
Lounge der Airline. Also „überall dort, wo
man sonst den Boardingpass rauskramen
würde“, sagt Anna-Sophie Poll, Sprecherin

der Star Alliance. „Wir wollen, dass die Pas-
sagiere ihre Hände frei haben.“
Die Flugfahrtallianz erhofft sich da-
durch, dass die Abläufe am Flughafen
„schneller und effizienter“ werden. Daher
setze man auch auf Gesichtserkennung an-
statt auf Fingerabdrücke, die sich grund-
sätzlich auch für biometrische Verfahren
eignen würden. Wie viel Zeit durch diese
Methode tatsächlich gespart wird, könne

man laut Poll noch nicht abschätzen.
Grundsätzlich befinde sich das System
noch im Anfangsstadium. Zwar habe man
sich schon auf einen Hersteller geeinigt,
nämlich den japanischen Elektrokonzern
NEC, allerdings noch nicht auf ein speziel-
les Produkt.
Ob Gesichtserkennung auch an anderen
Flughäfen in Deutschland eingeführt wer-
den soll, wird erst nach den Tests in Mün-
chen entschieden. Der Idealfall aus Sicht
der Star Alliance wäre, dass künftig alle

Mitglieder des Zusammenschlusses – das
sind in Summe 26 Fluglinien – biometri-
sches Boarding anbieten. Lufthansa wen-
det ähnliche Methoden bereits in anderen
Ländern an, etwa in den USA. Dabei handle

es sich allerdings um andere Technik, sagt
Sprecherin Poll, das System in München
kann damit wohl nicht zur Gänze vergli-
chen werden. Eine Sache steht jedoch be-
reits jetzt fest: Fluggäste dürften sich auch

in Zukunft entscheiden können, ob sie per
Gesichtserkennung sich und ihr Gepäck
einchecken wollen oder nicht. Das betont
die Star Alliance, schließlich gibt es beim
Thema Biometrie meist große Bedenken
wegen des Datenschutzes.
Im Unterschied zu biometrischen Ver-
fahren bei Passkontrollen, wie es sie auch
in München bereits gibt, liegen die hierbei
ermittelten Daten nicht bei staatlichen Or-
ganisationen, sondern bei einem privaten
Unternehmen: nämlich bei Lufthansa und,
wenn der Fluggast zustimmt, auch bei an-
deren Airlines der Star Alliance. Details zur
Verwendung und Speicherung der Daten
liegen allerdings bisher nicht vor. Dazu sei
der Prozess noch nicht ausreichend fortge-
schritten, sagt Unternehmenssprecherin
Poll. Die Daten werden jedenfalls an das
Kundenprofil der Passagiere gebunden
sein. In einer App sollen die Fluggäste vor-
ab zustimmen, dass sie „diesen Service nut-
zen wollen“, sagt Poll. Dazu müssen sie mit-
hilfe der App ein Foto von sich selbst ma-
chen. Informationen zum Flug sowie Reise-
passdaten sollen dabei ebenfalls abgefragt
werden. Erst danach hat man dann die Hän-
de frei. miriam steiner

Per Gesichtserkennung in den Flieger


Lufthansa will noch in diesem Jahr biometrische Verfahren am Münchner Flughafen testen, das soll die Abläufe beschleunigen


von ekaterina kel

E


r kommt unverhofft. Trifft einen
immer vollkommen unvorbereitet
und meist zu einem schlechten Zeit-
punkt. Wenn man gerade dabei ist, sich
den ersten Löffel Müsli in den Mund zu
schieben, zum Beispiel. Oder im dunklen
Kinosaal, gerade in dem Moment, wenn
die Protagonistin einen zutiefst emotio-
nalen Moment erlebt und man gebannt
auf die Leinwand schaut. Genau dann, als
ob er besonders fies sein möchte und in
den Untiefen des Unbewussten nur dar-
auf wartet, zuzustechen, tritt er ein: Der
Moment, in dem der Pulli kratzt und die
Haare zu Berge stehen lässt. Das Jucken
wird so unerträglich, dass man den Pulli
am besten sofort auf der Stelle loswerden
möchte.
Jetzt wenden hartnäckige Freunde der
kalten Jahreszeit vielleicht ein, man solle
nicht so viel nörgeln – ein kuscheliger
Rollkragen stimmt doch so angenehm
wohlig, noch ein Buch dazu, Blick raus
auf die verregnete Straße – und es wird
gleich romantisch. Denen kann man nur
sagen, wacht auf und spürt auf eurer tro-
ckenen Haut nach: Die Wolle ist unerträg-
lich! Und doppelt frustrierend, wenn sie
nur noch aus Gewohnheitsmode für eine
Möchtegernkälte angezogen wird. Den
fürchterlichen Kratzpullis und den grau-
sigen, elektrisierten Wolle-Polyester-Po-
lyamid-Schals kann nur der Frühling end-
lich ein Ende setzen. Zumindest für eini-
ge Monate, die sich mit leichten Hemden
überstehen lassen. Man stelle sich nur ei-
ne solche Welt vor, in der die Haarsträh-
nen nicht mehr wie von Geisterhand elek-
trisch aufgeladen unkontrolliert und jede
Frisur zerstörend von ganz allein gen
Himmel fliegen.
Beim hastigen Ausziehen des verhass-
ten Kleidungsstücks in der U1 auf dem
Weg zurück vom Kinosaal – dann friere
ich eben, mir doch egal! – fällt der Blick
auf die Sitznachbarin, ein kleines Mäd-
chen neben ihrer Mutter. Auf den ersten
Blick ist klar, dass sie die ganze verhasste
Kombi anhat: Wollschal, Wollhandschu-
he, Wollsocken, womöglich verbirgt sich
unter der Jacke sogar noch ein Wollpull-
over. Und was macht dieses Geschöpf? Es
grinst. Und führt den Luftballon ganz nah
an seinen Kopf heran, an die dünnen
Kinderhärchen. Rubbelt. Und lässt die
Haare abstehen, als würden sie fliegen.
Das ist eine wunderbare Einladung zur
Versöhnung: Während man sich düster
dreinblickend noch immer darüber är-
gert, wie kratzig mal wieder der Pullover
ist, ertappt man sich dabei, auch den eige-
nen Kopf an den Luftballon des Mäd-
chens zu führen.


Ein Kreis aus Teelichtern leuchtet auf dem Pflasterstein vor der
Feldherrnhalle. Eine Menschentraube wächst im Sekunden-
takt zu einer großen spontanen Kundgebung. Stille. Ein breites
Bündnis aus antifaschistischen Aktivisten und Politikern hat
am Donnerstagabend zu einer Schweigeminute aufgerufen,
um der Opfer des mutmaßlich rassistisch motivierten Terroran-
schlags in Hanau zu gedenken. Etwa 500 Menschen folgten der
Einladung nach Angaben der Polizei. Auch Oberbürgermeister
Dieter Reiter (SPD) kommt und zeigt sich „tief bestürzt und vol-
ler Trauer“. OB-Kandidatin Katrin Habenschaden und der Spit-
zenkandidat der Liste Zuba, Cetin Oraner, richten Worte der So-

lidarität mit den Opfern an die Versammelten. Faschismus dür-
fe sich in diesem Land nicht wiederholen, sagte Oraner und ern-
tete starken Applaus. „Die geistigen und politischen Brandstif-
ter sind Pegida und AfD“, deren weiteres Erstarken gelte es
auch bei der Kommunalwahl am 15. März, zu verhindern. Auch
am Stachus versammelten sich am Abend Mitglieder der islami-
schen Religionsgemeinschaft Ditib Südbayern mit etwa 50 Men-
schen, um der Opfer des Anschlags zu gedenken. Der OB sagte
im Vorfeld das für den „Unsinnigen Donnerstag“ geplante Fa-
schingstreiben auf dem Viktualienmarkt ab – „aus Respekt vor
den Opfern und Angehörigen“. kel FOTO: PETER KNEFFEL/DPA

Bei einem Wechselspiel aus Sonnenschein
und Wolkenfeldern bleibt es weitgehend
trocken.  Seite R14


von andreas schubert

München– Ziel eines Kasperltheaters ist
es, Kinder zu unterhalten. Nun hatte die
Grundschulklasse am Mittwoch das Besu-
cherpodium des großen Sitzungssaales im
Münchner Rathaus schon längst verlas-
sen, als der Stadtrat das begann, was Chris-
tian Müller, SPD-Fraktionschef im Stadt-
rat, und Richard Progl von der Bayernpar-
tei als Kasperltheater interpretierten: Die
Debatte um eine angeblich geheime, ver-
waltungsinterne Liste mit 42 Namen von
Straßen, an denen der Radentscheid vom
vergangenen Jahr umgesetzt werden soll.
Diese Liste, die dieAbendzeitungim
Januar veröffentlicht hat, ist nach Anga-
ben des Planungsreferats nicht mehr aktu-
ell und nur ein internes Arbeitspapier.
Trotzdem hat die CSU nun per Dringlich-
keitsantrag durchgesetzt, dass diese Liste
bei der nächsten Sitzung des Planungsaus-
schusses am 4. März den Stadträten vorge-
legt wird.
Das Thema, welche Straßen als nächste
zugunsten von Radfahrern umgestaltet
werden, birgt Brisanz. Erst kürzlich hatten
die Christsozialen eine Pressekonferenz in
der Humboldtstraße abgehalten, weil die-
se Straße auf der internen Liste aufge-
taucht war, mit dem Hinweis, dass etwa 65
Parkplätze wegfallen sollen. Ähnliches hat
die Stadt vergangenes Jahr in der Fraunho-
ferstraße umgesetzt, wo rund 120 Stellplät-
ze zugunsten zweier Radstreifen gestri-
chen wurden und es seither für Autofahrer
keine legale Möglichkeit mehr gibt, direkt
in der Straße zu halten. Das löste bei An-
wohnern und Geschäftsleuten heftige Pro-
teste aus.
Die CSU hat den Verteilungskampf zwi-
schen Rad- und Autoverkehr zum zentra-
len Bestandteil ihres Wahlkampfes ge-
macht und warnt stetig davor, dass das
Streichen von Parkplätzen das ansässige
kleine Gewerbe zerstört, das es auch in der
Humboldtstraße gibt. Oberbürgermeister
Dieter Reiter (SPD) hatte zügig reagiert
und den Wahlkampf der CSU als „unterir-
disch“ bezeichnet, da er auf keinerlei Fak-
ten basiere. Reiter sagt, er wolle zu jedem
einzelnen Straßenzug eine sachliche De-
batte führen, doch dazu brauche es eine or-
dentliche Planung. Er habe nicht gewollt,
dass die volle Liste öffentlich wird, weil er

geahnt habe, „welch‘ Quatsch dabei raus-
kommt, wenn man nur die Namen nennt“,
sagte er am Mittwoch.
Die Chefin des Planungsreferats, Stadt-
baurätin Elisabeth Merk, wies zurück,
dass es sich um eine geheime Liste gehan-
delt habe, die man „mutwillig“ zurückhal-
te. Sie erklärte, dass das Papier eine Ar-
beitsgrundlage sei, da das Planungsrefe-
rat nach dem Radentscheid, den der Stadt-
rat übernommen hat, alle 450 Hauptver-
kehrsstraßen überprüfen müsse. Zur Erin-
nerung: Der Radentscheid fordert ein dich-
tes Netz an mindestens 2,30 Meter breiten
Radwegen im gesamten Stadtgebiet.

Auf Nachfrage erklärt Florian Paul, der
Radverkehrsbeauftragte der Stadt, dass
die Verwaltung durch den Radentscheid
einen „glasklaren Planungsauftrag“ habe.
Er erinnert daran, dass in dem Entscheid
eindeutig formuliert ist, der Ausbau der
Radwege dürfe nur zu Lasten von Parkplät-
zen und Fahrspuren für Autos gehen, nicht
aber zu Lasten von Fußgängern und öffent-
lichem Nahverkehr. Gleichwohl erklärt er,
es gebe für die allermeisten Straßen auf
der Liste noch keine konkreten Planun-
gen. Gibt es solche, kann der Stadtrat den
Auftrag zur tieferen Planung erteilen.
Dann gebe es Informationsveranstaltun-
gen für Anwohner und Geschäftsleute. An-
schließend gehe die Vorlage in den zustän-
digen Bezirksausschuss und dann in den
Stadtrat.
Am 4. März werde man die Liste – wie
von den Grünen vorgeschlagen – mit ei-
nem Vermerk zum aktuellen Planungs-
stand vorlegen, mehr als „erste Überlegun-
gen“ würden da aber noch nicht notiert
sein, so Paul. Man habe zunächst Straßen
zur weiteren Prüfung ausgesucht, in de-
nen ein großes Sicherheitsdezifit für Rad-
fahrer bestehe. Die Grünen stimmten mit
der CSU für deren Dringlichkeitsantrag,
allerdings aus anderen Motiven: Statt
„populistischer Wahlkampfmethoden“
wünschte sich Fraktionschefin und OB-
Kandidatin Katrin Habenschaden Trans-
parenz, um Spekulationen zu beenden.

In den USA wird an den Flughäfen schon mit Gesichtserkennung gearbeitet, in
München könnte es bald so ähnlich aussehen. FOTO: PAUL HENNESSY/MAURITIUS

Lichter statt Hass


Die Grünen sprechen
von „populistischen
Wahlkampfmethoden“

NR. 43, FREITAG, 21. FEBRUAR 2020 PGS


8 °/1°


„Glasklarer


Planungsauftrag“


Bis zum 4. März muss die Verwaltung eine Liste vorlegen,
welche Straßen als nächstes für Radfahrer umgebaut werden

In einer App sollen Passagiere
ein Bild, Passinformationen und
Details zum Flug hinterlegen

MÜNCHNER MOMENTE

Das Kratzen


am Halse


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